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Bundesverwaltungsgericht Urteil B-2636/2015

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung II
Dossiernummer:B-2636/2015
Datum:29.03.2016
Leitsatz/Stichwort:Widerspruchssachen
Schlagwörter : Beschwerde; Marke; Zeichen;Widerspruch; Widerspruchs; Marken; Beschwerdeführerin; Urteil; BVGer; Widerspruchsmarke; Gebrauch; Unterschiedlich; Pharmazeutische; Gleichartigkeit; Unterschiedliche; Partei; Beschwerdegegnerin; Schutz; Sinngehalt; Vorinstanz; Produkt; Verwechslungsgefahr; Angefochtene; Pharmazeutischen; Präparate; Oberbegriff; Parteien
Rechtsnorm: Art. 32 VwVG ; Art. 52 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 64 VwVG ;
Referenz BGE:121 III 377; 121 III 378; 122 III 382; 127 III 160; 128 III 445; 128 III 446; 133 III 492; 135 II 359; 136 II 165; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung II B-2636/2015

U r t e i l  v o m  2 9.  M ä r z  2 0 1 6

Besetzung Richter David Aschmann (Vorsitz),

Richterin Vera Marantelli, Richter Pietro Angeli-Busi, Gerichtsschreiberin Agnieszka Taberska.

Parteien Zeria Pharmaceutical Co Ltd.,

10-11 Nihonbashi Kobuna-cho Chuo-ku, JP-103-8351 Tokyo,

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Michael Noth und Rechtsanwältin Dr. Barbara Abegg,

Times Attorneys, Falkenstrasse 27, 8024 Zürich, Beschwerdeführerin,

gegen

Glaxo Group Limited,

Clarges House, 6-12, Clarges Street, GB-W1Y 8DH London, vertreten durch Wild Schnyder AG, Forchstrasse 30, Postfach 1067, 8032 Zürich,

Beschwerdegegnerin,

Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum IGE,

Stauffacherstrasse 65/59g, 3003 Bern, Vorinstanz.

Gegenstand Widerspruchsverfahren Nr. 13344 CH 387'498 AXOTIDE / IR 1'165'804 ACOFIDE.

Sachverhalt:

A.

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der internationalen Registrierung IR 1'165'804 ACOFIDE, deren Schutzausdehnung auf die Schweiz am

18. Juli 2013 publiziert wurde. Die Marke beanspruchte bis 31. Juli 2014 Schutz für folgende Waren:

5 Préparations pharmaceutiques.

B.

Gegen diese Eintragung erhob die Beschwerdegegnerin bei der Vorinstanz am 31. Oktober 2013 Widerspruch. Dabei stützte sie sich auf ihre Schweizer Marke CH 387'498 AXOTIDE, die am 5. November 1991 registriert wurde und für folgende Waren geschützt ist:

5 Pharmazeutische Präparate und Substanzen.

Zur Begründung brachte sie vor, aufgrund von Warenidentität und Zeichenähnlichkeit sei eine Verwechslungsgefahr zu bejahen.

C.

Am 11. November 2013 erliess die Vorinstanz gegen die angefochtene Marke eine provisorische Schutzverweigerung aus relativen Ausschlussgründen.

D.

Am 3. Juni 2014 beantragte die Beschwerdeführerin der Vorinstanz, das Warenverzeichnis der angefochtenen Marke auf die Waren "Préparations pharmaceutiques pour le traitement de maladies et troubles du système digestif" in Klasse 5 einzuschränken. Das eingeschränkte Warenverzeichnis wurde am 31. Juli 2014 publiziert.

E.

Mit Widerspruchsantwort vom 4. Juni 2014 beantragte die Beschwerdeführerin die Abweisung des Widerspruchs und erhob die Einrede des Nichtgebrauchs der Widerspruchsmarke. Sie führte aus, die Widerspruchsmarke werde einzig im Zusammenhang mit verschreibungspflichtigen Antiasthmatika gebraucht. Dieser Gebrauch erstrecke sich nicht auf den gesamten Oberbegriff der pharmazeutischen Präparate und Substanzen. Zwischen Antiasthmatika und den von der angefochtenen Marke beanspruchten pharmazeutischen Erzeugnissen für die Behandlung von Krankheiten des

Verdauungssystems bestehe keine Gleichartigkeit. Durch den unterschiedlichen Sinngehalt der Elemente TIDE (Gezeiten) und FIDE (Vertrauen) werde die klangliche und visuelle Ähnlichkeit relativiert oder gar beseitigt. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr sei folglich zu verneinen.

F.

Die Beschwerdegegnerin anerkannte in der Replik vom 13. August 2014, dass die Widerspruchsmarke im Zusammenhang mit einem Antiasthmatikum verwendet werde, und reichte zur Glaubhaftmachung des Gebrauchs Rechnungskopien der Jahre 2008 bis 2013 sowie Zulassungsbescheinigungen des Schweizerischen Heilmittelinstituts Swissmedic ein. Sie befürwortete eine Gleichartigkeit zwischen den Waren, da viele Asthmatiker an Verdauungsproblemen litten und Medikamente zur Behandlung beider Beschwerden benötigten. Eine Zeichenähnlichkeit liege ebenfalls vor, ein Sinngehalt lasse sich in beiden Zeichen nicht ausmachen. Somit sei von Verwechslungsgefahr auszugehen.

G.

Mit Duplik vom 17. Dezember 2014 hielt die Beschwerdeführerin an ihren Ausführungen fest. Wegen unterschiedlicher Herstellungsweise, Vertriebskanäle, Abnehmerkreise, Wirkung und Verwendungszwecke bestehe keine Warengleichartigkeit. Eine Verbindung zwischen Asthma und Verdauungsproblemen sei wissenschaftlich nicht erwiesen. Den Verkehrskreisen, die über Lateinkenntnisse verfügten, sei die Bedeutung der Elemente FIDE und TIDE durchaus bewusst, sodass ein unterschiedlicher Sinngehalt vorliege. Wenn überhaupt, bestehe eine lediglich geringe Zeichenähnlichkeit.

H.

Mit Verfügung vom 18. März 2015 schrieb die Vorinstanz den Widerspruch im Umfang der Einschränkung in Klasse 5 zufolge Gegenstandslosigkeit als erledigt ab und hiess den Widerspruch in Bezug auf die verbleibenden angefochtenen Waren der Klasse 5 gut. Zur Begründung führte sie aus, aufgrund übereinstimmender Aussagen der Parteien sei von einem Gebrauch der Widerspruchsmarke für "verschreibungspflichtige Antiasthmatika" auszugehen. Ungeachtet der unterschiedlichen Indikation liege eine hochgradige Gleichartigkeit der Waren vor. Beide Zeichen seien Fantasiewörter ohne direkt erkennbaren Sinngehalt. Bei übereinstimmendem Zeichenanfang und -ende sowie gleicher Silbenzahl und Vokalfolge sei eine Zeichenähnlichkeit zu bejahen. Der unterschiedliche Konsonant in der Zeichenmitte sei nicht geeignet, der angefochtenen Marke einen anderen Gesamteindruck zu verleihen. Im Ergebnis sei das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr zu bejahen.

I.

Hiergegen erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 24. April 2015 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und beantragte, es sei die Verfügung vom 18. März 2015 im Umfang der Gutheissung des Widerspruchs aufzuheben und der Widerspruch gegen die angefochtene Marke mit Bezug auf die Waren "préparations pharmaceutiques pour le traitement de maladies et troubles du système digestif" vollumfänglich abzuweisen, unter Kostenund Entschädigungsfolge zulasten der Beschwerdegegnerin. Zur Begründung bestritt sie weiterhin die Gleichartigkeit zwischen den Waren, da die Arzneimittel hinsichtlich Herstellungsverfahren, Verwendungszweck und Wirkung völlig unterschiedlich und nicht substituierbar seien. Eine Zeichenähnlichkeit sei ebenfalls zu verneinen, da die Mittelsilben klanglich wie visuell erheblich unterschiedlich seien und die Zeichen aufgrund der Bestandteile TIDE und FIDE einen anderen Sinngehalt aufwiesen. Da die Widerspruchsmarke mit der Endung TIDE einen "common stem" der WHO verwende, verfüge sie über eine eingeschränkte Kennzeichnungskraft. Gesamthaft liege keine Verwechslungsgefahr vor.

J.

Die Vorinstanz verzichtete mit Eingabe vom 22. Juni 2015 auf das Einreichen einer Vernehmlassung und beantragte die kostenfällige Abweisung der Beschwerde.

K.

Mit Beschwerdeantwort vom 8. Juli 2015 beantragte die Beschwerdegegnerin, die Beschwerde sei unter Kostenund Entschädigungsfolge zulasten der Beschwerdeführerin abzuweisen. Sie beharrte darauf, eine Gleichartigkeit zwischen den Waren sei zu bejahen, da ein enger Zusammenhang zwischen Atemwegsund Magenerkrankungen bestehe und Medikamente zur Behandlung beider Beschwerden von demselben Hersteller stammen könnten. Auch wenn der Gebrauch eines Medikaments nicht rechtserhaltend für sämtliche pharmazeutischen Produkte sei, sei die entsprechende Arzneimittelgruppe weit zu ziehen und eine Warengleichartigkeit zu Medikamenten für die Behandlung von Krankheiten, die eine gewisse Nähe aufwiesen, zu bejahen. Aufgrund der gleichen Anzahl und Folge der Silben und Vokale sowie derselben Wortlänge sei eine Zeichenähnlichkeit gegeben und das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr zu bejahen.

L.

Replicando und duplicando hielten die Parteien an ihren Ausführungen fest.

M.

Die Parteien verzichteten stillschweigend auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung.

N.

Auf weitere Vorbringen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, im Rahmen der folgenden Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

Das Bundesverwaltungsgericht ist für die Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen der Vorinstanz in Widerspruchssachen zuständig (Art. 31, 32, 33 Bst. e des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32]). Die Beschwerdeführerin hat als Widerspruchsgegnerin am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist durch die angefochtene Verfügung besonders berührt und beschwert (Art. 48 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 [VwVG, SR 172.021]). Da die Beschwerde im Übrigen fristund formgerecht erhoben (Art. 50 Abs. 1 Art, 52 Abs. 1 VwVG) und der Kostenvorschuss rechtzeitig geleistet wurde (Art. 63 Abs. 4 VwVG), ist auf die Beschwerde einzutreten.

2.

    1. Der Beschwerdegegnerin wurde mit Verfügung vom 21. Mai 2015 Frist bis 22. Juni 2015 zum Einreichen einer Beschwerdeantwort angesetzt. Die vom 8. Juli 2015 datierte Beschwerdeantwort ging am 10. Juli 2015 beim Bundesverwaltungsgericht ein und erfolgte somit verspätet. Die Beschwerdeführerin beantragt, die Eingabe aus dem Recht zu weisen.

    2. Die Beschwerdeinstanz würdigt alle erheblichen und rechtzeitigen Vorbringen der Parteien (Art. 32 Abs. 1 VwVG). Sie kann verspätet eingereichte Parteivorbringen berücksichtigen, sofern sie ausschlaggebend erscheinen (Art. 32 Abs. 2 VwVG). Trotz der "kann"-Formulierung geht die

      herrschende Lehre von einer Verpflichtung zur Berücksichtigung verspäteter Parteivorbringen aus, soweit diese ausschlaggebend erscheinen. Im Beschwerdeverfahren kann jedoch ausser Acht gelassen werden, was wegen nachlässiger Prozessführung oder zur Verschleppung des Prozesses verspätet eingereicht wird (PATRICK SUTTER, in: AUER ET AL., Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren (VwVG), 2008, Art. 32 N 8 ff.; BERNHARD WALDMANN, in: WALDMANN ET AL., VwVG: Praxiskom-

      mentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2. Aufl. 2016, Art. 32 N 15 ff.; MOSER/BEUSCH/KNEUBÜHLER, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2. Aufl. 2013, S. 118 N 2.206; BGE 136 II 165

      E. 4.2 f.; Urteil des BVGer B-4003/2014 vom 24. Juni 2015 E. 5.1). Nimmt die Behörde eine verspätete Eingabe entgegen, muss die Gegenpartei sie erhalten und sich dazu äussern können (Urteil des BVGer B-7818/2006 vom 1. Februar 2008 E. 4).

    3. Die Beschwerdeantwort vom 8. Juli 2015 enthält detaillierte, mit Beilagen versehene Ausführungen zur Warengleichartigkeit, die für die Entscheidfindung von Bedeutung sind. Für eine nachlässige Prozessführung oder die Verschleppung des Prozesses besteht kein Anzeichen. Zudem wurde der Beschwerdeführerin Gelegenheit gegeben, sich zur verspätet eingereichten Beschwerdeantwort in ihrer Duplik zu äussern. Die Beschwerdeantwort ist somit, trotz verspäteten Einreichens, zu berücksichtigen.

3.

    1. Der Inhaber einer älteren Marke kann Widerspruch gegen eine jüngere Markeneintragung erheben, wenn diese seiner Marke ähnlich und für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen registriert ist, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt (Art. 3 Abs. 1 Bst. c in Verbindung mit Art. 31 Abs. 1 des Markenschutzgesetzes vom 28. August 1992 [MSchG, SR 232.11]). An die Unterschiedlichkeit der Waren und Dienstleistungen sind umso höhere Anforderungen zu stellen, je ähnlicher sich die Zeichen sind, und umgekehrt (BGE 128 III 445 E. 3.1 "Appenzeller"; 128 III 99 E. 2.c "Orfina"; LUCAS DAVID, Markenschutzgesetz. Musterund Modellgesetz, 2. Aufl. 1999, Art. 3 N. 8). Dabei sind die Aufmerksamkeit der massgebenden Verkehrskreise und die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu berücksichtigen (BGE 121 III 378 E. 2.a "Boss/Boks"; Urteil des BVGer B-531/2013 vom 21. Oktober 2013 E. 2.1 mit Hinweisen "Gallo/Gallay (fig.)"; CHRISTOPH WILLI, Markenschutzgesetz,

      Das schweizerische Markenrecht unter Berücksichtigung des europäischen und internationalen Markenrechts, 2002, Art. 3 N. 17 ff.).

    2. Die Gleichartigkeit der Waren und Dienstleistungen beurteilt sich anhand der Einträge im Markenregister (Urteil des BVGer B-531/2013 E. 2.2 "Gallo/Gallay (fig.)"), soweit aufgrund einer Nichtgebrauchseinrede keine Einschränkung gegeben ist (Urteil des BVGer B-5179/2012 vom 20. Mai 2014 E. 3.2 "Tivo/Tivù Sat HD (fig.); GALLUS JOLLER, in: Noth/Bühler/Thouvenin (Hrsg.), Stämpflis Handkommentar Markenschutzgesetz (MSchG) [nachfolgend: MSchG], Art. 3 N. 235; WILLI, a.a.O., Art. 3 N. 37). Gleichartigkeit liegt vor, wenn die massgeblichen Abnehmerkreise auf den Gedanken kommen können, die unter Verwendung ähnlicher Marken angebotenen Waren oder Dienstleistungen würden angesichts ihrer üblichen Herstellungsund Vertriebsstätten aus demselben Unternehmen stammen oder doch wenigstens unter Kontrolle eines gemeinsamen Markeninhabers hergestellt (Urteile des BVGer B-5073/2011 vom 2. Februar 2012 E. 2.5 "Lido Champs-Elysées Paris (fig.)/Lido Exclusive Escort (fig.)"; B4159/2009 vom 25. November 2009 E. 3.1 "Efe (fig.)/Eve"; DAVID, a.a.O., Art. 3 N. 35). Für die Annahme gleichartiger Waren und Dienstleistungen sprechen eine einheitliche Wertschöpfungskette, der gleiche Verwendungszweck, ein ähnliches fabrikationsspezifisches Know-how, die marktübliche Verknüpfung oder enge Zusammengehörigkeit der Produkte mit gleichen Abnehmerkreisen und Vertriebsstätten (Urteile des BVGer B-2269/2011 vom 9. März 2012 E. 6.1 "Bonewelding (fig.)"; B-758/2007 vom 26. Juli 2007 E. 5.1 "G-mode/Gmode"; JOLLER, MSchG, Art. 3 N. 221 ff.). Die Zugehörigkeit zum gleichen Oberbegriff der Nizza-Klassifikation bildet ein Indiz für Gleichartigkeit (Urteil des BVGer B-5073/2011 E. 2.6 "Lido Champs-Elysées Paris (fig.)/Lido Exclusive Escort (fig.)"; JOLLER, MSchG, Art. 3 N. 242).

    3. Die Zeichenähnlichkeit beurteilt sich nach dem Gesamteindruck der Marken (BGE 128 III 446 E. 3.1 "Appenzeller"; DAVID, a.a.O., Art. 3 N. 11) sowie, weil zwei Zeichen meist nicht gleichzeitig wahrgenommen werden, basierend auf dem Erinnerungsbild der Abnehmer (BGE 121 III 377 E. 2.a "Boss/Boks"; 119 II 476 E. 2.d "Radion/Radiomat"; MARBACH, Markenrecht, in: von Büren/David (Hrsg.), Schweizerisches Immaterialgüterund Wettbewerbsrecht [SIWR] Bd. III/1, 2. Aufl. 2009. N. 867 [nachfolgend: SIWR]; DAVID, a.a.O., Art. 3 N. 15). Dabei kommt dem Zeichenanfang in der Regel eine höhere Bedeutung zu, da er besser im Gedächtnis haften bleibt (Urteile des BVGer B-3325/2010 vom 15. Dezember 2010 E. 4.5 "Bally/Tally"; B-6012/2008 vom 25. November 2009 E. 4.9 "Stenflex/Star Flex (fig.)").

    4. Für die Ähnlichkeit verbaler Zeichen sind der Wortklang, das Schriftbild und gegebenenfalls der Sinngehalt massgebend (BGE 127 III 160

      E. 2.b/cc "Securitas"; MARBACH, SIWR, N. 872 ff.). Eine Ähnlichkeit im Wortklang oder Schriftbild allein genügt in der Regel (Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission für geistiges Eigentum [RKGE] vom 5. Juli 2006, in: sic! 2006 S. 761 E. 4 "McDonald's/McLake"; WILLI, a.a.O., Art. 3

      N. 69). Der Wortklang wird im Wesentlichen durch die Silbenzahl, die Aussprachekadenz und die Aufeinanderfolge der Vokale bestimmt, das Schriftbild durch die Anordnung und optische Wirkung der Buchstaben sowie die Wortlänge (BGE 122 III 382 E. 5.a "Kamillon/Kamillosan"; 119 II 473 E. 2.c "Radion").

    5. Eine Verwechslungsgefahr besteht, wenn aufgrund der Ähnlichkeit der Zeichen und der Gleichartigkeit der Waren und Dienstleistungen Fehlzurechnungen zu befürchten sind, so dass die mit dem jüngeren Zeichen versehenen Waren und Dienstleistungen dem falschen Markeninhaber zugerechnet werden. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn eines der zu vergleichenden Zeichen für das andere gehalten wird, eine mittelbare, wenn die massgeblichen Verkehrskreise die Zeichen zwar auseinanderhalten, dahinter aber wirtschaftliche Zusammenhänge der Markeninhaber vermuten, die in Wirklichkeit nicht bestehen (Urteile des BVGer B-5692/2012 vom 17. März 2014 E. 3.4 "Yello/Yellow Lounge"; B-5312013 vom 21. Oktober 2013 E. 2.5 "Gallo/Gallay (fig.)"; JOLLER, MSchG, Art. 3

      N. 22 f.).

    6. Eine starke Kennzeichnungskraft und ein hoher Bekanntheitsgrad einer Marke erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Assoziationen und damit die Gefahr, dass die Abnehmer ähnliche Drittmarken missdeuten (BGE 128 III 445 E. 3.1 "Appenzeller"; Urteil des BVGer B-5179/2012 vom 20. Mai 2014

      E. 3.5 mit Hinweisen "Tivo/Tivù Sat HD (fig.)"). Starke Marken sind das Ergebnis einer schöpferischen Leistung oder langen Aufbauarbeit und verdienen deshalb einen weiten Ähnlichkeitsbereich (BGE 122 III 382 E. 2.a "Kamillon/Kamillosan"; Urteil des BVGer B-5692/2012 vom 17. März 2014

      E. 3.5 mit Hinweisen "Yello/Yellow Lounge"; vgl. GALLUS JOLLER, Verwechslungsgefahr im Kennzeichenrecht, Eine rechtsvergleichende Untersuchung der Anforderungen an die Unterscheidbarkeit von Kennzeichen im Marken-, Firmen-, Lauterkeitsund Namensrecht, Schriften zum Medienund Immaterialgüterrecht [SMI] Bd. 53, 2000, S. 204).

    7. Für schwächere Marken ist der geschützte Ähnlichkeitsbereich kleiner als für starke. Bei schwachen Marken genügen daher schon bescheidenere Abweichungen, um eine hinreichende Unterscheidbarkeit zu schaffen (BGE 122 III 382 E. 2a "Kamillosan"). Schwach sind insbesondere Marken, deren wesentliche Bestandteile sich eng an das Gemeingut anlehnen (Urteile des BVGer B-5440/2008 vom 24. Juli 2009 E. 6.2 "Jump (fig.)/Jumpman", B-5477/2007 vom 28. Februar 2008 E. 6 "Regulat/H2O3 pH/ Regulat (fig.)"). Dazu gehören Sachbezeichnungen sowie Hinweise auf Eigenschaften wie die Bestimmung, den Verwendungszweck oder die Wirkungs-

weise der Waren oder Dienstleistungen, sofern sie von den Verkehrskreisen ohne besondere Denkarbeit oder Fantasieaufwand verstanden werden und sich nicht in blossen Anspielungen erschöpfen (BGE 135 II 359

E. 2.5.5 "akustische Marke"; Urteil des BVGer B-283/2012 vom 13. Dezember 2012 E. 4.1 "Noblewood"). Ihr Schutzumfang ist in der Regel schon eingeschränkt, wenn sie nur einen Teil der vom Oberbegriff umfassten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, für den sie eingetragen sind (Urteile des BVGer B-1190/2013 vom 3. Dezember 2013 "Ergo"; B-953/2013 vom 15. Oktober 2013 E. 2.4 "Cizello/Scielo" m.w.H.).

4.

    1. Die Vorinstanz ging in der angefochtenen Verfügung, gestützt auf die übereinstimmenden Vorbringen der Parteien, von einem rechtserhaltenden Gebrauch der Widerspruchsmarke für die Waren "verschreibungspflichtige Antiasthmatika" aus. Sie führte aus, die Anerkennung des Markengebrauchs für verschreibungspflichtige Antiasthmatika decke voraussichtlich auch den Gebrauch für den Oberbegriff "pharmazeutische Waren und Substanzen" in Klasse 5 ab, da erstere für diese eng und präzis gehaltenen Waren typisch seien und ins Sortiment eines branchentypischen Anbieters gehörten, liess die Frage jedoch offen. Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass der Gebrauch der Widerspruchsmarke für ein spezifisches Medikament sich auf den gesamten Oberbegriff der pharmazeutischen Produkte erstrecke, da dieser sehr breit sei und nicht erwartet werden könne, dass die Widerspruchsmarke in Zukunft für alle pharmazeutischen Produkte verwendet werde. Die Beschwerdegegnerin hält dafür, den Gebrauch der Widerspruchsmarke - wenn auch nicht auf den gesamten Oberbegriff der Klasse 5 - so doch wenigstens auf eine weit definierte Arzneimittelgruppe auszudehnen.

    2. Wie die Beschwerdegegnerin bereits im Widerspruchsverfahren anerkannt und mit zahlreichen Gebrauchsbelegen betreffend den Zeitraum

      2007 - 2013 glaubhaft gemacht hat, wird die Widerspruchsmarke in der Schweiz im Zusammenhang mit verschreibungspflichtigen Antiasthmatika verwendet. Entgegen der Annahme der Vorinstanz, welche die Frage offen liess, ist dieser Gebrauch nicht rechtserhaltend für den beanspruchten Oberbegriff "pharmazeutische Präparate und Substanzen". Hierbei handelt es sich um einen äusserst breiten Oberbegriff, der zahlreiche Waren von unterschiedlicher Art und Beschaffenheit umfasst (vgl. Urteile des BVGer B-6375/2011 vom 12. August 2013 E. 4.8 "Fucidin/Fusiderm"; B-5871/2011

      vom 4. März 2013 E. 2.5 "Gadovist/Gadogita"). Pharmazeutische Präparate werden bei leichten und schweren, einmaligen und chronischen, psychischen und physischen Beschwerden und Krankheiten, zur Diagnosestellung oder zur Kontrolle physiologischer Funktionen eingesetzt. Angesichts der Bandbreite von Produkten, die vom Oberbegriff erfasst werden, lässt sich weder von eigentlichen Prototypen noch von einem gängigen Sortiment eines branchentypischen Anbieters sprechen. Zweifellos sind Antiasthmatika aber weder gemeinhin typisch für alle Arten pharmazeutischer Präparate, noch werden sie von sämtlichen Pharmaunternehmen hergestellt. Eine Gebrauchshandlung für Antiasthmatika kann sich somit nicht auf den weiten Oberbegriff der pharmazeutischen Präparate und Substanzen erstrecken.

    3. Indessen muss eine während der Karenzfrist erfolgte Gebrauchshandlung eine rechtserhaltende Wirkung über die konkret beanspruchten Waren hinaus auch für einen zu erwartenden künftigen Gebrauch haben. Für die Bestimmung des Schutzumfangs ist der bisherige Gebrauch folglich auf die Kategorie jener Waren oder Dienstleistungen zu verallgemeinern, deren künftigen Gebrauch er nahelegt und erwarten lässt (Urteile des BVGer B-5871/2011 vom 4. März 2013 E. 2.3 "Gadovist/Gadogita"; B-6375/2011

E. 2.2 "Fucidin/Fusiderm"). Im Sinne der sog. erweiterten Minimallösung lässt sich der Gebrauch der Widerspruchsmarke unter Berücksichtigung einer naheliegenden künftigen Entwicklung auf "pharmazeutische Präparate und Substanzen zur Behandlung von Erkrankungen der Lungen und Atemwege" ausweiten.

5.

Nachfolgend sind die massgeblichen Verkehrskreise für die im Widerspruch stehenden Waren zu bestimmen. Bei einer gültig erhobenen Nichtgebrauchseinrede ist hierzu auf die rechtserhaltend gebrauchten Waren der älteren Marke abzustellen (DAVID, a.a.O., Art. 3 N. 36; WILLI, a.a.O., Art. 32 N. 2; Urteile des BVGer B-6375/2011 E. 4. 7 "Fucidin/Fusiderm";

B-3138/2013 vom 3. Oktober 2014 E. 3.2 "Trileptal/Desileptal";

B-2678/2012 vom 7. März 2013 E. 6.2.2.1 "Omix/Onyx Pharmaceuticals"). Unter die Waren "pharmazeutische Präparate und Substanzen zur Behandlung von Erkrankungen der Lungen und Atemwege" in Klasse 5 fallen sowohl rezeptpflichtige Waren, welche Patienten erst auf Anraten einer medizinischen Fachperson abgegeben werden, als auch frei erhältliche Waren. Entsprechend umfassen die Verkehrskreise sowohl medizinisch fachkundige Abnehmer als auch das breite Publikum, welches beim Erwerb der betreffenden Waren eine grössere Aufmerksamkeit an den Tag legt als beim Erwerb von Gütern des täglichen Gebrauchs (Urteile des BVGer B-6375/2011 E. 4.7 "Fucidin/Fusiderm"; B-8058/2010 vom 27. Juli 2011

E. 4.1 "Ironwood" m.w.H.; B-6770/2007 vom 9. Juni 2009 E. 7.2 "Nasacort/Vasocor"; B-953/2013 E. 3.1 "Cizello/Scielo").

6.

Sodann ist die Gleichartigkeit zwischen "pharmazeutischen Präparaten und Substanzen zur Behandlung von Erkrankungen der Lungen und Atemwege" auf Seiten der Widerspruchsmarke und den von der angefochtenen Marke beanspruchten "préparations pharmaceutiques pour le traitement de maladies et troubles du système digestif" in Klasse 5 zu prüfen.

    1. Die Vorinstanz bejaht aufgrund des verwandten Herstellungs-Knowhow eine hochgradige Gleichartigkeit zwischen den Waren, ungeachtet deren Indikation oder einer allfälligen Rezeptpflicht. Sie ist der Ansicht, auch die Einschränkung des Warenverzeichnisses vermöge die Gleichartigkeit nicht auszuschliessen.

      Die Beschwerdeführerin lehnt eine Gleichartigkeit zwischen pharmazeutischen Produkten mit unterschiedlicher Indikation dagegen ab, da Herstellungsverfahren, fabrikationsspezifisches Know-how, Verwendungszweck, Wirkung sowie Abnehmerkreise unterschiedlich seien. Die Waren deckten aufgrund unterschiedlicher Wirkstoffe nicht dieselben Bedürfnisse und seien nicht miteinander substituierbar. Die meisten Pharmaunternehmen seien auf die Herstellung spezifischer Arzneimittel spezialisiert, wobei Antiasthmatika nicht in ein logisches Sortiment jedes Arzneimittelherstellers gehörten. Zwischen Atemwegsund Magenerkrankungen bestehe keine Verbindung. Im Übrigen sei eine allenfalls bestehende Nähe zwischen zwei Krankheitsbildern nicht aussagekräftig für die Beurteilung der Gleichartigkeit zweier Arzneimittelgruppen. Eine konkrete Verwechslungsgefahr sei auch deshalb ausgeschlossen, da das Medikament ACOFIDE in Tablettenform vertrieben werde, während es sich bei AXOTIDE um einen Inhalator handle. Die Zugehörigkeit zum gleichen Oberbegriff der pharmazeutischen

      Produkte in Klasse 5 sei irrelevant, da es sich hierbei um einen sehr breiten und vagen Begriff handle, der eine Vielzahl unterschiedlicher Arzneimittel umfasse. Unbeachtlich seien auch die vergleichbaren Vertriebskanäle, da der Vertrieb verschreibungspflichtiger Arzneimittel von Gesetzes wegen nur über Ärzte und Apotheker erfolge.

      Die Beschwerdegegnerin bejaht das Vorliegen einer Warengleichartigkeit zwischen pharmazeutischen Produkten. Andernfalls könnten zwei unterschiedliche Medikamente den identischen Namen tragen, was für die Abnehmer mit weitreichenden Folgen verbunden wäre. Zudem bestehe ein enger Zusammenhang zwischen Atemwegs- und Magenerkrankungen. Deshalb seien Pharmaunternehmen geradezu prädestiniert, Medikamente gegen beide Krankheiten zu entwickeln. Auf die aktuelle Darreichungsform komme es nicht an. Entsprechend bestehe auch nach Einschränkung des Warenverzeichnisses durch die Beschwerdeführerin Warengleichartigkeit.

    2. Gemäss ständiger Rechtsprechung gelten pharmazeutische Präparate

      • ungeachtet ihres Indikationsbereichs, ihrer Darreichungsform oder einer allfälligen Rezeptpflicht - als gleichartig, da bezüglich Vertriebskanälen, Herstellungsstätten, verwendetem Know-how und medizinischem Verwendungszweck Übereinstimmung besteht (Urteile des BVGer B-1760/2012

        E. 5.2 "Zurcal/Zorcala"; B-6770/2007 E. 5 "Nasacort/Vasocor"; B-953/2013

        E. 4 "Cizello/Scielo"; B-4511/2012 vom 8. August 2014 E. 5 "Drossara/Drosiola"; B-3138/2013 vom 3. Oktober 2014 E. 3.1 "Trileptal/Desileptal"; Entscheide der RKGE vom 4. April 2003, in: sic! 2003 E. 3 S. 501 "Rivotril/Ri-

        mostil" und vom 15. März 2005, in: sic! 2005 E. 6 S. 577 "Silkis/Sipqis"). Zwar trifft es zu, dass die Zugehörigkeit zum gleichen Oberbegriff nur ein Indiz für Gleichartigkeit bildet und nicht allein darauf abgestellt werden kann (Urteil des BGer 4C.392/2000 vom 4. April 2001 E. 2b). Zudem sind die vorliegend zu beurteilenden Waren, wie die Beschwerdeführerin richtigerweise vorbringt, nicht substituierbar, beruhen nicht auf derselben Technologie und bilden kein einheitliches Leistungspaket. Die Gemeinsamkeiten überwiegen jedoch gegenüber den Unterschieden. So sind die Herstellungsstätten identisch. Pharmaunternehmen verfügen gewöhnlich über ein breites Portfolio und stellen pharmazeutische Präparate zur Behandlung vielfältiger Krankheiten her (www.bayer.ch/de/produkte/pharmaceutical s/; www.novartispharmaceuticals.com/en/pages/novartis-pharmaceuticalstreatment s). Die von der Beschwerdeführerin behauptete Beschränkung auf ein spezifisches Arzneimittel ist demgegenüber ungewöhnlich, sodass die Annahme durchaus nicht fern liegt, Pharmazeutika zur Behandlung von

        Lungen-, Atemwegssowie Magenerkrankungen stammten von demselben Unternehmen. Selbst wenn die beanspruchten Waren zur Behandlung unterschiedlicher Krankheiten eingesetzt werden, ist sodann der Verwendungszweck - die Behandlung von Krankheiten - derselbe. Vertriebsstätten und Vertriebskanäle sind bei den beanspruchten Waren ungeachtet ihrer unterschiedlichen Indikation ebenfalls gleich, indem sie über Ärzte und Apotheker erfolgen. Dass das mit ACOFIDE gekennzeichnete Produkt in Tablettenform, das mit AXOTIDE gekennzeichnete Produkt hingegen als Inhalator vertrieben wird, ist unerheblich, da die Gleichartigkeit nicht gestützt auf den konkreten Gebrauch, sondern ausgehend vom Warenregister geprüft wird (WILLI, a.a.O., Art. 3 N. 37).

    3. Würde eine Gleichartigkeit zwischen Pharmazeutika mit unterschiedlichen Indikationen generell verneint, hätte dies ausserdem zur Folge, dass jegliche Verwechslungsgefahr zwischen entsprechenden Marken von vornherein verneint würde und der Schutz von Pharmamarken erheblich eingeschränkt wäre (RKGE, in: sic! 2003 E. 3 S. 501 "Rivotril/Rimostil"). Zudem könnte ein identisches Zeichen zur Kennzeichnung von unterschiedlichen Arzneimitteln verwendet werden, wodurch Abnehmer mit geringerer Aufmerksamkeit das eine Arzneimittel für das andere halten und einnehmen könnten. Dies wäre mit unter Umständen gesundheitlich weitreichenden Folgen verbunden. An der bisherigen Rechtsprechung ist folglich festzuhalten und die Gleichartigkeit zwischen pharmazeutischen Präparaten, ungeachtet deren Indikation oder einer allfälligen Rezeptpflicht, zu bejahen. Auf die Ausführungen der Parteien zu einer möglichen Verbindung zwischen Atemwegserkrankungen und Verdauungsbeschwerden braucht nach dem Gesagten nicht eingegangen zu werden.

7.

    1. Die Vorinstanz und die Beschwerdegegnerin bejahen eine Zeichenähnlichkeit auf klanglicher und schriftbildlicher Ebene. Bei den Zeichen handle es sich um Fantasiewörter, sodass kein unterschiedlicher Sinngehalt auszumachen sei.

      Die Beschwerdeführerin bringt vor, eine gewisse visuelle und klangliche Ähnlichkeit lasse sich nicht leugnen, sie sei jedoch zu relativieren. Die mittleren Silben XOTI/COFI seien sowohl visuell als auch klanglich erheblich verschieden. Das übereinstimmende Zeichenende -IDE sei durch sein häufiges Vorkommen als Endung von Marken für Pharmazeutika äusserst

      schwach. Zudem verfügten die Zeichen über einen unterschiedlichen Sinngehalt und lösten verschiedene Assoziationen aus, indem TIDE in der Widerspruchsmarke die Bedeutung von "Gezeiten" habe, FIDE in der angefochtenen Marke hingegen "Vertrauen, Glaube, Treue" bedeute. Somit sei, wenn überhaupt, von einer beschränkten Zeichenähnlichkeit auszugehen.

    2. Die Zeichen AXOTIDE und ACOFIDE bestehen aus sieben Buchstaben, wovon fünf identisch sind und an derselben Stelle stehen. Die Silbenanzahl, Vokalfolge (A-O-I-E) sowie die Endsilben (IDE) beider Zeichen sind gleich. Die Zeichenanfänge weichen lediglich in einem Buchstaben (C/X) voneinander ab, auch die Zeichenmitte unterscheidet sich nur in einem Buchstaben (F/T). Durch die gleiche Wortlänge und Vokalfolge besteht eine grosse schriftbildliche sowie klangliche Ähnlichkeit.

    3. Soweit die Beschwerdeführerin einen unterschiedlichen Sinngehalt aufgrund der Bestandteile TIDE und FIDE geltend macht, kann ihr nicht gefolgt werden. "Tide" ist der nordoder niederdeutsche Ausdruck für die Gezeiten (Duden, Die deutsche Rechtschreibung, 26. Aufl. 2013; Wahrig Deutsches Wörterbuch, 9. Aufl. 2011; https://de.wikipedia.org/wiki/Gezei- ten, besucht am 10. März 2016). Niederdeutsch ist eine in Norddeutschland sowie im Osten der Niederlande verbreitete, westgermanische Sprache mit einer Vielzahl unterschiedlicher Dialektformen (https://de.wikipedia.org/wiki/Niederdeutsche_Sprach e, besucht am 10. März 2016). Im Gegensatz zum geläufigen Begriff "Gezeiten" ist nicht davon auszugehen, dass Verbraucher in der Schweiz die norddeutsche Entsprechung "Tide" verstehen. Im Übrigen weisen die beanspruchten pharmazeutischen Produkte keinen Zusammenhang zu den Gezeiten auf und ergibt die Kombination der Bestandteile AXO und TIDE keinen Sinn. Eine unwillkürliche und sofortige Assoziation wird durch den Zeichenbestandteil TIDE folglich nicht ausgelöst, sodass in der Widerspruchsmarke kein eindeutiger Sinngehalt auszumachen ist.

    4. "Fide" bildet den Ablativ des lateinischen Substantivs "fides", der mit "Glaube, Vertrauen, Treue, Ehrlichkeit" übersetzt wird. "Fide" bildet zudem den Imperativ des Verbs "fidere", Latein für "trauen, vertrauen, wagen" (http://www.navigium.de/latein-woerterbuch.php?form=fi de, besucht am

10. März 2016; Langenscheidts Grosswörterbuch Lateinisch, 24. Aufl. 1992). Es ist durchaus denkbar, dass den Schweizer Verkehrskreisen, insbesondere den medizinischen Fachleuten, die Bedeutung von "fide" bekannt ist. Dennoch drängt sich beim Zeichen ACOFIDE aufgrund der Kombination mit dem Zusatz "Aco" keine unmittelbare und sofortige Gedankenassoziation auf. Die Anspielung auf ein verlässliches und vertrauenswürdiges Produkt bleibt vielmehr im Vagen, sodass auch hier von keinem eindeutigen, sich unwillkürlich aufdrängenden Sinngehalt gesprochen werden kann. Beide Zeichen werden somit als Fantasiebegriffe aufgefasst. Da die klanglichen und schriftbildlichen Übereinstimmungen nicht durch Unterschiede im Sinngehalt kompensiert werden, ist im Ergebnis von einer grossen Zeichenähnlichkeit auszugehen.

8.

Anschliessend ist in einer Gesamtbetrachtung und unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke die Verwechslungsgefahr zu prüfen.

    1. Die Vorinstanz beurteilte die Widerspruchsmarke als Fantasiezeichen ohne direkt erkennbaren und beschreibenden Sinngehalt und mit entsprechend gewöhnlichem Schutzumfang. Die Beschwerdeführerin macht einen eingeschränkten Schutzumfang der Widerspruchsmarke geltend. Sie bringt vor, die Endung TIDE bilde einen common stem der WHO mit der Definition "peptides and glycopeptides" und stehe deshalb im Gemeingut. Zudem sei das Zeichenende IDE durch die häufige Verwendung als Endung von Marken für Pharmazeutika äusserst schwach.

      Die Beschwerdegegnerin bestreitet, dass das Element TIDE die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke schwäche, da diesem im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren kein Sinngehalt zukomme. Da die beanspruchten Waren keine "peptides and glycopeptides" enthielten, schmälere auch der common stem "tide" die Kennzeichnungskraft nicht. Zudem werde mehr auf den Wortanfang geachtet.

    2. Gibt es sehr viele ähnliche Zeichen und ist die Marke in ihrem kennzeichnenden Gehalt deswegen stark verwässert, kommt ihr nur ein entsprechend geringer Schutzumfang zu (MARBACH, SIWR, N. 713). Eine Verwässerung setzt voraus, dass eine erhebliche Anzahl von Drittzeichen in der Schweiz für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen tatsächlich gebraucht wird. Allein aufgrund der Registerlage darf nicht auf eine Verwässerung der Marke geschlossen werden, da erfahrungsgemäss nicht alle eingetragenen Marken in Gebrauch kommen. Drittzeichen, die vom Markeninhaber oder dessen Lizenznehmern verwendet werden, schwächen die Kennzeichnungskraft seiner Marke nicht (Urteil des BVGer B-142/2009 vom 6. Mai 2009 E. 6.2 "Pulcino/Dolcino"; B-1077/2008 vom

      3. März 2009 E. 6.2.2; "SKY/SkySIM"; Entscheide der RKGE vom 16. No-

      vember 2006, in: sic! 2007 S. 535 E. 7 "Médecins sans frontières/Homéopathes sans frontières Suisse" und vom 23. Juni 1999, in sic! 1999 S. 649

      E. 6 "Wave Rave/the Wave"; JOLLER, MSchG, Art. 3 N. 104 ff. m.w.H.; WILLI, a.a.O., Art. 3 N. 119).

      Die Beschwerdeführerin behauptet die Verwässerung der Endung -IDE mit Verweis auf zehn Suchergebnisse der Seite www.compendium.c h. Von den zehn Produktnamen sind jedoch lediglich zwei, BLEPHAMIDE (P-349662) und MIFLONIDE (P-433822), im schweizerischen Markenregister für Waren der Klasse 5 eingetragen. Die dritte Marke SERETIDE (P- 373039) lautet auf die Beschwerdegegnerin und kann dieser nicht entgegen gehalten werden. Internationale Registrierungen mit Schutzausdehnung in die Schweiz sind unter den Produktnamen nicht vertreten. Weitere Auszüge aus dem Markenregister mit entsprechenden Gebrauchsbelegen reichte die Beschwerdeführerin nicht ein. Gestützt auf zwei Markeneintragungen, deren Gebrauch überdies nicht belegt wurde, kann nicht auf eine Verwässerung der Endung -IDE geschlossen werden.

    3. Der Suffix "tide" bildet, wie die Beschwerdeführerin vorbringt, einen von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) publizierten gemeinschaftlichen Stamm ("common stem"). Common stems indizieren die Zugehörigkeit von International Nonproprietary Names ("INN") zu bestimmten Wirkstoffgruppen. INN mit der Endung "-tide" zählen zu den Peptiden und Glykopeptiden. Die entsprechende, von der WHO publizierte Liste enthält die nicht unbeträchtliche Anzahl von 54 INNs ("The Use of Common Stems in the Selection of International Nonproprietary Names (INN) for Pharmaceutical Substances", 2002, S. 118 f., abrufbar unter: http://apps.who.int/medicinedocs/en/d/Js4895e /, besucht am 11. März 2016). Die WHO postuliert einen Schutz von INN sowie common stems und empfiehlt, diese nicht als Markenbestandteile zu verwenden. Inwieweit INN im nationalen Recht Schutz beanspruchen können, obliegt indessen den nationalen Gesetzgebern. Für die Schweiz haben die Regelungen der WHO betreffend INN und common stems keine Normwirkung, und eine Umsetzung von deren Schutz in der schweizerischen Gesetzgebung fand bisher nicht statt. Dass sich eine Marke an einen INN anlehnt oder einen common stem übernimmt, bildet somit an sich noch kein Schutzhindernis für die Eintragung der Marke und führt nicht ohne Weiteres zur Bejahung eines Freihaltebedürfnisses oder einer verminderten Kennzeichnungskraft (ausführlich zur Thematik Urteil des BVGer B-5871/2011 vom 4. März 2013 E. 4.3.1 ff. "Gadovist/Gadogita").

      Da die Endung TIDE an sich keinen unmittelbar verständlichen Sinngehalt zum Ausdruck bringt und die Kombination mit dem Zusatz AXO insgesamt ein unterscheidungskräftiges Zeichen ergibt, kommt der Widerspruchsmarke ein gewöhnlicher Schutzumfang bei normaler Kennzeichnungskraft zu.

    4. Bei hochgradiger Warengleichartigkeit, grosser Zeichenähnlichkeit und gewöhnlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke hat die Vorinstanz das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr, selbst unter Berücksichtigung der leicht erhöhten Aufmerksamkeit der Verkehrskreise, zurecht bejaht. Im Ergebnis ist die Beschwerde abzuweisen und die angefochtene Verfügung der Vorinstanz vom 18. März 2015 zu bestätigen.

9.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenund entschädigungspflichtig (Art. 63 Abs. 1 VwVG; Art. 64 Abs. 1 VwVG).

    1. Die Gerichtsgebühr ist nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozessführung und der finanziellen Lage der Parteien festzulegen (Art. 63 Abs. 4bis VwVG, Art. 2 Abs. 1 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist dafür ein Streitwert zu veranschlagen (Art. 4 VGKE), wobei im Widerspruchsbeschwerdeverfahren das Interesse der Widersprechenden an der Löschung beziehungsweise jenes der Widerspruchsgegnerin am Bestand der angefochtenen Marke zu veranschlagen ist. Bei eher unbedeutenden Zeichen wird praxisgemäss ein Streitwert zwischen Fr. 50'000.- und Fr. 100'000.- angenommen (BGE 133 III 492 E. 3.3

      "Turbinenfuss"). Von diesem Erfahrungswert ist auch im vorliegenden Verfahren auszugehen, da keine konkreten Anhaltspunkte für einen höheren oder niedrigeren Wert der strittigen Marke sprechen. Im Ergebnis rechtfertigt es sich, die Kosten des Beschwerdeverfahrens auf Fr. 4'000.- festzulegen. Der von der Beschwerdeführerin geleistete Kostenvorschuss in gleicher Höhe wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.

    2. Der obsiegenden Partei kann von Amtes wegen oder auf Antrag eine Entschädigung für die ihr erwachsenen notwendigen Kosten zugesprochen werden (Art. 64 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 7 Abs. 1 VKGE). Die Parteientschädigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie allfällige weitere notwendige Auslagen der Partei und ist anhand der eingereichten Kostennote oder, wird keine Kostennote eingereicht, aufgrund der Akten festzulegen

      (Art. 8 i.V.m. Art. 14 VGKE). Die Beschwerdegegnerin hat keine Kostennote eingereicht. Anhand des aktenkundigen Aufwands bei zweifachem Schriftenwechsel erscheint eine Parteientschädigung zugunsten der Beschwerdegegnerin von Fr. 2'500.- (ohne Mehrwertsteuerzuschlag, welcher vorliegend nicht geschuldet ist, vgl. Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 8 Abs. 1 MWSTG [SR 641.20] sowie Art. 9 Abs. 1 Bst. c VGKE) angemessen.

    3. Gegen dieses Urteil steht keine Beschwerde an das Bundesgericht offen (Art. 73 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Es wird daher mit Eröffnung rechtskräftig.

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen und die angefochtene Verfügung vom

18. März 2015 bestätigt.

2.

Die Verfahrenskosten von Fr. 4'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 4'000.- wird zur Bezahlung der Verfahrenskosten verwendet.

3.

Der Beschwerdegegnerin wird für das Beschwerdeverfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.- zulasten der Beschwerdeführerin zugesprochen.

4.

Dieses Urteil geht an:

  • die Beschwerdeführerin (Einschreiben; Beschwerdebeilagen zurück)

  • die Beschwerdegegnerin (Einschreiben; Beilagen zurück)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. 13344; Einschreiben; Vorakten zurück)

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

David Aschmann Agnieszka Taberska

Versand: 30. März 2016

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