E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:UE220008
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:III. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid UE220008 vom 15.11.2022 (ZH)
Datum:15.11.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Einstellung
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdeführer; Recht; Staatsanwaltschaft; Beschwerdegegner; Einstellung; Aktie; Aktien; Einstellungsverfügung; Verfahren; Akten; Verfahrens; Person; Betrug; Investition; Entscheid; Produkt; Kollektoren; Eingabe; Täuschung; Rechtlich; Betrugs; Aktienkaufvertrag; Wäre; Kantons; Unternehmen; Werden; Punkt; Eingaben; Erhob
Rechtsnorm: Art. 146 StGB ; Art. 319 StPO ; Art. 382 StPO ; Art. 385 StPO ; Art. 428 StPO ;
Referenz BGE:118 IV 35; 119 IV 28; 135 IV 76; 140 IV 155; 141 IV 380; 142 IV 153; 145 IV 161; 146 IV 68; 147 IV 73; 147 IV 73;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: UE220008-O/U/MUL

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. A. Flury, Präsident, Oberrichterin lic. iur.

K. Eichenberger und Ersatzoberrichterin lic. iur. S. Mathieu sowie Gerichtsschreiberin Dr. iur. C. Schoder

Beschluss vom 15. November 2022

in Sachen

  1. A. ,

  2. B. AG,

Beschwerdeführer

gegen

  1. C. ,

  2. D. ,

  3. E. ,

  4. Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich, Beschwerdegegner

  1. amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X. 2 amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y._ 3 amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. Z.

    betreffend Einstellung

    Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung Nr. 2 der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich vom 25. November 2021, C-6/2019/10021373

    Erwägungen:

    I.

    1.

    1. A. erstattete in eigenem Namen und im Namen der B. AG am

      14. Februar 2020 gegen C. , D.

      und E.

      Strafanzeige wegen Betrugs zu seinem Nachteil und zum Nachteil der B. AG. Bei den

      Beschuldigten handelt es sich um die Verwaltungsräte der F.

      AG.

      Gemäss Eintrag im Handelsregister des Kantons Zürich hat diese Unter- nehmung die Entwicklung, die Herstellung und den Verkauf alternativer Energiesysteme zum Zweck.

      Der Strafanzeige von A. lag folgender Sachverhalt zugrunde:

      Am 29. März 2018 schloss die B. AG, vertreten durch den Anzeigeer- statter, mit D. und der F. AG einen Aktienkaufvertrag sowie ei- nen Vertrag über Kaufrechte an Aktien. Es wurde vereinbart, dass der Anzeigeerstatter an D.

      CHF 3'333.-- für 3'333 Aktien bezahle und der

      F. AG ein zinsloses Darlehen von CHF 996'567.-- gewähre, wobei das Darlehen in eine Kapitaleinlage umgewandelt werde. Der Anzeigeerstatter überwies die geforderten Geldbeträge und wurde dadurch zum Aktionär. Zudem wurde er in den Verwaltungsrat der F. AG aufgenommen.

      Das ebenfalls vereinbarte Recht zum Kauf von F. -Aktien zu einem Nennwert von CHF 1.-- und einer Kapitaleinlage von CHF 299.-- pro gekauf- ter Aktie konnte an drei Terminen ausgeübt werden. Mit Vertrag vom 11. Juli 2018 vereinbarten die Parteien ein weiteres Recht zum Kauf von F. - Aktien. Der Anzeigeerstatter übte das Kaufrecht am 13. September 2018 aus.

      In der Strafanzeige warf A. den Verantwortlichen der F. AG vor, ihn über das Produkt der F. AG und dessen Marktpotential in die Irre

      geführt und zu den obgenannten Vermögensdispositionen veranlasst zu ha- ben.

    2. Bereits am 21. Juni 2019 liess die G. AG gegen D. und weitere

      Personen aus dem Umfeld der F. und weiterer Vermögensdelikte erstatten.

      AG Strafanzeige wegen Betrugs

      Am 26. August 2019 ging von H. sowie gegen E. wegen Betrugs ein.

      eine Strafanzeige gegen D.

      Die Anzeigeerstatter erhoben in etwa dieselben Vorwürfe wie A. .

    3. Des Weiteren stand der Verdacht mutmasslicher Straftaten zum Nachteil der

      F.

      AG im Raum. Die Gesellschaft wurde in diesem Zusammenhang

      durch einen amtlich bestellten unentgeltlichen Rechtsbeistand vertreten.

    4. Mit Verfügung vom 25. November 2021 (Einstellungsverfügung Nr. 2) stellte die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich das von A. initiierte Ver- fahren gegen die Beschuldigten ein, da es nicht möglich sei, den Beschul- digten ein strafbares Verhalten anklagegenügend nachzuweisen (Urk. 8 S. 15).

    5. Bereits am 24. November 2021 verfügte die Staatsanwaltschaft die Einstel-

lung der Untersuchung betreffend den von der G.

AG und H.

erhobenen Betrugsvorwurf (Einstellungsverfügung Nr. 1) und am

25. November 2021 die Einstellung der Untersuchung betreffend Straftaten zum Nachteil der F. AG (Einstellungsverfügung Nr. 3).

  1. A.

    (fortan Beschwerdeführer 1) erhob gegen die Einstellungsverfügung Nr. 2 mit Eingaben vom 14. Januar 2022 (Urk. 3 und Urk. 4) und vom

    17. Januar 2022 (Urk. 9) Beschwerde und legte zahlreiche Beilagen ins Recht (Urk. 5, Urk. 6 und Urk. 10). Er verlangte die Aufhebung der ange- fochtenen Verfügung (Urk. 9 S. 4) und (sinngemäss) die Fortsetzung der Strafuntersuchung.

  2. Dem Beschwerdeführer 1 wurde aufgegeben, innert Frist eine Prozesskauti- on von einstweilen CHF 12'000.-- zu zahlen (Urk. 12). Diese ging rechtzeitig bei der Gerichtskasse ein (vgl. Urk. 18).

  3. Auf Antrag des Beschwerdeführers 1 (Urk. 15) wurde die B.

    AG als

    Beschwerdeführerin 2 ins Rubrum aufgenommen (Urk. 19). Der Beschwer- deführer 1 ist einziger Verwaltungsrat dieser Gesellschaft.

  4. C.

    (fortan Beschwerdegegner 1), D.

    (fortan Beschwerdegegner 2) und E. (fortan Beschwerdegegner 3) verzichteten auf eine Beschwerdeantwort (Urk. 27, Urk. 29, Urk. 33). Die Staatsanwaltschaft legte eine Stellungnahme ins Recht mit dem Antrag, die Beschwerde sei abzu- weisen (Urk. 31). Die Beschwerdeführer replizierten (Urk. 38) und reichten weitere Beilagen ein (Urk. 39). Die Beschwerdegegner und die Staatsan- waltschaft verzichteten auf eine Duplik (Urk. 45, Urk. 47, Urk. 49, Urk. 51).

  5. Am 19. Juli 2022 und am 19. September 2022 reichten die Beschwerdefüh- rer je eine Eingabe und einen USB-Stick ins Recht (Urk. 53-56). Auf den beiden Datenträgern soll sich ein Film befinden, der den gesamten Justizfall zusammenfasse. Am 29. September 2022 reichten die Beschwerdeführer nochmals eine Eingabe samt Beilage ein (Urk. 58 und Urk. 59).

  6. Infolge einer Abwesenheit, der derzeit ausserordentlich grossen Geschäfts- last der Kammer sowie in Nachachtung des Beschleunigungsgebots ergeht der vorliegende Entscheid teilweise in anderer Besetzung als angekündigt.

II.

1.

1.1 Gegen Verfügungen der Staatsanwaltschaften ist die strafprozessuale Beschwerde zulässig (Art. 393 Abs. 1 lit. a StPO). Bei der angefochtenen Ein- stellungsverfügung handelt es sich somit um ein zulässiges Anfechtungsob- jekt.

1.2

      1. Jede Partei, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheids hat, kann ein Rechtsmittel ergreifen (Art. 382 Abs. 1 StPO). Ein rechtlich geschütztes Interesse im Sinn von Art. 382 Abs. 1 StPO ist gegeben, wenn die das Rechtsmittel ergreifende Person durch den angefochtenen Entscheid selbst und unmittelbar in eigenen Rech- ten betroffen, d.h. beschwert ist (BGE 145 IV 161 E. 3.1; NIKLAUS SCHMID/DANIEL JOSITSCH, Praxiskommentar zur Schweizerischen Strafpro- zessordnung, 3. Aufl. 2018, Art. 382 N. 1 f.).

        Eine Person ist in eigenen Rechten unmittelbar verletzt, wenn sie Trägerin des durch die verletzte Strafnorm geschützten oder zumindest mitgeschütz- ten Rechtsguts ist (BGE 141 IV 380 E. 2.3.1). Bei Straftaten gegen einen Vermögenswert gilt der Inhaber dieses Vermögens als geschädigte Person. Bei Vermögensdelikten zum Nachteil einer Aktiengesellschaft ist demnach nur die Gesellschaft selbst in eigenen Rechten unmittelbar verletzt. Die ein- zelnen Aktionäre und Gesellschaftsgläubiger sind von der Straftat zum Nachteil der Gesellschaft nur mittelbar betroffen und können die Einstellung eines Verfahrens somit nicht anfechten (BGE 140 IV 155 E. 3.3.1).

      2. Die Beschwerdeführer machten in ihren Eingaben geltend, der Beschwerde- gegner 2 habe sich an den Geldern der Investoren persönlich bereichert. Die Zahlungen an den Beschwerdegegner 2 seien verheimlicht und die Bilanzen der F. AG gefälscht worden. Zudem sei ein Rahmenvertrag betreffend Lohnaufwendungen erstellt und nachträglich angepasst worden (Urk. 4 S. 10-20; Urk. 38 S. 3).

        Mit diesen Vorbringen machten die Beschwerdeführer angeblich begangene Straftaten zum Nachteil des Vermögens der F. AG geltend. Als Inves- toren (Aktionäre) wären sie von diesen Straftaten (ungetreue Geschäftsbe- sorgung, Urkundenfälschung) nur indirekt betroffen. Sie sind demnach nicht legitimiert, die Einstellungsverfügung Nr.2 diesbezüglich anzufechten. Auf

        die Beschwerde ist in diesem Punkt mangels Beschwerdelegitimation nicht einzutreten.

        Zudem betreffen diese erhobenen Beanstandungen der Beschwerdeführer nicht den Verfahrensgegenstand der Einstellungsverfügung Nr. 2, sondern denjenigen der Einstellungsverfügung Nr. 3, worin sich die Staatsanwalt- schaft mit den Vorwürfen der ungetreuen Geschäftsbesorgung zum Nachteil

        der F.

        AG und der Urkundenfälschung befasste. Auch aus diesem

        Grund fehlt den Beschwerdeführern die Beschwer, um die Einstellungsver- fügung Nr. 2 wegen des Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung und der Urkundenfälschung anzufechten.

      3. Weiter beanstandeten die Beschwerdeführer, die Staatsanwaltschaft habe den Sachverhalt betreffend den Verdacht des Betrugs an I. und dem Schichtspeicherkunden nicht abgeklärt (Urk. 38 S. 6-7). Mit diesem Vorbrin- gen machten die Beschwerdeführer wiederum nicht eigene, sondern Drittin- teressen geltend. Dazu sind sie nicht legitimiert. Auf die Beschwerde ist auch in diesem Punkt nicht einzutreten.

1.3

      1. Die Beschwerde ist schriftlich zu begründen (Art. 396 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 385 Abs. 1 StPO). Die beschwerdeführende Person hat in der Beschwerdeschrift genau anzugeben, welche Punkte des Entscheids sie an- ficht, welche Gründe einen anderen Entscheid nahelegen und welche Be- weise sie anruft (Art. 385 Abs. 1 lit. a-c StPO). Auf Ausführungen, die am Verfahrensgegenstand vorbeiführen, mithin nichts zur Sache tun, ist nicht einzugehen.

      2. Die Beschwerdeführer unterliessen es über weite Strecken, sich mit der Be- gründung der angefochtenen Einstellungsverfügung auseinanderzusetzen. Sie beschränkten sich grösstenteils darauf, ihre Sichtweise darzustellen und derjenigen der Staatsanwaltschaft entgegenzusetzen (z.B. Urk. 4 S. 4 ff.,

        S. 10 ff., S. 13 ff., S. 21 ff., S. 32 ff.). Dies genügt den Begründungsanforderungen gemäss Art. 385 Abs. 1 lit. b StPO nicht. Die Beschwerdeführer hät- ten darlegen müssen, welche Gründe einen anderen Entscheid nahelegen. Soweit die Beschwerdeführer entsprechende Ausführungen machen, wird darauf in Erwägung II/4 im Einzelnen eingegangen.

      3. In den Eingaben der Beschwerdeführer finden sich diverse Ausführungen, die den Verfahrensgegenstand (Betrug zu ihrem Nachteil) nicht betreffen. Dazu gehören namentlich die in der Beschwerdeschrift enthaltenen Bean- standungen an einem in einer zivilrechtlichen Streitigkeit zwischen der F. AG und einer Drittperson (G. AG) ergangenen Urteil des Zür- cher Handelsgerichts (Urk. 4 S. 8-10). Auf Ausführungen, die am Verfah- rensgegenstand vorbeizielen, ist nicht einzugehen.

      4. Die Beschwerdeführer reichten zwei USB-Sticks zu den Akten, auf denen je ein Film zum Tatgeschehen gespeichert sein soll (Urk. 54 und Urk. 56). Die- se – im Übrigen auch verspätet eingereichten – Eingaben entsprechen den Formvorschriften der Strafprozessordnung nicht und sind demnach aus dem Recht zu weisen. Sie haben damit unbeachtlich zu bleiben.

1.4 Auf die Beschwerde ist unter Vorbehalt des oben Gesagten einzutreten.

  1. Angefochten ist eine Einstellungsverfügung. Die Staatsanwaltschaft verfügt gemäss Art. 319 Abs. 1 StPO u.a. die Einstellung des Verfahrens, wenn kein Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt (lit. a), wenn kein Straf- tatbestand erfüllt ist (lit. b) oder wenn Rechtfertigungsgründe einen Straftat- bestand unanwendbar machen (lit. c). Der Entscheid über die Einstellung ei- nes Verfahrens hat sich nach dem Grundsatz im Zweifel für die Anklageer- hebung zu richten. Ist die Beweis- oder Rechtslage zweifelhaft, hat nicht die Staatsanwaltschaft über die Stichhaltigkeit des strafrechtlichen Vorwurfs zu entscheiden, sondern das zur materiellen Beurteilung zuständige Gericht. Der Grundsatz, dass im Zweifel nicht eingestellt werden darf, ist auch bei der Überprüfung von Einstellungsverfügungen zu beachten (BGE 146 IV 68 E. 2.1; 143 IV 241 E. 2.2.1; 138 IV 186 E. 4.1; 138 IV 86 E. 4.1).

  2. Des Betrugs macht sich schuldig, wer in der Absicht, sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unter- drückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt (Art. 146 Abs. 1 StGB).

Angriffsmittel beim Betrug ist die Täuschung des Opfers. Als Täuschung gilt jedes Verhalten, das darauf gerichtet ist, bei einem andern eine von der Wirklichkeit abweichende Vorstellung hervorzurufen. Sie ist eine unrichtige Erklärung über Tatsachen, das heisst über objektiv feststehende, vergange- ne oder gegenwärtige Geschehnisse oder Zustände (BGE 143 IV 302

E. 1.2). Dagegen fallen Äusserungen über ungewisse zukünftige Ereignisse oder Prognosen nicht darunter. Prognosen können höchstens in Bezug auf die vom Täter zugrunde gelegten gegenwärtigen Verhältnisse (Progno- segrundlage) eine Täuschung darstellen (BGE 135 IV 76 E. 5.1; BGer, Urteil 6B_553/2022 vom 16.9.22 E. 4.3.1).

Der Tatbestand erfordert eine arglistige Täuschung. Betrügerisches Verhal- ten ist strafrechtlich erst relevant, wenn der Täter mit einer gewissen Raffi- nesse oder Durchtriebenheit täuscht. Arglist ist nach der Rechtsprechung gegeben, wenn der Täter ein ganzes Lügengebäude errichtet oder sich be- sonderer Machenschaften oder Kniffe bedient. Bei einfachen falschen An- gaben ist das Merkmal erfüllt, wenn deren Überprüfung nicht oder nur mit besonderer Mühe möglich oder nicht zumutbar ist, sowie dann, wenn der Täter den Getäuschten von der Überprüfung abhält oder nach den Umstän- den voraussieht, dass dieser die Überprüfung der Angaben aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses unterlassen werde (BGE 147 IV 73

E. 3.2; 143 IV 302 E. 1.3.1). In der Rechtsprechung wurde ein besonderes Vertrauensverhältnis beispielsweise bejaht bei einer jahrelangen Zusam- menarbeit im gleichen Team (BGE 118 IV 35 E. 2b), dagegen verneint bei blosser Bekanntschaft aufgrund früherer Geschäftsbeziehungen (BGE 119 IV 28 E. 3e).

Arglist scheidet aber aus, wenn die getäuschte Person die grundlegendsten Vorsichtsmassnahmen nicht beachtete, mithin den Irrtum mit einem Min- destmass an Aufmerksamkeit hätte vermeiden können (BGE 142 IV 153

E. 2.2.2). Ob das Opferverhalten als leichtfertig erscheint, lässt sich nur an- hand der näheren Umstände sowie der persönlichen Beziehungen zwischen den beteiligten Personen schlüssig beantworten. Die Rechtsprechung nimmt dabei Rücksicht auf unerfahrene und aufgrund von Alter oder Krankheit be- einträchtigte Opfer oder auf solche, die sich in einem Abhängigkeitsverhält- nis oder in einer Notlage befinden und deshalb nur eingeschränkt im Stande sind, dem Täter zu misstrauen. Auf der anderen Seite sind besondere Fach- kenntnis und Geschäftserfahrung des Opfers in Rechnung zu stellen (BGE 147 IV 73 E. 3.2; 142 IV 153 E. 2.2.2).

4.

    1. Die Staatsanwaltschaft begründete die Verfahrenseinstellung im Wesentli- chen wie folgt:

      4.1.1 Der Beschwerdeführer 1 sei von Beginn an darauf aufmerksam gemacht

      worden, dass es sich bei der F.

      AG um ein Startup-Unternehmen

      handle. Dies ergebe sich aus der Präambel des Aktienkaufvertrags. In Ziff.

    2. sei zusätzlich festgehalten worden, dass sich der Käufer des Risikos ei- ner Beteiligung an einer im Aufbau befindlichen Unternehmung bewusst sei (Urk. 8 S. 4).

Der Beschwerdeführer 1 sei eine in Geschäftsbelangen versierte Person. Der Aktienkaufvertrag sei vor der Unterzeichnung am 29. März 2018 von ei- nem Anwalt geprüft worden. Zudem habe der Beschwerdegegner 2 dem Beschwerdeführer 1 das Unternehmen und dessen Produkte vorgestellt. Dabei habe es sich grösstenteils um Prognosen und Pläne gehandelt, wel- che ohnehin nicht Mittel zur Täuschung sein könnten (Urk. 8 S. 5).

In einem weiteren Dokument sei festgehalten worden, dass noch kein exter- nes Audit durchgeführt worden sei und es sich bei den Ausführungen im besagten Dokument möglicherweise um Schätzungen und Prognosen handle. Im Aktienkaufvertrag sei entsprechend die Rede von einer Zertifizierung beim J. Institut bis am 31. August 2018 die Rede gewesen. Es habe demnach unmissverständliche Hinweise gegeben, dass im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am 29. März 2018 noch kein marktreifes Produkt vor- gelegen habe und es sich bei einer Investition in die F. AG um Risiko- kapital gehandelt habe. Der Beschwerdeführer 1 sei sich dessen durchaus bewusst gewesen. So habe er in einer vor Vertragsabschluss verfassten E- Mail an den Beschwerdegegner 2 festgehalten, dass es sich um Wagniska- pital handle und das Geld verloren gehen könnte, er aber dennoch bereit sei, das Kapital einzusetzen. Anhand der erwähnten Unterlagen lasse sich keine Täuschung über Tatsachen, geschweige denn ein arglistiges Lügen- gebäude erkennen (Urk. 8 S. 4-5).

4.1.2 Die Beschwerdeführer führten nicht aus und es ist nicht ersichtlich, inwiefern diese Erwägungen der Staatsanwaltschaft zu beanstanden wären. Wie oben gesagt, kann nur über Tatsachen, nicht über Pläne und Prognosen ge- täuscht werden (vgl. E. II/3 hiervor). Die Beschwerdeführer legten nicht dar, aufgrund welcher Unterlagen oder ausgewiesener Aussagen der Beschwer- deführer 1 habe davon ausgehen dürfen, dass im Zeitpunkt der Unterzeich- nung des Aktienkaufvertrags und im Zeitpunkt der Ausübung des Kaufrechts die PVT-Kollektoren bereits marktreif gewesen seien. Entgegen ihrem Da- fürhalten (Urk. 58) lässt sich aus einer E-Mail des Beschwerdegegners 2 vom 24. August 2020 an einen gewissen K. (Urk. 59) nichts zu ihren Gunsten ableiten. Die besagte E-Mail fällt nicht in den Deliktszeitraum (Un- terzeichnung des Aktienkaufvertrags am 29. März 2018, Ausübung des Kaufrechts am 13. September 2018) und lässt überdies den Schluss zu, dass seitens der F. AG erst im Jahr 2020 an den Vertrieb der Kollekt- oren über einen online-Shop gedacht werden konnte.

Wenn die Beschwerdeführer zu einer E-Mail des Beschwerdeführers 1, wo- nach er sich des Investitionsrisikos bewusst gewesen sei, einzig geltend machen, dass die anderen CHF 3.5 Mio. erst fällig hätten werden sollen,

wenn absehbar gewesen sei, dass F'. (resp. F. ) in der Lage sei, ihre Kollektoren in vernünftigem Umfang zu vertreiben und zu marktgerech- ten Preisen zu produzieren (Urk. 4 S. 6), bestätigten sie, dass dem Beschwerdeführer 1 bewusst war, dass das Produkt noch keine Marktreife hat- te.

Bei dieser Sachlage ist die Schlussfolgerung der Staatsanwaltschaft nicht zu beanstanden, dass dem Beschwerdeführer 1 vornehmlich Pläne und Prog- nosen präsentiert wurden, die nicht Mittel zur Täuschung sein können, und sich der Beschwerdeführer 1 des Investitionsrisikos durchaus bewusst war.

4.2

      1. Zu L. , ehemals technischer Leiter der F. AG, hielt die Staatsan- waltschaft fest, dass dessen Aussagen widersprüchlich und mit Vorsicht zu würdigen seien. Dennoch könne nicht angenommen werden, dass die F. AG nur dazu gegründet worden wäre, um durch den Verkauf von

        wertlosen Aktien zukünftige Investoren zu prellen. L.

        habe bestätigt,

        dass Prototypen erstellt worden seien und auf der Testanlage in M. zwei Anlagetypen von PV- und PVT-Kollektoren installiert worden seien. Zu- dem sei L. zwecks Durchführung von Tests mit dem J. Institut in Kontakt gestanden (Urk. 4 S. 7-9). Beweise dafür, dass die F. AG von Anfang an als Vehikel für betrügerische Aktienverkäufe und ungerechtfertig- te Bereicherungen gegründet worden sei, gebe es jedenfalls nicht (Urk. 4 S. 10).

      2. Die Beschwerdeführer brachten zu diesen Erwägungen keine relevanten Einwände vor (vgl. Urk. 4 S. 52-53). Insbesondere machten sie nicht gel- tend, die F. AG sei nicht operativ tätig gewesen. Vielmehr monierten sie, es seien zwar Tests durchgeführt worden, jedoch habe es sich nicht um reale Tests, sondern um Tests unter Laborbedingungen gehandelt. Dies ha- be man nicht offen gelegt (Urk. 4 S. 25-31).

Es gibt somit auch in diesem Punkt keinen Grund, an der realen Entwick- lungstätigkeit der F. AG zu zweifeln und die Erwägungen der Staats- anwaltschaft in Zweifel zu ziehen.

4.3

      1. Schliesslich berücksichtigte die Staatsanwaltschaft die Selbstverantwortung des Beschwerdeführers 1. Dieser habe geltend gemacht, er hätte nie eine Investition in die F. AG getätigt, wenn er gewusst hätte, dass in der Testanlage M. noch keine Daten aufgezeichnet und ausgewertet wor- den seien und keine Unternehmensbewertung von der N. vorliege. Mit diesem Argument lasse der Beschwerdeführer 1 aber ausser Acht, dass es ihm möglich und zumutbar gewesen wäre, diese Unterlagen vor dem Investi- tionsentscheid zur Einsicht einzufordern (Urk. 8 S. 7 und S. 14). Es sei denn auch notorisch, dass bei der Suche nach Investoren gerne übertrieben wer- de und die Vorzüge eines Produkts in den Vordergrund gestellt würden, dessen Schwächen dagegen nicht aktiv kundgetan würden (Urk. 8 S. 7).

        Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer 1, nachdem er in den Verwal- tungsrat der F. AG aufgenommen worden sei, Einsicht in die Berichte des J. Instituts über die Testergebnisse gehabt habe. Er habe die Be- richte zur Kenntnis genommen und sei mit einem Mitarbeiter des Instituts in Kontakt gestanden. Aus damaliger Sicht seien seine Fragen zu seiner Zu- friedenheit beantwortet worden (Urk. 4 S. 9). An der Präsentation des ersten Messberichts am 11. September 2018 sei der Beschwerdeführer 1, der neue F. -Aktien habe kaufen wollen, dabei gewesen. Er sei damit einver- standen gewesen, dass die positiven Aspekte des J. Berichts hervor- gestrichen würden. Dass nicht alle Details des J. Berichts den neuen Investoren bekannt gegeben worden seien, sei strafrechtlich nicht relevant, zumal die Berichte hätten eingefordert werden können (Urk. 4 S. 9-10).

      2. Die Beschwerdeführer wandten ein, zwischen dem Beschwerdeführer 1 und dem Beschwerdegegner 2 habe ein Vertrauensverhältnis bestanden. Sie hätten sich über einen Zeitraum von rund eineinhalb Jahren bis zu dreimal

pro Woche beim Fussballtraining ihrer Söhne getroffen (Urk. 3 S. 1; Urk. 4

S. 5-6). Der Beschwerdegegner 2 habe dem Beschwerdeführer 1 gar ein Fo- to von sich und O. gezeigt, die ihm als Gewinner (des Solarpreises) gratuliert habe (Urk. 38 S. 4). Aufgrund dieser freundschaftlichen Vertrau- ensbasis habe der Beschwerdeführer 1 keinen Grund gehabt, an den Anga- ben des Beschwerdegegners 2 über die Kollektoren zu zweifeln. Dieser ha- be ihn über das Produkt der F. AG in die Irre geführt. So habe er ihn durch raffiniert abgestimmte Lügen über die reale Leistungsfähigkeit der Kol- lektoren, den Testbetrieb, eine angeblich durchgeführte Unternehmensbe- wertung durch die Bank N. , die Zertifizierung der Kollektoren und an- geblich vorhandene Patentrechte getäuscht.

Entgegen dem Dafürhalten der Beschwerdeführer kann allein aus dem Um- stand, dass sich der Beschwerdeführer 1 mit dem Beschwerdegegner 2 an- lässlich des Fussballtrainings ihrer Söhne traf, nicht auf ein Vertrauensver- hältnis geschlossen werden. Das beschriebene Verhalten des Beschwerde- gegners 2 - angeblich stellte er sich und sein von ihm entwickeltes Produkt bei den jeweiligen Zusammentreffen in ein gutes Licht - ist vielmehr als Smalltalk und (möglicherweise) als Angeberei zu betrachten. Daraus kann weder eine zwischenmenschliche Bindung noch gar eine besondere Ver- trauensbasis abgeleitet werden. Hinzu kommt, dass es sich beim Beschwer- deführer 1 um eine geschäftserfahrene Person handelt. Es wäre ihm ohne Weiteres zumutbar gewesen, sich vor den Investitionsentscheiden über das

im Entstehen begriffene Produkt der F.

AG genauer zu informieren,

zumal es sich um eine Investition von beträchtlicher Tragweite handelte und der Beschwerdeführer 1 im Aktienkaufvertrag auf das Investitionsrisiko bei einem Startup-Unternehmen explizit aufmerksam gemacht worden war. Selbst wenn der Beschwerdegegner 2 nicht in allen Punkten bei der Wahr- heit geblieben wäre resp. seine Angaben nicht nur übertriebene Anpreisun- gen, sondern eigentliche Lügen gewesen sein sollten, so kann angesichts der Überprüfbarkeit der Angaben und der fehlenden Vertrauensbasis nicht von Arglistigkeit ausgegangen werden. Die diesbezügliche Schlussfolgerung der Staatsanwaltschaft ist nicht zu beanstanden.

4.4

      1. In der Beschwerdeantwort nahm die Staatsanwaltschaft zum in der Beschwerdeschrift erhobenen Vorwurf der Einschränkung des Akteneinsichts- rechts (Urk. 4 S. 58) Stellung. Sie hielt fest, dass dem Beschwerdeführer 1 fortlaufend Akteneinsicht gewährt worden sei. Den Rechtsvertretern hätten die Untersuchungsakten mit Ausnahme der Personalakten nach Ankündi- gung der Verfahrenseinstellung vollumfänglich zur Verfügung gestanden. Hingegen sei dem Beschwerdeführer 1 die Einstellungsverfügung Nr. 3 be- treffend ungetreue Geschäftsbesorgung, Urkundenfälschung und unwahre Angaben gegenüber den Handelsregisterbehörden mangels Geschädigten- stellung nicht zugestellt worden (Urk. 31 S. 4-5).

      2. Die Beschwerdeführer wandten in der Replik im Wesentlichen ein, die Ak- teneinsicht sei ihnen nicht gänzlich verweigert worden, sondern nur die Ein- sicht in Akten betreffend I. in Sachen Schichtspeicher, private Akten sowie Akten, die nichts mit der F. AG zu tun hätten.

Angesichts dieser Einwände ist davon auszugehen, dass die Beschwerde- führer Einsicht in sämtliche, das vorliegende Verfahren betreffende Akten erhielten. In den Beschwerdebeilagen (Urk. 5, Urk. 6) befinden sich zahlrei- che Untersuchungsakten aus dem vorliegenden Strafverfahren, was eben- falls zeigt, dass die Beschwerdeführer Akteneinsicht nehmen konnten. In- dessen ist der Staatsanwaltschaft zuzustimmen, dass die Beschwerdeführer kein Einsichtsrecht in Akten haben, welche nichts mit der vorliegenden Sa- che zu tun haben. Eine Verletzung des Akteneinsichtsrechts ist demnach nicht erkennbar.

4.5 Aus dem oben Gesagten ergibt sich, dass die Beschwerdeführer nicht dar- zutun vermochten, über Tatsächliches in die Irre geführt worden zu sein. Selbst wenn seitens der Beschwerdegegner 1-3 in einzelnen Punkten, etwa betreffend den Entwicklungsstand der Kollektoren, die Testergebnisse oder die Unternehmensbewertung gelogen worden sein sollte, so wäre es dem geschäftserfahrenen Beschwerdeführer 1 ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen, die Angaben zu überprüfen. Bei dieser Sachlage scheidet ein arglistiges Vorgehen seitens der Beschwerdegegner klarerweise aus und geht die Staatsanwaltschaft zu Recht davon aus, dass eine Anklage der Beschwerdegegner wegen Betrugs chancenlos wäre. Die Einstellung des Strafverfahrens ist demnach nicht zu beanstanden.

5. Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Dem Verfahrensausgang ent- sprechend haben die Beschwerdeführer 1 und 2 die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte in solidarischer Haftbarkeit zu tragen (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Gerichtsgebühr ist unter Berücksichtigung der Bedeutung und Schwierigkeit des Falls sowie des - aufgrund der ausschwei- fenden Eingaben des Beschwerdeführers - entsprechend sehr grossen Zeit- aufwands des Gerichts auf CHF 9'500.-- festzulegen und von der geleisteten Prozesskaution zu beziehen. Der Rest der Kaution ist dem Beschwerdefüh- rer 1 zurückzuerstatten. Das staatliche Verrechnungsrecht bleibt vorbehal- ten. Die Beschwerdegegner 1-3 liessen sich im Beschwerdeverfahren nicht vernehmen. Mangels Aufwendungen ist ihnen keine Entschädigung zuzu- sprechen.

Es wird beschlossen:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

  2. Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf CHF 9'500.-- festgesetzt, den Beschwerdeführern 1 und 2 je zur Hälfte unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt und von der geleisteten Prozesskaution bezogen. Der Rest der Kaution wird dem Beschwerdeführer 1 zurückerstattet. Das staatli- che Verrechnungsrecht bleibt vorbehalten.

  3. Es werden keine Entschädigungen zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an:

  5. Rechtsmittel

Gegen diesen Entscheid kann Beschwerde in Strafsachen erhoben wer- den. Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schrift- lich einzureichen. Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwer- devoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Hinweis: Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht einge- reicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer schweizerischen diplo- matischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden.

Zürich, 15. November 2022

Obergericht des Kantons Zürich

III. Strafkammer

Präsident:

lic. iur. A. Flury

Gerichtsschreiberin:

Dr. iur. C. Schoder

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.
www.swissactiv.ch
Menschen zusammenbringen, die gemeinsame Interessen teilen
Die Freude an Bewegung, Natur und gutem Essen fördern
Neue Leute treffen und Unternehmungen machen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.

SWISSRIGHTS verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf der Website analysieren zu können. Weitere Informationen finden Sie hier: Datenschutz