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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:PA230013
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PA230013 vom 19.05.2023 (ZH)
Datum:19.05.2023
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Unterbringung in der psychiatrischen Klinik und medizinische Massnahmen ohne Zustimmung
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdeführerin; Behandlung; Unterbringung; Massnahme; Fürsorgerische; Klinik; Person; Verfahren; Vorinstanz; Störung; Zustimmung; Betreuung; Zustand; Fürsorgerischen; Psychische; Ordnete; Medizinische; Prot; Angeordnete; Massnahmen; Entscheid; Schutz; Vorinstanzliche; Sinne; Vorinstanzlichen; Voraussetzung; Werden; Verfahrens; Verfügung
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 242 ZPO ; Art. 426 ZGB ; Art. 434 ZGB ; Art. 446 ZGB ; Art. 450f ZGB ; Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PA230013-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrich- ter Dr. M. Sarbach und Oberrichter Dr. E. Pahud sowie Gerichtsschreiberin MLaw N. Gautschi

Urteil vom 19. Mai 2023

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführerin

sowie

1. Aerztliche Leitung der Psych. Klinik B. , 2. C. ,

Verfahrensbeteiligte

betreffend Unterbringung in der psychiatrischen Klinik B1. AG und medizinische Massnahmen ohne Zustimmung

Beschwerde gegen eine Verfügung und ein Urteil des Einzelgerichtes in FU-Verfahren des Bezirksgerichtes Meilen vom 25. April 2023 (FF230021)

Erwägungen:

  1. Sachverhalt und Prozessgeschichte

    1. Die Beschwerdeführerin wurde am 14. April 2023 mit einer ärztlich ange- ordneten fürsorgerischen Unterbringung wegen einer psychischen Störung und geistigen Behinderung sowie einer bestehenden Fremdgefährdung in die Klinik B1. AG (nachfolgend: Klinik) eingewiesen (act. 4). Es handelt sich um die fünfte Hospitalisierung der Beschwerdeführerin in dieser Klinik (act. 5 S. 1). Im Eintrittsbericht der Klinik wurde festgehalten, dass die Beschwerdeführerin in ei- nem agitierten, verwirrten Zustand tanzend vor der Wohnung ihrer Tochter ange- troffen worden sei. Sie habe von vermindertem Schlafbedürfnis, Erschaffung der Erde und subjektivem Wohlbefinden berichtet. Psychopathologisch habe sie sich in einem angetriebenen, logorrhöischen, zerfahrenen und assoziativ gelockerten Zustand mit Stimmenhören und Grössenwahn präsentiert (act. 3; act. 5 S. 1). Am

      17. April 2023 ordnete die Klinik für zwei Wochen eine medizinische Massnahme ohne Zustimmung in Anwendung von Art. 434 Abs. 1 ZGB ab 21. April 2023 an (act. 6). Diese Zwangsmedikation wurde durch die Klinik notfallmässig bereits am

      20. April 2023 begonnen (Prot. Vi. S. 18).

    2. Mit Eingabe vom 19. April 2023 (Datum Poststempel) erhob die Beschwer- deführerin Beschwerde gegen die ärztlich angeordnete fürsorgerische Unterbrin- gung und gegen die angeordnete medizinische Behandlung ohne Zustimmung beim Einzelgericht in FU Verfahren des Bezirksgerichtes Meilen (nachfolgend: Vorinstanz; act. 1). Nach Beizug der wesentlichen Akten und erfolgter Stellung- nahme zur Beschwerde durch die Klinik (act. 2 bis act. 7, act. 10 und act. 13) fand am 25. April 2023 die vorinstanzliche Anhörung und Hauptverhandlung statt. Die Angehörigen der Beschwerdeführerin wurden von der Vorinstanz telefonisch über die Verhandlung informiert, wobei ihr Ex-Mann C. (Verfahrensbeteiligter 2) erklärte, dass er daran teilnehmen werde (act. 11; vgl. Prot. Vi. S. 10). Anlässlich der Verhandlung wurde die Beschwerdeführerin persönlich angehört, Dr. med.

      1. (nachfolgend: Gutachter) erstattete das Gutachten und Dr. med.

      2. nahm mündlich für die Klinik Stellung (Prot. Vi. S. 8 ff.). Mit Verfügung und Urteil vom 25. April 2023 wies die Vorinstanz das Begehren um Entlassung

      aus der fürsorgerischen Unterbringung ab und stellte fest, dass die angeordnete medizinische Massnahme ohne Zustimmung zulässig sei. Zudem bewilligte sie das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Art. 117 ff. ZPO

      (act. 16 = act. 28 [unbegründete Fassung]). Der Entscheid in begründeter Form wurde der Beschwerdeführerin am 8. Mai 2023 zugestellt (act. 21 = act. 23 [Ak- tenexemplar]; act. 25/2 [Zustellnachweis]).

    3. Mit Eingabe vom 2. Mai 2023 (Datum Poststempel) erhob die Beschwerde- führerin Beschwerde bei der hiesigen Kammer (act. 24). Mit Schreiben vom 3. Mai 2023 wurde sie darauf hingewiesen, dass die Beschwerdefrist erst ab Zustellung des begründetes Entscheides der Vorinstanz läuft und sie ihre Beschwerde bis zum Ablauf der Beschwerdefrist schriftlich ergänzen könne. Mit Eingabe vom

4. Mai 2023 ergänzte die Beschwerdeführerin die Beschwerde und ersucht um die sofortige und bedingungslose Entlassung aus der Klinik (act. 27). Die vorinstanzli- chen Akten wurden von Amtes wegen beigezogen (act. 1 bis act. 21). Vom Einho- len einer Stellungnahme bzw. Vernehmlassung wird abgesehen. Das Verfahren erweist sich als spruchreif.

  1. Prozessuale Vorbemerkungen

    1. Der Kanton Zürich sieht für die Beurteilung der fürsorgerischen Unterbrin- gung gemäss Art. 426 ff. ZGB und der medizinischen Behandlung ohne Zustim- mung im Sinne von Art. 434 ZGB ein zweistufiges Verfahren mit erstinstanzlicher Zuständigkeit der Einzelgerichte der Bezirksgerichte und der zweitinstanzlichen Zuständigkeit des Obergerichtes vor (Art. 439 Abs. 1 Ziff. 1 und 4 ZGB i.V.m. § 62 Abs. 1, § 64 EG KESR/ZH und § 30 GOG/ZH). Das Verfahren der fürsorgerischen Unterbringung und medizinischen Behandlung ohne Zustimmung richtet sich in erster Linie nach dem ZGB und dem kantonalen EG KESR. Enthalten diese Ge- setze keine Bestimmungen, gelten für die gerichtlichen Beschwerdeverfahren das kantonale GOG und subsidiär die Bestimmungen der ZPO sinngemäss (Art. 439 Abs. 3 i.V.m. Art. 450f ZGB i.V.m. § 40 EG KESR). Zur zweitinstanzlichen Beurtei- lung solcher Beschwerden ist das Obergericht zuständig (vgl. § 64 EG KESR).

    2. Die gerichtlichen Beschwerdeinstanzen erforschen den Sachverhalt von Amtes wegen (Art. 446 Abs. 1 ZGB i.V.m. § 65 EG KESR). Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen der fürsorgerischen Unterbringung und der medizinischen Behandlung ohne Zustimmung erfüllt sind, verfügt die Beschwerdeinstanz über volle Kognition. Es geht damit nicht bloss um die Rechtskontrolle des vorinstanzli- chen Entscheides. Vielmehr hat die zweite Beschwerdeinstanz selbstständig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für Massnahmen nach den Art. 426 ff. ZGB erfüllt sind.

  2. Fürsorgerische Unterbringung

    1. Eine (natürliche) Person, die an einer psychischen Störung oder an geisti- ger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, darf in einer geeigneten Ein- richtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anderweitig erfolgen kann (Art. 426 Abs. 1 ZGB). Dabei sind auch die Belastung und der Schutz von Angehörigen und Dritten zu berücksichtigen. Die betroffene Person muss entlassen werden, sobald die Voraussetzungen für die Unterbrin- gung nicht mehr erfüllt sind (Art. 426 Abs. 2 und Abs. 3 ZGB).

      Die fürsorgerische Unterbringung stellt einen schweren Eingriff in die per- sönliche Freiheit der betroffenen Person dar. Sie hat deshalb dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu genügen, wonach keine weniger einschneidende Mass- nahme zum Schutz der betroffenen Person zur Verfügung stehen darf, die fürsor- gerische Unterbringung zur Wiedererlangung von Selbständigkeit geeignet sein muss und der Freiheitsentzug als angemessen zu erscheinen hat (vgl. GEI- SER/ETZENSBERGER, in: Geiser/Fountoulakis [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilge- setzbuch I, 7. Aufl. 2022, Art. 426 N 22 ff.; Botschaft zur Änderung des Schweize- rischen Zivilgesetzbuches [Erwachsenenschutz, Personenrecht und Kindesrecht], BBl 2006, S. 7001 ff., S. 7062).

    2. Voraussetzung für eine fürsorgerische Unterbringung ist zunächst das Vor- liegen eines Schwächezustandes. Die möglichen Schwächezustände werden in Art. 426 Abs. 1 ZGB abschliessend aufgeführt, nämlich psychische Störung, geis- tige Behinderung oder schwere Verwahrlosung (Art. 426 Abs. 1 ZGB; GEI-

      SER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 426 N 12). Damit von einer psychischen Störung im Sinne der genannten Bestimmung gesprochen werden kann, muss ein ent- sprechendes Krankheitsbild (Syndrom) vorliegen und dieses muss erhebliche Auswirkungen auf das soziale Funktionieren des Patienten haben (GEI- SER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 426 N 15).

      Die Beschwerdeführerin erklärt in der Beschwerdeschrift, dass sie ihrer Mei- nung nach an keiner der Erkrankungen leide, welche ihr unterstellt würden

      (act. 24). Sie sei mündig, gesund und im Besitz ihrer geistigen Kräfte (act. 27).

      Die Vorinstanz erachtete das Vorliegen einer psychischen Störung im Sinne des Gesetzes gestützt auf die beigezogenen Akten, die Stellungnahme der Klinik, das von der Vorinstanz eingeholte psychiatrische Gutachten und den anlässlich der Anhörung gewonnenen Eindruck der Beschwerdeführerin als gegeben

      (act. 23 E. 2).

      Der Gutachter führte anlässlich der vorinstanzlichen Verhandlung aus, die Beschwerdeführerin leide unzweifelhaft an einer manischen Episode mit psychoti- schen Symptomen im Rahmen einer schizoaffektiven Störung. Die Diagnose ma- nifestiere sich unter anderem darin, dass sie beim Kontakt mit ihm zerfahren und logorrhöisch gewirkt habe. Ihre Gedanken seien ungeordnet gewesen und hätten religiösen Wahn beinhaltet. Ihre Stimmung sei zuerst gehoben gewesen und sie habe viel gelacht, später sei die Stimmung gekippt und sie habe schliesslich zu schreien und weinen begonnen. Ihr Verhalten zeige viele Symptome einer Manie, insbesondere die meist gehobene oder aber auch gereizte Stimmung, der gestei- gerte Antrieb, die Ruhelosigkeit und der Rededrang. Weitere Anzeichen seien die Ideenflucht, das verminderte Schlafbedürfnis, der Verlust der normalen Hemmun- gen, der Grössenwahn, die Ablenkbarkeit sowie der andauernde Wechsel von Ak- tivität und Plänen. Eine präzise Auskunft von der Beschwerdeführerin zu erhalten oder ein klärendes Gespräche zu führen sei nicht möglich gewesen (Prot. Vi.

      S. 14 ff. und act. 14 S. 1 f.). Die Beschwerdeführerin sei demnach momentan nicht kommunikationsfähig (act. 13 S. 3).

      Die Klinik hielt in ihrer Stellungnahme fest, dass sich die Beschwerdeführerin in einem manischen Zustand mit starker Desorganisation und Selbstüberschät- zung befinde (act. 13). Aus dem vorinstanzlichen Protokoll wird überdies ersicht- lich, dass die Beschwerdeführerin anlässlich der Anhörung nicht fähig war, auf die Fragen der Einzelrichterin einzugehen und diese adäquat zu beantworten. So sagte sie beispielsweise auf die Frage, wo sie hingehen würde, wenn sie die Kli- nik verlassen könne, dass sie in ihr selbst zu Hause sei, dort wo sie gerade sei. Auf die Frage, an wen sie sich wende, wenn sie in Not sei, erklärte sie, sie mache ihren Bauchnabel auf und lasse Wasser rein. Vorwiegend sprach sie aber über und mit dem anwesenden Verfahrensbeteiligten 2 ohne die an sie gerichteten Fragen zu beantworten (Prot. Vi. S. 12 ff.).

      Die Vorinstanz hat das Vorliegen der gutachterlichen Diagnose einer schi- zoaffektiven Störung, gegenwärtig manisch, bei der Beschwerdeführerin korrekt festgestellt. Diese Diagnose hat sich auch anlässlich der vorinstanzlichen Anhö- rung der Beschwerdeführerin bestätigt. Bei der schizoaffektiven Störung, gegen- wärtig manisch, handelt es sich nach der internationalen statistischen Klassifikati- on ICD (International Statistical Classification of Disease and Related Health Problems) um eine psychische Störung (ICD-10 F25.0). Die Voraussetzung eines vorliegenden Schwächezustandes im Rahmen einer psychischen Störung ist bei der Beschwerdeführerin somit gegeben.

    3. Weiter wird für die Anordnung einer fürsorgerischen Unterbringung voraus- gesetzt, dass die Betreuung oder die Behandlung der betroffenen Person nötig ist (Art. 426 Abs. 1 ZGB). Die fürsorgerische Unterbringung dient primär dem Wohl und Schutz der betroffenen Person. Die betroffene Person darf nur in einer Ein- richtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann. Die Unterbringung muss die persönliche Fürsorge für die betroffene Person sicherstellen. Diese umfasst einerseits therapeutische Mass- nahmen und andererseits jede Form von Betreuung, deren eine Person für ein menschenwürdiges Dasein bedarf. Darunter fallen so elementare Bedürfnisse wie Essen, Körperpflege, Kleidung usw., aber auch ein Mindestmass an persönlicher Beschäftigung (vgl. GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 426 N 8, 10 und N 41 ff.;

      BERNHART, Handbuch der fürsorgerischen Unterbringung, 2011 Basel, Rz. 366 ff.). Eine Fürsorgebedürftigkeit ist gegeben, wenn der Patient Hilfe benötigt, um eine durch seine psychische Störung bedingte ernsthafte Gefährdung seines Wohls abzuwenden. Zentral ist die Heilung, Besserung oder Linderung eines momentan gestörten Zustands (BERNHART, a.a.O., Rz. 348).

      Zudem muss die Massnahme verhältnismässig sein. Das angestrebte Ziel muss voraussichtlich erreicht werden können (Geeignetheit der Massnahme). Die Massnahme soll in erster Linie der Wiedererlangung der Selbstständigkeit und der Eigenverantwortung dienen. Ist eine Besserung des Zustandes ausgeschlossen, muss die Massnahme die notwendige persönliche Betreuung ermöglichen, um der betroffenen Person ein menschenwürdiges Leben zu sichern. Ferner darf kei- ne weniger einschneidende, jedoch genügend Schutz bietende Massnahme zur Verfügung stehen (Erforderlichkeit der Massnahme). Mit anderen Worten darf die Betreuung oder Behandlung der betroffenen Person nicht anders, namentlich mit leichteren Massnahmen, als durch die fürsorgerische Unterbringung erfolgen können (vgl. zum GEISER/ETZENSBERGER, a.a.O., Art. 426 N 22 ff.). Bei der Ver- hältnismässigkeitsprüfung sind die Belastung und der Schutz von Angehörigen und Dritten zu berücksichtigen (Art. 426 Abs. 2 ZGB). Der Schutz Dritter kann für sich allein aber nicht ausschlaggebend sein (vgl. Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, BBl 2006 S. 7001 ff., S. 7062 f.).

      Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass sie weder für sich noch für an- dere eine Gefahr sei (act. 27).

      Der Gutachter führte aus, dass sich aufgrund der geschilderten Symptomatik (vgl. E. 3.1) eine Behandlungs- und Betreuungsbedürftigkeit der Beschwerdefüh- rerin ergebe und der aktuelle Krankheitszustand die Unterbringung in einer Ein- richtung zweifellos erfordere. Die Behandlung und Betreuung müsse in erster Li- nie mit Neuroleptika und dem Schutz der Beschwerdeführerin vor Reizüberflutung erfolgen. Ohne den schützenden Rahmen einer Akutabteilung würde sie viele so- ziale Konflikte verursachen und darunter leiden. Zudem würde die Krankheits- symptomatik gesteigert und es könnten nicht die notwendigen Behandlungsmassnahmen ergriffen werden, die zu einer Besserung unverzichtbar seien (act. 14 S. 2). Die psychotische Symptomatik müsse sich zurückbilden und die Beschwerdeführerin wieder kommunikationsfähig werden. Dies bedürfe einer

      konsequenten Behandlung (act. 14 S. 3). Die Beschwerdeführerin stelle in ihrem momentanen Zustand eine erhebliche Belastung ihres betreuenden und übrigen sozialen Umfelds dar. Eine sofortige Entlassung würde eine deutliche Selbstge- fährdung darstellen und das Beziehungsnetz wäre gefährdet (act. 14 S. 3). Auf- grund der Intensität und Ausprägung der Krankheit würde dies eine ernsthafte Gefährdung für ihre Gesundheit darstellen (Prot. Vi. S. 16). Bei Konflikten könne auch eine Fremdgefährdung nicht ausgeschlossen werden. Die entsprechenden Risiken seien als sehr hoch einzuschätzen (act. 14 S. 3). Hinsichtlich der Verhält- nismässigkeit erklärte der Gutachter, dass sich die erwähnten Risiken im momen- tanen Zustand der Beschwerdeführerin durch keine anderen bzw. milderen Mass- nahmen einschränken liessen. Die angeordneten Massnahmen seien geeignet, um die Gefahren abzuwenden (act. 14 S. 3 f.).

      Die Klinik hielt fest, dass die Beschwerdeführerin in einem Zustand sei, in welchem bei einem Austritt von einer Selbstgefährdung aufgrund mangelnder medikamentöser Compliance, mangelnder Krankheitseinsicht und einer mangeln- den Selbstfürsorge auszugehen sei (act. 13). Gemäss dem Behandlungsplan be- stehe bei ihr sowohl Selbst- wie auch Fremdgefährdung (act. 6). Dr. med.

      E. führte anlässlich der Verhandlung zusätzlich aus, dass es zu einer akuten Gefährdung komme, wenn die Beschwerdeführerin nicht mediziert werde. Sie habe einen Pfleger angegriffen und es sei zu körperlichen Auseinanderset- zungen mit Mitpatienten gekommen, obwohl sie auf der Station abgeschirmt und eng betreut werde. Zudem gebe es Andeutungen auf einen Suizid, wobei hierzu aber keine akute Gefährdung bestehe. Die Beschwerdeführerin sei völlig kritikun- fähig, sexuell enthemmt und distanzlos. Sie würde in einem solchen Zustand Ge- fahr laufen, ausgenützt zu werden. Zudem könne sie nicht auf ihre eigene Ge- sundheit schauen. Eine Massnahme sei deshalb gerechtfertigt (Prot. Vi. S. 17).

      Wie die Vorinstanz zutreffend erwog, kann unter Berücksichtigung der über- einstimmenden und nachvollziehbaren Ausführungen der Fachpersonen festge-

      stellt werden, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der Erkrankung behand- lungs- und betreuungsbedürftig ist (vgl. act. 23 E. 3.6). Auch im Rahmen der Ver- hältnismässigkeit ist festzuhalten, dass bei einer Entlassung aus der fürsorgeri- schen Unterbringung eine akute Gefährdung der Gesundheit und eine psychische und physische Verwahrlosung drohen würde. In der stationären Behandlung und der darin angestrebten Reizverminderungen können die notwendigen Behand- lungsmassnahmen ergriffen werden, die zu einer Rückbildung der psychotischen Symptome und zur Wiedererlangung der Kommunikationsfähigkeit der Beschwer- deführerin führen (vgl. act. 14 S. 3). Die entsprechenden positiven Effekte der Massnahmen scheinen sich bereits im Inhalt und in der Verständlichkeit der Beschwerdeschriften vom 2. Mai bzw. 4. Mai 2023 vor hiesiger Kammer im Gegen- satz zu den Beschwerdeschriften vor Vorinstanz vom 16. April und 17. April 2023 anzudeuten (vgl. act. 1, act. 1/1, act. 24 und act. 27). Die fürsorgerische Unter- bringung erweist sich insgesamt aufgrund des gesundheitlichen Zustandes der Beschwerdeführerin und der akuten Gesundheitsgefährdung bei einer Entlassung als geeignet und erforderlich, wie auch verhältnismässig. Die Betreuung und Be- handlung der Beschwerdeführerin kann derzeit nicht mit leichteren Massnahmen erfolgen.

    4. Schliesslich ist die Geeignetheit der Einrichtung zu prüfen (vgl. OGer ZH PA150024 vom 16. November 2015, E. 3.3.1). Es muss sich um eine Institution handeln, die mit den ihr zur Verfügung stehenden organisatorischen und perso- nellen Mitteln in der Lage ist, die wesentlichen Bedürfnisse der eingewiesenen Person bezüglich Behandlung und Betreuung zu befriedigen (vgl. BGer 5A_257/2015 vom 23. April 2015, E. 3.1 m.w.H.). Die B1. AG ist eine Pri- vatklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, welche gemäss Gutachter zur Be- handlung der Beschwerdeführerin spezialisiert und absolut geeignet ist (act. 14 S. 3).

    5. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen der fürsorgeri- schen Unterbringung im Sinne von Art. 426 Abs. 1 ZGB gegeben sind und die Vorinstanz die Beschwerde gegen die ärztliche Anordnung vom 14. April 2023 zu Recht abgewiesen hat. Die Beschwerde gegen den vorinstanzlichen Entscheid ist damit abzuweisen.

  3. Medizinische Behandlung ohne Zustimmung

    Die medizinische Behandlung ohne Zustimmung wurde vom ...-Arzt [Funktion] Dr. med. F. , dem behandelnden ...-Arzt [Funktion] Dr. med. G. und dem Arzt Dr. med. H. mit Anordnung vom 17. April 2023 ab dem 21. April 2023 für zwei Wochen verfügt (act. 6 S. 3). Mit der angeordneten Zwangsmedikation wurde dann notfallmässig bereits am Donnerstag, 20. April 2023, begonnen, weil die Beschwerdeführerin aggressiv geworden sei, einen Pfleger angegriffen und auch körperliche Auseinandersetzungen mit Mitpatienten gehabt habe (Prot. Vi.

    S. 17). Da die zwangsweise Behandlung somit bis zum 3. Mai bzw. 4. Mai 2023 lief und derzeit nicht mehr andauert, ist das Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin an der Beurteilung der Zwangsmedikation entfallen. Das Beschwerdeverfahren gegen die Zwangsbehandlung ist demnach als gegenstands- los geworden abzuschreiben (§ 40 EG KESR i.V.m. Art. 242 ZPO).

  4. Kostenfolgen

    Bei diesem Ausgang des Verfahrens würde die Beschwerdeführerin für das Beschwerdeverfahren kostenpflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Umständehalber ist in- des auf die Erhebung von Gerichtskosten zu verzichten. Eine Partei- oder Um- triebsentschädigung ist nicht zuzusprechen.

  5. Mitteilungen

Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass sie jegliche Weitergabe von vertraulichen Daten betreffend die ungewollten und unerwünschten Behandlungen an ihre Fa- milie verbiete. Diese Informationen seien vertraulich und würden ihr gehören

(act. 27). Es ist demnach darauf zu verzichten, den vorliegenden Entscheid dem Verfahrensbeteiligten 2 mitzuteilen.

Es wird erkannt:

  1. Die Beschwerde gegen die angeordnete fürsorgerische Unterbringung wird abgewiesen.

  2. Die Beschwerde gegen die angeordnete medizinische Behandlung ohne Zu- stimmung wird als gegenstandslos geworden abgeschrieben.

  3. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr fällt ausser Ansatz.

  4. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

  5. Schriftliche Mitteilung an

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um eine nicht vermögensrechtliche Angelegenheit.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

i.V. Die Gerichtsschreiberin:

MLaw J. Camelin-Nagel versandt am:

19. Mai 2023

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