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Bundesstrafgericht Urteil

Kopfdaten
Instanz:Bundesstrafgericht
Abteilung:Beschwerdekammer: Strafverfahren
Fallnummer:BV.2020.26
Datum:14.08.2020
Leitsatz/Stichwort:Beschlagnahme (Art. 46 f. VStrR).
Schlagwörter : Beschwerde; Beschlag; Beschlagnahme; Beschwerdeführer; Hausdurchsuchung; Bundesstrafgericht; Bundesstrafgerichts; Recht; Beschwerdekammer; Räumlichkeiten; Durchsuchung; Direktor; Beschwerdegegnerin; Hinreichende; Verwaltung; Verfügung; Begründung; Gericht; Sichergestellt; Hausdurchsuchungs; Tatverdacht; Polizei; Bericht; Ausführungen; Durchsuchungsbefehl; Bundesgericht; Verdacht; Rechtliche; Beschlagnahmt
Rechtsnorm: Art. 10 BGG ; Art. 197 StPO ; Art. 263 StPO ; Art. 29 BV ; Art. 66 BGG ;
Referenz BGE:115 V 297; 120 IV 164; 120 IV 365; 134 I 83; 139 IV 246; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Entscheid

Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral

Tribunale penale federale

Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BV.2020.26

Beschluss vom 14. August 2020
Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter

Cornelia Cova, Vorsitz,

Giorgio Bomio-Giovanascini und Stephan Blättler ,

Gerichtsschreiberin Inga Leonova

Parteien

A. , vertreten durch Rechtsanwalt Camill Droll,

Beschwerdeführer

gegen

Eidgenössische Spielbankenkommission,

Beschwerdegegnerin

Gegenstand

Beschlagnahme (Art. 46 f . VStrR)


Sachverhalt:

A. Gestützt auf den Hausdurchsuchungs- und Durchsuchungsbefehl vom 15. Juni 2020 führte die Eidgenössische Spielbankenkommission (nachfolgend «ESBK») zusammen mit der Stadtpolizei Zürich am 18. Juni 2020 in den Räumlichkeiten an der [...] in Zürich wegen des Verdachts auf Widerhandlungen gegen das Bundesgesetz vom 29. September 2017 über Geldspiele (Geldspielgesetz, BGS; SR 935.51) eine Hausdurchsuchung durch (act. 2.6-2.8). Anlässlich dieser Hausdurchsuchung wurden ein PC der Marke HP (nachfolgend «PC HP»), ein Videorecorder mit Netzteil, vier AntePAY-Karten sowie Notizzettel mit Zahlen und Nummern sichergestellt und sogleich beschlagnahmt (act. 2.1).

B. Dagegen liess A. am 19. Juni 2020 beim Direktor des Sekretariats der ESBK Beschwerde zuhanden der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts erheben. Er beantragt die Aufhebung der Beschlagnahmeverfügung vom 18. Juni 2020 und die Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände. Eventualiter sei der Zeitwert des beschlagnahmten PC HP und des Videorecorders (mit Netzteil) per 18. Juni 2020 festzustellen (act. 1).

C. Der Direktor der ESBK leitete die Beschwerde samt seiner Beschwerde-antwort vom 25. Juni 2020 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts weiter. Er beantragt die kostenfällige Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne (act. 2). Noch vor Leistung des vom Gericht eingeforderten Kostenvorschusses nahm A. infolge der ihm durch die ESBK gewährten Akteneinsicht von der Beschwerdeantwort des Direktors vom 25. Juni 2020 Kenntnis und liess sich hierzu mit unaufgeforderter Eingabe vom 9. Juli 2020 vernehmen (act. 6). Am 16. Juli 2020 wurde dem Direktor der ESBK die Replikschrift vom 9. Juli 2020 zur Kenntnis gebracht (act. 8). Am gleichen Tag wurde A. die Beschwerdeantwort des Direktors der ESBK vom 25. Juni 2020 zur Kenntnisnahme zugestellt (act. 9).

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.


Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.

1.1 Am 1. Januar 2019 ist das Geldspielgesetz in Kraft getreten. Nach Art. 134 Abs. 1 BGS ist bei Widerhandlungen im Zusammenhang mit Spielbankenspielen das Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR; SR 313.0) anwendbar. Verfolgende Behörde im Sinne von Art. 20 Abs. 1 VStrR ist wie schon unter altem Recht das Sekretariat der ESBK (Art. 134 Abs. 2, Art. 104 Abs. 5 BGS). Das Sekretariat vertritt die ESBK vor eidgenössischen und kantonalen Gerichten (Art. 104 Abs. 5 BGS).

1.2 Die Bestimmungen der Eidgenössischen Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0) sind insoweit ergänzend oder sinngemäss anwendbar, als das VStrR dies ausdrücklich festlegt (vgl. Art. 22, Art. 30 Abs. 2-3, Art. 31 Abs. 2, Art. 41 Abs. 2, Art. 43 Abs. 2 , Art. 58 Abs. 3 , Art. 60 Abs. 2 , Art. 80 Abs. 1 , Art. 82 , Art. 89 und Art. 97 Abs. 1 VStrR ). Soweit das VStrR einzelne Fragen nicht abschliessend regelt, sind die Bestimmungen der StPO grundsätzlich analog anwendbar (BGE 139 IV 246 E. 1.2 S. 248, E. 3.2 S. 249; Urteile des Bundesgerichts 1B_210/2017 vom 23. Oktober 2017 E. 1.1; 1B_91/2016 vom 4. August 2016 E. 4.1; zum Ganzen Urteil des Bundesgerichts 1B_433/2017 vom 21. März 2018 E. 1.1). Die allgemeinen strafprozessualen und verfassungsrechtlichen Grundsätze sind jedenfalls auch im Verwaltungsstrafverfahren zu berücksichtigen (BGE 139 IV 246 E. 1.2 und E. 3.2; TPF 2018 162 E. 3; 2017 107 E. 1.2 und E. 1.3; 2016 55 E. 2.3).

2.

2.1 Gegen Zwangsmassnahmen im Sinne der Art. 45 ff . VStrR und damit zusammenhängende Amtshandlungen kann bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde geführt werden (Art. 26 Abs. 1 VStrR i.V.m. Art. 37 Abs. 2 lit. b des Bundesgesetzes vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes; Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG, SR 173.71).

Zur Beschwerde ist berechtigt, wer durch den Beschwerdeentscheid berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (Art. 28 Abs. 1 VStrR ). Die Beschwerde ist innert dreier Tage nachdem der Beschwerdeführer von der Amtshandlung Kenntnis hat bei der zuständigen Behörde schriftlich, mit Antrag und kurzer Begründung, einzureichen (Art. 28 Abs. 3 VStrR). Die Beschwerde gegen Zwangsmassnahmen der Untersuchungsbeamten ist beim Chef der entsprechenden Verwaltungseinheit einzureichen (vgl. Art. 26 Abs. 2 lit. b VStrR ). Berichtigt der Chef der beteiligten Verwaltung die Amtshandlung oder Säumnis im Sinne der gestellten Anträge, so fällt die Beschwerde dahin; andernfalls hat er sie mit seiner Äusserung spätestens am dritten Werktag nach ihrem Eingang an die Beschwerdekammer weiterzuleiten (Art. 26 Abs. 3 VStrR ).

2.2 Der Beschwerdeführer behauptet, Mieter der durchsuchten Liegenschaft an der [...] in Zürich zu sein (act. 1, S. 1). Obschon den vorliegenden Akten kein Mietvertrag zu entnehmen ist, ist gestützt auf die polizeilichen Ausführungen davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer der Mieter der von der Durchsuchung betroffenen Räumlichkeiten ist (act. 2.2, Berichte der Stadtpolizei Zürich vom 22. Oktober 2019 und 7. Januar 2020, jeweils S. 1). Demgemäss ist auch anzunehmen, dass der Beschwerdeführer der Eigentümer bzw. Besitzer der anlässlich der Hausdurchsuchung sichergestellten Gegenstände ist. Als solcher ist er beschwerdebefugt. Auf die im Übrigen form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist somit einzutreten. Die Beschwerde und die Stellungnahme des Direktors der ESBK wurde der Beschwerdekammer unter Wahrung der dreitägigen Frist i.S.v. Art. 26 Abs. 3 VStrR eingereicht.

3.

3.1 Zunächst ist auf das Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen, wonach die Beschlagnahmeverfügung vom 18. Juni 2020 nicht ausreichend begründet sei (act. 1, S. 1).

3.2

3.2.1 Das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verlangt, dass die beschlagnahmende Behörde ihren Beschlagnahmeentscheid begründet. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (vgl. BGE 134 I 83 E. 4.1; 133 III 439 E. 3.3; 130 II 530 E. 4.3; 129 I 232 E. 3.2; 126 I 97 E. 2b). Nach der Rechtsprechung brauchen Beschlagnahmeverfügungen keine ausführliche Begründung zu enthalten (BGE 120 IV 164 E. 1c; Urteil des Bundesgerichts 8G.12/2003 vom 22. April 2003 E. 3; vgl. auch Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2014.163 -164 vom 9. Juni 2015 E. 2.3.1). In Anlehnung an die zu Art. 263 Abs. 2 StPO ergangene Rechtsprechung hat der Beschlagnahmebefehl mit Blick auf Art. 29 Abs. 2 BV zumindest eine summarische Begründung zu enthalten. Damit die Möglichkeit einer sachgerechten Anfechtung des Beschlagnahmebefehls gewährleistet werden kann, ist summarisch aufzuzeigen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Beschlagnahme vorliegen. Darzulegen ist mithin, dass ein hinreichender Verdacht und ein Beschlagnahmegrund bestehen. Ebenso ist über die beschlagnahmten Objekte und den mutmasslichen Konnex zwischen Delikt und Beschlagnahmeobjekte Aufschluss zu geben ( Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2014.163 -164 vom 9. Juni 2015 E. 2.3.1 m.w.H. ).

3.2.2 Das Recht, angehört zu werden ist formeller Natur, weshalb dessen Verletzung ungeachtet der Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst grundsätzlich zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung führt. Vorbehalten bleiben praxisgemäss Fälle, in denen die Verletzung nicht besonders schwer wiegt und dadurch geheilt wird, dass die Partei, deren rechtliches Gehör verletzt wurde, die Möglichkeit erhält, sich vor einer Instanz zu äussern, welche sowohl die Tat- als auch die Rechtsfragen uneingeschränkt überprüft (BGE 115 V 297 E. 2h S. 305 m.H.). Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts beurteilt verwaltungsstrafrechtliche Beschwerden gemäss Art. 26 Abs. 1 VStrR mit umfassender Kognition (vgl. Art. 28 Abs. 2 VStrR).

3.3 Die Beschlagnahmeverfügung vom 18. Juni 2020 wird im Protokoll über die Beschlagnahme erwähnt. In der Verfügung wird als Grundlage Art. 130 BGS genannt und auf der Rückseite wurden die relevanten Gesetzesbestimmungen zur Beschlagnahme abgedruckt. Eine Begründung in Bezug auf die Voraussetzungen der Beschlagnahme ist der Verfügung jedoch keine zu entnehmen. Die Beschwerdegegnerin äussert sich hierzu erstmals in ihrer Beschwerdeantwort und führt unter anderem aus, dass die Beschlagnahme zwecks Beweismittelsicherung erfolgte. In Bezug auf den hinreichenden Tatverdacht verweist die Beschwerdegegnerin auf die Ausführungen im Hausdurchsuchungs- und Durchsuchungsbefehl vom 15. Juni 2020 (act. 2, S. 9). Zwar enthält der dem Beschwerdeführer am 18. Juni 2020 eröffnete Hausdurchsuchungs- und Durchsuchungsbefehl vom 15. Juni 2020 eine Begründung (act. 2.6). Namentlich legte die ESBK darin ausführlich dar, weshalb sie davon ausging, dass ein hinreichender Verdacht vorliege, dass in den Räumlichkeiten an der [...] in Zürich erneut illegales Glücksspiel angeboten werde. Damit hat die Begründung im Hausdurchsuchungs- und Durchsuchungsbefehl vom 15. Juni 2020 dem Beschwerdeführer ermöglicht, die Voraussetzungen für die Hausdurchsuchung nachzuvollziehen. Diese Begründung beschränkt sich auf die Anordnung der Hausdurchsuchung bzw. Durchsuchung und nicht auch auf die Beschlagnahme der anlässlich der Hausdurchsuchung sichergestellten Gegenstände. Hinsichtlich der Beschlagnahme der sichergestellten Gegenstände hätte die ESBK nebst dem hi nreichenden Verdacht und dem Beschlagnahmegrund zumindest summarisch darlegen müssen, worin sie einen mutmasslichen Konnex zwischen dem Tatvorwurf und den Beschlagnahmeobjekten sieht (vgl. supra E. 3.2.1). Aus dem Gesagten folgt, dass die Beschlagnahmeverfügung vom 18. Juni 2020 den Begründungsanforderungen nicht genügt. Nachdem sich die Beschwerdegegnerin in der Beschwerdeantwort zu den Beschlagnahmevoraussetzungen ausführlich geäussert hat und der Beschwerdeführer sich hierzu im Rahmen des Beschwerdeverfahrens mit Eingabe vom 9. Juli 2020 vernehmen liess, ist die Gehörsverletzung als geheilt zu betrachten und von einer Rückweisung an die Beschwerdegegnerin ist abzusehen. Der geheilten Gehörsverletzung ist bei der Festlegung der Gerichtskosten angemessen Rechnung zu tragen.

4.

4.1 W eiter bringt der Beschwerdeführer vor, die Hausdurchsuchung basiere auf dem Durchsuchungsbefehl vom 15. Juni 2020, der mehr als fünf Monate nach den Ausführungen der Polizei im Bericht vom 7. Januar 2020 ergangen sei. Entsprechend sei der Hausdurchsuchungsbefehl nicht gestützt auf aktuellen Tatverdacht ergangen und die Hausdurchsuchung sei deshalb ungültig (act. 6, S. 1 f.).

4.2 Für die Anordnung einer Durchsuchung von Räumlichkeiten wird der Erlass eines schriftlichen Durchsuchungsbefehls des Direktors der beteiligten Verwaltung vorausgesetzt (vgl. Art. 48 Abs. 3 VStrR ). Zu welchem Zeitpunkt dieser zu ergehen hat, schreibt das Gesetz nicht vor. Jedenfalls haben zum Zeitpunkt der Anordnung der Durchsuchung als Zwangsmassnahme die gesetzlichen Voraussetzungen, namentlich unter anderem der hinreichende Tatverdacht vorzuliegen (vgl. Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO ).

4.3 Die Stadtpolizei Zürich legte im Bericht vom 7. Januar 2020 den hinreichenden Tatverdacht betreffend mögliche Widerhandlungen gegen das Geldspielgesetz dar und ersuchte die ESBK um Erlass eines Hausdurchsuchungsbefehls. Diesen erliess der Direktor der ESBK am 15. Juni 2020 (act. 2.6), mithin rund fünf Monate nach Erhalt des Antrags der Polizei. Soweit aus den vorliegenden Akten hervorgeht, hat die Stadtpolizei Zürich der ESBK seit dem 7. Januar 2020 keine weiteren Mitteilungen zur Kenntnis gebracht. Unter Berücksichtigung der vom Bundesrat am 16. März 2020 erklärten ausserordentlichen Lage im Zusammenhang mit dem Coronavirus konnte die Beschwerdegegnerin annehmen, dass die im Bericht dargelegten Ausführungen zum hinreichenden Tatverdacht keine wesentliche Änderungen erfuhren. Unter den konkreten Umständen durfte die Beschwerdegegnerin im Juni 2020 davon ausgehen, dass der im Bericht vom 7. Januar 2020 dargelegte Tatverdacht weiterhin vorlag. Die Rüge ist deshalb unbegründet.

5.

5.1 Nachfolgend ist zu prüfen, ob die angeordnete Beschlagnahme vor dem Bundesrecht standhält.

5.2 Vom untersuchenden Beamten sind mit Beschlag zu belegen (a) Gegenstände, die als Beweismittel von Bedeutung sein können; (b) Gegenstände und andere Vermögenswerte, die voraussichtlich der Einziehung unterliegen; (c) die dem Staate verfallenden Geschenke und anderen Zuwendungen (Art. 46 Abs. 1 VStrR). Die Beschlagnahme nach Art. 46 Abs. 1 lit. b VStrR stellt eine provisorische prozessuale Massnahme zur vorläufigen Sicherstellung der allenfalls der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte dar und greift dem Entscheid über die endgültige Einziehung nicht vor (BGE 120 IV 365 E. 1c).

Als strafprozessuale Zwangsmassnahme setzt die Beschlagnahme im Verwaltungsstrafverfahren voraus, dass ein hinreichender Tatverdacht besteht (vgl. Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO ). Sie muss ausserdem vor dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz standhalten (Art. 45 Abs. 1 VStrR ; vgl. Art. 197 Abs. 1 lit. c -d StPO). Nicht zulässig ist die Beschlagnahme nach Art. 46 Abs. 1 lit. b VStrR , falls eine strafrechtliche Einziehung aus materiell-rechtlichen Gründen bereits als offensichtlich unzulässig erscheint (Beschluss des Bundesstrafgerichts BV.2017.5 vom 20. April 2017 E. 5.1). Der hinreichende Verdacht setzt - in Abgrenzung zum dringenden - nicht voraus, dass Beweise und Indizien bereits für eine erhebliche oder hohe Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung sprechen. Bei der Beurteilung der Rechtmässigkeit und Angemessenheit einer Beschlagnahme hat die Beschwerdekammer diesbezüglich jedoch keine erschöpfende Abwägung sämtlicher belastender und entlastender Beweisergebnisse vorzunehmen. Diese bleibt dem für die Fällung des materiell-rechtlichen Einziehungsentscheides zuständigen Sachgericht vorbehalten ( TPF 2010 22 E. 2.2.2; vgl. zum Ganzen Beschluss des Bundesstrafgerichts BV.2013.1 vom 26. April 2013 E. 4.1; je m.w.H.).

5.3 Gemäss Art. 130 Abs. 1 BGS wird mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bestraft, wer vorsätzlich ohne die dafür nötigen Konzessionen oder Bewilligungen Spielbankenspiele durchführt, organisiert oder zur Verfügung stellt (lit. a) oder im Wissen um den geplanten Verwendungszweck die technischen Mittel zur Veranstaltung von Spielbanken- oder Grossspielen Personen zur Verfügung stellt (lit. b). Wird die Tat gewerbs- oder bandenmässig begangen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe nicht unter 180 Tagessätzen (Art. 130 Abs. 2 BGS). Spielbankenspiele sind Geldspiele, die einer eng begrenzten Anzahl Personen offenstehen; ausgenommen sind die Sportwetten, die Geschicklichkeitsspiele und die Kleinspiele (Art. 3 lit. g BGS).

5.4

5.4.1 Den vorliegenden Akten lassen sich mehrere Hinweise entnehmen, die darauf deuten, dass in den Räumlichkeiten an der [...] in Zürich Spielbankenspiele organisiert, durchgeführt oder zur Verfügung gestellt wurden.

5.4.2 Die Räumlichkeiten an der [...] in Zürich bildeten am 18. Juni 2020 nicht zum ersten Mal Gegenstand einer Hausdurchsuchung. Bereits am 18. Februar 2016 fand im Rahmen einer gezielten Aktion der Polizei gegen das illegale Glückspiel in den damals mit « Club B. » bezeichneten Räumlichkeiten an der [...] in Zürich eine Hausdurchsuchung statt, anlässlich welcher vier Offline-Glücksspielautomaten des Typs « Vegas Multigame » mit Noteneinzug sichergestellt wurden. Als Betreiber des « Club B. » wurde der Beschwerdeführer verzeichnet (act. 2.2, S. 2). Des Weiteren führte die ESBK zusammen mit der Stadtpolizei Zürich in den Räumlichkeiten an der [...] in Zürich, bestehend aus zwei Wohnungen, am 5. Dezember 2019 eine Hausdurchsuchung durch. Im Hauptraum der linken Wohnung wurden im Erdgeschoss 10 PC-Terminals mit der aktivierten Spielplattform « Vegas Multigame Offline » und in den Büroräumlichkeiten im Obergeschoss ein Tischautomat sichergestellt (act. 2.2-2.4). Drei von den anlässlich der Hausdurchsuchung vom 5. Dezember 2019 angetroffenen Personen gaben gegenüber der Polizei an, an den Computern Spiele wie im Casino gespielt zu haben (act. 2.3, S. 3 f.). In der Folge eröffnete die ESBK gegen den Beschwerdeführer ein Verwaltungsstrafverfahren.

5.4.3 Lediglich einen Tag nach der Hausdurchsuchung vom 5. Dezember 2019 gingen bei der Polizei Hinweise ein, wonach in den Räumlichkeiten an der [...] in Zürich wieder dem illegalen Glücksspiel nachgegangen werde und die beschlagnahmten Geräte durch neue ersetzt worden seien. Aus diesem Grund ersuchte die Stadtpolizei Zürich am 7. Januar 2020 die ESBK um Erlass eines Hausdurchsuchungsbefehls. Ihren Verdacht stützte die Polizei auf Aussagen mehrerer Personen und auf das ihr zugestellte Foto, auf welchem ein Glücksspielautomat in Betrieb zu sehen war. Da die Türe auf dem Foto eine Deformierung aufwies, kam die Polizei zum Schluss, dass der Betrieb in den Räumlichkeiten kurze Zeit nach ihrer Intervention vom 5. Dezember 2019 aufgenommen worden sein musste (act. 2.5). Die ESBK stellte anlässlich der Hausdurchsuchung unter anderem einen All-in-One-PC sicher. Zwar bestand zu diesem Zeitpunkt keine Internetverbindung, indes waren auf dem geöffneten Internetbrowser zwei Fenster mit den Webseiten « www.bet365 .ee » und « www.solobet15.com » sichtbar. Des Weiteren wurden vier AntePAY-Karten im Wert von je Fr. 200.-- sichergestellt, die laut den Ausführungen der Beschwerdegegnerin mutmasslich zur Aufbuchung von Spielkredit dienten.

5.4.4 Nach dem Gesagten besteht der hinreichende Verdacht, dass in den Räumlichkeiten an der [...] in Zürich Spielbankenspiele organisiert, durchgeführt oder zur Verfügung gestellt worden sind, ohne dass die dafür notwendige Konzession vorlag (Art. 130 Abs. 1 lit. a BGS). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers erstreckte sich der hinreichende Tatverdacht gemäss Bericht vom 7. Januar 2020 nicht nur auf das Erdgeschoss, sondern auch auf das Büro im Obergeschoss, zumal anlässlich der Hausdurchsuchung vom 5. Dezember 2019 10 PC-Terminals im Erdgeschoss und ein Tischautomat im Büro, im ersten Obergeschoss links, sichergestellt wurden. In diesem Sinne beschränkte die ESBK den Hausdurchsuchungs- und Durchsuchungsbefehl vom 15. Juni 2020 richtigerweise auf das Erdgeschoss sowie das Büro im Obergeschoss (inkl. deren Nebenräume). Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als unbegründet.

5.4.5 Da gemäss Art. 46 Abs. 1 lit a VStrR der untersuchende Beamte gezwungen ist, Gegenstände mit Beschlag zu belegen, welche als Beweismittel von Bedeutung sein können, steht ein milderes Mittel als die Beschlagnahme der fraglichen Gegenstände der Beschwerdegegnerin zur Beweismittelsicherung nicht zur Verfügung. Die Beschlagnahme ist in diesem Fall zwingend vorgeschrieben und es besteht kein Ermessensspielraum (Beschlüssse des Bundesstrafgerichts BV.2008.14 und BV.2008.15 vom 30. Janaur 2009 E. 2.3 mit Hinweis auf Hauri , Verwaltungsstrafrecht, 1998, S. 110).

5.5 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die angeordnete Beschlagnahme kein Bundesrecht verletzt. Die Beschwerde ist diesbezüglich abzuweisen.

6.

6.1 Der Beschwerdeführer ersucht im Eventualantrag um Feststellung des Zeitwerts des beschlagnahmten Computers und des Videorecorders (inkl. Netzteil) per 18. Juni 2020 (act. 1, S. 2 ff.).

6.2 Wie die Beschwerdegegnerin zutreffend ausführt, ist ein solches Feststellungsbegehren bei der ESBK zu stellen. Gegen den diesbezüglichen Entscheid der ESBK kann eine Beschwerde beim Direktor der ESBK und anschliessend beim Bundesstrafgericht erhoben werden (vgl. Art. 27 Abs. 1 und 3 VStrR ). Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet eine Beschwerde gegen die am 18. Juni 2020 angeordnete Beschlagnahme, weshalb auf den Eventualantrag des Beschwerdeführers nicht einzutreten ist. Daran vermag auch die ins Recht gelegte, teilweise geschwärzte Verfügung der ESBK nichts zu ändern (act. 6.1). Diese betrifft weder den Beschwerdeführer noch bildet sie Anfechtungsgegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens. Ebensowenig vermag der Beschwerdeführer aus dem Urteil des Bundesgericht 6B_1462/2017 vom 8. August 2018 etwas zu seinen Gunsten abzuleiten. Gegenstand dieses Urteils bildete eine Schadenersatzforderung nachdem die beschlagnahmenten Gegenstände aus «unbekannten Gründen» vernichtet worden waren. Das Bundesgericht hielt darin fest, dass die Vorinstanz gestützt auf den Untersuchungsgrundsatz den Sachverhalt im Rahmen des Zumutbaren abzuklären hat, wobei hierzu namentlich eine annähernd genaue Ermittlung des Wertes der zu Unrecht vernichteten Gegenstände gehöre (E. 1.3.2). Mit Blick auf das aktuelle Stadium der gegen den Beschwerdeführer geführten Untersuchung und des vorliegenden Beschwerdegegenstandes ist dieses bundesgerichtliche Urteil nicht einschlägig. Der Beschwerdeführer wird gegenüber der Verwaltung zu einem späteren Zeitpunkt eine Entschädigung für allfälligen, durch das Verfahren entstandenen Schaden geltend machen können, sofern die gegen ihn geführte verwaltungsstrafrechtliche Untersuchung eingestellt oder er ledigich wegen Ordnungswidrigkeit verurteilt werden soll (vgl. Art. 99 f . VStrR ).

6.3 Nicht einzutreten ist ausserdem auf die Ausführungen des Beschwerdeführers, soweit er eine Rechtsverweigerung geltend macht (act. 6, S. 3). Der Vorwurf der Rechtsverweigerung durch die ESBK als untersuchende Behörde im Zusammenhang mit der Nichtfeststellung des Zeitwerts ist zunächst bei deren Direktor geltend zu machen (vgl. Art. 27 Abs. 1 VStrR ). Eine Sprungbeschwerde direkt an das Bundesstrafgericht ist unzulässig.

7. Die Beschwerde erweist sich in all ihren Punkten als unbegründet und ist vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

8. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer als unterliegende Partei die Gerichtskosten zu tragen (Art. 25 Abs. 4 VStrR i.V.m. Art. 66 Abs. 1 BGG analog, siehe dazu TPF 2011 25 E. 3). Die Gerichtsgebühr ist unter Berücksichtigung der festgestellten Gehörsverletzung (E. 3.3 hiervor) auf Fr. 1'800.-- festzusetzen (vgl. Art. 5 und 8 Abs. 1 des Reglements des Bundesstrafgerichts vom 31. August 2010 über die Kosten, Gebühren und Entschädigungen in Bundesstrafverfahren [BStKR; SR 173.713.162]), unter Anrechnung des entsprechenden Betrages aus dem geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 2'000.--. Die Bundesstrafgerichtskasse ist anzuweisen, dem Beschwerdeführer den Restbetrag von Fr. 200.-- zurückzuerstatten.


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2. Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'800.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt, unter Anrechnung des entsprechenden Betrages aus dem geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 2'000.--. Die Bundesstrafgerichtskasse wird angewiesen, dem Beschwerdeführer den Restbetrag von Fr. 200.-- zurückzuerstatten.

Bellinzona, 14. August 2020

Im Namen der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts

Die Vizepräsidentin: Die Gerichtsschreiberin :

Zustellung an

- Rechtsanwalt Camill Droll

- Eidgenössische Spielbankenkommission

Rechtsmittelbelehrung

Gegen Entscheide der Beschwerdekammer über Zwangsmassnahmen kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung der vollständigen Ausfertigung beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden (Art. 79 und 100 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vom 17. Juni 2005; BGG). Das Verfahren richtet sich nach den Artikeln 90 ff. BGG.

Eine Beschwerde hemmt den Vollzug des angefochtenen Entscheides nur, wenn der Instruktionsrichter oder die Instruktionsrichterin es anordnet (Art. 103 BGG ).

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