E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SU150061
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SU150061 vom 14.12.2015 (ZH)
Datum:14.12.2015
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Übertretung des Strassenverkehrsgesetzes
Schlagwörter : Schuldig; Beschuldigte; Berufung; Beschuldigten; Befehl; Vorinstanz; Winterthur; Stadtrichteramt; Parkuhr; Recht; Sachverhalt; Urteil; Fahrzeug; Anhalten; Güter; Verfahren; Verfahren; Person; Hauptverhandlung; Busse; Übertretung; Güterumschlag; Entschädigung; Vorinstanzlich; Berufungsverfahren; Sachverhalts; Parkieren; Verhalten; Sinne
Rechtsnorm: Art. 19 VRV ; Art. 201 StPO ; Art. 21 StGB ; Art. 27 SVG ; Art. 29 BV ; Art. 37 SVG ; Art. 391 StPO ; Art. 398 StPO ; Art. 426 StPO ; Art. 429 StPO ; Art. 436 StPO ; Art. 442 StPO ; Art. 82 StPO ; Art. 90 SVG ;
Referenz BGE:114 IV 62; 129 IV 238; 134 I 140; 134 IV 229; 136 IV 133; 138 IV 13; 139 IV 243; 140 IV 188; 92 IV 10; 98 IV 293;
Kommentar zugewiesen:
GIGER, Kommentar, 8. Aufl., 2014
TRECHSEL, JEAN-RICHARD, Praxiskommentar StGB, 2013
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SU150061-O/U/rm

Mitwirkend: Oberrichter Dr. iur. F. Bollinger, Präsident, Oberrichterin lic. iur. L. Chitvanni und Oberrichterin lic. iur. Ch. von Moos sowie der Gerichtsschreiber Dr. iur. F. Manfrin

Urteil vom 14. Dezember 2015

in Sachen

A. ,

Beschuldigter und Berufungskläger

gegen

Stadtrichteramt Winterthur,

Verwaltungsbehörde und Berufungsbeklagte

betreffend

Übertretung des Strassenverkehrsgesetzes
Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Winterthur, Einzelgericht, vom 2. April 2015 (GC150004)

Strafbefehl:

Der Strafbefehl des Stadtrichteramts Winterthur vom 5. Januar 2015 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 2/13).

Urteil der Vorinstanz :

(Urk. 19 S. 14 ff.)

Es w ird e rka nnt:

  1. Der Beschuldigte A.

    ist schuldig der Übertretung des Strassenverkehrs-gesetzes im

    Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 48 Abs. 6 SSV.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Busse von Fr. 40.-.

  3. Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag.

  4. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf:

    Wird auf eine schriftliche Begründung des Urteils verzichtet, so reduziert sich die Entscheidgebühr auf zwei Drittel.

  5. Die Kosten werden dem Beschuldigten auferlegt.

  6. (Mitteilungen)

  7. (Rechtsmittel).

Berufungsanträge:

  1. des Beschuldigten (Urk. 27 S. 2)

    1. Es sei das angefochtene Urteil des Bezirksgerichts Winterthur vom

    2. April 2015 aufzuheben, auf den Strafbefehl des Stadtrichteramtes Winterthur vom 5. Januar 2015 nicht einzutreten und ich als Beschuldigter und Berufungskläger freizusprechen.

      1. Es sei über meinen der Vorinstanz anlässlich der Verhandlung vom

        19. März 2015 gestellten Antrag um Zusprechung einer Entschädigung für das Erscheinen an jener Verhandlung zu entscheiden und dazu das Verfahren bezüglich dieses Antrages an die Vorinstanz zurückzuweisen.

      2. Es seien die Kosten für die Verfahren vor dem Stadtrichteramt, dem Bezirksgericht Winterthur und dem Obergericht des Kantons Zürich auf die Staatskasse zu nehmen und mir eine angemessene Entschädigung zuzusprechen.

  2. des Stadtrichteramts Winterthur

Verzicht auf Anträge.

Erwägungen:

  1. Verfahrensgang
    1. Mit Strafbefehl Nr. SVG.2014.6544 vom 22. September 2014 bestrafte das Stadtrichteramt Winterthur den Beschuldigten wegen Überschreitens der zulässigen Parkzeit auf Parkfeld mit Parkuhr bis 2 Stunden gestützt auf Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 48 Abs. 8 SSV mit einer Busse von Fr. 40.-. Ausserdem wurde der Beschuldigte verpflichtet, Kosten in

      Höhe von Fr. 90.- zu bezahlen (Urk. 2/3). Dagegen erhob der Beschuldigte innert Frist Einsprache (Urk. 2/4).

    2. Nach Durchführung der ergänzenden Untersuchung - insbesondere der Einvernahmen des Beschuldigten (Urk. 2/9) und der rapportierenden Polizistin (Urk. 2/11) sowie der Einholung eines Infocar-Auszugs über den Beschuldigten (Urk. 2/8) und eines Auszugs aus dem polizeilichen Ordnungsbussensystem (Urk. 2/12) - gelangte das Stadtrichteramt Winterthur zu einer anderen rechtlichen Würdigung und erliess folglich einen neuen Strafbefehl (Art. 355 Abs. 3 lit. c StPO). Mit diesem Strafbefehl Nr. SVG.2014.6544 vom 5. Januar 2015 (Urk. 2/13) bestrafte das Stadtrichteramt Winterthur den Beschuldigten wegen Nichtingangsetzens der Parkuhr gestützt auf Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 48 Abs. 6 SSV wiederum mit einer Busse von Fr. 40.-. Ausserdem wurden dem Beschuldigten die Kosten in der Höhe von Fr. 390.- auferlegt (Verfahrensgebühr Fr. 90.-; nachträgliche Untersuchungskosten Fr. 300.-). Auch dagegen erhob der Beschuldigte am 8. Januar 2015 innert Frist Einsprache (Urk. 2/14). Mit Schreiben vom 13. Januar 2015 liess das Stadtrichteramt dem Beschuldigten eine Kopie der Zeugeneinvernahme der

      Verkehrsbeamtin B.

      zukommen und setzte ihm Frist, Beweisanträge zu

      stellen oder innert nämlicher Frist die Einsprache zurückzuziehen (Urk. 2/15). Diese Frist verstrich offenbar unbenutzt.

    3. In der Folge überwies das Stadtrichteramt Winterthur unter dem 29. Januar 2015 die Akten zur Beurteilung der Sache an das Bezirksgericht Winterthur (Urk. 1). Mit Verfügung vom 2. Februar 2015 wurde der Beschuldigte zur Hauptverhandlung auf den 19. März 2015 vorgeladen. In Ziffer 2 wurde verfügt, dass die Hauptverhandlung die gerichtliche Beurteilung des Strafbefehls des Stadtrichteramtes Winterthur Nr. SVG.2014.6544 vom 22. September 2014 zum Gegenstand habe (Urk. 3). Anlässlich der Hauptverhandlung vom 19. März 2015 machte der Beschuldigte vorfrageweise, zusammengefasst und sinngemäss geltend, er sei nicht rechtsgültig vorgeladen worden, zumal in der Vorladung fälschlicherweise die Beurteilung des Strafbefehls vom 22. September 2014 und nicht desjenigen vom 5. Januar 2015 als Gegenstand der Hauptverhandlung

    genannt sei. Er beantragte, dass rechtsgültig neu zur Hauptverhandlung vorzuladen, ihm für das Erscheinen zur ungültig vorgeladenen Hauptverhandlung eine Entschädigung zuzusprechen und auf den Strafbefehl nicht einzutreten sei (Prot. I S. 5). Nach erneuter - nunmehr rechtsgültiger Vorladung (vgl. Art. 201 StPO) - fand am 2. April 2015 die Hauptverhandlung vor Vorinstanz statt (Prot. I S. 9 ff.). Mit Urteil des Bezirksgerichtes Winterthur, Einzelgericht, vom

    2. April 2015 (GC150004) wurde der Beschuldigte der Übertretung des Strassenverkehrsgesetzes im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 48 Abs. 6 SSV schuldig gesprochen und mit einer Busse von Fr. 40.- bestraft. Zudem wurden dem Beschuldigten die Verfahrenskosten auferlegt (Urk. 19 S. 14 ff.). Gegen dieses Urteil meldete der Beschuldigte innert Frist Berufung an (Urk. 12) und reichte nach Zustellung des schriftlich begründeten Urteils (Urk. 15 = Urk. 19) am 22. Juni 2015 (Urk. 16), ebenfalls fristgerecht, die Berufungserklärung (Urk. 20) ins Recht.

    4. Mit Präsidialverfügung des Obergerichts des Kantons Zürich vom 9. Juli 2015 wurde dem Stadtrichteramt Winterthur eine Kopie der Berufungserklärung zugestellt und Frist angesetzt, um Anschlussberufung zu erklären oder ein Nichteintreten auf die Berufung des Beschuldigten zu beantragen (Urk. 23). Nachdem das Stadtrichteramt Winterthur weder Anschlussberufung erhoben noch Nichteintreten auf die Berufung beantragt hatte, wurde mit Beschluss vom 17. August 2015 das schriftliche Berufungsverfahren angeordnet und dem Beschuldigten Frist angesetzt, um die Berufungsanträge zu stellen und zu begründen (Urk. 25). Unter dem 7. September 2015 reichte der Beschuldigte innert Frist seine Berufungsbegründung im Doppel ein (Urk. 27). Mit Präsidialverfügung vom

    8. September 2015 wurde die Berufungsbegründung sodann dem Stadtrichteramt Winterthur zugesandt und gleichzeitig Frist zur Erstattung der Berufungsantwort angesetzt (Urk. 29). Das Stadtrichteramt Winterthur reichte keine Berufungsantwort ein. Innert derselben Frist verzichtete die Vorinstanz auf die ihr freigestellte Vernehmlassung (Urk. 31). Das vorliegende Verfahren erweist sich als spruchreif.

  2. Prozessuales
  1. Kognition des Berufungsgerichts

    1. Gemäss Art. 398 Abs. 1 StPO ist die Berufung zulässig gegen Urteile erstinstanzlicher Gerichte, mit denen das Verfahren ganz oder teilweise abgeschlossen worden ist. Im Rahmen einer Berufung überprüft das Obergericht den vorinstanzlichen Entscheid üblicherweise frei bezüglich sämtlicher Tat-, Rechtsund Ermessensfragen (Art. 398 Abs. 3 StPO). Bildeten jedoch - wie vorliegend - ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens, so schränkt Art. 398 Abs. 4 Satz 1 StPO die Kognition der Berufungsinstanz ein.

    2. Was den Sachverhalt anbelangt, so überprüft das Berufungsgericht nur, ob eine offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes durch die Vorinstanz erfolgt ist. Relevant sind dabei klare Fehler bei der Sachverhaltsermittlung, wie namentlich Versehen, Irrtümer oder offensichtliche Diskrepanzen zwischen der sich aus den Akten sowie der Hauptverhandlung ergebenden Aktensowie Beweislage und der Urteilsbegründung. Weiter in Betracht kommen insbesondere Fälle, in denen die gerügte Sachverhaltsfeststellung auf einer Verletzung von Bundesrecht, in erster Linie von Verfahrensvorschriften der StPO selbst, beruht. Gesamthaft gesehen dürften regelmässig Konstellationen relevant sein, die als willkürliche Sachverhaltserstellung zu qualifizieren sind (vgl. S CHMID, StPOPraxiskommentar, 2. Aufl., Art. 398 N 12 f.; BSK StPO-EUGSTER, 2. Aufl., Art. 398 N 3a). Willkür bei der Beweiswürdigung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, genügt nicht (vgl. BGE 134 I 140

      E. 5.4 m.H.). Eine vertretbare Beweiswürdigung ist daher noch nicht willkürlich, auch wenn die Berufungsinstanz anstelle des Vorderrichters allenfalls anders entschieden hätte.

    3. Zum anderen wird das angefochtene Urteil auf Rechtsverletzungen durch die Vorinstanz hin überprüft; insofern liegt keine Einschränkung der Über-

      prüfungsbefugnis vor; sämtliche Rechtsfragen sind mit freier Kognition zu prüfen und zwar nicht nur materiellrechtliche, sondern auch prozessuale (vgl. HUG, in: Zürcher Kommentar, StPO, 2. Aufl., Art. 398 N 23).

    4. Das Obergericht hat zu überprüfen, ob die vom Beschuldigten vorgebrachten Beanstandungen von der Überprüfungsbefugnis gemäss Art. 398 Abs. 4 StPO gedeckt sind. In einem allfälligen nicht von der genannten Befugnis umfassten Umfang kann auf die Einwendungen nicht eingegangen werden. Es ist somit festzustellen, ob das vorinstanzliche Urteil im Bereich der zulässigen Kognition Fehler aufweist.

    5. Im Übrigen ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass sich die urteilende Instanz nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen muss (vgl. BGE 136 I 184

      E. 2.2.1). Die Berufungsinstanz kann sich somit auf die für ihren Entscheid wesentlichen Punkte beschränken.

    6. Zu erwähnen ist schliesslich, dass neue Behauptungen und Beweise im Berufungsverfahren nicht mehr vorgebracht werden können, wenn - wie hier - ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens bildeten (Art. 398 Abs. 4 Satz 2 StPO).

  2. Umfang der Berufung

    Die Berufung wurde vom Beschuldigten nicht beschränkt (Urk. 27). Das erstinstanzliche Urteil ist deshalb in keinem Punkt in Rechtskraft erwachsen und bildet gesamthaft Gegenstand des Berufungsverfahrens.

  3. Anklageprinzip

    1. Der Beschuldigte rügte vor Vorinstanz (Urk. 9 Ziff. 1; Prot. I S. 5 und S. 10) wie auch im Rahmen des Berufungsverfahrens (Urk. 27 S. 3 f.) eine Verletzung des Anklageprinzips. Eine solche will er darin erblicken, dass sich der Strafbefehl über die genaue Dauer seines Verweilens auf dem fraglichen Parkplatz ausschweige (Urk. 27 S. 3 f.).

    2. Die Vorinstanz hat sich mit der neusten bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu den Anforderungen an die Sachverhaltsumschreibung in Strafbefehlen bei (einfachen) Übertretungsstraftatbeständen nicht näher auseinandergesetzt (Urk. 19 S. 4 f.). In BGE 140 IV 188 hat das Bundesgericht klargestellt, dass die Sachverhaltsumschreibung im Strafbefehl den an eine Anklageschrift gestellten Ansprüchen vollumfänglich genügen muss, und zwar unbesehen um die Frage, wie komplex sich der Sachverhalt erweist oder welche Art von Delikten zur Diskussion steht. Auch bei einfach gelagerten Übertretungsstraftatbeständen muss aus dem Strafbefehl ersichtlich sein, welcher konkrete Lebenssachverhalt - im Fall der Einsprache - zur Anklage gebracht wird (BGE 140 IV 188 E. 1.5). Gemäss Art. 353 Abs. 1 lit. c StPO hat der Strafbefehl insbesondere den Sachverhalt zu umschreiben, welcher der beschuldigten Person zur Last gelegt wird. Der Strafbefehl hat nach Massgabe von Art. 353 Abs. 1 lit. c StPO möglichst kurz, aber genau die der beschuldigten Person vorgeworfenen Taten mit Beschreibung von Ort, Datum, Zeit, Art und Folgen der Tatausführung zu enthalten (BGE 140 IV 188 E. 1.5 m.w.H.).

    3. Diesen grundsätzlich strengen Anforderungen genügt der angefochtene Strafbefehl, wie die Vorinstanz zu Recht erwog, ohne Weiteres. Dem Strafbefehl zu entnehmen ist der dem Beschuldigten vorgeworfene Tatbestand (Nichtingangsetzen der Parkuhr), Ort/Zeit der Tathandlung (Winterthur, [Strasse] ,

      21. Juli 2014 / 13:50 Uhr), das Fahrzeug (PW, Mercedes ZH ) sowie die einschlägigen Bestimmungen (Art. 27 Abs. 1 SVG; Art. 48 Abs. 6 SSV; Art. 90 Abs. 1 SVG). In der als Erwägungen bezeichneten weiteren Umschreibung des Sachverhalts wird dem Beschuldigten vorgeworfen, dass er sein Fahrzeug auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz abstellte und die von ihm geltend gemachte Fahrtunterbrechung über ein erlaubtes kurzes Anhalten zum lediglichen Einund Aussteigenlassen von Personen bzw. zum Güterumschlag hinausgeht (Urk. 2/13).

    4. Richtig ist, dass dem Strafbefehl nicht zu entnehmen ist, wie lange der Beschuldigte genau auf dem fraglichen Parkplatz verweilt sein soll. Dies ist indes weder für die rechtsgenügende Umschreibung des Verfahrensgegenstands noch mit Blick auf die Informationsfunktion erforderlich. Der Kern des im Strafbefehl

      enthaltenen Vorwurfs liegt darin, dass der Beschuldigte sein Fahrzeug auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz abstellte und dabei illegalerweise die Parkuhr nicht in Gang setzte. Die Strafbarkeit ergibt sich, wie der Strafbefehl klar zum Ausdruck bringt, nicht aus der konkreten Verweilresp. Anhaltedauer, sondern aus dem Zweck des Anhaltens (vgl. die Formulierung im Strafbefehl Anhalten zum lediglichen Einund Aussteigenlassen von Personen bzw. zum Güterumschlag [Hervorhebung hinzugefügt]). Dies scheint denn auch der Beschuldigte nicht zu verkennen, wenn er in seiner Berufungsbegründung nunmehr ausführt, dass die Zulässigkeit des Anhaltens sich nicht über die Zeitdauer, sondern über den Grund des Anhaltens definiere (Urk. 27 S. 4; vgl. auch Urk. 27 S. 7 i.f.: Wäre die Dauer relevant - was von mir bestritten wird [ ].). Es entzieht sich letztlich der Logik und mutet zirkulär an, wenn der - rechtskundige - Beschuldigte einerseits bemängelt, die konkrete Verweildauer sei im Strafbefehl nicht umschrieben und andererseits selbst ausführt, dass die Verweildauer für die rechtliche Beurteilung irrelevant sei. Dass die konkrete Anhaltedauer allenfalls ein Indiz für das vorgeworfene Verhalten ist, nämlich dafür, dass der Beschuldigte zu anderen Zwecken als zum Einund Aussteigenlassen von Personen bzw. zum Güterumschlag angehalten hat, lässt den - die Anhaltedauer nicht definierenden - Strafbefehl nicht als mit Blick auf den Anklagegrundsatz ungenügend erscheinen. Es ist dies vielmehr ein Aspekt der freien richterlichen Beweiswürdigung.

    5. Die Vorinstanz ist nach dem Gesagten zu Recht zum Schluss gelangt, dass der vorliegende Strafbefehl seine Umgrenzungsund Informationsfunktion erfüllt und das Anklageprinzip folglich nicht verletzt ist (Urk. 19 S. 5).

III. Schuldpunkt
  1. Sachverhalt

    1. Das Stadtrichteramt Winterthur wirft dem Beschuldigten in tatsächlicher Hinsicht vor, dass er am 21. Juli 2014 um 13:50 Uhr in Winterthur, , sein Auto Mercedes ZH auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz abstellte, ohne dabei die Parkuhr in Gang zu setzen, wozu er verpflichtet gewe-

      sen wäre, da er dort nicht zum blossen Einund Aussteigenlassen von Personen bzw. zum Güterumschlag angehalten habe (Urk. 2/13).

    2. Die Vorinstanz konnte sich bei der Sachverhaltserstellung neben den Aussagen des Beschuldigten (Urk. 2/9; Urk. 9; Prot. I S. 10 ff.) auf die Aussagen der

      Verkehrsbeamtin B.

      als Zeugin stützen (Urk. 2/11), die sie allesamt zusammengefasst und korrekt wiedergegeben hat (Urk. 20 S. 3 ff.). Der Verwertbarkeit der Zeugenaussage B. steht im Übrigen nichts im Wege, nachdem der Beschuldigte auf seinen Konfrontationsanspruch verzichtet hat (so der Beschuldigte explizit anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung, Prot. I S. 9). Auf die

      vorinstanzliche Sachverhaltserstellung kann zur Vermeidung von Wiederholungen

      verwiesen werden (Art. 82 Abs. 4 StPO). In Würdigung dieser Beweise kam die Vorinstanz zum Schluss, dass das im Strafbefehl umschriebene Tatgeschehen als erstellt zu betrachten sei (Urk. 19 S. 10).

    3. Inwiefern die Vorinstanz im Rahmen der Beweiswürdigung und Sachverhaltserstellung in Willkür verfallen sein soll, vermag der Beschuldigte nicht aufzuzeigen (vgl. Art. 398 Abs. 4 Satz 1 StPO). Der Vorinstanz ist insbesondere darin beizupflichten, dass der Sachverhalt, wie er dem Beschuldigten zur Last gelegt wird, bereits aufgrund der Depositionen des Beschuldigten selber erstellt ist. Insofern erübrigt es sich denn auch, auf die im Polizei- (Urk. 2/1) und Ordnungsbussenrapport (Urk. 2/12) und von der Verkehrsbeamtin B. (Urk. 2/11) gemachten Zeitangaben, welche vom Beschuldigten als falsch zurückgewiesen werden (Urk. 27 S. 5 ff.), näher einzugehen.

    4. Der Beschuldigte anerkennt, dass er sich mit seinem Fahrzeug am 21. Juli 2014 um 13.50 Uhr auf dem Parkplatz beim in Winterthur befunden (zuletzt Urk. 27 S. 4 f.) resp. dort angehalten und gewartet (Urk. 27 S. 7 oben), die Parkuhr dabei indes nicht in Betrieb gesetzt hat (zuletzt Urk. 27 S. 7, vgl. auch

      S. 10). Dass er sein Fahrzeug nicht abgestellt, sondern lediglich kurz angehalten haben will (Urk. 27 S. 4 f.), wird im Rahmen der rechtlichen Würdigung zu er- örtern sein.

      In der Untersuchung resp. vor Vorinstanz machte der Beschuldigte geltend, dass seine Frau in Winterthur gewesen sei und er offenbar etwas zu früh dran gewesen sei, um sie abzuholen, weshalb er kurz auf dem Parkplatz angehalten habe. Was er währenddessen gemacht habe (Internet gesurft oder Mails kontrolliert), wisse er nicht mehr (Urk. 2/9 S. 2). Anlässlich der Hauptverhandlung vor Vorinstanz fügte der Beschuldigte ergänzend hinzu, er habe wohl kurz auf sein Handy geschaut und vielleicht rasch die Schlagzeilen der NZZ oder ein Mail gelesen (Prot. I

      S. 11). In seiner Berufungsbegründung führt der Beschuldigte aus, sich ca. 5 bis 10 Minuten auf dem fraglichen Parkplatz befunden zu haben (Urk. 27 S. 7 i.f.; so bereits Urk. 2/9 S. 2). Auch bestreitet der Beschuldigte nicht, dass ihn die Verkehrsbeamtin B.

      kontrolliert und aufgefordert hat, die Parkuhr in Gang zu

      setzen (Urk. 2/9 S. 2; Prot. I S. 12), und zwar auch nachdem der Beschuldigte ihr gegenüber geltend gemacht hatte, er habe hier nur kurz angehalten und warte (Urk. 27 S. 7).

      Aus diesen Aussagen erhellt insbesondere, dass der Beschuldigte sein Fahrzeug nicht zum Zwecke des Güterumschlags oder zum Einund Aussteigenlassen von Personen auf dem fraglichen Parkfeld zum Stillstand brachte, sondern - wie er es eben selbst ausdrückt - um dort zu warten.

    5. Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass der Beschuldigte mit seinen Vorbringen keine Willkür in der Beweiswürdigung der Vorderrichterin aufzuzeigen vermag. Die vorinstanzliche Schlussfolgerung, wonach - gestützt auf das Beweisergebnis - der Sachverhalt gemäss Strafbefehl als erstellt zu betrachten sei (Urk. 20 S. 5), ist folglich nicht zu beanstanden.

  2. Rechtliche Würdigung

    1. Das Stadtrichteramt Winterthur wirft dem Beschuldigten vor, er habe sich durch sein Verhalten der Übertretung des Strassenverkehrsgesetzes im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 48 Abs. 6 SSV schuldig gemacht (Urk. 2/13). Die Vorinstanz sprach den Beschuldigten anklagegemäss schuldig (Urk. 19).

    2. Der Beschuldigte macht berufungsweise geltend, Gebührenpflicht bestehe lediglich bei grundsätzlich gebührenpflichtigen Parkfeldern nur für das Abstellen, und auch das nur, wenn es nicht bloss dem Einund Aussteigenlassen von Personen oder dem Güterumschlag diene, nicht aber für das blosse Anhalten. Wer sein Auto anhalte und am Steuer sitzen bleibe, stelle sein Auto nicht ab, und zwar auch dann nicht, wenn das Halten freiwillig geschehe, ja selbst dann nicht, wenn er das Fahrzeug verlasse, um Personen einund aussteigen zu lassen oder um Güter ausund einzuladen. Diesfalls liege ein blosses Anhalten vor im Sinne von Art. 19 Abs. 1 VRV und Art. 30 SSV. Ein solch zulässiges Einund Aussteigenlassen oder ein solch gestatteter Güterumschlag könne beliebig lange dauern, insbesondere auch weit länger, als er auf dem fraglichen Parkfeld angehalten habe. Unabhängig von seiner Dauer sei Halten und Warten (Anhalten ohne das Fahrzeug zu verlassen) auf einem Parkfeld mit dem Signal Parkieren gegen Gebühr auch ohne lnbetriebsetzung der Parkuhr zulässig. Selbst wenn das Halten auf einem Parkfeld mit dem Signal Parkieren gegen Gebühr als gebüh- renpflichtiges Parkieren zu verstehen sei, so könne nicht jedes noch so kurzzeitige Anhalten ohne lnbetriebsetzung der Parkuhr als strafbar angesehen werden, sondern es müsste für das Vorliegen einer Übertretung wohl eine bestimmte Dauer dieses Haltens verlangt werden. Ein Verweilen für die Dauer von bloss 5 Minuten, wie vorliegend, würde den Straftatbestand jedenfalls nicht erfüllen (Urk. 27 S. 8 ff.).

    3. Die Vorderrichterin setzt sich eingehend und zutreffend mit der rechtlichen Würdigung des Sachverhalts auseinander (Urk. 19 S. 10 ff.), worauf zu verweisen ist (Art. 82 Abs. 4 StPO) mit nachfolgenden ergänzenden Hinweisen.

    4. Nach Art. 48 Abs. 6 SSV dürfen Motorwagen auf den entsprechend gekennzeichneten Parkplätzen nur gegen Gebühr und gemäss den an der Parkuhr vermerkten Bestimmungen abgestellt werden. Das Nichtingangsetzen der Parkuhr gemäss Art. 48 Abs. 6 SSV wird - nach OBV Anhang 1 Ziff. 203.3 - mit einer Busse von Fr. 40.- bestraft. Sowohl Art. 48 Abs. 6 SSV als auch Art. 48 Abs. 8 SSV bezwecken die sachgerechte und rechtsgleiche Bewirtschaftung der öffentlichen Parkplätze. Art. 48 Abs. 6 SSV kommt vorab eine Kontrollfunktion zu,

      erschwert bzw. verunmöglicht das Nichtingangsetzen der Parkuhr doch die Feststellung der Zeitdauer des Überschreitens der Parkzeit (BGE 134 IV 229 E. 3.2).

    5. Das Halten im Sinne von Art. 37 Abs. 2 SVG umfasst jedes, nicht bloss verkehrsbedingte, Stillstehen mit Fahrzeugen auf öffentlichem Verkehrsraum (GIGER, SVG Kommentar, 8. Aufl., Zürich 2014, Art. 37 N 5; WEISSENBERGER,

      Kommentar SVG und OBG, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2015, Art. 37 N 14). Als

      Parkieren gilt jedes Abstellen resp. Halten des Fahrzeugs, das nicht nur dem Einund Aussteigenlassen von Personen oder dem Güterumschlag dient (Art. 19 Abs. 1 VRV). Oder anders: Jedes anderen Zwecken dienende freiwillige Halten gilt als Parkieren (GIGER, SVG Kommentar, a.a.O, Art. 37 N 14; WEISSENBERGER, a.a.O., Art. 37 N 16 je m.H.). Aus alledem erhellt, dass sich Parkieren (einzig) durch den Zweck von Anhalten unterscheidet. Auch kurzzeitiges Anhalten, und zwar selbst wenn der Lenker das Fahrzeug nicht verlässt, gilt als Parkieren, wenn es nicht (bloss) dem Aussteigenlassen von Personen oder dem Güterumschlag dient (WEISSENBERGER, a.a.O., Art. 37 N 16; so klar schon BGE 92 IV 10 E. 4a).

    6. Der Beschuldigte geht fehl in der Annahme, Halten und Warten (Anhalten ohne das Fahrzeug zu verlassen) sei unabhängig von seiner Dauer auf einem Parkfeld mit dem Signal Parkieren gegen Gebühr auch ohne lnbetriebsetzung der Parkuhr zulässig. Der von ihm eingestandene Verkehrsvorgang ist nach den dargestellten Grundsätzen klarerweise als Parkieren zu qualifizieren. Der Umstand, dass er das Fahrzeug nicht verlassen hat, ändert daran nichts, ebenso wenig, wenn - zu seinen Gunsten - von einer Verweildauer von lediglich fünf Minuten ausgegangen wird. Der Beschuldigte hat weder Güter umgeschlagen, noch war ein Aussteigen oder Einsteigen von Personen im Gange. Der Beschuldigte hat sein Auto parkiert.

      Die Pflicht zum Ingangsetzen der Parkuhr ist gerade bei derartigen KurzzeitParkplätzen an hochfrequentierten Orten von öffentlichem Interesse (Bahnhöfe, Poststellen etc.) essentiell. Anders liesse sich das mit den Art. 48 Abs. 6 und Abs. 8 SSV avisierte Ziel der sachgerechten und rechtsgleichen Bewirtschaftung der öffentlichen Parkplätze gar nicht erreichen. Jeder, der bspw. nach gar längerer Parkzeit ohne Ingangsetzen der Parkuhr wieder in sein Fahrzeug zurückkehrt

      und dann gegenüber der sodann eintreffenden Verkehrsbeamtin geltend macht, er halte hier nur kurz resp. warte die Ankunft einer anderen Person ab, könnte mit diesem Einwand eine wirksame Kontrolle vereiteln.

    7. Nicht zuletzt deshalb hat das Bundesgericht in BGE 114 IV 62 die durch Art. 48 Abs. 6 SSV begründete Zahlungspflicht als uneingeschränkt qualifiziert. Sonderfälle, die ein Absehen von der Zahlungspflicht rechtfertigen würden, seien weder Gesetz noch Literatur zu entnehmen. Somit entfalten insbesondere auch Güterumschlag und dergleichen keine privilegierende Wirkung (BGE 114 IV 62

      E. 3b). Wenn also selbst Güterumschlag nicht von der Zahlungspflicht befreit,

      dann ist damit auch gesagt, dass die Zahlungspflicht nicht erst durch Parkieren ausgelöst wird, sondern bereits durch Anhalten zum Zwecke des Güterumschlags (vgl. Art. 19 Abs. 1 VRV). Eine Privilegierung im Sinne einer Befreiung von der Zahlungspflicht nimmt das Bundesgericht nur dann an, wenn besondere Güter auf dem Spiel stehen (Sanität, Polizei, Ambulanz etc.). Der in BGE 114 IV 62 statuierte Grundsatz der uneingeschränkten Zahlungspflicht wurde im Übrigen in BGE 136 IV 133 bestätigt (BGE 136 IV 133 E. 2.4.3 m.H.a. die Doktrin).

    8. Nicht ernst gemeint sein kann der Vergleich des Beschuldigten mit dem Anhalten auf der Autobahn vor dem Gotthard im Falle eines Staus. Diese Lenker würden sich wesentlich länger am gleichen Ort aufhalten, ohne dass man diesen vorwerfen würde, sie hätten das Auto auf der Autobahn abgestellt (Prot. I S. 14). Verkehrsbedingte, unfreiwillige Haltevorgänge fallen von vornherein nicht in den Regelungsbereich der hier einschlägigen Art. 37 SVG, Art. 19 VRV und Art. 48 SSV (vgl. nur BSK SVG-F IOLKA, Art. 37 N 18 f.). Der vom Beschuldigten angestrengte Vergleich geht somit gänzlich an der Sache vorbei.

    9. Der Beschuldigte hat - wie die Vorinstanz zu Recht resümiert - sein Fahrzeug auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz parkiert, ohne die Parkuhr in Gang zu setzen, und hat sich damit tatbestandsmässig im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 48 Abs. 6 SSV verhalten.

  3. Kein Verbotsirrtum nach Art. 21 StGB

    1. Der - rechtskundige - Beschuldigte beruft sich wie bereits vor Vorinstanz (Urk. 2/9 S. 3; Urk. 9 Ziff. 2; Prot. I S. 12) auch im Berufungsverfahren auf Rechtsirrtum. Er sei überzeugt gewesen und sei es auch noch nach dem vorinstanzlichen Urteil, dass sein Verhalten korrekt gewesen sei und er nicht verpflichtet gewesen wäre, die Parkuhr in Gang zu setzen. Er habe weder das unbestimmte Empfinden gehabt, dass das, was er getan habe, gegen das verstosse, was Recht sei, noch habe er die geringsten Zweifel an der Rechtmässigkeit seines Verhaltens gehabt. Daran ändere auch nichts, dass er von Verkehrsbeamtin

      B.

      aufgefordert worden sei, die Parkuhr zu bedienen. Zusammengefasst

      wendet er schliesslich ein, es sei ihm weder von der Verkehrsbeamtin B. , noch vom Stadtrichteramt sowie der Vorinstanz ein einschlägiger Entscheid bzw. eine diesbezüglich Lehrmeinung unterbreitet worden, woraus sich die Strafbarkeit seines Verhaltens ergebe (Urk. 27 S. 10 f.).

    2. Ein Rechtsirrtum im Sinne von Art. 21 StGB liegt nicht schon vor, wenn der Täter sein Verhalten irrtümlich für straflos hält, sondern nur, wenn er nicht weiss und nicht wissen kann, dass er sich rechtswidrig verhält (BGE 138 IV 13 E. 8.2). Der Irrtum über die genaue rechtliche Qualifikation der in Frage stehende Verhaltensweise resp. die irrige Annahme, dass die Verhaltensweise nicht unter den

      - dem Täter bekannten - Straftatbestand fällt, stellt demgegenüber einen blossen, rechtlich unbeachtlichen Subsumtionsirrtum dar (BGE 129 IV 238 E. 3.2.2 m.z.H.; vgl. auch BGE 138 IV 13 E. 8.2 i.f.). Gleiches gilt für die falsche Auslegung eines Rechtsbegriffs (TRECHSEL/JEAN-RICHARD, Praxiskommentar StGB,

      2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013, Art. 21 N 3).

    3. Der Beschuldigte dringt mit dem Einwand der fehlenden Verbotskenntnis nicht durch. Er weiss und bestreitet auch nicht, dass man die Parkuhr in Gang zu setzen hat, wenn man auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz parkiert. Er stellt sich indes auf den Standpunkt, sein kurzes Anhalten resp. Warten sei nicht als parkieren zu qualifizieren. Es handelt sich dabei nachgerade um einen klassischen Fall eines unbeachtlichen (Subsumtions-)Irrtums über die genau rechtliche Qualifikation dieses Vorgangs.

    4. Im Übrigen würde ein Verbotsirrtum nur dann zum Schuldausschluss führen, wenn der Irrtum unvermeidbar war, der Beschuldigte mithin zureichende Gründe zur Annahme hatte, er tue überhaupt nichts Unrechtes. Zureichend ist ein Grund nur dann, wenn dem Beschuldigten aus seinem Rechtsirrtum kein Vorwurf gemacht werden kann, weil er auf Tatsachen beruht, durch die sich auch ein gewissenhafter Mensch hätte in die Irre führen lassen (BGE 98 IV 293 E. 4a; Urteil des Bundesgerichts 6B_139/2010 vom 24. September 2010 E. 4.1).

      Der Beschuldigte geht fehl in der Annahme, sein Verhalten sei so lange rechtmässig resp. er könne sich so lange auf einen unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen, als ihm - wie er sinngemäss geltend macht - nicht durch Hinweise auf Präzedenzfälle oder Literaturstellen das Gegenteil bewiesen werde. Ein gewissenhafter Dritter hätte spätestens nach Hinweis der Verkehrsbeamtin, wonach die Parkuhr zu betätigen sei, an der Rechtmässigkeit seines Verhaltens zweifeln müssen. Es ist nachgerade absurd, wenn der Beschuldigte zusammengefasst geltend macht, der Umstand, dass die Verkehrsbeamtin ihm keinen identischen Präzedenzfall habe nennen können, habe ihn in seiner Auffassung bestärkt, bzw. sei jedenfalls nicht geeignet gewesen, Zweifel daran zu säen (vgl. Urk. 27 S. 10).

    5. Der Beschuldigte unterliegt vorliegend einem unbeachtlichen Subsumtionsirrtum hinsichtlich der genauen rechtlichen Qualifikation seines kurzen Haltens auf dem gebührenpflichtigen Parkfeld. Selbst hinsichtlich dieses ohnehin unbeachtlichen Subsumtionsirrtums hätte der Beschuldigte zudem begründeten Anlass gehabt, seine Rechtsauffassung in Zweifel zu ziehen. Der Beschuldigte hat sich demnach der Übertretung des Strassenverkehrsgesetzes im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 48 Abs. 6 SSV schuldig gemacht.

  1. Sanktion

    Aufgrund des Verschlechterungsverbots (Art. 391 Abs. 2 StPO) kann dem Beschuldigten im Berufungsverfahren keine höhere Busse auferlegt werden. Das Nichtingangsetzen der Parkuhr gemäss Art. 48 Abs. 6 SSV wird - nach OBV Anhang 1 Ziff. 203.3 - mit einer Busse von Fr. 40.- bestraft. Nachdem eine

    Ordnungsbusse auch im ordentlichen Strafverfahren ausgefällt werden kann (Art. 11 Abs. 1 OBG; dazu Urteil des Bundesgerichts 6B_628/2010 vom

    7. Oktober 2010 E. 3.2), ist die vorinstanzlich festgesetzte Busse in der Höhe von Fr. 40.- zu bestätigen. Dies gilt auch für die von der Vorinstanz festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag.

  2. Kostenund Entschädigungsfolgen
  1. Entschä digung sans pruc h

    1. Der Beschuldigte beantragt, es sei über seinen der Vorinstanz anlässlich der Verhandlung vom 19. März 2015 gestellten Antrag um Zusprechung einer Entschädigung für das Erscheinen zu jener - nicht rechtmässig vorgeladenen - Verhandlung zu entscheiden (Urk. 27 S. 2).

    2. Die Vorinstanz hat sich nicht mit dem erwähnten Antrag des Beschuldigten auf Entschädigung auseinandergesetzt und verletzte damit dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO, Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK), was indes im vorliegenden Berufungsverfahren geheilt werden kann.

    3. Mit Verfügung vom 2. Februar 2015 hat die Vorinstanz fälschlicherweise zur Hauptverhandlung zwecks gerichtlicher Beurteilung des Strafbefehls des Stadtrichteramtes Winterthur Nr. SVG.2014.6544 vom 22. September 2014 (anstelle 5. Januar 2015) vorgeladen (Urk. 3; vgl. auch Prot. I S. 4 f.). Zumal die Nennung des (korrekten) Vorladungsgrunds nach Art. 201 Abs. 2 lit. c StPO eine Gültigkeitsvorschrift darstellt (BSK StPO-WEBER, 2. Aufl., Art. 201 N 7), war die vorinstanzliche Verfügung vom 2. Februar 2015 mit einem Mangel behaftet. Die Vorladung erging mithin nicht rechtskonform. Offenbar hat der Beschuldigte im Vorfeld der Verhandlung gar versucht, diesen Mangel telefonisch mit der Vorinstanz zu klären, was nicht gelang, da er nicht bis zur zuständigen juristischen Kanzlei durchgedrungen zu sein scheint (vgl. Prot. I S. 4 f.). Der Beschuldigte hat damit grundsätzlich Anspruch auf Ersatz desjenigen Schadens, der ihm aufgrund dieser fehlerhaften Verfahrenshandlung erwuchs (Erscheinen zur nicht rechtskonform vorgeladenen ersten Hauptverhandlung).

    4. Die Beweislast für Höhe und Ausmass des geltend gemachten Schaden bestimmt sich nach zivilrechtlichen Grundsätzen, trägt mithin der Beschuldigte. Der Beschuldigte hat weder im vorinstanzlichen Verfahren (vgl. Prot. I S. 5; Urk. 9) noch im Berufungsverfahren (vgl. Urk. 27) einen Schaden beziffert. Er hat vielmehr überhaupt nicht dargetan, worin ihm ein Schaden erwachsen (Erwerbsausfall, Auslagen etc.) und wie ein solcher zu beziffern sein soll.

      Dem Gericht kommt bei der Festlegung der Höhe der Entschädigung ein weites Ermessen zu. Die erste Hauptverhandlung dauerte 8 Minuten (Prot. I S. 4). Der Beschuldigte wohnt in C. . Angemessen erscheint unter diesen Umständen eine pauschale Entschädigung von Fr. 100.-, die allerdings nach Art. 442 Abs. 4 StPO mit den Forderungen des Staates aus den Verfahrenskosten (dazu sogleich) zu verrechnen sein wird (vgl. BGE 139 IV 243 E. 5.1).

    5. Darüber hinausgehende Entschädigungsansprüche bestehen ausgangsgemäss keine (Art. 436 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 429 StPO).

  2. Kostenfolgen

    1. Ausgangsgemäss ist die vorinstanzliche Kostenregelung zu bestätigen (Disp.-Ziff. 4 und 5; Art. 426 Abs. 1 StPO). Entgegen der Ansicht des Beschuldigten (Urk. 27 S. 3) sind die vom Stadtrichteramt veranschlagten Kosten nicht zu beanstanden. Für den leicht angepassten Strafbefehl vom 5. Januar 2015 (Urk. 2/13) wurden keine zusätzlichen Kosten erhoben. Die Gebührenhöhe ist angemessen und bewegt sich am unteren Rand des Gebührenrahmens der Übertretungsstrafbehörden gemäss § 6 Abs. 1 lit. d der Verordnung über die Gebüh- ren, Auslagen und Entschädigungen der Strafverfolgungsbehörden (danach reicht der Gebührenrahmen für die Führung der Strafuntersuchung nach einer Einsprache gegen einen Strafbefehl von Fr. 100 bis 5'000).

    2. Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ist praxisgemäss auf Fr. 1'000.- festzusetzen.

Der Beschuldigte unterliegt im Berufungsverfahren mit seinen Hauptanträgen vollumfänglich (Art. 428 Abs. 1 StPO). Der vorinstanzliche Entscheid wird in nur

unwesentlichem Umfang (bezüglich Entschädigungsanspruch) abgeändert, weshalb dem Beschuldigten die Verfahrenskosten zur Gänze aufzuerlegen sind (Art. 428 Abs. 2 lit. b StPO).

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A.

    ist schuldig der Übertretung des Strassenverkehrsgesetzes im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 48 Abs. 6 SSV.

  2. Der Beschuldigte wird mit Fr. 40.- Busse bestraft.

    Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag.

  3. Das erstinstanzliche Kostendispositiv (Disp.-Ziff. 4 und 5) wird bestätigt.

  4. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf Fr. 1'000.-.

  5. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt.

  6. Dem Beschuldigten wird eine Umtriebsentschädigung von Fr. 100.- aus der Gerichtskasse zugesprochen.

    Das Verrechnungsrecht des Staates bleibt vorbehalten.

  7. Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an

    • den Beschuldigten

    • das Stadtrichteramt Winterthur

    • die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich

      sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an die Vorinstanz.

  8. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer

Zürich, 14. Dezember 2015

Der Präsident:

Oberrichter Dr. iur. F. Bollinger

Der Gerichtsschreiber:

Dr. iur. F. Manfrin

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.
www.swissactiv.ch
Menschen zusammenbringen, die gemeinsame Interessen teilen
Die Freude an Bewegung, Natur und gutem Essen fördern
Neue Leute treffen und Unternehmungen machen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.

SWISSRIGHTS verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf der Website analysieren zu können. Weitere Informationen finden Sie hier: Datenschutz