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Bundesverwaltungsgericht Urteil E-4451/2016

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung V
Dossiernummer:E-4451/2016
Datum:06.07.2018
Leitsatz/Stichwort:Asyl und Wegweisung
Schlagwörter : Beschwerde; Beschwerdeführer; Flüchtling; Familie; Recht; Verfahren; Flüchtlingseigenschaft; Beschwerdeführers; Bundesverwaltungsgericht; Verfügung; Schweiz; Herkunft; Vernehmlassung; Verfahrens; Somalisch; Vorinstanz; Staat; Umstände; Ehefrau; Akten; Gericht; Familienasyl; Somalische; Person; Eingabe; Rechtsvertreter; Einbezug; Somalischen; Wegweisung
Rechtsnorm: Art. 52 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 65 VwVG ; Art. 83 BGG ; Art. 99 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung V E-4451/2016

U r t e i l  v o m  6.  J u l i  2 0 1 8

Besetzung Richter Markus König (Vorsitz), Richterin Andrea Berger-Fehr, Richterin Constance Leisinger; Gerichtsschreiberin Lhazom Pünkang.

Parteien A. , geboren am ( ), Somalia,

vertreten durch Peter Weibel, Fürsprecher, ( ),

Beschwerdeführer,

gegen

Staatssekretariat für Migration

(SEM; vormals: Bundesamt für Migration, BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Familienzusammenführung (Asyl) mit B. , Äthiopien;

Verfügung des SEM vom 23. Juni 2016 / N ( ).

Sachverhalt:

I.

A.

B. , geboren am ( ), äthiopische Staatsangehörige, stellte am 1. Oktober 2012 in der Schweiz ein Asylgesuch. Mit Entscheid des BFM (jetzt SEM) vom 10. Juni 2014 wurde diesem entsprochen; sie wurde als Flüchtling anerkannt und es wurde ihr Asyl gewährt (Verfahrensnummer N [ ]).

II.

B.

Der Beschwerdeführer stellte am 27. November 2014 im Empfangsund Verfahrenszentrum (EVZ) ( ) ein Asylgesuch. Mit Verfügung vom 23. Juni 2016 hielt das SEM fest, er erfülle die Flüchtlingseigenschaft nicht, lehnte sein Asylgesuch ab, verfügte seine Wegweisung aus der Schweiz und ordnete den Vollzug an.

C.

Diesen Entscheid focht der (damals noch nicht vertretene) Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht mit Rechtsmitteleingabe vom

18. Juli 2016 an und beantragte, es sei seine Flüchtlingseigenschaft festzustellen und ihm Asyl zu gewähren; eventualiter sei die vorläufige Aufnahme aus humanitären Gründen anzuordnen. In prozessualer Hinsicht ersuchte er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und um Verzicht auf die Erhebung eines Kostenvorschusses.

D.

Mit Zwischenverfügung vom 27. Juli 2016 hiess der Instruktionsrichter das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Art. 65 Abs. 1 VwVG gut und verzichtete auf die Erhebung eines Kostenvorschusses. Gleichzeitig wurde die Vorinstanz zur Einreichung einer Vernehmlassung eingeladen.

E.

In seiner Vernehmlassung vom 11. August 2016 hielt das SEM vollumfänglich an seinen bisherigen Erwägungen fest. Diese Vernehmlassung wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnisnahme zugestellt.

III.

F.

B. brachte am ( ) C. zur Welt. Am 3. April 2017 anerkannte der Beschwerdeführer die Vaterschaft von C. .

G.

Der Beschwerdeführer heiratete am 19. April 2017 vor dem Zivilstandsamt ( ) seine Partnerin B. .

H.

Mit Schreiben vom 8. Juni 2017 ersuchte B. für ( ) C. um Einbezug in ihre Flüchtlingseigenschaft und um Asyl in der Schweiz.

I.

Mit Verfügung des SEM vom 14. Juni 2017 wurde C.

gestützt auf

Art. 51 Abs. 3 AsylG als Flüchtling anerkannt und C. Asyl in der Schweiz gewährt.

IV.

J.

Mit Instruktionsverfügung vom 5. Oktober 2017 wies das Gericht das SEM auf die neuen Veränderungen im Zivilstand des Beschwerdeführers sowie auf ein Grundsatzurteil des Gerichts hin und lud es aufgrund dieser Umstände zu einer ergänzenden Vernehmlassung ein.

K.

Das SEM reichte innert erstreckter Frist seine ergänzende Vernehmlassung vom 10. November 2017 zum Verfahren ein und hielt fest, es lägen keine neuen erheblichen Tatsachen oder Beweismittel vor, welche eine Änderung seines Standpunktes rechtfertigen würden.

L.

Mit Eingabe vom 29. November 2017 zeigte der Rechtsvertreter seine Mandatierung in dieser Rechtssache an und ersuchte um Zustellung der Verfahrensakten zur Einsichtnahme sowie um Ansetzung einer anschliessenden Frist zur Einreichung einer Stellungnahme.

M.

Mit Instruktionsverfügung vom 1. Dezember 2017 wurden dem neuen Rechtsvertreter Kopien der verlangten Akten ausgehändigt und ihm Gelegenheit geboten, eine Beschwerdeergänzung / Replik einzureichen.

N.

Mit Eingabe vom 18. Dezember 2017 machte der Beschwerdeführer vom gewährten Recht zur Replik Gebrauch und führte aus, an der Beschwerde werde festgehalten. Er liess folgende Rechtsbegehren stellen: 1. Die angefochtene Verfügung sei aufzuheben, die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers sei gestützt auf Art. 51 Abs. 1 AsylG anzuerkennen und es sei ihm deshalb Asyl zu gewähren. 2. Der unterzeichnende Anwalt sei dem Beschwerdeführer mit Wirkung ab der Aufforderung zur Einreichung einer Replik als amtlicher Rechtsbeistand beizuordnen.

O.

Mit Zwischenverfügung vom 21. Dezember 2017 wurde das Gesuch der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung gutgeheissen. Fürsprecher Peter Weibel wurde als amtlicher Rechtsbeistand des Beschwerdeführers eingesetzt. Weiter wurde festgehalten, dass ohne Gegenbericht des Beschwerdeführers das Beschwerdeverfahren ohne Einschränkung des Verfahrensgegenstandes weitergeführt werde.

P.

Mit Eingabe vom 28. Dezember 2017 teilte der amtliche Rechtsbeistand mit, die Beschwerde werde aus prozessökonomischen Gründen hinsichtlich der originären Flüchtlingseigenschaft fallengelassen und somit auf die Frage des Familienasyls beschränkt.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

    1. Gemäss Art. 31 VGG beurteilt das Bundesverwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 VwVG. Das SEM gehört zu den Behörden nach Art. 33 VGG und ist daher eine Vorinstanz des Bundesverwaltungsgerichts. Eine das Sachgebiet betreffende Ausnahme im Sinn von Art. 32 VGG liegt nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zuständig für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde und entscheidet auf dem Gebiet des Asyls endgültig, ausser bei Vorliegen eines Auslieferungsersuchens des Staates, vor welchem die beschwerdeführende Person Schutz sucht (Art. 105 AsylG [SR 142.31]; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG). Eine solche Ausnahme im Sinn von Art. 83 Bst. d Ziff. 1 BGG liegt nicht vor, weshalb das Bundesverwaltungsgericht endgültig entscheidet.

    2. Das Verfahren richtet sich nach dem VwVG, dem VGG und dem BGG, soweit das AsylG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG und Art. 6 AsylG).

    3. Die Beschwerde ist fristund formgerecht eingereicht. Der Beschwerdeführer hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen, ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung beziehungsweise Änderung; er ist daher zur Einreichung der Beschwerde legitimiert (Art. 105 und 108 Abs. 1 AsylG; Art. 48 Abs. 1 sowie Art. 52 Abs. 1 VwVG).

    4. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.

Gemäss Erklärung des Rechtvertreters in seiner Eingabe vom 28. Dezember 2017 richtet sich die Beschwerde ausschliesslich noch gegen den im Rahmen der ergänzenden Vernehmlassung festgehaltenen Nichteinbezug in die Flüchtlingseigenschaft der Ehefrau des Beschwerdeführers im Sinne von Art. 51 Abs. 1 AsylG. Demnach ist die - in der Beschwerdeeingabe vom 18. Juli 2016 diesbezüglich ursprünglich noch angefochtene - Verfügung des SEM hinsichtlich die Nichtanerkennung der originären Flüchtlingseigenschaft und die daraus folgende Asylverweigerung zufolge Rückzugs in Rechtskraft erwachsen. Nachfolgend ist demnach nur noch die Anerkennung der (derivativen) Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung im Rahmen des Familienasyls gemäss Art. 51 Abs. 1 AsylG zu prüfen.

3.

Die Kognition des Bundesverwaltungsgerichts und die zulässigen Rügen richten sich im Asylbereich nach Art. 106 Abs. 1 AsylG (vgl. BVGE 2014/26 E. 5).

4.

Gemäss Art. 51 Abs. 1 AsylG werden Ehegatten von Flüchtlingen und ihre minderjährigen Kinder als Flüchtlinge anerkannt und erhalten Asyl, wenn keine besonderen Umstände dagegen sprechen. In der Schweiz geborene Kinder von Flüchtlingen werden gemäss Art. 51 Abs. 3 AsylG auch als Flüchtlinge anerkannt, sofern wiederum keine besonderen Umstände dagegen sprechen. Dem Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft und der Asylgewährung entgegenstehende "besondere Umstände" sind beispielsweise anzunehmen, wenn das Familienmitglied Bürger eines anderen Staates als der Flüchtling ist und die Familie in diesem Staat nicht gefährdet ist, wenn bereits der Flüchtling seinen Status derivativ erworben hat oder wenn das Familienleben während längerer Zeit nicht gelebt wurde und erkennbar ist, dass die Familienmitglieder nicht den Willen haben, als Familie zusammenzuleben. Die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft bedingt zudem, dass die anspruchsberechtigte Person ihren Heimatoder Herkunftsstaat verlassen hat (vgl. zum Ganzen BVGE 2012/32 E. 5.1). Massgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der übrigen Voraussetzungen für den Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft ist nicht der Zeitpunkt der Gesuchstellung, sondern derjenige des Asylbeziehungsweise Beschwerdeentscheides (vgl. Entscheidungen und Mitteilungen der vormaligen Schweizerischen Asylrekurskommission [EMARK] 2002 Nr. 20 E. 5a S. 167).

5.

    1. Die Vorinstanz führte hinsichtlich des Nichteinbezugs in die Flüchtlingseigenschaft beziehungsweise der Verweigerung des Familienasyls im Rahmen seiner ergänzenden Vernehmlassung vom 10. November 2017 aus, das Grundsatzurteil BVGE 2017 VI/4 vom 17. August 2017, wonach auch eine in der Schweiz geschlossene Ehe bei der Anwendung von Art. 51 AsylG relevant sein könne, sei ihr bekannt. Im vorliegenden Verfahren bestehe jedoch eine spezielle Konstellation. Es seien besondere Umstände gemäss Art. 51 Abs. 1 AsylG gegeben, die gegen einen Einbezug in die Flüchtlingseigenschaft sprächen, weil der Beschwerdeführer seine Herkunft verheimlicht habe. Ein solches Verhalten solle nicht belohnt werden, sonst würde der Täuschende besser gestellt als praxisgemäss ein „ehrlicher Drittstaatsangehöriger“. Gleiches sei mit Bezug auf die Bestimmung

      von Art. 44 AsylG festzustellen. Aufgrund der Aktenlage bleibe es dem Beschwerdeführer unbenommen, die kantonalen Behörden um eine ausländerrechtliche Aufenthaltsbewilligung zu ersuchen.

    2. Der Beschwerdeführer brachte zur Begründung seiner Beschwerde vor, die Behauptung der Vorinstanz, er habe seine Herkunft verheimlicht, sei falsch. Gemäss den dem Rechtsvertreter vorliegenden Unterlagen habe der Beschwerdeführer seine Herkunft immer gleich angegeben. Es verhalte sich nur so, dass das SEM ihm diese Angabe nicht glaube. Der Rechtsvertreter habe den Beschwerdeführer bereits im gerichtlichen Verfahren zur Feststellung seines Personenstands anwaltlich vertreten. In diesem Verfahren habe nicht nur aufgrund der von der somalischen Botschaft ausgestellten Dokumente, sondern insbesondere auch gemäss dem vom Gericht beigezogenen Somalisch-Übersetzer nicht der geringste Zweifel an der somalischen Herkunft des Beschwerdeführers bestanden. Ferner seien die Ehefrau des Beschwerdeführers ebenso wie C. äthiopische Flüchtlinge. Die Familie sei hinsichtlich Fragen eines allfälligen Wegweisungsvollzugs wegen des Säuglings als besonders verletzlich zu beurteilen. Gemäss Art. 3 Ziff. 1 der UNO-Kinderrechtskonvention sei das Kindswohl bei allen staatlichen Entscheiden vorrangig zu berücksichtigen. Eine Wegweisung der Familie nach Äthiopien wäre völkerrechtlich nicht zulässig. Eine Wegweisung der Familie in irgendein anderes Land, in welchem die Bewohner somalisch als Muttersprache sprechen würden, also Somalia, Dschibuti oder die Grenzregion im Nordosten Kenias wäre offensichtlich unzumutbar; kein vernünftiger Mensch käme auf die Idee, eine Familie mit einem Säugling in eine dieser Gegenden wegzuweisen. Auch wenn daran festgehalten werden sollte, dass der Beschwerdeführer allenfalls entgegen seiner immer übereinstimmenden Angaben nicht aus Somalia stammen könnte, erweise sich die Wegweisung auch in alle anderen denkbaren Länder als von vornherein unzumutbar. Der Beschwerdeführer sei somit in die Flüchtlingseigenschaft seiner Ehefrau und seines Sohnes einzubeziehen und es sei ihm Asyl zu gewähren.

6.

    1. Zunächst ist der Frage nachzugehen, ob das SEM in seiner Verfügung vom 23. Juni 2016 die Herkunft des Beschwerdeführers wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht zu Recht als unbekannt bezeichnet hat.

    2. Das SEM listet in seiner Verfügung zwar eine eindrückliche Liste von Ungereimtheiten und Unglaubhaftigkeitselementen mit Bezug auf die Herkunft auf (vgl. Verfügung, Erwägung II. Ziff. 1). Viele dieser vermeintlichen Unglaubhaftigkeitsindizien wirken aber bei genauer Betrachtung der Protokollstellen gesucht oder lassen sich plausibel erklären. Das Protokoll der Erstbefragung und die darin enthaltenen Angaben sind ausserordentlich knapp. Das Protokoll der Anhörung erscheint im Vergleich dazu auffälligerweise deutlich substanziierter (vgl. etwa Angaben zum Schulunterricht, zu den Lebensumständen im Heimatdorf, zur Erwerbstätigkeit des Wasserverkaufs) und weist durchaus auch andere Realitätskennzeichen auf.

    3. Nach den vorstehenden Ausführungen hat der Beschwerdeführer die Grenze einer qualifizierten Unglaubhaftigkeit der Herkunftsvorbringen (massive Verletzung der Mitwirkungspflicht durch eine eigentliche Verschleierung der Identität) offensichtlich nicht erreicht.

    4. Der Beschwerdeführer hat zum Nachweis seiner somalischen Nationalität auf Beschwerdeebene einen Geburtsschein der somalischen Botschaft ( ) vom ( ) 2016 eingereicht. Dass das SEM diesem Dokument in seiner (ersten) Vernehmlassung pauschal und ohne Begründung jeden Beweiswert abspricht, vermag nicht zu überzeugen.

    5. Die Ehe des Beschwerdeführers wurde durch ein schweizerisches Zivilstandsamt geschlossen. Formale Voraussetzung hierfür war, dass die Identität der Verlobten feststand (Art. 99 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB; vgl. auch Art. 64 der Zivilstandsverordnung vom 28. April 2004 [ZStV, SR 211.112.2]). Nachdem das SEM von der unbekannten Identität des Beschwerdeführers ausgeht, liegt letztlich ein unvereinbares Handeln zweier schweizerischer Behörden vor. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass beim Regionalgericht ( ) - offenbar vor der Anerkennung des Kindsverhältnisses - ein Verfahren zur Feststellung des Personenstands durchgeführt wurde (vgl. A35/1). Das Urteil zu diesem Verfahren ist zwar nicht aktenkundig. Soweit der Rechtsvertreter in der Replik mitteilt, dass er den Beschwerdeführer auch in diesem Verfahren vertreten habe und dort "nicht die geringsten Zweifel" an der somalischen Herkunft bestanden hätten (vgl. Replik S. 2), erscheint dies aber deshalb als plausibel, weil auch die formale Kindesanerkennung in der Folge erfolgreich vorgenommen werden konnte.

    6. Entgegen der Beurteilung des SEM, kommt das Gericht zum Schluss, dass der Beschwerdeführer seine somalische Nationalität zumindest glaubhaft darzutun vermochte. Im Folgenden ist nun der Antrag des Beschwerdeführers auf Familienasyl gemäss Art. 51 Abs. 1 AsylG zu prüfen.

7.

    1. Dass es sich bei der in der Schweiz als Flüchtling anerkannten B. um die Ehefrau des Beschwerdeführers handelt und die beiden ein gemeinsames Kind haben, ist unbestritten. Im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens wurde zum Beleg der Eheschliessung eine Heiratsurkunde in Kopie eingereicht. Das Gericht erachtet auch das geltend gemachte tatsächlich gelebte Familienleben nach Sichtung der Akten als gegeben. Der Wille, eine Familiengemeinschaft zu führen, geht ebenfalls aus den Akten hervor. Somit ist die Grundvoraussetzung für die Gewährung des Familienasyls nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfüllt (vgl. BVGE 2017/16 vom 17. August 2017, E. 4.4.1).

    2. Weiter sind allfällige besondere Umstände gemäss Art. 51 Abs. 1 AsylG zu prüfen, welche einem Einbezug entgegenstehen könnten.

      1. Nachdem sich in den vorstehenden Erwägungen die vom SEM festgestellte grobe Verletzung der Mitwirkungspflicht (Identitätsverschleierung) als unzutreffend erwiesen hat, kann diesbezüglich kein besonderer Umstand vorliegen.

      2. Hingegen kann dies gemäss konstanter Praxis dann der Fall sein, wenn die in die Flüchtlingseigenschaft einzubeziehende Person eine andere Staatsangehörigkeit besitzt als die als Flüchtling anerkannte Person und das Familienleben zumutbarerweise in einem dieser beiden Staaten gelebt werden kann.

      3. Ein Umzug der Familie in das Heimatland der Ehefrau fällt von vornherein ausser Betracht, weil ihr dort Verfolgung droht und sie aus diesem Grund in der Schweiz als asylberechtigt anerkannt worden ist.

      4. Ein Zusammenleben in (Zentral-) Somalia kann der jungen Familie angesichts der dort aktuell herrschenden Verhältnisse praxisgemäss ebenfalls nicht zugemutet werden (vgl. BVGE 2013/27 E. 8.3 m.w.H.).

      5. Hinweise auf das Vorliegen anderer besonderer Umstände sind den Akten nicht zu entnehmen.

7.3 Nach dem Gesagten hat der Beschwerdeführer Anspruch auf Familienasyl im Sinn von Art. 51 Abs. 1 AsylG. Die Beschwerde ist demnach gutzuheissen, die angefochtene Verfügung vom 23. Juni 2016 aufzuheben und das SEM anzuweisen, den Beschwerdeführer in die Flüchtlingseigenschaft und das Asyl seiner Ehefrau einzubeziehen.

8.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 63 Abs. 1 und 2 VwVG), zumal dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Prozessführung gewährt worden ist.

9.

Dem vertretenen Beschwerdeführer ist angesichts seines Obsiegens in Anwendung von Art. 64 VwVG und Art. 7 Abs. 1 des Reglements vom

21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2) eine Entschädigung für die ihm notwendigerweise erwachsenen Parteikosten zuzusprechen. Die in der Kostennote vom 3. November 2017 ausgewiesenen Aufwendungen des amtlichen Rechtsbeistands erscheinen angemessen. Der danach angefallenen Vertretungsaufwand (Eingabe vom 28. Dezember 2017) lässt sich gestützt auf die Akten abschätzen. Gestützt auf die in Betracht zu ziehenden Bemessungsfaktoren (Art. 9-13 VGKE) ist dem Beschwerdeführer zulasten der Vorinstanz eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 1‘000.- (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuerzuschlag) zuzusprechen.

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit sie nicht durch Rückzug gegenstandslos geworden ist.

2.

Das SEM wird angewiesen, im Sinn der Erwägungen die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers festzustellen und ihm in der Schweiz Asyl zu gewähren.

3.

Es werden keine Verfahrenskosten auferlegt.

4.

Das SEM wird angewiesen, dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 1‘000.- auszurichten.

5.

Dieses Urteil geht an den Beschwerdeführer, das SEM und die kantonale Migrationsbehörde.

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

Markus König Lhazom Pünkang

Versand:

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