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Bundesverwaltungsgericht Urteil D-2782/2019

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung IV
Dossiernummer:D-2782/2019
Datum:27.01.2021
Leitsatz/Stichwort:Asyl und Wegweisung (Mehrfachgesuch/Wiedererwägung)
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdeführer; Sudan; Politisch; Politische; Sudanesische; Schweiz; Mitglied; Recht; Vorinstanz; Wegweisung; Radio; Beschwerdeführers; Exilpolitisch; Sudanesischen; Beweis; Verfügung; Rückkehr; Urteil; Zumutbar; Exilpolitische; Bundesverwaltungsgericht; Politischen; Person; Reichte; Flüchtlingseigenschaft; Verfahren; Behörde; Vorbringen; Darfur
Rechtsnorm: Art. 25 BV ; Art. 49 BV ; Art. 52 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 65 VwVG ; Art. 83 AIG ; Art. 83 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung IV D-2782/2019

U r t e i l v o m 2 5 . J a n u a r 2 0 2 1

Besetzung Richter Simon Thurnheer (Vorsitz), Richter David R. Wenger,

Richterin Jeannine Scherrer-Bänziger, Gerichtsschreiberin Bettina Hofmann.

Parteien A. , geboren am (…), Sudan,

vertreten durch lic. iur. LL.M. Tarig Hassan, Advokatur Kanonengasse, Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration (SEM), Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Asyl und Wegweisung (Mehrfachgesuch); Verfügung des SEM vom 3. Mai 2019 / N (…).

Sachverhalt:

A.

    1. Der Beschwerdeführer suchte am 24. Februar 2016 erstmals in der Schweiz um Asyl nach. Zu seinem persönlichen Hintergrund und zur Begründung seines Asylgesuchs machte er im Wesentlichen geltend, er sei sudanesischer Staatsangehöriger der Ethnie Fur und stamme aus dem Dorf B. aus der Region C. (Norddarfur). Zwischen 1999 und 2013 beziehungsweise 2014 habe er sich mehrheitlich in D. und Khartum aufgehalten, wo er weiterführende Schulen besucht und anschliessend als (…) und zwischen 2012 und 2013 beziehungsweise 2014 als (…) gearbeitet habe. Diese Stelle sei ihm wegen seiner Herkunft aus Darfur gekündigt worden, weshalb er nach Norddarfur zurückgekehrt sei. Dort sei es zwischen ihm und Mitgliedern der Janjaweed zu Konflikten um Besitzrechte an Weidegründen gekommen. Um allfälligen Nachstellungen seitens der Janjaweed zu entgehen, habe er den Sudan im Juli 2015 auf dem Landweg verlassen. In der Schweiz nehme er an Demonstrationen teil und engagiere sich für die Sache der Menschen in Darfur.

    2. Mit Verfügung vom 3. Oktober 2018 stellte das SEM fest, der Beschwerdeführer erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, lehnte sein Asylgesuch ab, verfügte die Wegweisung aus der Schweiz und ordnete den Vollzug an. Zur Begründung seines Entscheids hielt es fest, die geltend gemachten Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers genügten den Anforderungen an die Glaubhaftigkeit gemäss Art. 7 AsylG (SR 142.31) nicht. Weiter stellte es fest, der Beschwerdeführer verfüge über kein qualifiziertes exilpolitisches Profil, welches eine Furcht vor flüchtlingsrechtlich relevanter Verfolgung zu begründen vermöchte. Auch erachtete es den Vollzug der Wegweisung für zulässig, zumutbar und möglich. Bezüglich der Zumutbarkeit führte es aus, dass der Konflikt zwischen den Regierungstruppen und den in der Region aktiven Rebellengruppen zwar bis heute andauere, es dem Beschwerdeführer indes möglich und zumutbar sei, sich im Sinne einer innerstaatlichen Wohnsitzalternative im Grossraum Khartum niederzulassen.

    3. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil D-6300/2018 vom 17. Dezember 2018 ab. Dabei stützte es im Wesentlichen die Einschätzung der Vorinstanz.

B.

    1. Mit Eingabe seines Rechtsvertreters vom 28. Februar 2019 gelangte der Beschwerdeführer ein zweites Mal ans SEM und beantragte, es sei seine Flüchtlingseigenschaft festzustellen und die vorläufige Aufnahme anzuordnen, eventualiter sei die Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs festzustellen und die vorläufige Aufnahme anzuordnen.

      Zur Begründung machte er – unter Bezugnahme auf verschiedene Berichte zur Lage im Sudan und einzelner Urteile des BVGer (D-2899/2016 vom 24. August 2017 und E-186/2017 vom 26. November 2018) und des EGMR (Entscheide A. I. gegen die Schweiz [Beschwerde Nr. 23378/15] und N. A. gegen die Schweiz [Beschwerde Nr. 50364/14] vom 30. Mai 2017) – geltend, aufgrund seines intensivierten exilpolitischen Engagements und der jüngsten politischen Ereignisse drohe ihm im Falle einer Rückkehr in den Sudan flüchtlingsrelevante Verfolgung. Er sei im Jahr 2016 der Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit («Justice and Equality Movement» [JEM]) beigetreten und gehöre inzwischen dem Vorstand der Sektion des Kantons E. an. Folglich habe er eine Kaderstelle in der sudanesischen Exilopposition inne. Ausserdem habe er zwischen dem

      2. Januar 2019 und 2. Februar 2019 an drei weiteren Demonstrationen gegen das sudanesische Regime in F. , G. und H. teilgenommen. Die beiliegenden Fotos zeigten, wie er sich dabei durch das Hochhalten verschiedener Schilder und Transparente exponiert habe. Denselben Fotos könne ausserdem entnommen werden, dass er anlässlich der Demonstrationsteilnahme in H. vom 2. Februar 2019 gefilmt worden sei, wie er sich in der Radiosendung «(…)» auf dem Radiosender «(…)» zur Situation in seinem Heimatland geäussert habe. Darüber hinaus habe er an verschiedenen Konferenzen, Tagungen und Sitzungen teilgenommen, die er teilweise selber organisiert habe, was in den beiliegenden Schreiben von I. ([...] JEM-Sektion) vom 4. Februar 2019 bestätigt werde. Vor diesem Hintergrund und angesichts des Umstands, bereits im Sudan verdächtigt worden zu sein, einer Rebellengruppe anzugehören, müsse davon ausgegangen werden, dass er den sudanesischen Behörden als ernstzunehmender Regimekritiker aufgefallen sei und bei einer Rückkehr in sein Heimatland ernsthafte Nachteile im Sinne von Art. 3 AsylG zu befürchten hätte. Dies gelte umso mehr, als der sudanesische Präsident Omar al-Bashir durch Ausrufung des Ausnahmezustandes am

      22. Februar 2019 seine Machtbefugnisse drastisch ausgeweitet habe. Fortan dürfte es für das Regime, den Geheimdienst (NISS) und die Sicherheitstruppen der Behörden noch einfacher sein, (Exil) Sudanesen zu überwachen, zu inhaftieren und übermässig zu bestrafen. Ferner sei das SEM

      zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Wegweisungsvollzug in den Sudan zumutbar sei. Aufgrund des andauernden Konflikts in seiner Heimatregion Darfur sei eine Rückkehr dorthin zweifelsfrei unzumutbar. Angesichts der stark verschlechterten Situation in seinem Heimatland sei ihm aber auch nicht zuzumuten, den Grossraum Khartum als Schutzalternative in Anspruch zu nehmen. So seien Personen aus Darfur seit der Ausrufung des Ausnahmezustandes – insbesondere in der Regierungshauptstadt Khartum – besonders gefährdet, Opfer von Angriffen der Regierungstruppen zu werden. Abgesehen davon habe sich sein Gesundheitszustand verschlechtert. Gemäss dem beiliegenden Bericht der Psychotherapeutin J. vom 26. Januar 2019 leide er an einer (...), welche durch seine Erlebnisse im Sudan hervorgerufen worden sei. Im selben Bericht werde festgehalten, dass er dringend eine Traumatherapie benötige. Angesichts der Unruhen und des Ausnahmezustandes sei nicht davon auszugehen, dass eine solche im Sudan gewährleistet wäre. Ferner würde eine Rückkehr an den Ort der Traumaursachen seinen Gesundheitszustand voraussichtlich stark verschlechtern.

    2. Zur Untermauerung seiner Vorbringen reichte der Beschwerdeführer ein Mitgliederformular sowie einen Mitgliederausweis des schweizerischen Büros des JEM, ein Schreiben von I. vom 25. Dezember 2017 (betreffend die Gefährdung des Beschwerdeführers), die oben zitierten Schreiben von I. vom 4. Februar 2018 respektive 2019 (betreffend die Funktion des Beschwerdeführers innerhalb des JEM), zwei Fotografien betreffend die Sitzung des Radiosenders «(…)» vom 26. Dezember 2018, sechsundzwanzig Fotografien im Zusammenhang mit der Teilnahme an

Demonstrationen (in F.

am 2. Januar 2019, in G. am

26. Januar 2019 und in H. am 2. Februar 2019), ein Schreiben der sudanesischen Gemeinschaft in der Schweiz an die Schweizerische Bundesversammlung und den Schweizerischen Bundesrat vom 2. Februar 2019 sowie den oben zitierten Bericht der Psychotherapeutin J. ([...]) vom 26. Januar 2019 zu den Akten.

C.

Der Beschwerdeführer reichte dem SEM am 16. April 2019 eine weitere Eingabe zu seinen exilpolitischen Aktivitäten in der Schweiz sowie – nebst bereits aktenkundigen – folgende Beweismittel zu deren Untermauerung ein: sieben Fotografien anlässlich einer Demonstration und einer Diskussionsrunde in F. am 22. März 2019 – welche den Beschwerdeführer

teils alleine, teils mit K. ([...] des JEM) zeigen – sowie fünf Fotografien anlässlich der Aufzeichnung der Radiosendung «(…)» auf dem Radiosender «(…)» vom 7. April 2019.

D.

Mit Verfügung vom 3. Mai 2019 – eröffnet am 6. Mai 2019 – stellte das SEM erneut fest, der Beschwerdeführer erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, lehnte das Mehrfachgesuch ab, verfügte die Wegweisung aus der Schweiz und ordnete den Vollzug an. Zudem erhob es eine Gebühr von Fr. 600.–.

E.

Mit Eingabe vom 5. Juni 2019 (Datum des Poststempels) erhob der Beschwerdeführer – handelnd durch seinen Rechtsvertreter – gegen diesen Entscheid beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde und beantragte, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und die Sache zur rechtsgenüglichen Sachverhaltsfeststellung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei seine Flüchtlingseigenschaft festzustellen und ihm Asyl zu gewähren. Subeventualiter sei seine Flüchtlingseigenschaft festzustellen und die vorläufige Aufnahme anzuordnen. Subsubeventualiter sei die Unzulässigkeit beziehungsweise Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs festzustellen und die vorläufige Aufnahme anzuordnen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ersuchte er um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung inklusive Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses sowie um Beiordnung seines Rechtsvertreters als unentgeltlichen Rechtsbeistand.

Der Beschwerde lagen Kopien der angefochtenen Verfügung, einer Vollmacht vom 10. Oktober 2018 und einer Bestätigung des kantonalen Sozialamtes betreffend die Unterbringung in einer Notunterkunft vom 13. Mai 2019 bei. Als Beweismittel wurden eine Medienmitteilung des JEM vom

11. April 2019, ein Schreiben von K. vom 23. April 2019 (insbesondere betreffend die Funktion des Beschwerdeführers beim JEM), ein Schreiben von I. vom 26. April 2019 (insbesondere über die Lage im Sudan), ein Ausweis vom Radio «(…)» (ausgestellt am 28. Mai 2019), ein USB-Stick mit einer Videoaufnahme und drei Fotografien anlässlich der Aufzeichnung der Radiosendung «(…)» auf dem Radiosender «(…)» vom

28. April 2019 sowie zwei Fotografien anlässlich einer Kundgebung in G. am 1. Mai 2019 ins Recht gelegt.

F.

Mit Zwischenverfügung vom 2. Juli 2019 stellte der Instruktionsrichter fest,

der Beschwerdeführer dürfe den Ausgang des Verfahrens in der Schweiz abwarten. Gleichzeitig hiess er das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung gut und verzichtete auf die Erhebung eines Kostenvorschusses; das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung wies er ab. Ferner lud er die Vorinstanz zur Einreichung einer Vernehmlassung ein.

G.

Am 8. Juli 2019 liess sich das SEM zur Beschwerde vernehmen. Dazu nahm der Beschwerdeführer – handelnd durch seinen Rechtsvertreter – mit Eingabe vom 8. August 2019 innert erstreckter Frist Stellung. Gleichzeitig reichte er drei Schreiben der «Coalition of Sudanese Nationals in Switzerland» an M. Bachelet (Hohe Kommissarin für Menschenrechte der UNO), an H. Zhao (Generalsekretär International Telecommunications Union) sowie an W. Stevens (Head of the EU Delegation bei der UNO in Genf) vom 7./11. Juni 2019, drei Fotografien anlässlich der Aufzeichnung der Radiosendung «(…)» auf dem Radiosender «(…)» 16. Juni 2019 sowie zwölf Fotografien anlässlich von Demonstrationen in F. (am 7. Juni 2019, 30. Juni 2019 und 8. Juli 2019) zu den Akten.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Am 1. März 2019 ist die Teilrevision des AsylG vom 26. Juni 1998 (AS 2016 3101) in Kraft getreten. Für das vorliegende Verfahren gilt das bisherige Recht (vgl. Abs. 1 der Übergangsbestimmungen zur Änderung des AsylG vom 25. September 2015).

    2. Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls in der Regel – wie auch vorliegend – endgültig (Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG; Art. 105 AsylG). Der Beschwerdeführer ist als Verfügungsadressat zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 48 VwVG). Auf die fristund formgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten (aArt. 108 Abs. 1 AsylG und Art. 52 Abs. 1 VwVG).

2.

Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG, im Bereich des Ausländerrechts nach Art. 49 VwVG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).

3.

    1. Gemäss Art. 2 Abs. 1 AsylG gewährt die Schweiz Flüchtlingen grundsätzlich Asyl. Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden (Art. 3 Abs. 1 AsylG). Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken (Art. 3 Abs. 2 AsylG).

    2. Asylsuchende sind auch dann als Flüchtlinge anzuerkennen, wenn sie erst aufgrund von Ereignissen nach ihrer Ausreise im Falle einer Rückkehr in ihren Heimatoder Herkunftsstaat in flüchtlingsrechtlich relevanter Weise verfolgt würden. Zu unterscheiden ist dabei zwischen objektiven und subjektiven Nachfluchtgründen. Objektive Nachfluchtgründe liegen vor, wenn äussere Umstände, auf welche die asylsuchende Person keinen Einfluss nehmen konnte, zur drohenden Verfolgung führen; der von einer Verfolgung bedrohten Person ist in solchen Fällen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und im Regelfall Asyl zu gewähren. Subjektive Nachfluchtgründe liegen vor, wenn eine asylsuchende Person erst durch die unerlaubte Ausreise aus dem Heimatoder Herkunftsstaat oder wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise eine Verfolgung zu befürchten hat; in diesen Fällen wird kein Asyl gewährt (Art. 54 AsylG; vgl. zum Ganzen BVGE 2010/44 E. 3.5 m.w.H.).

    3. Die Flüchtlingseigenschaft muss nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht werden. Sie ist glaubhaft gemacht, wenn die Behörde ihr Vorhandensein mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für gegeben hält. Unglaubhaft sind insbesondere Vorbringen, die in wesentlichen Punkten zu wenig begründet oder in sich widersprüchlich sind, den Tatsachen nicht entsprechen oder massgeblich auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt werden (Art. 7 AsylG). Das Bundesverwaltungsgericht hat die Anforderungen an das Glaubhaftmachen der Vorbringen in verschiedenen Entscheiden dargelegt und folgt dabei ständiger Praxis. Darauf kann hier verwiesen werden (vgl. BVGE 2015/3 E. 6.5.1 m.w.H.).

4.

    1. Die Vorinstanz hält in der angefochtenen Verfügung fest, die Vorbringen des Beschwerdeführers würden den Anforderungen an die Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 3 AsylG nicht standhalten.

      Im Einzelnen führt sie aus, die seit Dezember 2018 anhaltenden massiven Proteste im Sudan hätten am 11. April 2019 zum Sturz des langjährigen sudanesischen Staatspräsidenten Omar al-Bashir geführt und ein militärischer Übergangsrat sei eingesetzt worden, um demokratische Wahlen und die Übergabe an eine zivile Regierung vorzubereiten. Trotz dieser Ereignisse stelle sich die Situation nicht derart dar, dass jeder Rückkehrer in den Sudan einer Gefährdung im Sinne von Art. 3 AsylG ausgesetzt sei. Vielmehr sei eine einzelfallspezifische Beurteilung vorzunehmen. Vorliegend sei zunächst auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts D-6300/2018 vom 17. Dezember 2018 zu verweisen, worin rechtskräftig festgestellt worden sei, dass der Beschwerdeführer keine Vorverfolgung und kein qualifiziertes exilpolitisches Profil habe glaubhaft machen können. Auch aus den im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Vorbringen und eingereichten Beweismitteln ergebe sich nicht der Schluss, dass er in die Kategorie von Personen falle, die aufgrund ihrer Tätigkeit oder Funktionen als ernsthafte und potenziell gefährliche Regimegegner wahrgenommen würden. Die Registrierung als JEM-Mitglied sowie der Besitz eines JEM-Mitgliederausweises verleihe ihm kein exponiertes exilpolitisches Profil, zumal derartige Formulare und Ausweise mittlerweile in hoher Zahl im Umlauf und einfach erhältlich seien. Sodann seien die Schreiben von I. vom

      4. Februar 2018 respektive 2019, worin ihm eine «sehr aktive Mitgliedschaft» sowie eine «Vorstandsmitgliedschaft für den Kanton E. » attestiert werde, als Gefälligkeitsschreiben ohne Beweiswert zu erachten, zumal aus diesen nicht hervorgehe, wie er sich konkret exilpolitisch exponiert haben sollte. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, inwieweit das Tätigen von Anrufen, das Einberufen von Mitgliederversammlungen sowie die Herstellung von Kontakten innerhalb der Schweizer Kantone eine exponierte und von den sudanesischen Behörden als regimekritisch wahrgenommene Aktivität interpretiert werden sollte. Alleine aus der Teilnahme an exilpolitischen Anlässen und der dabei erfolgten Ablichtung mit einem bekannten Exilpolitiker (K. ) dürften die sudanesischen Behörden angesichts der zahlreichen Kundgebungen sudanesischer Staatsangehöriger in Westeuropa nicht auf eine ausgeprägte oppositionelle Einstellung seinerseits schliessen. Ebenso wenig könne angesichts der noch viel zahlreicheren Medienerzeugnisse durch im Exil lebende Sudanesen der Schluss gezogen werden, die sudanesischen Behörden seien in besonderem Masse auf

      ihn aufmerksam geworden. An dieser Schlussfolgerung vermöge auch der Hinweis auf einzelne Urteile des BVGer und des EGMR nichts zu ändern, worin diese Gerichte zum Schluss gekommen seien, dass eine Gefährdung im Einzelfall vorliegen dürfte. Zum einen unterscheide sich der Sachverhalt beziehungsweise die in den erwähnten Urteilen geltend gemachte exilpolitische Tätigkeit erheblich von seiner eigenen, insbesondere bezüglich ihres Umfangs, der Dauer sowie der Exponiertheit der darin erwähnten Personen. Zum anderen handle es sich dabei um die Beurteilung von Einzelfällen, welche nicht als Grundsatzentscheide zur Beurteilung der individuellen Gefährdung sämtlicher exilpolitisch aktiver Sudanesen in der Schweiz herbeigezogen werden könne. Schliesslich fehlten auch aktenkundige Hinweise, wonach im Sudan aufgrund seiner exilpolitischen Aktivitäten ein Strafverfahren oder andere behördliche Massnahmen eingeleitet worden wären, was ebenfalls ein Indiz für eine fehlende Verfolgungsgefahr im Heimatstaat darstelle. Aufgrund vorheriger Einzelfallprüfung und der übrigen Aktenlage sei nicht ersichtlich, weshalb der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Sudan nunmehr in den Fokus der Behörden geraten und in asylrelevanter Weise verfolgt werden sollte.

    2. Dem hält der Beschwerdeführer in seiner Rechtsmitteleingabe – nebst der Wiederholung seiner bisherigen Vorbringen – im Wesentlichen entgegen, eindeutig über ein politisches Profil zu verfügen, welches ihn in den Augen des sudanesischen Regimes als missliebige Person erscheinen lasse. Als Mitglied des JEM-Vorstandes im Kanton E. bekleide er eine Führungsposition, die ihn exponiere. Ausserdem gehe die Organisation von Veranstaltungen und die Gewährleistung der interkantonalen Vernetzung klar über die einfache Teilnahme an Protestaktionen hinaus. Die Vorinstanz habe dem Mitgliederausweis des JEM und dem Schreiben von I. vom 4. Februar 2019 jeglichen Beweiswert abgesprochen, ohne den Kontext zu beachten. Das Schreiben bezeuge gerade, dass er eine Führungsrolle innehabe. Dass sich viele im Exil lebende sudanesische Staatsbürger gegen das Regime einsetzten, könne ihm nicht angelastet werden. Zudem komme dem Schreiben in einer Gesamtschau sehr wohl Beweiswert zu. Aus jenem ergebe sich denn auch, dass er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Aufmerksamkeit der sudanesischen Behörden auf sich gezogen habe. Die Intensität seines regierungskritischen Engagements und seine Kaderposition würden sodann auch im beiliegenden Schreiben vom bekannten Oppositionspolitiker K. und (...) des JEM in einem persönlichen Schreiben bestätigt. Ferner sei auf eine Medienmitteilung des JEM vom 11. April 2019 hinzuweisen, in welcher sich dieses offensichtlich gegen die militärische Übergangsregierung

      stelle. Mit seinem persönlichen Einsatz für das JEM stelle er sich somit klar gegen die vorherige und jetzige Regierung im Sudan. Des Weiteren habe er am 28. April 2019 und 26. Mai 2019 – zusammen mit I. – die Sendung «(…)» beim Radiosender «(…)» moderiert. Hinsichtlich der letztgenannten Sendung, in welcher der Beschwerdeführer über die Verbindungen des Militärrates zur Janjaweed im Sudan berichtet habe, sei eine Videoaufnahme aktenkundig. Ferner habe er am 1. Mai 2019 beim grossen Umzug in der Stadt G. seine regimekritischen Ansichten erneut auf die Strasse getragen.

      Sodann gestalte sich die Sicherheitslage im Sudan auch nach dem Sturz des Staatspräsidenten Omar al-Bashir als instabil. Zwischen dem militärischen Übergangsrat und der Opposition habe keine Einigung gefunden werden können, weshalb es zu weiteren Protesten mit mehreren Toten und Verletzten gekommen sei. Ausserdem sei darauf hinzuweisen, dass sich der militärische Übergangsrat mehrheitlich aus Personen zusammensetze, die bereits unter dem ehemaligen Staatspräsidenten hohe Regierungsämter bekleidet hätten. Zudem sei offensichtlich auch der Übergangsrat nicht gewillt, die neu erhaltene Macht wieder abzugeben, weshalb Oppositionelle weiterhin gefährdet seien.

    3. In der Vernehmlassung führt die Vorinstanz aus, die Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend exilpolitische Tätigkeiten in der Schweiz sowie die dazu eingereichten Beweismittel wiesen diverse Ungereimtheiten auf. So habe er seine Mitgliedschaft beim JEM erstmals im Mehrfachgesuch vom 28. Februar 2019 erwähnt, obwohl er sich gemäss dem eingereichten Mitgliederformular bereits im Jahr 2016 als Mitglied angemeldet haben wolle. Sein in Kopie eingereichter JEM-Mitgliederausweis sei nicht datiert und gebe ebenfalls keinen Aufschluss über den Beginn seiner Mitgliedschaft. Ferner stelle das Bestätigungsschreiben von K. vom

      23. April 2019, wonach der Beschwerdeführer ein aktives Mitglied des JEM seit dem Jahr 2016 sei, aufgrund seines allgemeinen Inhalts – wie bereits dasjenige von I. vom 4. Februar 2019 – ein reines Gefälligkeitsschreiben ohne Beweiswert dar. Im Übrigen datiere die «Zeugenaussage von I. » ursprünglich vom 4. Februar 2018, sei dann aber handschriftlich auf das Jahr 2019 abgeändert worden. Angesichts dessen sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer die angeblich aktive Mitgliedschaft beim JEM, die sich gemäss Ausstellungsdatum bereits vor dem 4. Februar 2018 ereignet haben müsste, in der Beschwerde vom

      5. November 2018 im Rahmen des ordentlichen Verfahrens nicht erwähnt

      habe. Unter diesen Umständen sei seine langjährige exponierte Mitgliedschaft beim JEM nachgeschoben und daher unglaubhaft. Auch bei den zwischenzeitlich ausgeführten exilpolitischen Tätigkeiten – insbesondere im Zusammenhang mit der Mitwirkung bei Radiosendungen – handle es sich um massentypisch niedrigprofilierte Erscheinungsformen exilpolitischer Proteste, die nicht zu einer Schärfung seines Profils führten. Namentlich seien den hierzu eingereichten Beweismitteln (Fotografien, Videoaufnahme, Radioausweis) keine Angaben zum spezifischen Engagement des Beschwerdeführers zu entnehmen. Abgesehen davon handle es sich beim Radiosender «(…)» um einen Sender mit geringer Verbreitung, sodass nicht davon auszugehen sei, die dortigen Beiträge könnten von den sudanesischen Behörden überhaupt bemerkt worden sein. Es lägen somit nach wie vor keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Beteiligung an exilpolitischen Aktivitäten bei einer Rückkehr in den Sudan einer spezifischen Gefährdung im Sinne von Art. 3 AsylG ausgesetzt sein könnte.

      Sodann hätten der regierende Militärrat und die Protestbewegung im Sudan am 4. Juli 2019 – trotz zeitweilig angespannter Lage – einer etwa dreijährigen Übergangszeit zugestimmt. Auch unter Berücksichtigung der aktuellen Ereignisse im Sudan und im Lichte objektiver Nachfluchtgründe vermöchten seine Vorbringen den Anforderungen an die Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 3 AsylG nicht standzuhalten.

    4. In der Replik wendet der Beschwerdeführer ein, es treffe zwar zu, dass er im Rahmen des ersten Asylverfahrens nicht ausdrücklich erwähnt habe, beim JEM aktiv zu sein, jedoch habe er bereits seine regelmässige Teilnahme an Demonstrationen dargelegt. Insbesondere habe er damals auf Beschwerdeebene betont, sich in verschiedenen Gruppierungen gegen die Unterdrückung der Darfuris im Sudan eingesetzt zu haben, wobei auf Videoaufnahmen (auf Youtube publiziert) verwiesen worden sei. Da sich im Verlaufe seines Aufenthaltes in der Schweiz vordergründig sein Engagement beim JEM intensiviert habe und er bei dieser Bewegung mittlerweile im Vorstand der (...) Niederlassung aktiv sei, erscheine es keineswegs abwegig, dass er diese Organisation nun ausdrücklich nenne. Entsprechend

bestätigten zwei führende Mitglieder der Organisation (K.

und

I._ ) ausdrücklich, dass er in einer Kaderposition aktiv sei. Darüber hinaus habe er an weiteren Demonstrationen in F. teilgenommen und sich im Umfeld von auf den Sudan spezialisierten Sendungen beim Radiosender «(…)» eingesetzt. In Kombination mit seiner Herkunft aus

Darfur, wo bereits sein (…) politisch aktiv sei (…), dürfte dies mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dazu geführt haben, dass er von den nach wie vor regierenden Kräften als engagierter Oppositioneller wahrgenommen werde. Damit drohe ihm im Falle einer Rückkehr in den Sudan ernsthaft die Verfolgung namentlich durch Angehörige der sogenannten

«Rapid Support Forces» (RSF), deren Anführer als starker Mann im militärischen Übergangsrat gelte.

Die von der Vorinstanz genannte Einigung vom 4./5. Juli 2019 zwischen dem machthabenden Übergangsrat und der Opposition ändere daran wenig, zumal es auch danach zu Gewalt von Seiten der Sicherheitskräfte gekommen sei. Es überrasche deshalb keineswegs, wenn oppositionelle Gruppierungen und Demonstranten auch gegenüber dem Übergangsrat höchst kritisch eingestellt seien. Entsprechende Schreiben der «Coalition of Sudanese Nationals in Switzerland», die mit der vorliegenden Eingabe eingereicht würden, machten die Furcht auch von im Exil lebenden Sudanesen vor weiterer Gewalt spürbar. Aufgrund der jüngsten Entwicklungen sei folglich umso mehr davon auszugehen, dass ihm im Falle einer Rückkehr in den Sudan aufgrund seiner Ethnie respektive seiner politischen Anschauungen eine ernsthafte Gefahr für Leib und Leben drohe.

5.

    1. In der Beschwerde wird eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes gerügt. Dabei handelt es sich um eine formelle Rüge, welche vorab zu beurteilen ist, da sie gegebenenfalls geeignet ist, eine Kassation der vorinstanzlichen Verfügung zu bewirken. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz habe es unterlassen, die politische Lage im Sudan unter dem Gesichtspunkt eines objektiven Nachfluchtgrundes beziehungsweise eines Wegweisungsvollzugshindernisses eingehend zu prüfen.

    2. Gemäss Art. 6 AsylG i.V.m. Art. 12 VwVG stellen die Asylbehörden den Sachverhalt von Amtes wegen fest (Untersuchungsgrundsatz). Dabei muss die Behörde die für das Verfahren erforderlichen Sachverhaltsunterlagen beschaffen, die rechtlich relevanten Umstände abklären und darüber ordnungsgemäss Beweis führen. Unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung dann, wenn der Verfügung ein falscher und aktenwidriger oder nicht weiter belegbarer Sachverhalt zugrunde gelegt wurde. Unvollständig ist sie, wenn die Behörde trotz Untersuchungsmaxime den Sachverhalt nicht von Amtes wegen abgeklärt oder nicht alle für die Entscheidung wesentlichen Sachumstände berücksichtigt hat (vgl. dazu CHRISTOPH AUER/ANJA MARTINA

      BINDER, in: Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], 2. Aufl. 2019, Art. 12 N 16).

    3. In der angefochtenen Verfügung wurde der – zum damaligen Zeitpunkt

      • rechtserhebliche Sachverhalt hinsichtlich der Frage, ob vorliegend objektive Nachfluchtgründe respektive Wegweisungsvollzugshindernisse gegeben sein könnten, hinreichend festgestellt. Alleine der Umstand, dass die Vorinstanz zu einer anderen Lageeinschätzung zu den vorliegend zu beurteilenden Gegebenheiten im Sudan gelangt als vom Beschwerdeführer vertreten, und sie aus sachlichen Gründen auch zu einer anderen Würdigung der Vorbringen gelangt, als vom Beschwerdeführer erwartet, spricht nicht für eine ungenügende Sachverhaltsfeststellung.

    4. Die formelle Rüge erweist sich angesichts dieser Sachlage als unbegründet, weshalb keine Veranlassung besteht, die Sache aus formellen Gründen aufzuheben und an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das diesbezügliche Rechtsbegehren ist abzuweisen.

6.

    1. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt nach Durchsicht der Akten sodann in materieller Hinsicht zum Schluss, dass die Vorinstanz in ihren Erwägungen zutreffend festgehalten hat, die Vorbringen des Beschwerdeführers würden den Anforderungen von Art. 3 AslyG an die flüchtlingsrechtliche Beachtlichkeit nicht genügen. Auf die betreffenden Ausführungen in der angefochtenen Verfügung und der Vernehmlassung (vgl. die Zusammenfassung der entsprechenden Erwägungen in E. 4.1 und E. 4.3 des vorliegenden Urteils) kann mit den nachfolgenden Ergänzungen verwiesen werden. Die Ausführungen auf Beschwerdeebene und die in diesem Zusammenhang eingereichten Beweismittel halten dem nichts Stichhaltiges entgegen.

    2. Wie nachfolgend aufgezeigt, verneinte die Vorinstanz zu Recht das Vorliegen von subjektiven Nachfluchtgründen:

      1. Im vom Beschwerdeführer zitierten Referenzurteil D-2899/2016 vom

        24. August 2017 befasste sich das Bundesverwaltungsgericht mit der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) betreffend den Sudan. In den Entscheiden A. I. gegen die Schweiz (Beschwerde Nr. 23378/15) und N. A. gegen die Schweiz (Beschwerde Nr. 50364/14) vom 30. Mai 2017 hat der Gerichtshof seine bisherige Einschätzung, dass sich die Gefährdung des sudanesischen Staats

        nicht ausschliesslich auf Oppositionelle mit ausgeprägtem Profil zu beschränken scheine, sondern jede Person treffen könne, die sich dem Regime widersetze oder entsprechend verdächtigt werde, wiederholt. Auch hat der Gerichtshof erneut darauf hingewiesen, dass das sudanesische Regime die Aktivitäten der politischen Opposition im Ausland überwache. In beiden Urteilen hat der EGMR allerdings auch eine gewisse Präzisierung vorgenommen. Gestützt auf die Feststellung, dass die Überwachung der Aktivitäten der regimekritischen Opposition im Ausland durch die sudanesischen Geheimdienste nicht systematisch sei, hat der Gerichtshof festgehalten, dass bei der Beurteilung des Verfolgungsrisikos bei einer Rückkehr in den Sudan verschiedene Kriterien zu berücksichtigen seien, namentlich das allfällige Interesse der sudanesischen Behörden an den Betroffenen aufgrund von deren Vergangenheit, sei es im Sudan oder Ausland; die Zugehörigkeit im Sudan zu einer regimekritischen Organisation unter Berücksichtigung des Charakters und der Weise, in welcher diese Organisation durch die sudanesische Regierung anvisiert werde; der Charakter des politischen Engagements der Betroffenen in ihrem Aufenthaltsland, insbesondere ihre Beteiligung an Versammlungen und Kundgebungen sowie ihre Aktivitäten im Internet; ihre persönlichen oder familiären Verbindungen zu prominenten Mitgliedern der Opposition im Exil (ebenda E. 4.4.5).

      2. Das Bundesverwaltungsgericht stellt nicht in Abrede, dass der Beschwerdeführer Mitglied des JEM ist und sich in der Schweiz exilpolitisch betätigt. Indes vermochte er, wie bereits vorstehend ausgeführt (vgl. Sachverhalt oben, Bst. A.), im Rahmen des ordentlichen Asylverfahrens kein ausreichendes exilpolitisches Engagement darzutun, welches ihn als ernsthaften Regimekritiker erkennen liesse. Auch aus den im Laufe des vorliegenden Verfahrens eingereichten Beweismitteln ergeben sich – entgegen der auf Beschwerdeebene vertretenen Ansicht – nach wie vor keine ausreichenden Hinweise dafür, dass er der Kategorie von Personen zuzurechnen wäre, die wegen ihrer Tätigkeit oder Funktionen im Exil als ernsthafte und potenziell gefährliche Regimegegner die Aufmerksamkeit der sudanesischen Sicherheitsbehörden auf sich gezogen haben könnte.

        Hinsichtlich der Teilnahme an exilpolitischen Veranstaltungen und Demonstrationen in F. , G. und H. (vgl. Prozessgeschichte, Bst. B.c, C., E. und G.) ist mit der Vorinstanz erneut darauf hinzuweisen, dass anhand der eingereichten Fotografien nicht ersichtlich ist, inwiefern sich der Beschwerdeführer dabei im Vergleich zu anderen Teilnehmern in besonderem Masse hervorgehoben hätte. Entsprechendes

        wird von ihm auch nicht substantiiert dargelegt. Er gab lediglich an, anlässlich der Demonstrationen verschiedene Schilder und Transparente hochgehalten zu haben. Es ist nicht davon auszugehen, dass dies den sudanesischen Behörden bekannt werden könnte, zumal eine namentliche Nennung des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang nicht geltend gemacht wird. In Anbetracht der geltend gemachten Mitgliedschaft beim JEM seit dem Jahr 2016, welche von der Vorinstanz zu Recht als widersprüchlich eingestuft wurde, spricht die im Rahmen des vorliegenden Verfahrens belegte Teilnahme an acht Demonstrationen während dieses Zeitraums für ein lediglich niederschwelliges politisches Engagement, umso mehr als er anlässlich derer keine herausstechende Rolle innehatte.

        Auch das Vorbringen, die Sendungen «(…)» des Radiosenders «(…)» vom 2. Februar 2019, 7. April 2019, 28. April 2019, 26. Mai 2019 und 16. Juni 2019 mitproduziert und in diesem Rahmen Kritik an der sudanesischen Regierung geübt zu haben, vermag zu keiner anderen Schlussfolgerung zu führen. Der Beschwerdeführer hat als Beweismittel elf Fotografien eingereicht, die ihn im Studio des Radiosenders «(…)» zeigen, sowie eine Videoaufnahme (vgl. Prozessgeschichte, Bst. B.c, C., E. und G.). Er macht aber auch auf Beschwerdeebene weder nähere Angaben zum Inhalt der Sendungen noch zu seiner Beteiligung an der Produktion. Dies hätte angesichts seiner Mitwirkungspflicht gemäss Art. 8 AsylG und des Umstandes, dass ihn bereits das SEM in der angefochtenen Verfügung auf das Fehlen näherer Angaben zu seinen angeblich regimekritischen Äusserungen anlässlich der Sendungen bei Radio «(...)» aufmerksam gemacht hat, erwartet werden dürfen. Darüber hinaus wird auch nicht geltend gemacht, er sei in diesem Zusammenhang namentlich erwähnt worden.

        Der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer anlässlich der Teilnahme an einer Demonstration in F. am 22. März 2019 mit K. fo-

        tografieren liess und zusammen mit I.

        am 28. April 2019 und

        26. Mai 2019 die Sendungen «(…)» des Radiosenders «(…)» moderiert hat, belegt sodann nicht, dass er selbst persönliche Verbindungen zu prominenten Mitgliedern des JEM respektive selber eine führende Position innerhalb der Bewegung hat und führt nicht zu einer erheblichen Schärfung seines Profils.

        Schliesslich lassen sich den beiden Schreiben von I. vom 4. Februar 2018 respektive 2019 und demjenigen von K. vom 23. April 2019, wie die Vorinstanz ausführlich dargelegt hat, keine näheren Informationen zur aktiven Mitgliedschaft sowie zur Funktion als Vorstandsmitglied

        entnehmen, weshalb sie als blosse Gefälligkeitsschreiben zu werten sind. Was die Schreiben der sudanesischen Gemeinschaft in der Schweiz an die Schweizerische Bundesversammlung und den Schweizerischen Bundesrat vom 2. Februar 2019 und die drei Schreiben der «Coalition of Sudanese Nationals in Switzerland» an M. Bachelet (Hohe Kommissarin für Menschenrechte der UNO), an H. Zhao (Generalsekretär International Telecommunications Union) sowie an W. Stevens (Head of the EU Delegation bei der UNO in Genf) vom 7./11. Juni 2019 anbelangt, beziehen sich diese auf die allgemeine Lage sowie die Geschehnisse im Sudan und nicht auf die persönlich geltend gemachten Probleme des Beschwerdeführers, wobei, wie zu sehen sein wird, auch das Vorliegen eines objektiven Nachfluchtgrundes zu verneinen ist.

        Nach dem Gesagten liegen unter Berücksichtigung der vorstehend dargelegten Rechtsprechung keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Beteiligung an exilpolitischen Aktivitäten bei einer Rückkehr in den Sudan einer spezifischen Gefährdung im Sinne von Art. 3 AsylG ausgesetzt sein könnte.

    3. Die Einschätzung rechtfertigt sich umso mehr vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen im Sudan. Nach den monatelang anhaltenden Protesten und dem Sturz von Präsident Omar Al-Bashir durch das Militär im April 2019 unterzeichneten die Führung des militärischen Übergangsrates und diejenige der Oppositionsbewegung im August 2019 eine Verfassungserklärung. Gemäss dieser wird für einen Zeitraum von 39 Monaten eine Übergangsregierung («sovereign council»), bestehend aus sechs Zivilpersonen sowie fünf Militärangehörigen, eingesetzt. Nach rund drei Jahren sollen Wahlen stattfinden. Die Übergangsregierung wird von Sudans Ministerpräsident Abdulla Hamdok angeführt. Ende November 2019 hat die Übergangsregierung Al-Bashirs Nationale Kongresspartei (NCP) aufgelöst. Am 14. Dezember 2019 wurde Al-Bashir wegen Korruption verurteilt und unter Hausarrest gestellt. Ein Verfahren im Zusammenhang mit der Tötung von Demonstranten ist hängig. Darüber hinaus wurden auch Strafverfahren gegen Führungspersonen des vormaligen Regimes von Omar Al-Bashir eingeleitet. Im Januar 2020 hat die Übergangsregierung einen Friedensvertrag mit der Rebellengruppe «Sudan People's Liberation Movement-North» (SPLM-N) unterzeichnet. Bei Friedensgesprächen anfangs Februar 2020 zwischen Rebellengruppen aus der Darfur-Region und der Übergangsregierung gab letztere bekannt, Al-Bashir werde an den Internationalen Strafgerichtshof ausgeliefert. Am 9. Juni 2020 wurde der Janjaweed-Milizenführer Ali Kushayb, dem über fünfzig Verbrechen gegen die

      Menschlichkeit zur Last gelegt werden, dem Internationalen Strafgerichtshof übergeben. Seine Verhaftung ebnet den Weg für den ersten Prozess im Darfur-Konflikt. Der aktuellen Übergangsregierung (bestehend aus dem

      «sovereign council» und dem Kabinett) gehören auch Repräsentanten der früheren Opposition an (vgl. dazu statt vieler: Urteil des BVGer E-4834/ 2018 vom 4. August 2020 E. 7.3.1 f. m.w.H.).

      Ende August 2020 unterzeichnete die Übergangsregierung einen weiteren Friedensvertrag mit der «Sudan Revolutionary Front» (SRF), einer Koalition von Rebellengruppen, welcher unter anderem das JEM angehört (Aljazeera, Sudan signs peace deal with rebel groups from Darfur, 31. August 2020, < https://www.aljazeera.com/news/2020/8/31/sudan-signs-peace- deal-with-rebel-groups-from-darfur >; British Broadcasting Corporation [BBC], How Sudan’s rebel deal offers lifeline for peace, 9. September 2020,

      <https://www.bbc.com/news/world-africa-54071959>; alle abgerufen am 04.01.2021). Am 15. November 2020 kehrten die Anführer der SRF in die Hauptstadt Khartum zurück (Associated Press (AP), Rebel leaders who inked deal with government return to Sudan, 15. November 2020,

      <https://apnews.com/article/south-sudan-sudan-juba-khartoum-civil-wars265c5abf9d9676f33780d468d1e7a833>, abgerufen am 04.01.2021).

      Aufgrund dessen ist von einer Besserung der Situation im Sudan und einer positiven Entwicklung des Landes auszugehen (vgl. dazu auch die Urteile des BVGer E-4834/2018 vom 4. August 2020 E. 7.3.2, E-2525/2020 vom 1. Juli 2020 E. 6.1, E-3986/2017 vom 20. April 2020 E. 6.2.1, E-4301/2017

      vom 27. Januar 2020 E. 6.5, D-6029/2018 vom 21. November 2019 S. 9,

      E-303/2018 vom 16. September 2019 E. 3.6).

    4. Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass bereits im ordentlichen Verfahren festgehalten wurde, dass eine Verfolgung allein aufgrund der Zugehörigkeit zu einer nichtarabischen Ethnie zu verneinen ist (vgl. Urteil D-6300/2018 vom 17. Dezember 2018 E. 5.1 S. 12 m.w.H.). An dieser Einschätzung ist – entgegen der auf Beschwerdeebene vertretenen Ansicht – nach dem zuvor Dargelegten festzuhalten. Die Vorinstanz hat demnach im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass die Vorbringen des Beschwerdeführers unter dem Aspekt objektiver Nachfluchtgründe den Anforderungen an die Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 3 AsylG nicht standhalten.

    5. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vorinstanz zu Recht die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers verneint und das Mehrfachgesuch abgelehnt hat.

7.

    1. Lehnt das SEM das Asylgesuch ab oder tritt es darauf nicht ein, so verfügt es in der Regel die Wegweisung aus der Schweiz und ordnet den Vollzug an; es berücksichtigt dabei den Grundsatz der Einheit der Familie (Art. 44 AsylG).

    2. Der Beschwerdeführer verfügt weder über eine ausländerrechtliche Aufenthaltsbewilligung noch über einen Anspruch auf Erteilung einer solchen. Die Wegweisung wurde demnach ebenfalls zu Recht angeordnet (vgl. BVGE 2013/37 E. 4.4; 2009/50 E. 9, je m.w.H.).

8.

    1. Ist der Vollzug der Wegweisung nicht zulässig, nicht zumutbar oder nicht möglich, so regelt das SEM das Anwesenheitsverhältnis nach den gesetzlichen Bestimmungen über die vorläufige Aufnahme (Art. 44 AsylG; Art. 83 Abs. 1 AIG [SR 142.20]).

      Beim Geltendmachen von Wegweisungsvollzugshindernissen gilt gemäss Praxis des Bundesverwaltungsgerichts der gleiche Beweisstandard wie bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft; das heisst, sie sind zu beweisen, wenn der strikte Beweis möglich ist, und andernfalls wenigstens glaubhaft zu machen (vgl. BVGE 2011/24 E. 10.2 m.w.H.).

    2. Der Vollzug ist nicht zulässig, wenn völkerrechtliche Verpflichtungen der Schweiz einer Weiterreise der Ausländerin oder des Ausländers in den Heimat-, Herkunftsoder einen Drittstaat entgegenstehen (Art. 83 Abs. 3 AIG).

      1. Da der Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft nicht erfüllt, ist das flüchtlingsrechtliche Rückschiebungsverbot von Art. 33 Abs. 1 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30) und Art. 5 AsylG nicht anwendbar. Die Zulässigkeit des Vollzugs beurteilt sich vielmehr nach den allgemeinen verfassungsund völkerrechtlichen Bestimmungen (Art. 25 Abs. 3 BV; Art. 3 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe [FoK, SR 0.105]; Art. 3 EMRK).

      2. Sodann ergeben sich weder aus den Aussagen des Beschwerdeführers noch aus den Akten Anhaltspunkte dafür, dass er für den Fall einer Ausschaffung in den Heimatstaat dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit

        einer nach Art. 3 EMRK oder Art. 1 FoK verbotenen Strafe oder Behandlung ausgesetzt wäre. Gemäss Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sowie jener des UN-Anti-Folterausschusses müsste der Beschwerdeführer eine konkrete Gefahr ("real risk") nachweisen oder glaubhaft machen, dass ihm im Fall einer Rückschiebung Folter oder unmenschliche Behandlung drohen würde (vgl. Urteil des EGMR Saadi gegen Italien 28. Februar 2008, Grosse Kammer 37201/06, §§ 124–

        127 m.w.H.). Die allgemeine Menschenrechtssituation im Sudan bietet nach Einschätzung des Gerichts keinen konkreten Anlass zur Annahme, dem Beschwerdeführer drohe eine entsprechende Gefährdung.

      3. Was die gesundheitliche Situation des Beschwerdeführers betrifft, ergibt sich aus dem eingereichten Bericht der Psychotherapeutin J. vom 26. Januar 2019 (vgl. Prozessgeschichte, Bst. B.c), dass der Beschwerdeführer an einer (...) ([...]) leidet und eine Traumatherapie benötigt. Ein aktuellerer ärztlicher Bericht wurde vom Beschwerdeführer nicht eingereicht, woraus zu schliessen ist, dass eine weitergehende Behandlung bislang offenbar nicht notwendig geworden ist.

        Eine zwangsweise Rückweisung von Personen mit gesundheitlichen Problemen stellt nur ganz ausnahmsweise einen Verstoss gegen Art. 3 EMRK dar. Die aktenkundigen gesundheitlichen Probleme des Beschwerdeführers stellen sich nicht als so schwerwiegend dar, dass eine Gefahr der Verletzung von Art. 3 EMRK besteht (zu den Anforderungen vgl. BVGE 2011/9

        E. 7 mit Hinweisen auf die damalige Praxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte [EGMR] sowie zur neueren Praxis des EGMR das Urteil Paposhvili gegen Belgien vom 13. Dezember 2016, Grosse Kammer 41738/10, §§ 180–193 m.H.).

      4. Der Vollzug der Wegweisung ist somit sowohl im Sinne der landesals auch der völkerrechtlichen Bestimmungen zulässig.

    1. Gemäss Art. 83 Abs. 4 AIG kann der Vollzug für Ausländerinnen und Ausländer unzumutbar sein, wenn sie im Heimatoder Herkunftsstaat aufgrund von Situationen wie Krieg, Bürgerkrieg, allgemeiner Gewalt und medizinischer Notlage konkret gefährdet sind. Wird eine konkrete Gefährdung festgestellt, ist – unter Vorbehalt von Art. 83 Abs. 7 AIG – die vorläufige Aufnahme zu gewähren.

      1. Vorab ist in Übereinstimmung mit der Vorinstanz festzustellen, dass ein Wegweisungsvollzug nach Darfur zum jetzigen Zeitpunkt zwar weiterhin als nicht zumutbar zu beurteilen ist. Gemäss Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird es für Angehörige nichtarabischer Ethnien aus Darfur aber für zumutbar erachtet, sich im Sinne einer innerstaatlichen Wohnsitzalternative im Grossraum Khartum eine neue Existenz aufzubauen. Dies vor allem, weil sich eine Vielzahl von nicht arabischen Darfuris dort niedergelassen hat (vgl. BVGE 2013/5 E. 5.4.5, zuletzt bestätigt in E-6048/2020 vom 14. Dezember 2020 E. 8.6.2). Im Entscheid BVGE 2013/5 wurde festgehalten, dass die allgemeinen Verhältnisse am Zufluchtsort und die persönlichen Umstände im Einzelfall zu beachten seien und unter Berücksichtigung des länderspezifischen Kontextes im Rahmen der individuellen Einzelfallprüfung zu beurteilen sei, ob der in Frage stehende Zufluchtsort realistischerweise zugemutet werden könne (vgl. a.a.O. E. 5.4.3).

      2. In Bezug auf das Vorliegen individueller Zumutbarkeitskriterien kann zunächst auf das Urteil des BVGer D-6300/2018 vom 17. Dezember 2018 (E. 9.3.2) verwiesen werden. Dort wird im Wesentlichen dargelegt, angesichts der guten Schulbildung, der Sprachkenntnisse und der diversen Berufserfahrungen sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Sudan im Grossraum Khartum für sich eine tragfähige Existenz aufbauen könne und nicht in eine Notlage geraten werde. Auf die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang erneut vorgebrachten Wegweisungsvollzugshindernisse (fehlendes Beziehungsnetz im Grossraum Khartum sowie fehlende Aussicht auf eine Erwerbstätigkeit) ist deshalb nicht näher einzugehen. Die jüngsten Ereignisse respektive politischen Veränderungen im Sudan führen – übereinstimmend mit der Vorinstanz und entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers – nicht zu einer anderen Betrachtungsweise (siehe dazu auch E. 6.3).

      3. Auch die im Rahmen des vorliegenden Verfahrens belegten gesundheitlichen Probleme (vgl. oben E. 8.2.3) lassen den Wegweisungsvollzug

        • wie die Vorinstanz im Ergebnis zu Recht feststellte – nicht als unzumutbar erscheinen.

        Bei medizinischen Problemen kann nur dann auf Unzumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs geschlossen werden, wenn eine notwendige medizinische Behandlung im Heimatland nicht zur Verfügung steht und die Rückkehr zu einer raschen und lebensgefährdenden Beeinträchtigung des Gesundheitszustands der betroffenen Person führen würde. Dabei wird als

        wesentlich die allgemeine und dringende medizinische Behandlung erachtet, welche zur Gewährleistung einer menschenwürdigen Existenz absolut notwendig ist. Unzumutbarkeit liegt jedenfalls dann noch nicht vor, wenn im Heimatoder Herkunftsstaat eine nicht dem schweizerischen Standard entsprechende medizinische Behandlung möglich ist (vgl. etwa BVGE 2011/50 E. 8.3 und 2009/2 E. 9.3.1 je m.w.H.).

        Nach dem Gesagten ergibt sich, dass angesichts der Art der Erkrankung des Beschwerdeführers nicht von einer medizinischen Notlage im Sinne der vorstehend dargelegten Rechtsprechung auszugehen ist. Ferner bestehen im Sudan – entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers – adäquate Behandlungsmöglichkeiten psychischer Erkrankungen, so insbesondere in Khartum, wo im öffentlichen Spital ambulante und stationäre Behandlungen durch Psychiater angeboten werden (zuletzt bestätigt im Urteil des BVGer E-6048/2020 vom 14. Dezember 2020 E. 7.1 und E. 8.6.3).

      4. Der Vollzug der Wegweisung erweist sich somit sowohl in allgemeiner als auch in individueller Hinsicht als zumutbar.

    1. Schliesslich obliegt es dem Beschwerdeführer, sich bei der zuständigen Vertretung des Heimatstaates die für eine Rückkehr notwendigen Reisedokumente zu beschaffen (vgl. Art. 8 Abs. 4 AsylG und dazu auch BVGE 2008/34 E. 12), weshalb der Vollzug der Wegweisung auch als möglich zu bezeichnen ist (Art. 83 Abs. 2 AIG).

    2. Zusammenfassend hat die Vorinstanz den Wegweisungsvollzug zu Recht als zulässig, zumutbar und möglich bezeichnet. Die Anordnung der vorläufigen Aufnahme fällt somit ausser Betracht (Art. 83 Abs. 1–4 AIG).

9.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Verfügung Bundesrecht nicht verletzt und auch sonst nicht zu beanstanden ist (Art. 106 Abs. 1 AsylG und Art. 49 VwVG). Die Beschwerde ist abzuweisen.

10.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens wären die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG; Art. 1–3 des Reglements vom

21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Nachdem mit verfahrensleitender Verfügung vom 2. Juli 2019 das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung im Sinne von Art. 65 Abs. 1 VwVG gutgeheissen

worden ist und nicht von einer veränderten finanziellen Lage auszugehen ist, sind keine Verfahrenskosten aufzuerlegen.

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Es werden keine Verfahrenskosten erhoben.

3.

Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

Simon Thurnheer Bettina Hofmann

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