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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SU150111
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SU150111 vom 15.11.2016 (ZH)
Datum:15.11.2016
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Übertretung der allgemeinen Polizeiverordnung der Stadt Zürich
Schlagwörter : Schuldig; Beschuldigte; Stadt; Berufung; Stadtrichteramt; Beschuldigten; Verfahren; Vorinstanz; Kundgebung; Polizei; Urteil; VBÖG; Befehl; Bewilligung; Stadtrichteramtes; Demonstration; Busse; Vorliege; Polizeiverordnung; Untersuchung; Bewilligte; Gerichtskasse; Einsprecher; Verteidiger; Regel; Bahnhof; Entscheid; Übertretung; Beschwerde
Rechtsnorm: Art. 186 StGB ; Art. 35 BV ; Art. 398 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 87 BV ;
Referenz BGE:138 I 274;
Kommentar zugewiesen:
Hug, Scheidegger, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2014
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SU150111-O/U/cs

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Spiess, Präsident, die Oberrichterinnen

Dr. Janssen und lic. iur. Wasser-Keller sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. Aardoom

Urteil vom 15. November 2016

in Sachen

A. ,

Beschuldigter und Berufungskläger

verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

gegen

Stadtrichteramt Zürich,

Untersuchungsbehörde und Berufungsbeklagte

betreffend Übertretung der allgemeinen Polizeiverordnung der Stadt Zürich

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 10. Abteilung - Einzelgericht, vom 21. September 2015 (GC150089)

Strafbefehl:

Der Strafbefehl des Stadtrichteramtes Zürich vom 7. November 2014 ist diesem Urteil beigeheftet (Urk. 2).

Urteil der Vorinstanz :

  1. Der Einsprecher ist der Übertretung der allgemeinen Polizeiverordnung der Stadt Zürich im Sinne von Art. 13 Abs. 2 APV, Art. 2 VBÖG und Art. 21 VBÖG in Verbindung mit Art. 26 APV und Art. 26 lit. c VBÖG schuldig.

  2. Der Einsprecher wird bestraft mit einer Busse von Fr. 200.-.

  3. Die Busse ist zu bezahlen.

    Bezahlt der Einsprecher die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen.

  4. Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf Fr. 300.-. Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.

  5. Die Gerichtskosten werden dem Einsprecher auferlegt. Über diese Kosten stellt die Gerichtskasse Rechnung.

Die Kosten des Stadtrichteramtes Zürich im Betrag von Fr. 733.- (Fr. 250.- Kosten gemäss Strafbefehl Nr. 2014-070-444 vom 7. November 2014 sowie Fr. 483.- Untersuchungskosten) werden dem Einsprecher auferlegt. Diese Kosten sowie die Busse von Fr. 200.- werden durch das Stadtrichteramt Zürich eingefordert. Die gemäss Strafbefehl Nr. 2014-070-444 vom

7. November 2014 für aktengebundene Fotos erhobenen Kosten im Betrag von Fr. 40.- werden dem Stadtrichteramt Zürich zur Abschreibung überlassen.

Berufungsanträge:

  1. des Verteidigers des Beschuldigten: (Urk. 45 S. 2)

    1. Es sei das Urteil vom 21. September 2015 des Bezirksgerichts Zürich aufzuheben und die Berufungsklägerin von Schuld und Strafe freizusprechen.

    2. Es sei der Berufungsklägerschaft eine angemessene Parteientschädigung auszurichten.

    3. Im Übrigen unter KEF zu Lasten der Staatskasse.

  2. des Stadtrichteramtes Zürich: (Urk. 70)

Abweisung der Berufung

Erwägungen:

  1. Prozessuales
    1. Am 7. November 2014 wurde der Beschuldigte mittels Strafbefehl des Stadtrichteramtes Zürich wegen unbewilligter vorübergehender Benützung öffentlichen Grundes zu politischen Sonderzwecken durch Teilnahme an einer nicht bewilligten Demonstration gestützt auf Art. 13 Abs. 2 der Allgemeinen Polizeiverordnung der Stadt Zürich (APV) und Art. 21 Abs. 1 der Verordnung über die Benutzung

      des öffentlichen Grundes (VBÖG) in Verbindung mit Art. 26 APV mit einer Busse von Fr. 200.- bestraft (Urk. 2). Dagegen erhob der Beschuldigte mit Schreiben

      vom 21. November 2014 Einsprache (Urk. 3). Nach durchgeführter Untersuchung hielt das Stadtrichteramt am Strafbefehl fest und überwies das Verfahren der Vorinstanz (Urk. 15 und 17). Die Vorinstanz bestätigte den Entscheid des Stadtrichteramtes mit Urteil vom 21. September 2015, welches es am 2. Oktober 2015 mündlich eröffnete (Urk. 44; Prot. I S. 19).

    2. Gegen das Urteil der Vorinstanz liess der Beschuldigte am 8. Oktober 2015 fristgerecht Berufung anmelden (Urk. 40). Nach Erhalt des begründeten Urteils am 25. November 2015 (Urk. 43/2) reichte die Verteidigung innert Frist die Berufungserklärung mit Poststempel vom 15. Dezember 2015 ein (Urk. 45). Das Stadtrichteramt verzichtete auf Anschlussberufung (Urk. 49). Am 12. Januar 2016 reichte die Verteidigung das Datenerfassungsblatt des Beschuldigten ein (Urk. 50

    - 52). Mit Beschluss vom 19. Januar 2016 wurde das schriftliche Verfahren angeordnet und dem Beschuldigten Frist angesetzt, um die Berufungsanträge zu stellen und zu begründen (Urk. 53). Der Beschuldigte stellte am 1. Februar 2016 den Beweisantrag, es sei die Praxis der Stadt Zürich betreffend der Bewilligung unbewilligter Demonstrationen auf Platz einzuholen (Urk. 55 und 57). Mit Eingabe vom

    15. Februar 2016 verwies er sodann vollumfänglich auf seine Berufungserklärung (Urk. 59). Dem Stadtrichteramt wurde in der Folge mit Präsidialverfügung vom

    24. Februar 2016 Frist zur Einreichung der Berufungsantwort sowie zur Stellungnahme zum Beweisantrag angesetzt (Urk. 61). Die Vorinstanz verzichtete am

    26. Februar 2016 auf Vernehmlassung (Urk. 63). Mit Eingabe vom 3. März 2016

    liess der Beschuldigte ein Gesuch um amtliche Verteidigung stellen (Urk. 64), welches mit Präsidialverfügung vom 9. März 2016 abgewiesen wurde (Urk. 68). Das Stadtrichteramt beantragte am 18. März 2016 die Abweisung der Berufung (Urk. 70). Diese Eingabe wurde dem Beschuldigten mit Präsidialverfügung vom

    4. April 2016 zur Kenntnis zugestellt (Urk. 71). Das vorliegende Verfahren erweist

    sich als spruchreif.

  2. Sachverhalt und rechtliche Würdigung
  1. Bilden ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens, so kann mit der Berufung nur geltend gemacht werden, das Ur-

    teil sei rechtsfehlerhaft oder die Feststellung des Sachverhaltes sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung. Neue Behauptungen und Beweise können nicht vorgebracht werden (Art. 398 Abs. 4 StPO). Bezüglich der von der Vorinstanz vorgenommenen rechtlichen Würdigung ist die Kognition des Berufungsgerichts nicht wie bei der Feststellung des Sachverhaltes eingeschränkt, sondern frei (Hug/Scheidegger in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Auflage 2014, N 23 zu Art. 398).

  2. Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, am 3. Oktober 2014, von 18 bis 19 Uhr in der Querhalle des Hauptbahnhofs Zürich an einer Kundgebung gegen den Terrorstaat von IS teilgenommen zu haben, obwohl er unmittelbar vor Beginn der Demonstration durch die Polizei darauf hingewiesen worden sei, dass es sich nicht um eine bewilligte Demonstration handle und die Teilnahme an einer solchen verboten sei. Dennoch habe er sich der demonstrierenden Gruppe angeschlossen (Urk. 2). An dieser Stelle ist festzuhalten, dass es sich vorliegend um eine Kundgebung handelte, weshalb nachfolgend nur dieser Begriff verwendet wird. Unter Kundgebung versteht man eine an einem Ort verweilende Gruppierung im Gegensatz zu einer Demonstration, welche eine Ortsverschiebung voraussetzt (vgl. dazu Urk. 46/2).

  3. Nicht bestritten ist vorliegend, dass im Bahnhofsareal des Hauptbahnhofs Zürich zur fraglichen Zeit eine unbewilligte Kundgebung stattfand, der Beschuldigte durch die Polizei kontrolliert wurde und sich der Beschuldigte an der Kundgebung beteiligte (Urk. 3; Urk. 11 S. 2 f.; Urk. 45 S. 3; Prot. I S. 8 ff.). Der Beschuldigte bestreitet indessen, gewusst zu haben, dass für die Kundgebung eine Bewilligung notwendig gewesen wäre bzw. dass ihm diese Information durch die Polizei mitgeteilt worden sei (Urk. 44 S. 3 f. und 8 f.; Prot. I S. 8 und 11). In rechtlicher Hinsicht macht er im Hauptstandpunkt geltend, dass es sich beim Bahnhofgelän- de nicht um öffentlichen Grund handle, eventualiter, dass kein gesteigerter Gemeingebrauch vorliege (Urk. 44 S. 6 ff.). Sodann beruft er sich auf die Verletzung der Meinungsund Versammlungsfreiheit, welche vorliegend in unverhältnismäs- sigem Masse eingeschränkt worden seien (Urk. 44 S. 9-17).

  4. Wie noch zu zeigen sein wird, ist der Beschuldigte aus rechtlichen Gründen freizusprechen, weshalb auf ein Erstellen des subjektiven Sachverhaltes verzichtet werden kann (vgl. nachfolgend).

  5. Da die Kundgebung auf dem Areal des Hauptbahnhofs Zürich stattfand, ist zu prüfen, welche gesetzlichen Bestimmungen hier anwendbar sind.

    1. Die Gesetzgebung über den Eisenbahnverkehr ist gestützt auf Art. 87 BV Sache des Bundes. Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) sind eine spezialgesetzliche öffentlich-rechtliche Aktiengesellschaft mit eigener Rechtspersön- lichkeit (vgl. Art. 2 und Art. 25 SBBG). Sie sind verpflichtet, die zur Erfüllung ihrer Aufgabe notwendige Infrastruktur bereitzustellen, wozu auch Bahnhöfe gehören (Art. 3 Abs. 1 SBBG). Dabei handelt es sich gemäss Lehre und bundesgerichtlicher Rechtsprechung um eine der unmittelbaren Erfüllung der Verwaltungsaufgabe des öffentlichen Verkehrs gewidmete öffentliche Sache im engeren Sinn. Die Verfügungsmacht darüber und deren Zweckbestimmung richten sich nach dem öffentlichen Recht; dieses regelt unter anderem die konkreten Nutzungsmöglichkeiten und den Schutz der öffentlichen Sachen im engeren Sinn vor Beschädigungen. Soll nicht nur eine ordentliche Nutzung der öffentlichen Sachen im engeren Sinn möglich sein, so ist es auch Aufgabe des öffentlichen Rechts, die Zuläs- sigkeit und den Umfang der ausserordentlichen Nutzung zu regeln (BGE 138 I 274 E. 1.4 mit Hinweisen). Da die Verwaltung von öffentlichen Sachen im engeren Sinn die Wahrnehmung einer Staatsaufgabe ist, sind die SBB dabei grundrechtsgebunden (Art. 35 Abs. 2 BV; vgl. BGE 138 I 274 E. 2.2.1).

    2. Die SBB sind von Bundesrechts wegen autonom hinsichtlich der Bahnhofbewirtschaftung (vgl. oben und BGE 138 I 274 insbes. E. 1.5). Diese Autonomie kann somit nicht durch die Verordnung über die Benutzung des öffentlichen Grundes der Stadt Zürich (VBÖG) eingeschränkt und ein Verstoss gegen diese Verordnung auch nicht gestützt auf die Strafbestimmungen gemäss Art. 26 VBÖG respektive der Allgemeinen Polizeiverordnung der Stadt Zürich (APV) bestraft werden. Dass auch das Bundesgericht der Meinung war, dass die grundsätzliche Autonomie der SBB zu beachten ist, ergibt sich daraus, dass es in BGE 138 I 274 den Entscheid der Vorinstanz, es seien die SBB zu verpflichten, den Plakataushang des strittigen Plakats zu bewilligen, schützte (E. 4). Veranlasst durch diesen Entscheid, in welchem die grundsätzliche Autonomie der SBB hinsichtlich der Bahnhofsbewirtschaftung nicht in Frage gestellt wurde, erliessen die SBB dann auch die seit 1. Januar 2013 in Kraft stehende Regelung der öffentlichen Bereiche des Areals der SBB, die vom Vertreter des Beschuldigten beigelegt wurde

      (Urk. 46/4). In deren Ziff. 3 wird die ausserordentliche Nutzung des Areals der

      SBB zu Promotionsund Veranstaltungszwecken geregelt. Aus Art. 2.2 und Art. 3.1 ergibt sich, dass die Durchführung einer Kundgebung der Bewilligungspflicht unterliegt. Gemäss Art. 6 dieser Regelung können Verstösse gegen die

      Vorschriften dieser Regelung unter anderem zu Wegweisungen und Strafanzeigen (insbes. gestützt auf Art. 86 Eisenbahngesetz [EBG]) führen.

    3. Für eine doppelte Bewilligungspflicht, wie M OSER dies in gewissen Situationen als nicht ausgeschlossen erachtet (André Werner Moser, Der öffentliche Grund und seine Benützung, Bern 2011, S. 191 f.), besteht kein Anlass. Es ist nicht ersichtlich, weshalb für das Abhalten einer Veranstaltung auf Zirkulationsflä- chen im Bahnhof in Ergänzung zu einer Bewilligung der Bahnbehörden - je nach Massgabe des kantonalen oder kommunalen Rechts - eine zusätzliche Bewilligung der Stadt Zürich erforderlich sein sollte. Dies wird in der Praxis in der Stadt Zürich auch nicht so gehandhabt.

    4. Dass für die fragliche Kundgebung keine Bewilligung der SBB vorlag, ist unbestritten. Eine anklagegemässe Verurteilung des Beschuldigten, wie sie die Vorinstanz in ihrem Urteil vom 21. September 2015 vorgenommen hat, scheidet jedoch wie oben ausgeführt aus, weil die Gesetze, gestützt auf welche diese ergangen ist, nicht anwendbar sind. Eine Verurteilung nach Art. 86 aEGB (Fassung vom 1. Juli 2013), auf welchen die Regelung der SBB verweist, kommt - wie auch eine Verurteilung wegen Hausfriedensbruchs im Sinne von Art. 186 StGB - a priori nicht in Frage, da es sich dabei in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung um ein Antragsdelikt handelte, jedoch kein Antrag gestellt wurde. Ergänzend sei angemerkt, dass nach Art. 86 Abs. 1 EBG in der heutigen Fassung kein Antrag mehr verlangt ist.

    5. Es wäre allenfalls möglich gewesen, den Beschuldigten wegen Missachtung polizeilicher Anweisungen im Sinne von Art. 4 APV in Verbindung mit Art. 26 APV zu büssen, da die polizeilichen Befugnisse - im Gegensatz zur VBÖG - ohne Weiteres auf dem Areal der SBB gelten und die Polizei jederzeit befugt ist, gegen Störungen einzuschreiten und die öffentliche Ruhe und Sicherheit herzustellen. Eine Verurteilung deswegen fällt jedoch ausser Betracht, da dies nicht angeklagt ist.

  6. Der Beschuldigte ist somit aus rechtlichen Gründen freizusprechen, weshalb sich auch eine Prüfung des gestellten Beweisantrags erübrigt.

III. Kostenund Entschädigungsfolgen
  1. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens (Dispositivziffer 4) auf die Gerichtskasse zu nehmen.

  2. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Der Beschuldigte obsiegt vollumfänglich, weshalb die Kosten des Berufungsverfahrens ebenfalls auf die Gerichtskasse zu nehmen sind. Die Kosten des Strafbefehls sowie die nachträglichen Untersuchungskosten (Urk. 2 und 15) sind dem Stadtrichteramt Zürich zur Abschreibung zu überlassen.

  3. Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf Entschädigung ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte (Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO). Dazu gehören die Kosten für die Vertretung durch einen Wahlverteidiger, die zu vergüten sind, wenn der Beizug eines Anwalts angesichts der beweismässigen oder rechtlichen Komplexität des Falls geboten war (Schmid, StPO Praxiskommentar, 2. Aufl., Art. 429 N 7). Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach den kantonalen Anwaltstarifen und nach dem Zeitaufwand, den der Verteidiger der beschuldigten Person aufgewendet hat. Diesbezüglich lässt sich

§ 17 Abs. 1 lit. a AnwGebV entnehmen, dass die Grundgebühr vor Einzelgericht

einschliesslich Vorbereitung des Parteivortrags und Teilnahme an der Hauptverhandlung in der Regel Fr. 600.- bis Fr. 8'000.- beträgt. Im Berufungsverfahren wird sie nach den für die Vorinstanz geltenden Regeln bemessen (§ 18 AnwGebV). Die Bemühungen des Anwalts müssen im Umfang den Verhältnissen entsprechen, d.h. sachbezogen und angemessen sein (Wehrenberg/Frank, in: BSK StPO, Art. 429 N 15 und 17).

Der vorliegende Fall erweist sich in rechtlicher Hinsicht wie oben ausgeführt als genügend komplex, um den Beizug eines Anwalts zu rechtfertigen. Die vom Beschuldigten geltend gemachten Aufwendungen für die erbetene Verteidigung stehen in einem angemessenen Verhältnis zur Schwierigkeit des Falles bzw. zur Wichtigkeit der Sache, weshalb sie grundsätzlich zu entschädigen sind. Die vom Verteidiger angesprochenen Aufwendungen im Zusammenhang mit der Berichterstattung der NZZ sind indessen nicht zu vergüten. Solche sind am 14. September 2015 und am 5. Oktober 2015 in der Kostenaufstellung enthalten (Urk. 73/1

S. 2 und Urk. 73/2, insgesamt 0.6 Stunden). Ein genaues Ausscheiden ist jedoch

aufgrund der Angabe mehrerer Positionen an beiden besagten Daten nicht mög- lich, weshalb die Rechnung leicht abzurunden ist. Weiter ist zu berücksichtigen, dass der vorliegende Fall einen engen Zusammenhang mit fünf anderen Fällen hat, in welchen der Verteidiger die entsprechenden Beschuldigten auch vertritt. Die Eingaben in den sechs verschiedenen Verfahren sind im Berufungsverfahren nahezu identisch, weshalb auch hier eine leichte Reduktion als angezeigt erscheint. Ausgehend von einer geltend gemachten Prozessentschädigung von rund Fr. 18'000.- für alle sechs Verfahren ist dem Beschuldigten somit eine anteilsmässige Prozessentschädigung von einem Sechstel, Fr. 3'000.- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer), zuzusprechen.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte ist der Übertretung der allgemeinen Polizeiverordnung der Stadt Zürich im Sinne von Art. 13 Abs. 2 APV und Art. 21 VBÖG in Verbindung mit Art. 26 APV nicht schuldig und wird freigesprochen.

  2. Die Kosten des Strafbefehls Nr. 2014-070-444 sowie die nachträglichen Untersuchungskosten werden dem Stadtrichteramt Zürich zur Abschreibung überlassen.

  3. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens (Dispositivziffer 4) und die Kosten des Berufungsverfahrens werden auf die Gerichtskasse genommen.

  4. Dem Beschuldigten wird eine Prozessentschädigung von Fr. 3'000.- aus der Gerichtskasse zugesprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung in vollständiger Ausfertigung an

    • den Verteidiger (für sich und zuhanden des Beschuldigten)

    • das Stadtrichteramt Zürich

    • die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich

      sowie nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz.

  6. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann bund esrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer Zürich, 15. November 2016

Der Präsident:

Oberrichter lic. iur. Spiess

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. Aardoom

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