E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Bundesverwaltungsgericht Urteil B-1295/2015

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung II
Dossiernummer:B-1295/2015
Datum:22.08.2016
Leitsatz/Stichwort:Absolute Ausschlussgründe
Schlagwörter : Herkunft; Marke; HkA-E; Zeichen; Bezeichnung; Schützt; Schutz; Geschützt; IBERO; Geschützte; Urteil; Staat; Geschützten; Beschwerde; Marken; Schweiz; IBEROGAST; Verwechslung; Herkunftsangabe; Verwechslungsgefahr; Iberia; Geografisch; Vorinstanz; Recht; „Iberia“; Bezeichnungen; Geografische; Beschwerdeführerin; MSchG; Herkunftsangaben
Rechtsnorm: Art. 48 VwVG ; Art. 50 VwVG ; Art. 63 VwVG ; Art. 64 VwVG ;
Referenz BGE:114 II 171; 125 III 193; 129 III 225; 132 III 770; 133 III 490; 134 III 406; ;
Kommentar zugewiesen:
Lucas David, Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Art. 2 MSchG, 1999
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung II B-1295/2015

U r t e i l  v o m  2 2.  A u g u s t  2 0 1 6

Besetzung Richter David Aschmann (Vorsitz), Richter Pietro Angeli-Busi,

Richter Marc Steiner, Gerichtsschreiberin Agnieszka Taberska.

Parteien Bayer Consumer Care AG,

Peter Merian-Strasse 84, 4052 Basel, vertreten durch die Rechtsanwälte

Bernard Volken und/oder Stefan Hubacher, FMP Fuhrer Marbach & Partner, Konsumstrasse 16A, 3007 Bern, Beschwerdeführerin,

gegen

Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum IGE,

Stauffacherstrasse 65/59g, 3003 Bern, Vorinstanz.

Gegenstand Markeneintragungsgesuch Nr. 52074/2014 IBEROGAST.

Sachverhalt:

A.

Am 19. Februar 2014 hinterlegte die Beschwerdeführerin bei der Vorinstanz das Zeichen Nr. 52047/2014 IBEROGAST als Marke für folgende Waren der Klasse 5:

Pharmazeutische Präparate; diätische und Nahrungsergänzungsstoffe; Präparate für die Gesundheitspflege für medizinische Zwecke; diätische Nahrungsmittel und Erzeugnisse für medizinische Zwecke; diätische Ballastergänzungsstoffe; probiotische Ergänzungsmittel; Nahrungsergänzungsmittel für diätische und medizinische Zwecke.

B.

Mit Schreiben vom 15. April 2014 beanstandete die Vorinstanz das angemeldete Zeichen mit der Begründung, es verstosse gegen den bilateralen Vertrag vom 9. April 1974 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem spanischen Staat über den Schutz von Herkunftsangaben und anderen geografischen Bezeichnungen. Der Bestandteil IBEROsei eine ungenügende Mutilation der Staatsbezeichnung „Iberia“, welche aufgrund des genannten Staatsvertrags absolut geschützt sei und nur für Waren aus Spanien verwendet werden dürfe. Da die Marke Herkunftserwartungen wecke, sei sie zudem geografisch irreführend, sofern sie nicht auf Waren spanischer Herkunft eingeschränkt werde.

C.

Die Beschwerdeführerin bestritt mit Schreiben vom 27. Mai 2014, dass das hinterlegte Zeichen gegen den genannten Staatsvertrag verstosse und geografisch irreführend sei. Sie führte aus, das Zeichen IBEROGAST sei in seinem Gesamteindruck nicht mit der geschützten Herkunftsangabe Iberia verwechselbar, weshalb es den Vertrag nicht verletze. Ferner wecke das Zeichen keine geografische Herkunftserwartung, da das Element IBEROnicht ohne weiteres gesondert wahrgenommen und nicht als Hinweis auf die iberische Halbinsel verstanden werde. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren habe diese keinen speziellen Ruf, weshalb dem Zeichen kein geografischer Gehalt beigemessen werde. Gegenüber dem bestrittenen geografischen Inhalt überwiege vielmehr dessen eigenständige Zweitbedeutung einer nach der Iberis-Pflanze benannten Tinktur aus neun Kräutern, welche seit 1961 verwendet werde. Insbesondere das Präfix IBERwecke Assoziationen mit der Pflanzengattung „Ibris“, welche Bestandteil des gekennzeichneten Produktes sei. Da es sich zumindest um einen Grenzfall handle, sei die Marke IBEROGAST einzutragen.

D.

Mit Schreiben vom 1. Juli sowie vom 27. August 2014 hielt die Vorinstanz an ihrer Ansicht fest, das Zeichen könne nur mit der Einschränkung auf Waren spanischer respektive portugiesischer Herkunft zum Markenschutz zugelassen werden. Da der Bestandteil „ibero“ als italienisches Adjektiv für

„iberisch“ als Hinweis auf Iberien verstanden werde, falle die Marke in den Schutzbereich des bilateralen Vertrags mit Spanien. Der Vertrag verbiete einerseits die unveränderte Übernahme des Adjektivs „ibero“, andererseits den Gebrauch von Zeichen, die mit Herkunftsangaben wie „Iberia“ verwechselbar seien, was auf IBEROGAST zutreffe. Der Bestandteil „ibero“ gelte in der Schweiz als Herkunftsangabe und sei deshalb irreführend. Die Erlangung einer eigenständigen zweiten Bedeutung sei von vornherein ausgeschlossen, da es durch die Anwendung des Ursprungslandprinzips nicht auf die Verkehrsauffassung im Schutzland ankomme. Schliesslich sei die Rechtsprechung betreffend der Eintragung von Grenzfällen im Rahmen der Prüfung absoluter Ausschlussgründe nicht anwendbar auf Fälle irreführender, gegen geltendes Recht, die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstossender Zeichen.

E.

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2014 stellte die Beschwerdeführerin die vorinstanzlichen Ausführungen erneut in Abrede. Sie verwies auf den spanisch-italienischen und den spanisch-deutschen Staatsvertrag zum Schutz von Herkunftsangaben und deren nahezu identischen Inhalt mit jenem zwischen Spanien und der Schweiz. Dessen ungeachtet sei die Marke IBEROGAST sowohl in Deutschland als auch in Italien eingetragen. Eine Verwechslungsgefahr sei durch das prägende Zeichenende -GAST ausgeschlossen. Auch eine Irreführung sei zu verneinen, da die Bezeichnung

„Iberia“ veraltet sei und nicht als Herkunftshinweis, sondern als Fantasiezeichen wahrgenommen werde. Bezugnehmend auf die im Schweizer Markenregister eingetragenen Zeichen CH 654'956 LIBERA und CH 641'152 TIBERO berief sie sich zudem auf den Grundsatz der Gleichbehandlung.

F.

Am 28. Januar 2015 verfügte die Vorinstanz die Zurückweisung der Markenanmeldung Nr. 52074/2014 (recte: Nr. 52047/2014) IBEROGAST für alle angemeldeten Waren. An ihrer bisherigen Argumentation festhaltend führte sie aus, es bestehe eine Verwechslungsgefahr mit der staatsvertraglich absolut geschützten Herkunftsangabe „Iberia“, weshalb das Zeichen rechtswidrig und mithin nicht einzutragen sei.

G.

Gegen diese Verfügung erhob die Beschwerdeführerin am 26. Februar 2015 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht mit folgendem Rechtsbegehren:

„Die Verfügung der Vorinstanz vom 28. Januar 2015 betreffend die Zurückweisung des Markeneintragungsgesuchs Nr. 52074/2014 [recte: Nr. 52047/2014] IBEROGAST sei aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, die Marke in der Schweiz vollumfänglich einzutragen.

- unter Kostenund Entschädigungsfolge -“

An ihrer Argumentation festhaltend führt sie zur Begründung im Wesentlichen aus, es liege kein Verstoss gegen das genannte Abkommen zwischen der Schweizer Eidgenossenschaft und dem Spanischen Staat vor, da das hinterlegte Zeichen nicht in dessen Schutzbereich falle. Es sei vielmehr in seinem Gesamteindruck und im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren zu beurteilen. Aufgrund der spezifischen Waren und der Zeichenbildung bestehe keine geografische Herkunftserwartung. Die Vorinstanz habe nicht glaubhaft gemacht, dass IBEROGAST als Hinweis auf die iberische Halbinsel erkannt werde und dass dem Gebiet eine erhebliche Bedeutung im Zusammenhang mit der Pharmaindustrie zukomme. Vielmehr träten allfällige geografische Assoziationen aufgrund der weltweiten Produktion pharmazeutischer Produkte aus Sicht der relevanten Verkehrskreise hinter einer betrieblichen Erwartung zurück. Geografische Herkunftshinweise seien in der Pharmabranche kaum von Bedeutung. Das Zeichen lasse sich nicht ohne weiteres in die Wortbestandteile IBERO und GAST zerlegen. Darüber hinaus sei das Element IBERO mehrdeutig.

H.

Mit Vernehmlassung vom 4. Juni 2015 hielt die Vorinstanz an ihrer Argumentation in der streitgegenständlichen Verfügung fest.

I.

Mit Replik vom 20. Juli 2015 bekräftigte die Beschwerdeführerin ihre bisherigen Ausführungen. Die nach dem Staatsvertrag absolut geschützten Bezeichnungen könnten gerade aufgrund der Absolutheit des Schutzes nur für die Bezeichnungen in Alleinstellung gelten. Das Zeichen IBEROGAST stelle weder den Namen „Iberia“ noch eine Übersetzung oder ein Adjektiv dieses Namens dar. Ferner bestehe zwischen der nach dem Abkommen geschützten Herkunftsangabe „Iberia“ und der hinterlegten Marke

IBEROGAST keine Verwechslungsgefahr. Fehlzurechnungen seien aufgrund der Unterschiede in Klang, Bildwirkung und Sinngehalt ausgeschlossen. Aus den gleichen Gründen sei auch eine Irreführungsgefahr zu verneinen. Der Umstand, dass die Marke in der Europäischen Union und damit auch in Spanien ohne Einschränkung geschützt sei, zeige, dass dort keine Irreführung bezüglich der geografischen Herkunft angenommen wurde.

J.

Mit Schreiben vom 2. September 2015 verzichtete die Vorinstanz auf eine Duplik.

K.

Auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung haben die Parteien stillschweigend verzichtet.

L.

Auf weitere Vorbringen der Parteien wird, soweit sie rechtserheblich sind, in den folgenden Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Beurteilung von Beschwerden gegen Eintragungsverfügungen der Vorinstanz in Markensachen zuständig (Art. 31 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [VGG, SR 173.32]). Die Beschwerde wurde innert der gesetzlichen Frist von Art. 50 Abs. 1 VwVG eingereicht und der verlangte Kostenvorschuss rechtzeitig geleistet (Art. 63 Abs. 4 VwVG). Als Adressatin der angefochtenen Verfügung ist die Beschwerdeführerin besonders berührt und zur Beschwerde legitimiert (Art. 48 Abs. 1 VwVG).

Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.

2.

    1. Zeichen, die geltendes Recht verletzen, geniessen keinen Markenschutz und sind als Marken zurückzuweisen (Art. 2 Bst. d, 30 Abs. 2 Bst. c des Markenschutzgesetzes [MSchG, SR 232.11]). Hierzu zählen unter anderem Zeichen, deren Verwendung ein für die Schweiz verbindlicher

      Staatsvertrag untersagt (Urteil des BVGer B-5016/2010 vom 10. November 2010 E. 2, „Zacapa“; Urteil des BVGer B-30/2009 vom 8. April 2010

      E. 2, „Alvaro Navarro“; EUGEN MARBACH, in: von Büren/David [Hrsg.], Schweizerisches Immaterialgüterund Wettbewerbsrecht, Bd. III/1, Markenrecht, 2. Aufl., 2009, N. 658 ff.; MICHAEL G. NOTH, in: Noth/Bühler/Thouvenin (Hrsg.), Stämpflis Handkommentar Markenschutzgesetz (MSchG) [nachfolgend: MSchG], 2009, Art. 2 Bst. d, N. 31 ff.).

    2. Die Schweiz und Spanien haben am 9. April 1974 ein Abkommen über den Schutz von Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen und ähnlichen Bezeichnungen geschlossen (SR 0.232.111.193.32, nachfolgend

      „HkA-E“). Nach der Präambel des HkA-E besteht dessen Zweck darin, die Herkunftsangaben und anderen geografischen Bezeichnungen bzw. die entsprechenden Naturerzeugnisse und Erzeugnisse der gewerblichen Wirtschaft des einen Landes im anderen Land wirksam gegen unlauteren Wettbewerb zu schützen. Die Schweiz hat sich zu diesem Zweck verpflichtet, die Benutzung von Marken, die nach dem HkA-E unmittelbar oder mittelbar falsche oder irreführende Angaben über Herkunft, Ursprung, Natur, Sorte oder wesentliche Eigenschaften der Erzeugnisse oder Waren, für die sie benutzt werden, enthalten, durch alle gerichtlichen oder behördlichen Massnahmen zu unterdrücken, die nach der massgeblichen Gesetzgebung in Betracht kommen (Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 HkA-E).

    3. Das HkA-E reiht sich ein in eine Folge ähnlich lautender bilateraler Staatsverträge zum Schutz von Herkunftsangaben, welche die Schweiz mit Deutschland (SR 0.232.111.191.36), Frankreich (SR 0.232.111.193.49), Portugal (SR 0.232.111.196.54), Ungarn (SR 0.232.111.194.18) und der

      ehemaligen Tschecholowakei (SR 0.232.111.197.41, 0.232.111.197.43) schloss, wobei Letzterer weiterhin Geltung für die Nachfolgerstaaten Slowakische Republik und Tschechische Republik hat. Jüngere Abkommen vergleichbarer Stossrichtung bestehen zwischen der Schweiz und Jamaika (SR 0.232.111.194.58) sowie Russland (SR 0.232.111.196.65) und zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (SR 0.916.026.81).

    4. In Art. 2 Abs. 1 HkA-E ist der „Grundsatz der Staatenreservierung“ niedergelegt. Danach sind der Name „Spanien“, die Bezeichnungen „Hispania“, „Spania“, „Iberia“ und die im Anhang zum Staatsvertrag aufgezählten Namen der spanischen Regionen und Provinzen im Gebiet der Eidgenossenschaft ausschliesslich spanischen Erzeugnissen oder Waren vorbehalten. Der Vertrag schützt die erfassten Herkunftsangaben durch den Grundsatz der Staatenreservierung unmittelbar und ist somit direkt anwendbar

      (Urteil B-30/2009 E. 3.2, „Alvaro Navarro“; SIMON HOLZER, in: Noth/Bühler/Thouvenin (Hrsg.), MSchG, Vorbem. Art. 47-51, N. 46; LORENZ HIRT, Der Schutz schweizerischer Herkunftsangaben, 2003, S. 226; zum ähnlich lautenden, deutsch-schweizerischen Abkommen: HERMANN-JOSEF OMSELS, Geografische Herkunftsangaben, München 2007, N. 881).

    5. Nach Art. 2 Abs. 1 HkA-E gilt zudem der „Grundsatz der Schutzrechtsübernahme“: Geschützte spanische Bezeichnungen dürfen in der Schweiz nur unter denselben Voraussetzungen benutzt werden, wie sie in der Gesetzgebung des Spanischen Staates vorgesehen sind. Diese Verweisung auf das Recht im Herkunftsland macht eine Ausnahme vom Territorialitätsprinzip, das immaterialgüterrechtlichen Schutzanforderungen gewöhnlich zugrunde liegt (Urteil B-30/2009 E. 3.2, „Alvaro Navarro“; THOUVENIN/NOTH, in: Noth/Bühler/Thouvenin (Hrsg.), MSchG, Einleitung N. 82; HIRT, a.a.O., S. 226). Der Staatsvertrag kann dennoch über den Schutz im Herkunftsland hinausgehen: Der Grundsatz der Schutzrechtsübernahme kann neben dem Grundsatz der Staatenreservierung widerspruchsfrei nur gelten, wenn das Recht im Herkunftsland strenger ist als die Staatenreservierung oder ausnahmsweise eine ganz bestimmte Gebrauchsform explizit erlaubt. Fehlt jedoch das Gebrauchsverbot im innerstaatlichen Recht des Herkunftslands, obwohl die Bezeichnung vom Staatsvertrag geschützt wird, kann der Grundsatz der Schutzrechtsübernahme dem Grundsatz der Staatenreservierung im anderen Vertragsstaat nicht vorgehen, da die Staatenreservierung sonst gar nie zur Anwendung gelangte, ist also nicht das mildere Recht des Herkunftslands anzuwenden (Urteil B-30/2009 E. 3.2,

      „Alvaro Navarro“; HOLZER, a.a.O., Vorbem. Art. 47-51, N. 48).

    6. Das HkA-E sieht für die erfassten Herkunftsbezeichnungen zwei verschiedene Schutzniveaus vor:

      1. Ein „absoluter“ Schutz, der sich auf sämtliche Naturerzeugnisse und Waren erstreckt, gilt für die Namen der Vertragsstaaten und ihrer Regionen, Provinzen bzw. Kantone (Urteil des BGer 4C.34/2002 vom 24. September 2002 E. 1.1, in: sic! 2003, S. 337, „Schlumpagner“; Urteil B-30/2009

        E. 3.1, „Alvaro Navarro“). Zu dieser ersten Kategorie gehören nach Art. 2 Abs. 1 HkA-E der Name „Spanien“, die Bezeichnungen „Hispania“, „Spania“, „Iberia“ sowie die Namen der spanischen Provinzen und Regionen. Diese Bezeichnungen geniessen daher einen von der Art der Produkte unabhängigen, absoluten Schutz (Art. 2 Abs. 2 HkA-E), der keine Beeinträchtigung des Rufs oder der Werbekraft dieser Bezeichnungen voraussetzt (Urteil B-30/2009 E. 3.3, „Alvaro Navarro“).

      2. Die zweite Kategorie von Herkunftsangaben geniesst einen relativen Schutz in dem Sinne, dass diese Angaben bloss in Verbindung mit denjenigen Waren geschützt sind, denen sie in den Anlagen A und B des Vertrages zugeordnet sind (Urteil 4C.34/2002 E. 1.2, S. 337, „Schlumpagner“; Urteil B-30/2009 E. 3.1, „Alvaro Navarro“). Hierbei handelt es sich vor allem um geografische Namen traditioneller landwirtschaftlicher Erzeugnisse der jeweiligen Vertragsstaaten; wobei der Anhang A Erzeugnisse oder Waren mit geografischem Bezug zu Spanien und der Anhang B solche mit geografischem Bezug zur Schweiz auflistet.

2.7

      1. Das HkA-E gewährt auch dann Schutz vor der unveränderten Übernahme der geschützten Herkunftsbezeichnungen, wenn diese in Übersetzung oder in adjektivischer Form verwendet werden (Art. 2 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 2 HkA-E) (Urteile des BGer 4A.14/2006 vom 7. Dezember 2006

        E. 3.3, in: sic! 2007, „Champ“; 4C.34/2002 E. 2, „Schlumpagner“). Zugleich verbietet Art. 4 Abs. 2 HkA-E auch den Gebrauch von Bezeichnungen, die mit den genannten Herkunftsangaben verwechselbar sind (Urteile 4A.14/2006 E. 3.3, „Champ“; 4C.34/2002 E. 2, „Schlumpagner“). Das HkA-E unterscheidet sich mit Bezug auf die Formulierung dieser Regel leicht von den übrigen bilateralen Verträgen zum Schutz von Herkunftsangaben. Sein verbindlicher, französischer Wortlaut wird in seiner amtlichen deutschen Übersetzung ungenau wiedergegeben. Nach Art. 4 Abs. 2 HkA-E gelangt der Staatsvertrag zur Anwendung, wenn abgewandelte Bezeichnungen entweder (a) Übersetzungen von geschützten Bezeichnungen darstellen, (b) einen Hinweis auf die tatsächliche Herkunft der Ware mit einer geschützten Bezeichnung kombinieren, (c) Zusätze wie „Art“;

        „Typ“, „Fasson“, „Nachahmung“, „Rival-“, „Qualität“ oder dergleichen mit einer geschützten Bezeichnung kombinieren oder (d) eine andere abgewandelte Form („forme modifiée“) einer vom Staatsvertrag geschützten Bezeichnung darstellen und überdies in diesem letzten Fall zwischen ihnen und der geschützten Bezeichnung eine Verwechslungsgefahr besteht. Die übrigen bilateralen Staatsverträge verlangen auch für die Spielarten (a) bis

        (c) das Bestehen einer Verwechslungsgefahr (Urteil B-30/2009 E. 3.4,

        „Alvaro Navarro“).

      2. Im Rahmen der Auslegung von Art. 4. Abs. 2 HkA-E ist das Verhältnis der verschiedenen Schutzrechtsbestimmungen zu einander mit einzubeziehen. Art. 4 Abs. 2 HkA-E verweist auf die Art. 2 und Art. 3 HkA-E, welche wiederum einen Vorbehalt zugunsten von Art. 5 HkA-E vorsehen. Art. 5

        Abs. 1 HkA-E verweist seinerseits auf Art. 4 HkA-E zurück, verbleibt aber als einzige selbst nicht eingeschränkte Bestimmung betreffend den vertraglichen Schutzumfang. Sie setzt ferner als einzige Bestimmung des HkA-E einen besonderen Marktgebrauch voraus und ist mithin als äusserer Rand des Abkommenschutzes zu verstehen. Daher ist Art. 4 Abs. 2 HkA- E unter Berücksichtigung von Art. 5 HkA-E auszulegen. Insofern begrenzt der von Art. 5 HkA-E für Fälle der Irreführungsgefahr gewährte Schutz den Schutzbereich von Art. 4 Abs. 2 HkA-E. Im Ergebnis erschöpft sich die von Art. 4 Abs. 2 HkA-E vorausgesetzte Verwechslungsgefahr damit faktisch in einer Irreführungsgefahr. Gleichzeitig macht Art. 5 Abs. 1 HkA-E deutlich, dass der Begriff der „forme modifiée“ (vgl. E. 2.7.1) nicht eng gemeint, sondern auch auf Fälle anzuwenden ist, in welchen Marken falsche oder irreführende Angaben über Herkunft, Ursprung, Natur, Sorte oder wesentliche Erzeugnisse oder Waren bloss enthalten („contiennent“) und mit anderen Bestandteilen kombinieren (vgl. auch E. 2.7.1 Fallgruppe [b]). Erst mittelbare Herkunftsangaben wie Namen oder Abbildungen von Orten, Gebäuden, Denkmälern eines Vertragsstaats etc., die nach der überwiegenden Verkehrsauffassung indirekt auf diesen Staat hinweisen, sind zulässig (Art. 5 Abs. 2 HkA-E). Eine abgewandelte Form eines namentlich geschützten Kennzeichens kann somit auch in der Kombination einer geografisch falschen oder irreführenden Angabe mit anderen Bestandteilen bestehen. Der HkA-E ist auf eine solche abgewandelte Form anwendbar, wenn zusätzlich eine Verwechslungsgefahr im oben umschriebenen Sinne mit der geschützten Bezeichnung besteht (Urteil B-30/2009 E. 3.4, „Alvaro Navarro“).

      3. Der Begriff der Verwechslungsgefahr bedeutet, dass ein Kennzeichen in seiner Funktion der Individualisierung bestimmter Personen, Gegenstände, Staaten oder staatlicher Körperschaften durch gleiche oder ähnliche Zeichen gefährdet wird (Urteil des BGer 4A.101/2007 vom 28. August 2007 E. 3.3, in: sic! 2008, S. 54, „Doppeladlerwappen“). Sowohl beim Markenschutz als auch beim Schutz von Herkunftsangaben geht es darum, die Unterscheidungsfunktion des Kennzeichens zu gewährleisten und insbesondere Fehlzurechnungen zu verhindern. Anders als Marken ordnen Herkunftsangaben allerdings die damit gekennzeichneten Waren nicht einem bestimmten Unternehmen, sondern einem Land, einer Gegend oder einer Ortschaft zu. Herkunftsangaben sind deshalb gegen Kennzeichen zu schützen, die geeignet sind, unzutreffende Vorstellungen über die gegenseitige Herkunft der Waren zu wecken (BGE 125 III 193 E. 1b, „Budweiser“; Urteil 4A.14/2006 E. 3.3.1, „Champ“). Zwei der im HkA-E erwähnten Spielarten abgewandelter Formen im Schutzbereich von Art. 4 Abs. 2 HkA-E,

        Übersetzungen und Eigenschaftswörter, charakterisieren sich in diesem Sinne sogar gerade durch ihre Sinnverwandtschaft mit der geschützten Bezeichnung (Urteil B-30/2009 E. 3.5, „Alvaro Navarro“). Insoweit wird die allfällige Übereinstimmung im geografischen Sinngehalt zum ausschlaggebenden Kriterium im Rahmen der Prüfung einer Verwechslungsgefahr mit einer staatsvertraglich absolut geschützten Herkunftsbezeichnung. Dies steht in Einklang mit dem Normzwecks von Art. 2 MSchG, wonach im Interesse der Allgemeinheit Schranken für die Eintragungsfähigkeit von Marken errichtet und im Gegensatz zu den relativen Ausschlussgründen nach Art. 3 MSchG Gründe absoluter Schutzunfähigkeit umschreiben werden (vgl. LUCAS DAVID, in: Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Markenschutzgesetz Musterund Modelgesetz, Honsell/David/Vogt [Hrsg.],

        2. Aufl., 1999, Art. 2 MSchG N. 1).

      4. Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr gemäss Art. 4 Abs. 2 HkA-E stellt sich die Frage, ob von einem isolierten Vergleich der geschützten Bezeichnung mit dem abgewandelten Markenbestandteil in der beanstandeten Marke auszugehen ist, oder ob alle Bestandteile im Gesamteindruck des Markenzeichens in die Beurteilung mit einzubeziehen sind. Diese Frage ist für Schutznormen in Verbindung mit Art. 2 Bst. d MSchG nach dem jeweiligen Schutzzweck individuell zu beantworten. Im Regelfall, beispielsweise wenn der Hoheitszeichenschutz die Verwendung staatlicher Wappen verbietet, sind die in der Marke zusätzlich verwendeten Zeichenbestandteile in die Beurteilung mit einzubeziehen (vgl. Urteile B-30/2009

        E. 3.6, „Alvaro Navarro“; 4A.101/2007 E. 3.3, „Doppeladlerwappen“). Verbietet dagegen eine Norm wie zum Beispiel Art. 7 Abs. 2 des Bundesgesetzes betreffend den Schutz des Zeichens und des Namens des Roten Kreuzes (SR 232.22) jegliche Verwendung des geschützten Zeichens in einer Marke, ohne auf das Bestehen einer Verwechslungsgefahr abzustellen, erfolgt die Beurteilung des Markenbestandteils isoliert (BGE 134 III 406

        E. 5.2, „Verband schweizerischer Aufzugsunternehmen“).

      5. Ferner ist festzustellen, nach welchen örtlichen Verhältnissen sich das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr bestimmt. Diesbezüglich stehen der Grundsatz der Staatenreservierung und der Grundsatz der Schutzrechtsübernahme zueinander im Widerstreit. Die Unterstellung einer Marke unter den Staatsvertrag nach Art. 4 Abs. 2 HkA-E in Verbindung mit Art. 2 Bst. d MSchG ist nach den örtlichen Verhältnissen in der Schweiz zu prüfen, da eine Verwechslungsgefahr erst aufgrund der tatsächlichen Benutzung eines Zeichens auftreten kann (Urteil B-30/2009 E. 3.7, „Alvaro Navarro“). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist auf die fiktive

Sicht eines Schweizer Publikums abzustellen, dem die geschützte Bezeichnung als Herkunftsangabe bekannt ist (BGE 125 III 193 E. 1b, „Budweiser“).

3.

Die Markenprüfung erfolgt in Bezug auf alle vier Landessprachen. Dabei kommt jeder Sprache der gleiche Stellenwert zu. Ist die Marke aus Sicht der massgeblichen Verkehrskreise auch nur nach einer Landessprache schutzunfähig, so ist die Eintragung zu verweigern (Urteile des BVGer B-6740/2008 vom 11. November 2009 E. 3.6, „Sino“; B-2514/2008 vom 25. Mai 2009 E. 3.1 „Magnum [fig.]“; B-7427/2006 vom 9. Januar 2008

E. 3.4 „Chocolat Pavot [fig.]“).

4.

Ausländische Registrierungen eines Zeichens, dessen Schutzfähigkeit in der Schweiz zu prüfen ist, berücksichtigt die Rechtsprechung höchstens als Indiz für die Schutzfähigkeit in der Schweiz (BGE 129 III 225 E. 5.5,

„Masterpiece“; Urteile des BGer 4A.6/2003 vom 14. Januar 2004 E. 3,

„BahnCard”, 4A.5/2003 vom 22. Dezember 2003 E. 4, „Discovery Travel & Adventure Channel“; Urteil B-4080/2008 E. 3, „Aussie Dual Personality“). In Grenzfällen ist es daher zulässig, sich an einer ausländischen Praxis zu orientieren (BGE 114 II 171 E. 2.c, „Eile mit Weile“; Urteil B-4080/2008 E. 3,

„Aussie Dual Personality“; vgl. MARBACH, a.a.O., N. 224). Eine solche

„Grenzfallregelung“ bejaht die Rechtsprechung allerdings nur mit Blick auf den in Art. 2 Bst. a MSchG enthaltenen Ausschlussgrund des Gemeinguts, nicht aber mit Bezug auf die anderen in Art. 2 MSchG genannten Ausschlussgründe (Urteile des BVGer B-6850/2008 vom 2. April 2009 E. 4,

„AJC presented by Arizona girls [fig.]“; B-2419/2008 vom 12. April 2010

E. 11, „Madonna [fig.]“; B-4080/2008 E. 3, „Aussie Dual Personality“).

5.

    1. Die Bezeichnung „Iberia“ ist aufgrund von Art. 2 Abs. 1 HkA-E als Staatsbezeichnung geschützt. „Ibero“ ist das reguläre spanische Adjektiv zu Iberia, kann also mit „iberisch“, „spanisch-portugiesisch“ übersetzt werden (vgl. LANGENSCHEIDT, Handwörterbuch Spanisch, 2006, S. 401). Zugleich weist das italienische Adjektiv „ibèro“ ebenso wie das italienische Wortbildungselement „ibèro-“ in zusammengesetzten Wörtern auf die spanische und die portugiesische Sprache hin. So bezeichnet beispielsweise das Wort „ibèro-americàno“ diejenigen amerikanischen Länder, in denen Spanisch oder Portugiesisch gesprochen wird (LO ZINGERELLI, Vocabolario

      della Lingua Italiana, 12. Aufl., 2009, S. 1042). Die Bezeichnung „ibero-“ ist folglich eine aus dem absolut geschützten Begriff „Iberia“ ableitbare Eigenschaftsbezeichnung. Das HkA-E bestimmt, dass aus geschützten Bezeichnungen abgeleitete Eigenschaftswörter unter den gewährleisteten Schutz („la protection accordée“) von Art. 4 Abs. 2 HkA-E fallen und damit als abgewandelte Formen geschützter Bezeichnungen gelten (vgl. E. 2.7.1). Geschützt sind unter dem HkA-E damit sowohl das deutsche Wort für „Iberien“ wie auch das zum spanischen Substantiv „Iberia“ gehörige spanische Adjektiv „ibero“ und dessen Übersetzung in alle Landessprachen. Die Vorinstanz hat im ersten Teil des Zeichens IBEROGAST folglich zutreffend eine Wortabwandlung der geschützten Bezeichnung „Iberia“ erblickt und ging mithin zu Recht davon aus, dass der Zeichenbestandteil „IBERO-“ unter Art. 4 Abs. 2 HkA-E zu subsumieren ist.

    2. Entgegen der Ansicht der gilt als abgewandelte Form des namentlich geschützten Begriffs „Iberia“ auch die Kombination der geografischen Angabe „ibero“ mit anderen Bestandteilen (vgl. E. 2.7.2). Denn eine solche Abweichung kann nicht nur in einer Veränderung von Buchstaben, sondern auch in einer Hinzufügung von Wörtern oder Wortteilen zu den geschützten Bezeichnungen bestehen, in deren Kontext diese mit ihrem geografischen oder einem anderen Sinngehalt wahrgenommen werden. Solche Wörter können in die Beurteilung der Verwechslungsgefahr aber nur einfliessen, wenn das Markenzeichen als Ganzes beurteilt wird. Dies folgt unter anderem aus der Eintragung von Bezeichnungen wie derjenige der spanischen Region und Provinz „León“ - die denselben absoluten Schutz geniesst wie

      „Iberia“ - in Wortzusammensetzungen wie CH 559'556 LEON MOUTTET oder CH 549'751 LEON HATOT durch die Vorinstanz (vgl. Urteil B-30/2009

      E. 3.6, „Alvaro Navarro“). Das Bestehen einer Verwechslungsgefahr ist darum auch im vorliegenden Fall aufgrund des ganzen angemeldeten Zeichens im Gesamteindruck zu prüfen, wovon auch die Vorinstanz ausgeht. Daher ist festzustellen, ob zwischen dem angemeldeten Zeichen IBEROGAST und dem Begriff „Iberia“ eine Verwechslungsgefahr besteht.

    3. Eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 4 Abs. 2 HkA-E ist für das Zeichen IBEROGAST dann zu bejahen, wenn schweizerische Abnehmer von Pharmaprodukten in fiktiver Kenntnis der Bezeichnung „Iberia“ einen inhaltlichen Bezug auf dieses Gebiet in der Marke IBEROGAST in ihrem Gesamteindruck erblicken und die Marke dadurch geeignet erscheint, Fehlvorstellungen über die Herkunft damit gekennzeichneter Waren auszulösen, ohne dass die Marke deshalb als direkte Herkunftsangabe verstanden zu werden braucht (vgl. E. 2.7; Urteil B-30/2009 E. 3.9, „Alvaro

      Navarro“). Dabei ist nach dem absoluten Schutz des HkA-E - wie im Übrigen auch nach Art. 47 MSchG - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ohne Bedeutung, ob die Geografische Herkunft den Ruf, die Eigenschaften oder die Wertschätzung der gekennzeichneten Ware beeinflusst (vgl. E. 2.6.1; BGE 132 III 770 vom 8. September 2006 E. 4,

      „Colorado“; Urteil B-4080/2008 E. 2.1, „Aussie Dual Personality“). Die Vorinstanz musste daher nicht darlegen, inwiefern eine Assoziation mit der iberischen Halbinsel als mögliches Produktionsgebiet von Pharmaprodukten eine Herkunftserwartung auslösen kann.

    4. Das Zeichen IBEROGAST ist in keiner Landessprache lexikalisch erfasst. Es handelt sich insofern um ein Fantasiezeichen und eine Wortneuschöpfung. Eine gedankliche Trennung des Zeichens in seine Elemente IBERO und GAST drängt sich indes angesichts der Silbenbildung I-, -BE-,

      -RO-, -GAST, aber auch mangels sprachlich vernünftiger Alternativen geradezu auf.

      1. Obschon zwischen der geschützten Bezeichnung „Iberia“ und IBEROGAST, wie die Beschwerdeführerin betont, klare Unterschiede im Schriftbild und Aussprache bestehen, wird das streitgegenständliche Zeichen IBEROGAST durch das Präfix „IBERO-“ dominiert. Für das Bestehen einer Verwechslungsgefahr zwischen der angemeldeten Marke IBEROGAST und der staatsvertraglich geschützten Bezeichnung „Iberia“ spricht daher einerseits die ähnlichen Buchstabenfolge des Präfixes des angemeldeten Zeichens, andererseits aber auch der verwandte Sinngehalt als Eigenschaftswort (E. 2.7.3).

      2. Das Präfix Iberoist in mehreren Landessprachen der Schweiz gebräuchlich. So bezeichnet das deutschsprachige Substantiv „Iberoamerika“ das von der Iberischen Halbinsel aus kolonialisierte und durch Sprache und Kultur mit ihr verbundene Lateinamerika (DUDEN, Das Fremdwörterbuch, Bd. 5, 11. Aufl., 2015, S. 462). Das deutsche Adjektiv „iberoromanisch“ ist ebenso wie sein italienisches Pendant „iberoromànzo“ ein Oberbegriff der zur westromanischen Sprachgruppe gehörigen Sprachen wie Spanisch, Portugiesisch und Katalanisch (WAHRIG, Deutsches Wörterbuch, 9. Aufl., 2011, S. 756; LO ZINGERELLI, a.a.O., S. 1042). Die genann-

        ten Beispiele rufen ihrem Sinngehalt entsprechend Assoziationen einer iberischen Herkunft hervor. Die iberische Halbinsel ist den Schweizer Verkehrskreisen unbestrittenermassen bekannt. Als Indiz für die Bekanntheit des Ausdrucks „iberisch“ als geografische Angabe kann auf die Verwen dung des Begriffs in verschiedenen Schweizer Printmedien abgestellt werden. Aktuell wird die Bezeichnung beispielsweise in der Neue Zürcher Zeitung (nachfolgend: NZZ) im Zusammenhang mit der Verletzung des Stabilitätspaktes der Europäischen Union durch Spanien und Portugal, als gemeinsame Bezeichnung für diese beide Länder verwendet (vgl. „iberische Defizitsünder“, NZZ, Natalie Gratwohl, Kommentar vom 12.07.2016). Eine Recherche nach dem Ausdruck „ibero“ unter www. swissdox. ch liefert über 200 Treffer in Schweizer Medien seit 1998. Unter den Quellen der letzten fünf Kalenderjahre sind bedeutende Printund Onlinemedien verschiedener Landessprachen, namentlich Le Temps, Tribune de Genève, La Liberté, Le Martin Dimanche, NZZ, NZZ am Sonntag, NZZ Online, St. Galler Tagblatt und 20 minuten online. Es kann daher mit der Vorinstanz festgehalten werden, dass der Zeichenbestandteil IBERO ein verbreitetes Wortbildungselement ist, dessen Sinngehalt den Schweizer Verkehrskreisen bekannt ist. Etymologisch scheint die geschützte Bezeichnung nicht eindeutig zugeordnet werden zu können. So wird sowohl auf die von den baskischen Wörtern „herri“ und „berro“ abgeleitete Bedeutung „warmes Land“ als auch auf den Fluss „Ebro“ als Namensgeber verwiesen (DIETMAR URMES, Handbuch der geografischen Namen, Wiesbaden 2003, S. 101). Diese Ableitungen dürften den massgebenden Verkehrskreisen jedoch kaum bekannt sein.

      3. Der zweite Bestandteil -GAST beruht auf der Bedeutung „Fremdling“, dessen ursprünglich auch feindlich abweisende Bedeutung seit dem ausgehenden Mittelalter von seiner freundlich aufnehmenden Bedeutung überragt wird (DUDEN, Das Herkunftswörterbuch, Bd. 7, 5. Aufl., 2013,

        S. 316). Dass die Verkehrskreise stattdessen an medizinische Fachwörter mit der griechischen Wortwurzel "Gastr-" (der Magen) wie "Gastritis" oder "Gastroenterologie" denken, erscheint weniger wahrscheinlich, da der Buchstabe "-r" fehlt, bewirkte für den Markenbeginn aber ohnehin keinen klareren Sinn. Dieser Zeichenbestandteil vermag den Gesamteindruck der Marke daher in keinem Fall derart zu verändern, dass eine Herkunftserwartung dadurch ausgeschlossen wäre (vgl. Urteile des BGer 4A-357/2015 vom 4. Dezember 2015 E. 5.3, „Indian Motorcycle“; 4A_508/2008 E. 4.2,

        „Afri-Cola“). Die Endung -GAST stellt in diesem Sinne kein entlokalisierendes Element dar.

      4. Das Zeichen IBEROGAST erweckt bei den angesprochenen Verkehrskreisen daher keinen von der geschützten Bezeichnung deutlich verschiedenen Gesamteindruck, es fehlt ein klar erkennbar unterschiedlicher Sinngehalt. Dementsprechend ist das Zeichen geeignet, unzutreffende

Vorstellungen über die geografische Herkunft der durch sie gekennzeichneten Waren zu erwecken. Mithin ist die Vorinstanz bezüglich dem Kennzeichen IBEROGAST rechtsfehlerfrei von einer Prägung des Gesamteindrucks durch den Bestandteil „IBERO-“ ausgegangen.

6.

    1. Die Beschwerdeführerin stellt sich auf den Standpunkt, das angemeldete Zeichen habe eine eigenständige Zweitbedeutung entwickelt. Es werde mit der botanischen Bezeichnung „Iberis“ assoziiert, da diese Pflanze Bestandteil des beanspruchten Produktes sei. Dies allerdings schliesst die bestehende Verwechslungsgefahr nicht aus. „Iberis“ - lateinisch „Schleifenblume“, griechisch „Giftkresse“ (WAHRIG, a.a.O., S. 756) - ist wohl einem Fachpublikum wie Ärzten, Apothekern und Botanikern bekannt. Das Produkt ist indessen rezeptfrei in Apotheken erhältlich und richtet sich an den Durchschnittskonsumenten. Relevante Verkehrsgruppen sind daher neben medizinische Fachpersonen und Apothekern, auch die Allgemeinbevölkerung. Dies stellt die Beschwerdeführerin auch nicht in Abrede.

    2. Es kann nicht damit gerechnet werden, dass die der Marke begegnenden Verkehrskreise sie allein mit der von der Beschwerdeführerin ins Feld geführten Bedeutung als Hinweis auf die Pflanzenbezeichnung Iberis verstehen und dieser Sinngehalt die Marke damit unter Ausschluss jeder Verwechslungsgefahr von der geschützten Bezeichnung Iberia unterscheidet. Sofern das Präfix „Iber-“ als Pflanzenname aufgefasst wird, schliesst dies das Bestehen einer Verwechslungsgefahr mit der staatsvertraglich geschützten Bezeichnung daher nicht aus. Da die reine Gefahr einer Verwechslung im Bereich der nach dem HkA-E absolut geschützten Bezeichnungen eine Verpflichtung der Schweizer Behörden nach sich zieht, eine Eintragung des betroffenen Zeichens im Markenregister zu verweigern (vgl. E. 2.2), kann die Frage, ob in Bezug auf das Zeichen IBEROGAST von einer eigenständigen Zweitbedeutung auszugehen ist, offen bleiben.

7.

Im Lichte der genannten Rechtsprechung (vgl. E. 4) hat die Vorinstanz zudem zutreffend zugrunde gelegt, dass die Eintragung gleichlautender Marken IBEROGAST in Staaten der Europäischen Union bei der Beurteilung eines allfälligen Verstosses gegen das HkA-E und damit gegen Art. 2 Bst. d MSchG unbeachtlich sind.

8.

Eine Schutzgewährung für das Zeichen IBEROGAST würde nach den dargelegten Erwägungen gegen das HkA-E und somit gegen geltendes Recht gemäss Art. 2 Bst. d MSchG verstossen. Damit erübrigt sich die Prüfung, ob das angemeldete Zeichen zudem Art. 2 Bst. c MSchG verletzt.

Die Beschwerde ist somit abzuweisen.

9.

    1. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und mit dem geleisteten Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 4‘000.- zu begleichen. Die Gerichtsgebühren sind nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien festzulegen (Art. 63 Abs. 4bis VwVG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]). Bei Markeneintragungen geht es um Vermögensinteressen. Die Gerichtsgebühr bemisst sich folglich nach dem Streitwert (Art. 4 VGKE). Die Schätzung des Streitwerts hat sich nach Lehre und Rechtsprechung an Erfahrungswerten aus der Praxis zu orientieren, wobei bei eher unbedeutenden Zeichen grundsätzlich ein Streitwert zwischen Fr. 50‘000.- und Fr. 100‘000.- angenommen werden darf (BGE 133 III 490 E. 3.3, „Turbinenfuss [3D]“). Von diesem Erfahrungswert ist auch im vorliegenden Verfahren auszugehen. Es sprechen keine konkreten Anhaltspunkte für einen höheren oder niedrigeren Wert der strittigen Marke. Nach dem Gesagten rechtfertigt es sich, die Verfahrenskosten auf Fr. 2‘500.- festzulegen.

    2. Es wird weder der Beschwerdeführerin noch der Vorinstanz eine Parteientschädigung ausgerichtet (Art. 64 Abs. 1 VwVG; Art. 7 Abs. 3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die Verfahrenskosten von Fr. 2‘500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt und dem erhobenen Kostenvorschuss von Fr. 4‘000.- entnommen. Der Überschuss von Fr. 1‘500.- wird der Beschwerdeführerin nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils zurückerstattet.

3.

Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.

Dieses Urteil geht an:

  • die Beschwerdeführerin (Gerichtsurkunde; Beilage: Rückerstattungsformular)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. 52047/2014 IBEROGAST; Gerichtsurkunde)

Der vorsitzende Richter: Die Gerichtsschreiberin:

David Aschmann Agnieszka Taberska

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in Zivilsachen geführt werden (Art. 72 ff., 90 ff. und 100 BGG). Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

Versand: 24. August 2016

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.
www.swissactiv.ch
Menschen zusammenbringen, die gemeinsame Interessen teilen
Die Freude an Bewegung, Natur und gutem Essen fördern
Neue Leute treffen und Unternehmungen machen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.

SWISSRIGHTS verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf der Website analysieren zu können. Weitere Informationen finden Sie hier: Datenschutz