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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Beschwerdekammer: Strafverfahren
Fallnummer:BB.2012.102
Datum:30.11.2012
Leitsatz/Stichwort:Beschlagnahme (Art. 263 ff. StPO).
Schlagwörter : Beschwerde; Bundes; Vermögenswerte; Beschlag; Kammer; Beschlagnahme; Beschwerdeführer; Entscheid; Gerichts; Einziehung; Bundesstrafgericht; Beschluss; Urteil; Verfahren; Bundesgericht; Verfahren; Gericht; Bundesstrafgerichts; Beschwerdekammer; Vermögenswerten; Entscheide; Freigabe; Verfahrens; Organisation; Verfügung; Vorinstanz; Beschlagnahmt; Kriminellen; Angefochtene
Rechtsnorm: Art. 10 BGG ; Art. 197 StPO ; Art. 2 StGB ; Art. 263 StPO ; Art. 266 StPO ; Art. 29 BV ; Art. 382 StPO ; Art. 393 StPO ; Art. 396 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 453 StPO ; Art. 59 StGB ; Art. 7 StGB ; Art. 70 StGB ; Art. 71 StGB ; Art. 80 StPO ; Art. 81 StPO ;
Referenz BGE:138 IV 81; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BB.2012.102

Beschluss vom 30. November 2012
Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Stephan Blättler, Vorsitz,

Andreas J. Keller und Tito Ponti ,

Gerichtsschreiber Stefan Graf

Parteien

A. , vertreten durch Rechtsanwalt Patrick Lafranchi,

Beschwerdeführer

gegen

Bundesanwaltschaft,

Beschwerdegegnerin

Vorinstanz

Bundesstrafgericht, Strafkammer

Gegenstand

Beschlagnahme (Art. 263 ff . StPO )


Sachverhalt:

A. Im u. a. gegen A. geführten Strafverfahren wegen des Verdachts der Beteiligung an bzw. der Unterstützung einer kriminellen Organisation (Art. 260 ter StGB ) sowie der qualifizierten Geldwäscherei (Art. 305 bis Ziff. 2 StGB ) wurden diesem direkt und indirekt zugerechnete Vermögenswerte und Gelder beschlagnahmt und Grundbuchsperren errichtet. Mit Entscheid vom 8. Juli 2009 ( SK.2008.18 ) sprach die Strafkammer des Bundesstrafgerichts (nachfolgend Strafkammer") A. von den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen frei und ordnete die Freigabe sämtlicher beschlagnahmter Vermögenswerte an. Mit Urteil vom 22. Februar 2011 ( 6B_609/2009 ) hiess das Bundesgericht die von der Bundesanwaltschaft gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde gut, hob diesen auf und wies die Sache zur neuen Beurteilung und Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Mit Urteil vom 21. März 2012 sprach die Strafkammer ( SK.2011.5 ) u. a. auch A. ein zweites Mal in allen Anklagepunkten frei und ordnete erneut die Freigabe sämtlicher diesem zuzurechnender Vermögenswerte (Kontoguthaben, Bargeld und Grundstücke) nach Rechtskraft des Urteils an (act. 4.2). Das begründete Urteil liegt noch nicht vor.

B. A. verlangte bereits am 20. April 2011 bei der Strafkammer die Freigabe aller auf ihn bzw. seine Gesellschaften lautenden Vermögenswerte (act. 1.6, Beilage 1). Gegen den dieses Gesuch abweisenden Beschluss der Strafkammer vom 15. Juli 2011 ( SN.2011.14 ; act. 1.6, Beilage 2) erhob er Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts. Mit Beschluss BB.2011.145 vom 23. Februar 2012 trat die Beschwerdekammer soweit auf die Beschwerde ein, als A. bezüglich auf ihn lautende Vermögenswerte Beschwerde erhoben hatte, und wies diese kostenfällig ab. Soweit er für die von ihm wirtschaftlich beherrschten Gesellschaften Beschwerde erhoben hatte, trat die Beschwerdekammer auf die Beschwerde nicht ein (vgl. E. 1.3 des angeführten Beschlusses).

C. Mit Eingabe vom 4. Mai 2012 gelangte A. erneut an die Strafkammer und ersuchte wiederum um Freigabe der auf ihn bzw. seine Gesellschaften lautenden Vermögenswerte. Gleichzeitig verlangte er den Rückzug der gegen ihn laufenden Rechtshilfeersuchen an Spanien, insbesondere desjenigen vom 23. Januar 2006 (act. 1.6). Die Strafkammer wies mit Beschluss SN.2012.15 vom 20. Juni 2012 den Antrag auf Freigabe der Vermögenswerte erneut ab und trat mangels Zuständigkeit auf das Gesuch um Rückzug der Rechtshilfeersuchen nicht ein (act. 1.1).

D. Dagegen lässt A. am 4. Juli 2012 Beschwerde an die Beschwerdekammer einreichen mit dem Antrag, die Ziff. 1 (Abweisung des Gesuchs um Freigabe der Vermögenswerte) und 3 (Kosten) des angefochtenen Beschlusses seien aufzuheben und es seien sämtliche Beschlagnahmungen gegen ihn sowie seine Unternehmungen B. SA, C. SA, D. SA, E. Trust und F. umgehend aufzuheben und es seien sämtliche Vermögenswerte umgehend an ihn bzw. dessen Unternehmen zur freien Verfügung zu stellen, unter Kosten- und Entschädigungsfolge (act. 1).

Mit Eingabe vom 17. Juli 2012 lehnt die Bundesanwaltschaft eine Freigabe der Vermögenswerte ab und stellt in Aussicht, den erneuten Freispruch des Beschwerdeführers wiederum ans Bundesgericht weiterzuziehen (act. 3). Die Strafkammer beantragt am 18. Juli 2012 die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei (act. 4). Mit Beschwerdereplik vom 30. Juli 2012 lässt A. an den gestellten Anträgen festhalten (act. 6).

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den folgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1. Gegen Verfügungen und Beschlüsse sowie gegen die Verfahrenshandlungen der Strafkammer des Bundesstrafgerichts als erstinstanzliches Gericht des Bundes kann - ausser gegen deren verfahrensleitende Entscheide - bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde nach den Vorschriften der Art. 393 ff . StPO erhoben werden (Art. 393 Abs. 1 lit. b StPO i.V.m. Art. 35 Abs. 1 und Art. 37 Abs. 1 StBOG ). Zur Beschwerde berechtigt ist jede Partei oder jeder andere Verfahrensbeteiligte, welche oder welcher ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides haben (Art. 382 Abs. 1 StPO; Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 S. 1308 ). Die Beschwerde gegen schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert zehn Tagen schriftlich und begründet einzureichen (Art. 396 Abs. 1 StPO). Mit ihr gerügt werden können gemäss Art. 393 Abs. 2 StPO Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung (lit. a), die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts (lit. b) sowie die Unangemessenheit (lit. c).

1.2 Die grundsätzliche Anfechtbarkeit des vorliegenden Beschlusses ist gestützt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung erstellt (Urteil des Bundesgerichts 1B_569/2011 vom 23. Dezember 2011, E. 2; in diesem Sinne bereits Guidon , Die Beschwerde gemäss Schweizerischer Strafprozessordnung, Berner Diss., Zürich/St. Gallen 2011, N. 168 ff.). Danach unterliegen Entscheide der Strafkammer, die einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können, der Beschwerde nach den Bestimmungen der Art. 393 ff . StPO. Die Beschlagnahme von Vermögenswerten bewirkt gemäss ständiger Rechtsprechung grundsätzlich einen solchen nicht wieder gutzumachenden Nachteil (zuletzt das Urteil des Bundesgerichts 1B_694/2011 vom 12. Januar 2012, E. 1.1. m.w.H.), weshalb vorliegend ein zulässiges Anfechtungsobjekt vorliegt.

1.3 Nicht eingetreten werden kann auf die Beschwerde, soweit der allein in eigenem Namen auftretende Beschwerdeführer mit ihr die Aufhebung der Beschlagnahme von Vermögenswerten verschiedener drittbetroffener Gesellschaften verlangt. Als persönlich und direkt betroffen gilt im Falle der Beschlagnahme von Vermögenswerten nur der jeweilige Inhaber. Bloss wirtschaftlich an den Vermögenswerten Berechtigte sind nur in Ausnahmefällen selbständig beschwerdelegitimiert (vgl. für Bankkonten TPF 2007 158 E. 1.2; Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2011.10 vom 18. Mai 2011, E. 1.5; siehe auch Guidon , a.a.O., N. 242, 254, 310). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Das Bestehen eines solchen wird vom Beschwerdeführer auch nicht geltend gemacht.

1.4 Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde die Aufhebung der Beschlagnahme der ihm direkt zustehenden Vermögenswerte beantragt, geben die Eintretensvoraussetzungen zu keinen weiteren Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist daher in diesem Umfang einzutreten.

2.

2.1 Gegenstände und Vermögenswerte einer beschuldigten Person oder einer Drittperson können beschlagnahmt werden, wenn die Gegenstände und Vermögenswerte voraussichtlich einzuziehen sind (Art. 263 Abs. 1 lit. d StPO ). Die Beschlagnahme ist eine provisorische konservatorische" prozessuale Massnahme zur vorläufigen Sicherstellung der allenfalls einzuziehenden Vermögenswerte (Urteil des Bundesgerichts 1B_694/2011 vom 12. Januar 2012, E. 2.1) und greift dem Entscheid über die endgültige Einziehung nicht vor ( TPF 2010 22 E. 2.2.2; TPF 2005 84 E. 3.2.1 S. 87).

Für die Einziehungsbeschlagnahme bedarf es eines hinreichenden, objektiv begründeten konkreten Verdachts (Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO ; TPF 2005 84 E. 3.1.2), wonach die betroffenen Vermögenswerte durch eine Straftat erlangt worden sind, dazu bestimmt waren, eine Straftat zu veranlassen oder zu belohnen (siehe Art. 70 Abs. 1 StGB bzw. Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB in seiner bis 31. Dezember 2006 geltenden Fassung [nachfolgend a. F."]) oder der Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation unterliegen (siehe Art. 72 StGB bzw. Art. 59 Ziff. 3 StGB a.F.). Der hinreichende" Verdacht setzt nicht voraus, dass Beweise und Indizien bereits für eine erhebliche oder hohe Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung sprechen; allerdings muss er sich im Verlaufe der Ermittlungen weiter verdichten. Die Verdachtslage unterliegt mit anderen Worten einer umso strengeren Prüfung, je weiter das Verfahren fortgeschritten ist" ( TPF 2010 22 E. 2.1 S. 24 f.; Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2011.25 vom 30. Mai 2011, E. 3.2; Baumann , Basler Kommentar, 2. Aufl., Basel 2007, Art. 72 StGB N. 21).

Die Einziehungsbeschlagnahme hat schliesslich im öffentlichen Interesse zu liegen und den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu wahren (Art. 197 Abs. 1 lit. c und d StPO; TPF 2005 84 E. 3.2.2). Sie ist solange gerechtfertigt, als eine spätere Einziehung wahrscheinlich erscheint (Urteil des Bundesgerichts 1B_694/2011 vom 12. Januar 2012, E. 2.1 in fine; TPF 2010 22 E. 2.1 S. 25; Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2011.25 vom 30. Mai 2011, E. 3.2 m.w.H.). Die allgemeinen gesetzlichen Voraussetzungen für die konservatorische Beschlagnahme gelten auch im Hauptverfahren ( TPF 2009 40 E. 2.1).

2.2 Vorliegend fallen verschiedene Bestimmungen in Betracht, welche als Grundlage einer Einziehung herangezogen werden könnten. Einerseits verfügt das Gericht die Einziehung aller Vermögenswerte, welche der Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation unterliegen. Bei Vermögenswerten einer Person, die sich an einer kriminellen Organisation im Sinne von Art. 260 ter StGB beteiligt oder sie unterstützt hat, wird die Verfügungsmacht der Organisation bis zum Beweis des Gegenteils vermutet (Art. 72 StGB bzw. Art. 59 Ziff. 3 StGB a.F.). Andererseits verfügt das Gericht die Einziehung von Vermögenswerten, die durch eine Straftat erlangt worden sind oder dazu bestimmt waren, eine Straftat zu veranlassen oder zu belohnen (Art. 70 Abs. 1 StGB bzw. Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB a. F.). Sind die der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr vorhanden, so erkennt das Gericht auf eine Ersatzforderung des Staates in gleicher Höhe (Art. 71 Abs. 1 StGB bzw. Art. 59 Ziff. 2 Abs. 1 StGB a. F.). Zur Sicherung einer solchen Ersatzforderung können die Vermögenswerte des Betroffenen ebenfalls mit Beschlag belegt werden (Art. 71 Abs. 3 StGB bzw. Art. 59 Ziff. 2 Abs. 3 StGB a. F.).

Zusätzlich zur Einziehungsbeschlagnahme kann neu seit 1. Januar 2011 gestützt auf Art. 263 Abs. 1 lit. b StPO eine Beschlagnahme auch erfolgen zur Sicherstellung von Verfahrenskosten, Geldstrafen, Bussen und Entschädigungen. Aufgrund des intertemporalen Charakters des Strafprozessrechts gilt die lex-mitior-Regel von Art. 2 Abs. 2 StGB grundsätzlich nicht, weshalb der prozessual neurechtliche Beschlagnahmegrund für Kosten zur Anwendung gelangen kann (Art. 448 Abs. 1 und Art. 453 Abs. 2 StPO ; Schmid , Übergangsrecht der Schweizerischen Strafprozessordnung, Zürich/St. Gallen 2010, N. 13).

3.

3.1 Der Beschwerdeführer macht vorliegend geltend, die beschlagnahmten Vermögenswerte würden nicht aus dem im vorliegenden Verfahren zu beurteilenden Zigarettengeschäft stammen, vor allem rügt er aber die Unverhältnismässigkeit der fortdauernden Beschlagnahme. Er führt dazu die Verfahrens- und Beschlagnahmedauer von neun Jahren an, gibt an, sich aufgrund der Beschlagnahmen in finanzieller Not zu befinden, auch nicht mehr wirtschaftlich tätig sein zu können und rügt einen Verstoss gegen das Beschleunigungsgebot. Aufgrund des zweimaligen Freispruchs fehle es auch an einem öffentlichen Interesse an einer Fortdauer der Beschlagnahme (act. 1, S. 3 ff.). In prozessualer Hinsicht beanstandet er eine nur rudimentäre und damit ungenügende Begründung des angefochtenen Entscheids (act. 1, S. 10).

3.2 Die Rüge der ungenügenden Begründung tangiert den in Art. 29 Abs. 2 BV verankerten Anspruch auf rechtliches Gehör. Die Begründungspflicht für andere als Endentscheide (Art. 81 f . StPO sowie für einzelne hier nicht interessierende Entscheide) wird in der StPO nicht weiter konkretisiert. Art. 80 Abs. 2 StPO hält einfach fest, dass Entscheide schriftlich ergehen und begründet werden. Damit gilt weiterhin der von der Rechtsprechung unter Art. 29 Abs. 2 BV erarbeitete Mindeststandard. Danach müssen Begründungen so abgefasst sein, dass der vom Entscheid Betroffene diesen gegebenenfalls sachgerecht anfechten kann. So müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde leiten liess und auf welche sich ihr Entscheid stützt (BGE 138 IV 81 E. 2.2 in fine; 134 I 83 E. 4.1 S. 88). Der angefochtene Entscheid setzt sich mit den wesentlichen Argumenten in der Eingabe des Beschwerdeführers vom 20. Mai 2012 zwar nur kurz, jedoch in für eine Anfechtbarkeit ausreichenden Art und Umfang auseinander. Der Entscheid spricht das Spannungsfeld zwischen freisprechendem Urteil, dessen fehlender Rechtskraft, der rechtlichen Möglichkeit damit eines anderen Prozessausgangs, der nicht wieder gutzumachenden Folgen einer Freigabe vor Rechtskraft und der Verfahrensdauer an und bezieht sich auch auf die Rüge der finanziellen Not. Damit genügt der angefochtene Entscheid den oben skizzierten Begründungsanforderungen. Die diesbezügliche Rüge erweist sich als unbegründet.

3.3 Der Beschwerdeführer bestreitet den Zusammenhang zwischen den beschlagnahmten Vermögenswerten und dem Zigarettenhandel, in welchem gemäss Anklage die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Straftaten liegen sollen. Allein der Umstand, dass Vermögenswerte erst nach Abschluss der auf die Zeit zwischen 1. August 1994 und Frühjahr 2000 festgesetzten inkriminierten Sachverhalte (vgl. den Beschluss SN.2011.38 des Bundesstrafgerichts vom 12. Dezember 2011, E. 3.3.3; act. 1.6, Beilage 4) erworben bzw. geäufnet wurden, lässt sich nichts zu Gunsten der Position des Beschwerdeführers ableiten. Solche Vermögenswerte könnten aus den inkriminierten Sachverhalten stammen und unterlägen damit der Einziehung unter Art. 70 Abs. 1 StGB bzw. Art. 59 Ziff. 1 Abs. 1 StGB a.F. Anders verhält es sich mit Vermögenswerten, welche vor dem fraglichen Zeitraum erworben wurden. Diesbezüglich ist allerdings auf die Möglichkeit der Ersatzforderung im Sinne von Art. 71 StGB bzw. Art. 59 Ziff. 2 StGB a. F. hinzuweisen. Schliesslich bleibt für den Fall eines anderen Ausgangs des Strafverfahrens auch die von der Vorinstanz in den Vordergrund gestellte Möglichkeit der Einziehung gemäss Art. 72 StGB bzw. Art. 59 Ziff. 3 StGB a.F. von Vermögenswerten, die der Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation unterliegen. Alle drei Einziehungsmöglichkeiten hängen im vorliegenden Fall entscheidend vom Ausgang des Strafverfahrens in den verschiedenen Anklagepunkten gegenüber dem Beschuldigten ab. Die Sachverhalte sind von hoher Komplexität, es stellten sich umfangreiche Beweis- und Rechtsfragen, die Strafkammer hatte den Beschwerdeführer (und weitere Beschuldigte) zwar bereits 2009 freigesprochen und die dem Beschwerdeführer zuzurechnenden Vermögenswerte freigegeben. Dieses Urteil ist indessen vom Bundesgericht aufgehoben und zur erneuten Beurteilung an die Strafkammer zurückgewiesen worden. In ihrem Beschluss SN.2011.38 vom 12. Dezember 2011 hatte die Vorinstanz zutreffend darauf hingewiesen, dass der Tatverdacht (konkret bezüglich Unterstützung einer kriminellen Organisation) durch die Anklageerhebung dargetan sei und sich aufgrund der Aufhebung durch das Bundesgericht aufgrund des freisprechenden Urteils vom 8. Juli 2009 nichts daran ändere (vgl. E. 3.2.3). Im Ergebnis ist die Vorinstanz im zweiten Urteil SK.2011.5 vom 21. März 2012 zwar wiederum zum gleichen freisprechenden Ergebnis gelangt. Dennoch bleibt es hinsichtlich Tatverdacht bei der zutreffenden Feststellung der Vorinstanz im vorerwähnten Beschluss vom 12. Dezember 2011. Denn auch der zweite Freispruch ist nicht rechtskräftig. Aufgrund der Vernehmlassung der Beschwerdegegnerin (act. 3), wonach es hoch wahrscheinlich sei, dass sie den Freispruch erneut beim Bundesgericht anzufechten und - implizit - einen Schuldspruch auch gegen den Beschwerdeführer zu erzwingen gedenke, ist nicht von einem kurzfristigen Eintritt der Rechtskraft zu rechnen. Bei dieser Sachlage mag zwar die Verurteilungswahrscheinlichkeit sich weiter reduziert haben, die Möglichkeit eines Schuldspruchs, ganz oder partiell, lässt sich aber weiterhin nicht ausschliessen.

3.4 Die Fortdauer der Beschlagnahme muss trotz der oben beschriebenen, ungewöhnlichen Konstellation verhältnismässig bleiben. Um für den weiterhin möglichen Fall eines anderen Ausgangs des Strafverfahrens die unter den verschiedenen Titeln zu begründenden Einziehungen wirksam sicherzustellen, bleibt als einziges Mittel das Aufrechthalten der Beschlagnahme integral über sämtliche direkt oder indirekt dem Beschwerdeführer zuzurechnenden Vermögenswerte. Die Beschlagnahme ist in diesem Sinne einziges sicheres Mittel um eine möglicherweise doch noch zu erfolgende Einziehung sicherzustellen; eine mildere Massnahme wäre nicht zielführend (Art. 197 Abs. 1 lit. c StPO ).

Dass die Beschlagnahme mit neun Jahren sehr lange dauert, kann nicht ernsthaft bestritten werden. Entsprechend erheblich ist die wirtschaftliche Selbstbestimmungsfreiheit des Beschwerdeführers eingeschränkt, auch wenn dieser eine eigentliche finanzielle Notsituation (auch im Beschwerdeverfahren) nicht glaubhaft gemacht hat. Auf der anderen Seite fallen ins Gewicht die schwerwiegenden Vorwürfe, vor allem aber auch die hohe Einziehungsforderung, welche die Anklagebehörde geltend macht. Sie erlaubt unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit auch keine partielle Freigabe einzelner Güter.

3.5 Wenn der Beschwerdeführer drohende Rechtsverluste wegen angedrohter Zwangsversteigerung der Liegenschaft anführt sowie ungenügende Vermögensverwaltung im Sinne von Art. 266 Abs. 6 StPO i.V.m. der Verordnung vom 3. Dezember 2010 über die Anlage beschlagnahmter Vermögenswerte ( SR 312.057) geltend macht, so verkennt diese Argumentation, dass beide Fragestellungen nicht den Entscheid über die Beschlagnahme der Güter an sich, sondern die Art der Verwaltung betreffen. Diese bildet aber nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens. Die diesbezügliche Argumentation ist mit Bezug auf die Frage nach der Aufrechthaltung der Beschlagnahme nicht entscheidrelevant.

3.6 Schliesslich rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des Beschleunigungsgebots. Die entsprechenden Ausführungen der Beschwerdegegnerin, wonach allfällige Verletzungen des Beschleunigungsgebots im Verantwortungsbereich der Gerichte liegen, sind insofern nicht zielführend, als sich daraus nichts für eine Fortdauer der Beschlagnahme ableiten lässt. Welche Amtsstellen im Rahmen einer langdauernden Beschlagnahme allenfalls welche Verzögerungen zu verantworten haben, ist für die Beurteilung einer Verletzung des Beschleunigungsgebots irrelevant: Der Staat hat insgesamt für ein beförderliches Strafverfahren einzustehen. Zwar dauert das Strafverfahren bzw. die Beschlagnahme gegenüber dem Beschwerdeführer mit neun Jahren sehr lange, indessen ist einerseits zu berücksichtigen, dass es sich dabei um eines der umfangreichsten (über 1000 Bundesordner Akten) und komplexesten überhaupt handelt, in welchem bisher zahllose Beschwerdeentscheide und Entscheide des erstinstanzlichen Strafgerichts ergangen sind. Andererseits ist ein erheblicher Teil der Verfahrensdauer seit 2009 im Rechtsmittelsystem des Bundes selbst angelegt und darin, dass alle Parteien ihre Interessen mittels Rechtsmittel durchzusetzen versuchen können. Die lange Verfahrensdauer ist damit auf objektive Gründe zurückzuführen. Eine Verletzung des Beschleunigungsgebots, welche eine Aufhebung der Beschlagnahme rechtfertigen könnte, ist deshalb zu verneinen.

4. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 428 Abs. 1 StPO ). Die Gerichtsgebühr ist auf Fr. 1'500.-- festzusetzen (Art. 73 StBOG i.V.m. Art. 5 und 8 Abs. 1 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR, SR 173.713.162]).


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie eingetreten wird.

2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer zur Bezahlung auferlegt.

Bellinzona, 3. Dezember 2012

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber :

Zustellung an

- Rechtsanwalt Patrick Lafranchi

- Bundesstrafgericht, Strafkammer

- Bundesanwaltschaft

Rechtsmittelbelehrung

Gegen Entscheide der Beschwerdekammer über Zwangsmassnahmen kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden (Art 79 und 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005; BGG). Das Verfahren richtet sich nach den Artikeln 90 ff. BGG.

Eine Beschwerde hemmt den Vollzug des angefochtenen Entscheides nur, wenn der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin es anordnet (Art. 103 BGG ).

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