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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Beschwerdekammer: Strafverfahren
Fallnummer:BP.2014.71
Datum:08.12.2014
Leitsatz/Stichwort:Nichtanhandnahmeverfügung (Art. 310 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 StPO).
Schlagwörter : Beschwerde; Anzeige; Anzeigeerstatter; Verfahren; Nichtanhandnahme; Einzutreten; Verfahrens; Kläger; Unentgeltliche; Nichtanhandnahmeverfügung; Beschwerdekammer; Anzeige; Unbegründet; Asylentscheid; Verfahren; Beschwerdeführer; Bosnien; Bundesstrafgericht; Verhandlung; Rechtspflege; Reisedokumente; Entscheid; Erkennen; Privatklägerschaft; Familie; Zivilansprüche; Antrag; Bundesstrafgerichts; Akten
Rechtskraft:Kein Rechtsmittel gegeben
Rechtsnorm: Art. 115 StPO ; Art. 118 StPO ; Art. 136 StPO ; Art. 25 StGB ; Art. 309 StPO ; Art. 31 StGB ; Art. 310 StPO ; Art. 322 StPO ; Art. 390 StPO ; Art. 418 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 7 BGG ;
Referenz BGE:136 I 279; 137 IV 285; 139 IV 78; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BB.2014.158 -159

Nebenverfahren: BP.2014.70 -71

Beschluss vom 8. Dezember 2014
Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Stephan Blättler, Vorsitz,

Andreas J. Keller und Nathalie Zufferey Franciolli ,

Gerichtsschreiber Martin Eckner

Parteien

1. A. ,

2. B.,

Beschwerdeführer

gegen

Bundesanwaltschaft,

Beschwerdegegnerin

Gegenstand

Nichtanhandnahmeverfügung
(Art. 310 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 StPO )


Sachverhalt:

A. Mit Strafanzeige vom 10. September 2014, in Form einer E-Mail an die Kantonspolizei Bern, verlangten A. und B. (nachfolgend "Anzeigeerstatter"), es sei eine Strafuntersuchung wegen "illegaler Verschleppung der Familie A./B." nach Bosnien sowie "Schmuggel der Familie A./B. mit gefälschten Reisepapieren" anzuheben (act. 1.5 S. 1).

Die Delikte seien bei der Ausweisung der Familie A./B. über den Flughafen Bern-Belp begangen worden. Der Sonderflug nach Sarajewo (Rückübernahme durch Bosnien und Herzegowina) sei in Begleitung von etwa 50 Polizisten und unter menschenverachtenden Bedingungen erfolgt.

Zusammengefasst werden die folgenden zu untersuchenden Vorwürfe geschildert: Im Asylentscheid seien sie als kroatische Staatsangehörige bezeichnet worden, gemäss den Reisedokumenten des Bundesamtes für Migration BFM seien sie Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina; beides sei jedoch falsch. Auch beim letzten Wohnort sei in den Reisedokumenten ein Fehler gemacht worden. Die für die Ausweise verwendeten Fotos entsprächen nicht den Vorgaben. Dies alles sei nicht aufgefallen, da die Reisedokumente vorschriftswidrig von den Grenzbeamten nicht geprüft worden seien. So seien sie unter Verwendung gefälschter Reisedokumente nach Bosnien und Herzegowina verschleppt worden, wo sie nie gelebt hätten. Die Anzeige legt weiter dar, dass und wie die verschiedenen sie betreffenden Asylentscheide fehlerhaft seien (act. 1.5).

B. Die Strafanzeige gelangte über die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern an die Bundesanwaltschaft (nachfolgend "BA").

Die BA erliess am 17. Oktober 2014 die Nichtanhandnahmeverfügung (act. 1.2; Tatbestände der Fälschung von Ausweisen nach Art. 252 StGB , Amtsmissbrauch nach Art. 312 StGB und Urkundenfälschung im Amt nach Art. 317 StGB ). Sie führt darin aus, ein ausreichender Tatverdacht zur Eröffnung eines Strafverfahrens sei offensichtlich nicht zu erkennen. Die BA weist weiter darauf hin, dass die heutigen Anzeigeerstatter bereits am 4. Mai 1998 und 14. März 2002 ähnliche Vorwürfe erhoben hätten, damals gegen ihren Asylentscheid vom 17. März 1992 und dessen Vollzug gerichtet.

C. Gegen die Nichtanhandnahmeverfügung der BA reichten die Anzeigeerstatter Beschwerde ein und zwar mit an die Schweizer Botschaft in Sarajewo adressiertem Schreiben vom 5. November 2014 (act. 1), das dort am 6. November 2014 einging (act. 1.1 Schreiben des regionalen Konsular-centers Wien vom 21. November 2014).

Die Anzeigeerstatter beantragen die Aufhebung der angefochtenen Verfügung oder Rückweisung zu neuem Entscheid, die unentgeltliche Rechtspflege, einen unentgeltlichen Rechtsbeistand, eine öffentliche Verhandlung mit Aufhebung ihrer Einreisesperren, Beizug aller sie betreffenden Verfahrensakten mit Gewährung des rechtlichen Gehörs sowie Vorladung ihrer Tochter als Auskunftsperson/Zeugin (act. 1 S. 1).

Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt (Art. 390 Abs. 2 StPO ).

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Als Privatklägerschaft am Strafverfahren beteiligt sich diejenige geschädigte Person, die ausdrücklich die Absicht erklärt hat, als Straf- oder Zivilklägerin teilzunehmen (Art. 118 Abs. 1 StPO ; sog. Konstituierung). Geschädigt ist, wer durch die Straftat in seinen Rechten unmittelbar verletzt wurde (Art. 115 Abs. 1 StPO ; BGE 139 IV 78 E. 3.3.3/3.3.4, 139 IV 84 E. 1.1; 138 IV 258 E. 2.1).

1.2 Die Anzeigeerstatter machen zwar keine Zivilansprüche geltend. Hingegen wollen sie "als Nebenkläger auftreten" (act. 1.5 S. 2). Zumindest bezüglich des Vorwurfes des Amtsmissbrauchs kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Anzeigeerstatter als Strafkläger zur Beschwerde legitimiert sind. Da die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind (Frist und Form; zu den Eintretensvoraussetzungen für einen Sachentscheid vgl. Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2011.120 vom 20. April 2012, E. 1), ist auf die Beschwerde einzutreten.

2.

2.1 Die Beschwerde ist aus folgenden Gründen abzuweisen:

2.2 Nach Art. 309 Abs. 1 lit. a StPO eröffnet die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung, wenn sich aus den Informationen und Berichten der Polizei, aus der Strafanzeige oder aus ihren eigenen Feststellungen ein hinreichender Tatverdacht ergibt. Sie verzichtet auf die Eröffnung, wenn sie sofort eine Nichtanhandnahmeverfügung oder einen Strafbefehl erlässt (Art. 309 Abs. 4 StPO ). Gemäss Art. 310 Abs. 1 StPO verfügt die Staatsanwaltschaft dann die Nichtanhandnahme der Untersuchung, sobald aufgrund der Strafanzeige resp. des Polizeirapports feststeht, dass die fraglichen Straftatbestände oder die Prozessvoraussetzungen eindeutig nicht erfüllt sind ( Art. 310 Abs. 1 lit. a) oder wenn Verfahrenshindernisse bestehen ( Art. 310 Abs. 1 lit. b; BGE 137 IV 285 E. 2.2).

2.3 Die Strafanzeigen richten sich gegen (Bundes-)Behörden, welche gerichtliche Asylentscheide vollstrecken, vorliegend indem sie die Anzeigeerstatter auswiesen. Jedoch gebietet den Behörden die Amtspflicht, Gerichtsurteile umzusetzen. Etwas anderes oder gar strafbare Handlungen kann auch die Beschwerdekammer nicht erkennen. Die Rügen sind vielmehr offensichtlich unbegründet (Art. 390 Abs. 2 StPO ). Die Nichtanhandnahmeverfügung ist somit zu bestätigen.

2.4 Für den vorliegenden Entscheid ist kein Aktenbeizug erforderlich, der entsprechende Antrag ist daher abzuweisen. Aus dem gleichen Grund ist der Antrag auf Vorladung einer Auskunftsperson/Zeugin abzuweisen. In den gerichtlichen Verfahrensakten befinden sich nur die (rechtzeitigen) Eingaben der Anzeigeerstatter, die sie bereits kennen. Auf das Gesuch um Akteneinsicht ist damit nicht einzutreten.

2.5 Von einer ausdrücklich beantragten öffentlichen Verhandlung kann (unter anderem) dann abgesehen werden, wenn sich ohne öffentliche Verhandlung mit hinreichender Zuverlässigkeit erkennen lässt, dass eine Beschwerde offensichtlich unbegründet oder unzulässig ist (BGE 136 I 279 E. 1; Urteil des Bundesgerichts 9C_680/2013 vom 28. Februar 2014, E. 2.2). Dies ist vorliegend der Fall (vgl. Erwägungen 1, 2.1 bis 2.4 und 3.1). Der Antrag auf eine mündliche öffentliche Verhandlung ist daher ebenfalls abzuweisen.

2.6 Die Beschwerde ist somit als offensichtlich unbegründet abzuweisen, ebenso die eingereichten Verfahrensanträge, soweit auf sie überhaupt einzutreten ist.

3.

3.1 Da sie keine Zivilansprüche erhoben, haben die Beschwerdeführer auch keinen Anspruch auf die unentgeltliche Rechtspflege für die Privatklägerschaft (Art. 136 Abs. 1 StPO ). Ohnehin war die Beschwerde offensichtlich unbegründet und damit aussichtslos, folglich zur Durchsetzung allfälliger Zivilansprüchen (oder selbst Strafansprüchen) nicht dienlich oder auch nur geeignet. Die Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege (vgl. Art. 136 Abs. 2 StPO ) sind damit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

3.2 Bei diesem Ausgang des Verfahrens haben die Beschwerdeführer die Gerichtskosten solidarisch zu tragen (Art. 428 Abs. 1 StPO , Art. 418 Abs. 2 StPO ). Die Gerichtsgebühr ist auf Fr. 400.-- festzusetzen (Art. 73 StBOG i. V. m. Art. 5 und 8 Abs. 1 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]).


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Verfahren BB.2014.158 und BB.2014.159 sowie BP.2014.70 und BP.2014.71 werden vereinigt.

2. Die Beschwerden werden abgewiesen.

3. Die Verfahrensanträge werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

4. Die Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege für die Privatklägerschaft werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

5. Die Gerichtsgebühr von Fr. 400.-- wird den Beschwerdeführern unter solidarischer Haftung auferlegt.

Bellinzona, 9. Dezember 2014

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber :

Zustellung an

- A. und B.

- Bundesanwaltschaft

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches Rechtsmittel gegeben (Art. 79 BGG ).

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