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Urteil Kantonsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:BZ.2006.35, BZ.2006.36
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:Zivilkammern (inkl. Einzelrichter)
Kantonsgericht Entscheid BZ.2006.35, BZ.2006.36 vom 22.11.2006 (SG)
Datum:22.11.2006
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 1 und Art. 18 Abs. 1 OR. Beurteilung der Geschäftsbeziehung einer Schweizer Gesellschaft mit einer österreichischen Firmengruppe im Hinblick auf die Frage, ob die in jüngerer Zeit seitens der österreichischen Firmengruppe neu im Rahmen der Vertragsabwicklung erfolgte Einschaltung einer ebenfalls in der Schweiz domizilierten Firma nach dem übereinstimmenden tatsächlichen oder normativen Willen der Parteien auch dazu führte, dass neu der Schweizer Ableger der österreichischen Firmengruppe zum Vertragspartner der Schweizer Gesellschaft wurde (Kantonsgericht, III. Zivilkammer, 22. November 2006, BZ.2006.35 und 36).
Schlagwörter : Beklagte; Kläger; Vertrag; Konfektion; Kläg; Beklagten; Rechnung; Einvernahme; S-Konfektion; Vertragspartner; Berufung; Auftrag; Aufträge; Hätte; Schweiz; Gleich; Vertragspartnerin; Sprechen; Wechsel; Berufungsantwort; Wurden; Konkret; Firmen; Österreich; Führte; Konkrete; Weiter; Schweizer
Rechtsnorm: Art. 18 OR ; Art. 189 OR ; Art. 466 OR ; Art. 68 OR ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
ROLF H. WEBER, Berner Kommentar, 110 ff. Art. OR, Art. 68 OR, 1988
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Art. 1 und Art. 18 Abs. 1 OR. Beurteilung der Geschäftsbeziehung einer Schweizer Gesellschaft mit einer österreichischen Firmengruppe im Hinblick auf die Frage, ob die in jüngerer Zeit seitens der österreichischen Firmengruppe neu im Rahmen der Vertragsabwicklung erfolgte Einschaltung einer ebenfalls in der Schweiz domizilierten Firma nach dem übereinstimmenden tatsächlichen oder normativen Willen der Parteien auch dazu führte, dass neu der Schweizer Ableger der österreichischen Firmengruppe zum Vertragspartner der Schweizer Gesellschaft wurde (Kantonsgericht, III. Zivilkammer, 22. November 2006, BZ.2006.35 und 36).

Erwägungen

I.

  1. a) Am 18. Oktober 2004 liess der Kläger S Klage beim Kreisgericht erheben. Er begründete seine Forderung damit, dass die B-AG als Handelsfirma, welche für diverse Schweizer Gesellschaften Rohware mit dem Auftrag zur Weiterverarbeitung - hier zu Vorhängen - entgegengenommen habe, ab 1999 (Konfektions-) Aufträge der Beklagten ausgeführt habe. Die geltend gemachte Forderung resultiere aus Rechnungen über Fr. 31'549.- bzw. Fr. 14'150.- für ausgeführte Aufträge, welche die Beklagte nicht bezahlt habe. Die beiden noch ausstehenden Forderungen und damit sämtliche aus dem Vertragsverhältnis zwischen der B-AG und der Beklagten resultierenden Rechte habe er sich am 15. Dezember 2003 abtreten lassen.

    b) Die Beklagte stellte sich demgegenüber auf den Standpunkt, dass zwischen ihr und der B-AG nie ein Vertragsverhältnis bestanden habe. Seit 1995 habe die Firma S- Konfektion in Österreich für sie Konfektionsaufträge ausgeführt bzw. diese an die Firma I in der Slowakei weitergegeben. Ende 1998 sei die B-AG als Zahlstelle/Hilfsperson für die Auftragsabwicklung eingeschaltet worden. Ihr Vertragspartner sei aber weiterhin die Firma S-Konfektion gewesen, eine Vertragsbeziehung zur B-AG sei nie begründet worden.

    Nachdem die Vorinstanz den Verkaufsleiter der Beklagten, Herrn J, als Zeugen sowie den Kläger S und den Geschäftsführer der Beklagten, Herrn K, als Partei befragt hatte, schützte sie die Klage mit Urteil vom 22. November 2005 teilweise. Sie nahm an, dass ab Ende 1998 die B-AG Auftragnehmerin der Beklagten war und nicht bloss Zahlstelle beziehungsweise Hilfsperson der Firma S-Konfektion. Sie schützte demzufolge die Forderung gemäss Rechnung vom 22. Dezember 2000 (kläg. act. 13) über Fr. 31'549.-. Demgegenüber wies sie die Forderung gemäss Rechnung vom 9. Mai 2001 (kläg. act.

    15) über Fr. 14'150.- ab. Der Kläger S könne nicht nachweisen, dass die dieser Rechnung zugrunde liegende Auslieferung der Ware durch die B-AG tatsächlich erfolgt sei.

  2. Gegen dieses Urteil erhoben die Parteien je am 28. April 2006 Berufung. Im Laufe des Berufungsverfahrens wurden beide Berufungen vereinigt. Die Parteien verzichteten auf einen zweiten Schriftenwechsel, nachdem Ihnen mitgeteilt worden war, dass keine mündliche Verhandlung stattfindet.

II.

  1. Vorerst ist festzuhalten, das die einvernommenen Parteien beziehungsweise der Zeuge grundsätzlich als glaubwürdig erscheinen, wie auch die Vorinstanz angenommen hat (Urteil, 3a/cc). Auf ihre Aussagen kann daher an sich abgestellt werden.

  2. Unbestritten erteilte die Beklagte ihre Aufträge ursprünglich (ab 1995) an die Firma S-Konfektion in Österreich. Der Kläger S anerkennt ausdrücklich, dass in den ersten Jahren die Firma S-Konfektion Vertragspartnerin der Beklagten war. Konkret ging es darum, dass die Beklagte der Firma S-Konfektion Stoffe zur Verfügung stellte und diese beauftragte, die Stoffe zu konfektionieren, daraus Vorhänge herzustellen (Zuschneiden der Stoffe auf die gewünschte Länge und Breite, diese Coupons abzunähen, Gleiter anzubringen, einen Bleisaum einzunähen, die Vorhänge entsprechend den Weisungen zu verpacken etc.) (Klageantwort, 3; Replik, 2; Einvernahme Kläger S, 7; Berufung Beklagte, 2f.; Berufungsantwort Kläger S, 5). Die Firma S-Konfektion liess die Arbeiten bei der Firma I in der Slowakei ausführen. Aufgrund der zu erbringenden Arbeiten handelte es sich hierbei offensichtlich um Werkverträge.

Beide Parteien sprechen von Aufträgen (Mehrzahl) und gehen damit davon aus, dass kein einheitlicher gesamthafter Vertrag bestand, sondern in jedem Einzelfall ein (Werk-) Vertrag abgeschlossen wurde. Es gibt denn auch keine konkreten Behauptungen in dem Sinn, dass zu Beginn der Zusammenarbeit ein Grundvertrag abgeschlossen worden wäre, gestützt auf welchen dann im Einzelfall Aufträge erteilt worden wären. Bei dem umstrittenen Wechsel des Vertragspartners im Jahr 1998 geht es somit nicht etwa um eine Vertragsübernahme, die einen dreiseitigen Vertrag voraussetzen würde (EUGEN BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 2. Aufl., Zürich 1988, 592; GAUCH/SCHLUEP/SCHMID/REY, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, Bd. II, 8. Aufl., Zürich 2003, Rz. 3755). Wenn die Parteien von "Wechsel einer Vertragspartei" (zum Beispiel Duplik, 3) sprechen, geht es vielmehr darum, ob im Rahmen einer längeren Geschäftsbeziehung einfach mit der bisherigen Vertragspartnerin Firma S-Konfektion keine weiteren Werkverträge mehr abgeschlossen wurden und stattdessen mit der neuen Vertragspartnerin B-AG. Hierfür

brauchte es keinen dreiseitigen Vertrag. Massgeblich ist allein, ob zwischen der B-AG und der Beklagten ab 1998 tatsächlich oder normativ von einem Vertragsabschluss bzw. sich folgenden Vertragsabschlüssen ausgegangen werden kann.

Die Beklagte bestreitet für sich einen entsprechenden tatsächlichen Vertragswillen. Ein solcher kann aufgrund der vorhandenen Beweise auch nicht nachgewiesen werden. Ein Indiz für einen solchen tatsächlichen Willen ist zwar das Schreiben der Beklagten vom

30. Dezember 2000 (kläg. act. 19a), auf welches sich denn der Kläger S auch wiederholt bezieht (zum Beispiel Berufungsantwort, 4 oben). Dort bezeichnete Geschäftsleiter Herr K die B-AG als "Nachfolgefirma", die nun für die aus dem Geschäftsverkehr mit der Firma S-Konfektion entstandenen Zollbusse hafte. Es ist aber davon auszugehen, dass Herr K die Verhältnisse nicht wirklich kannte. So gaben Herr J (Einvernahme, 6) und Herr K (Einvernahme, 3) an, letzterer habe keine Übersicht über die Geschäftsbeziehung zu den S-Firmen gehabt. Dies wurde auch vom Kläger S selber sinngemäss bestätigt, wenn er darlegte, er habe zwar auch mit Herrn K Gespräche gehabt, aber "für mich war Herr J die Beklagte" (Einvernahme Kläger S, 3). Herr K war offenbar vom Inhaber der Beklagten beauftragt worden, die "Zollgeschichte" zu erledigen und sah eine Möglichkeit, im Rahmen der Rechnungsstellung durch die B-AG diese Schadenersatzposition zu verrechnen (Einvernahme Herr J, 6; Einvernahme Herr K, 3). Aus dem nachträglichen Schreiben vom 30. Dezember 2000 (kläg. act. 19a) kann daher nicht auf einen entsprechenden tatsächlichen Willen der Beklagten geschlossen werden.

Es ist auch nicht klar, wie konkret der Wechsel abgesprochen wurde. In den Rechtsschriften blieb der Kläger S selber immer sehr unbestimmt (zum Beispiel Replik, 2: "Mitte 1999 erfolgte ein Wechsel"), ohne dass die näheren Umstände substantiiert wurden. Auf die konkrete Frage, wie die Abmachung stattgefunden habe, sagte der Kläger S zwar aus, gemeinsam hätten sie - d.h. er und seine Frau - Herrn J mitgeteilt, dass neu die B-AG "Auftragnehmerin" sei (Einvernahme, 9 [wobei das Wort "Auftragnehmerin" in der Frage verwendet und nicht vom Kläger S selber formuliert wurde]). Und etwas konkreter führte er aus: "Eigentlich haben das meine Frau und ich ausgehandelt und das Ergebnis den Kunden nur noch mitgeteilt. Also wir haben der Beklagten mitgeteilt: 'In Zukunft wird für Sie die Firma B-AG in der Schweiz zuständig sein. Der Kläger S ist Ansprechpartner für das Finanzielle und alles drum und dran und

es wird für Sie leichter werden.' Die Beklagte war froh darüber." (Einvernahme, 2). Und der Zeuge Herr J sagte auf die Frage des Gerichtspräsidenten, ob der Kläger S einmal der Beklagten gegenüber als formeller Vertreter der B-AG aufgetreten sei und gesagt habe, dass er für die B-AG mit Sitz in der Schweiz handle: "Das ist mir nicht bekannt. Er fragte mich einmal im Herbst 1998, was ich dazu sagen würde, wenn künftig von einer Schweizer Firma die Rechnung käme und wir dann in der Schweiz einzahlen könnten. Ich habe ihm dann gesagt, dass das für uns kein Problem

wäre" (Einvernahme Herr J, 3). Ein übereinstimmender tatsächlicher Wille, dass neu die B-AG Vertragspartnerin sein soll, kann daraus nicht entnommen werden. Vielmehr ist, wie auch die Vorinstanz annahm, zu prüfen, ob die Beklagte sich einen entsprechenden Vertragsschluss normativ, nach dem Vertrauensprinzip, zurechnen lassen muss.

3. Der Kläger S trägt die Beweislast für einen Vertragsabschluss zwischen der B-AG und der Beklagten, da er aus diesem Vertrag seine Forderung ableitet. Ob normativ von einem solchen Vertragsschluss ausgegangen werden kann, hängt massgeblich davon ab, inwieweit sich für die Beklagte wahrnehmbar die Verhältnisse beziehungsweise Geschäftsabläufe durch das Einschalten der B-AG Ende 1998 geändert haben. Es ist am Kläger S als beweisbelastete Partei, diese Umstände darzutun.

  1. Die Schwierigkeit der Auslegung im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Nähe beziehungsweise Vermischung der involvierten natürlichen und juristischen Personen. Die Firma S-Konfektion ist eine der geschiedenen Ehefrau des Klägers S gehörende Einzelfirma mit der Adresse in Österreich. An der gleichen Adresse befinden sich auch Büro und Sitz der S-Produktions GmbH, welche im Alleineigentum des Klägers S stand (Replik, 3). Die Firma I in derSlowakei sodann gehörte im fraglichen Zeitraum dem Kläger S und Frau S je hälftig. Die B-AG schliesslich stand im Alleineigentum des Klägers S (Replik, 3). Die B-AG hatte ihren Sitz somit zwar in der Schweiz und hatte auch Lagerräume gemietet (kläg. act. 17a). Nach der eigenen Darstellung des Klägers S war aber die S-GmbH "die Bürostelle der B-AG", man habe "ein Büro gehabt ( ) miteinander". Mit andern Worten wurde die konkrete Bürotätigkeit für die B-AG ebenfalls im Büro der S-Produktions GmbH in Österreich ausgeübt.

  2. Nachdem davon auszugehen ist, dass kein umfassender Grundvertrag abgeschlossen wurde, ist entscheidend, wie die konkreten einzelnen

    Konfektionsaufträge erteilt wurden. Die Beklagte hatte im Hinblick auf die prozessgegenständliche Rechnung Nr. 2349 einundvierzig schriftliche Aufträge eingereicht (bekl. act. 1). Diese betreffen das Jahr 2000, also die Zeit nach dem behaupteten Wechsel zu B-AG. Für den früheren Zeitraum legte sie keine entsprechenden Aufträge vor und behauptete auch nicht explizit, vor Ende 1998 hätten die Auftragsformulare gleich ausgesehen. Nachdem der Zeuge Herr J darauf hingewiesen hatte, dass auf den Aufträgen (gemeint jene nach 1998) "Konfektionsauftrag an Firma S" und nicht an Firma B-AG (Einvernahme, 4) gestanden habe, führte die Beklagte dann im Berufungsverfahren aus, auf den von der Beklagten erteilten Aufträgen habe unverändert "Konfektionsauftrag an Firma S" gestanden (Berufungsantwort, 4). Damit behauptete sie, dass auch die Auftragsformulare vor Gründung der B-AG gleich aussahen. Die Beklagte hatte den Kläger S mehrmals aufgefordert, auf die B-AG lautende Auftragsformulare einzureichen, wenn er denn über solche verfüge. Dem kam er nicht nach. Vielmehr führte er in der erstinstanzlichen Einvernahme (S. 9 unten) im Zusammenhang mit der Auftragserteilung aus: "Ich habe die Aufträge alle da (gemeint jene an die B-AG). Das hier ist einer der letzten Aufträge der Beklagten an den Kläger S[ ]". Er reichte dann ein Auftragsformular vom 8. Januar 2001 (kläg. act. 27) ein, das im Wesentlichen den von der Beklagten unter bekl. act. 1 eingereichten Aufträgen entspricht. Somit ist davon auszugehen, dass der Kläger S gar nicht geltend macht, es hätten schriftliche Aufträge bestanden, die ausdrücklich auf B- AG lauteten. Damit kann insgesamt angenommen werden, dass die äussere Form der Auftragserteilung im Verlauf der Zeit nicht geändert wurde.

    Der Kläger S ging in seinen Rechtsschriften nicht auf die konkrete Auftragserteilung ein. Dass die Art der Auftragserteilung aber von Bedeutung ist, nahm er selber an, wenn er in seiner Einvernahme (S. 9) auf entsprechende Frage des Gerichtspräsidenten ausführt, der Verkaufsleiter der Beklagten, Herr J sei über den Wechsel informiert worden und habe ihn auch zur Kenntnis genommen, "[ ] denn er hat ab diesem Zeitraum die Aufträge an das Fax der S-GmbH, welche die Bürostelle der B-AG war, gefaxt". Und sodann führte er auf Nachfrage des beklagtischen Rechtsvertreters aus: "Die B-AG hat ein Briefpapier. Auf diesem Briefpapier ist eine Fax-Nummer angeführt, und auf diese Fax-Nummer wurden alle Aufträge erteilt." Alle drei Firmen - die Firma S- Konfektion (vgl. bekl. act. 4), die S-Produktions GmbH (vgl. kläg. act. 18) und die B-AG (vgl. kläg. act. 13 und bekl. act. 6) - hatten aber die gleiche Fax-Nummer. Konkret

    wurden somit die Konfektionsaufträge vor und nach Einbindung der B-AG - soweit sie nicht ohnehin direkt der Firma I in der Slowakei übermittelt wurden - immer an die gleiche Fax-Nummer im Büro in Österreich übermittelt.

    Zusammenfassend ergibt sich, dass aufgrund der Auftragserteilung für die Beklagte keine Änderung ersichtlich war. Verkaufsleiter Herr J gab denn auch in seiner Einvernahme an, für die Beklagte sei alles wie bis anhin gelaufen (S. 4).

  3. Die Auftragserteilung mit den Formularen "Konfektionsauftrag S" an die gemeinsame Fax-Nummer aller drei Firmen in Österreich ist aber auch nicht so eindeutig, dass bei Vorliegen weiterer Umstände nicht doch geschlossen werden könnte, die Beklagte hätte nach Treu und Glauben erkennen müssen, dass nun B-AG die Vertragspartnerin sein soll. "S" konnte man nämlich allenfalls auch einfach auf eine der Firmen im "S"- Konglomerat beziehen. Der Kläger S selber machte in seiner oben zitierten Einvernahme genau diesen Schluss, indem er das Formular "Konfektionsauftrag S" als Auftrag an "den Kläger S" bezeichnete. Unbestritten war aber der Kläger S selber als natürliche Person nie Beauftragter.

    aa) Der Kläger S beruft sich in diesem Sinn darauf, dass er es war, mit dem die Beklagte jeweils die Vertragsverhandlungen, namentlich die Preisabsprachen, führte (Berufungsantwort 8/9). Konkret lief es nach dem Kauf der B-AG gemäss seiner Darstellung so, dass er namens der B-AG schriftliche Offerten machte. Diese hätten jeweils auf Besprechungen mit seiner Frau beruht, da diese als Näherin die technischen Einzelheiten gekannt und den Zeitbedarf habe einschätzen können (Einvernahme Kläger S, 4). Der Kläger S war aber bereits vor der Gründung der B-AG, damals noch für die Firma S-Konfektion, zuständig für die finanziellen Belange; er machte die Kalkulationen und die Preise (Einvernahme Herr J, 3). Ebenso ist davon auszugehen, dass auch die Ehefrau als Näherin sowohl vor wie nach der Gründung der B-AG in gleicher Weise mitwirkte. Sinngemäss ergibt sich dies aus der Aussage des Klägers S selbst, wenn er darauf hinweist, dass die Frau die technischen Einzelheiten gekannt habe. Ausdrücklich führte sodann der Zeuge Herr J aus, Frau S habe sich um die Produktion und die Abwicklung der Aufträge gekümmert, auch wenn es zu Reklamationen gekommen sei. Mängelrügen habe man mit Frau S besprochen (Einvernahme Herr J, 3 und 8). Auch an dieser arbeitsteiligen Ausführung der Aufträge

    durch den Kläger S und Frau S änderte sich somit im alltäglichen Ablauf nichts Entscheidendes.

    Die Beklagte hat jeweils bezüglich der Vertragskonditionen mit dem Kläger S verhandelt. Es fragt sich, ob für sie erkennbar war, in wessen Namen der Kläger S auftrat. Soweit die Verhandlungen telefonisch liefen, ist davon auszugehen, dass dem nicht so war. Alle drei Firmen - Firma S-Konfektion, B-AG und S-Produktions GmbH - hatten nicht nur die gleiche Fax-Nummer, sondern auch die gleiche Telefonnummer. Der Kläger S war nicht an der Adresse der B-AG erreichbar, sondern in Österreich. Der Zeuge Herr J führte denn auch aus: "Wenn ich bei S anrufe und der Kläger S meldet sich, weiss ich ja nicht, für wen er spricht. Ich gehe davon aus, dass ich mit der Firma S gesprochen habe" (Einvernahme, 4).

    bb) Der Kläger S macht sodann geltend, er hätte wegen des schriftlichen Verkehrs zwischen den Parteien und namentlich der Rechnungsstellung und Bezahlung von einem Vertragsverhältnis mit der B-AG ausgehen dürfen (Replik, 5; Berufungsantwort, 3). Auch die Vorinstanz stellte massgeblich darauf ab, dass ab 1999 die Offertstellung durch den Kläger S für die B-AG erfolgte (kläg. act. 3a, 3b), die Beklagte mit dem Kläger S über die Preisgestaltung verhandelte (Brief B-AG an die Beklagte vom 19. Juli 2000, kläg. act. 3b) und der Kläger S bzw. die B-AG Ansprechperson für die Problemlösung in finanziellen Belangen war (kläg. act. 7 und 8). Schliesslich habe die B-AG jeweils Rechnung gestellt (kläg. act. 4) und die Beklagte an sie bezahlt (kläg. act. 5). Daraus sei ersichtlich, dass alle Korrespondenz und die ganze Auftragsabwicklung ab 1999 über die B-AG lief, während die Firma S-Konfektion in diesem Zeitraum in Bezug auf rechtsgeschäftliche Absprachen nicht (mehr) in Erscheinung getreten sei (Urteil Vorinstanz, 5 oben).

    Diesbezüglich ist jedoch zu differenzieren. Ausgewiesen und auch seitens der Beklagten unbestritten ist, dass die B-AG Rechnung stellte (und daher auch Rechnungskorrekturen, beispielsweise kläg. act. 9, an sie gerichtet waren) und die Beklagte an sie bezahlte. Richtig ist auch, dass die B-AG Offerten an die Beklagte richtete, nämlich am 23.2.1999, 2.2.2000, 15.3.2000, 19.7.2000, 23.8.2000, 28.8.2000

    und 31.8.2000 (kläg. act. 3). Dabei handelte es sich offenbar nicht um Offerten für konkrete Nähbestellungen, sondern um eine Art Rahmenpreisliste, die dann bei einem

    konkreten Auftrag zugrunde gelegt wurde. Im gleichen Sinn - aber umgekehrt - hatte auch die Beklagte ihrerseits am 14.8.2000 eine Preisliste erstellt (kläg. act. 2, Einvernahme Herr J, 8). Bereits hier zeigt sich aber, dass innerhalb der S-Firmengruppe keine klaren Abgrenzungen getroffen wurden. So bezeichnete die Beklagte zwar die von ihr erstellte Preisliste (kläg. act. 2) als "Preisliste für Konfektionsaufträge - B-AG (Preise CHF)", gleichzeitig ist der Dokumentenname der Excel-Tabelle aber "S/ Preisliste". Und die Preisofferten der B-AG (kläg. act. 3) erfolgten zwar auf deren Papier, aber mit Absendeort Österreich. Im weiteren schriftlichen Verkehr adressierte die Beklagte ihre Schreiben einmal an die B-AG, jedoch mit der Anrede "Sehr geehrte Herr und Frau S" (kläg. act. 7, Schreiben vom 17.8.2000), obwohl Frau S mit der B-AG unbestritten nichts zu tun hatte. Ein Fax vom 22. Juni 2000 sodann war einfach schlicht an "Firma S, Österreich" gerichtet (kläg. act. 20). Weitere Schreiben (sog. Tarifblätter) vom 4. Dezember 2000 waren adressiert an "B-AG Produktionshandelsgesellschaft GmbH, (kläg. act. 19) und damit an eine nicht bestehende Firma.

    Klar im Namen der B-AG waren somit einzig die Rechnungsstellung (kläg. act. 4, 13 und 15) und die Zahlung. Die Beklagte macht diesbezüglich geltend, B-AG sei nach ihrem Verständnis nur "Zahlstelle" für die Firma S-Konfektion gewesen (Berufung Beklagte 13; Berufungsantwort Beklagte 9; Klageantwort 4; Duplik 5 und 7). Die Zahlstelle ist blosse Hilfsperson des Gläubigers. Gestützt auf eine Empfangsermächti¬gung des Gläubigers ist sie Leistungsempfängerin ohne eigenes Recht, vom Pflichtigen die Zahlung zu fordern. Der Gläubiger kann die Bezeichnung der Zahlstelle jederzeit widerrufen, womit der Pflichtige nicht mehr befreiend an die Zahlstelle leisten kann (ROLF H. WEBER, Berner Kommentar, N 110 ff. zu Art. 68 OR; EUGEN BUCHER, Schwei¬zerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 2. Aufl., Zürich 1988, 295 f.; THOMAS KOLLER, Basler Kommentar, N 11 zu Art. 466 OR). Die Abgrenzung erfolgt nach Stellvertretungsgrundsätzen. Die Rechnung enthält keinen Hinweis auf die Firma S-Konfektion beziehungsweise ein Vertretungsverhältnis. Vielmehr steht am Schluss der Rechnungen vom 22.12.2000 (kläg. act. 13) und 09.05.2001 (kläg. act. 15) der Hinweis "WIR DANKEN FÜR IHREN GESCHÄTZTEN

    AUFTRAG" (bei der Rechnung vom 31.1.1999, kläg. act. 4, fehlt diese letzte Seite). Das spricht dafür, wie auch die Vorinstanz angenommen hat, dass die B-AG in eigenem Namen als Gläubigerin aufgetreten ist. Anderseits handelt es sich beim erwähnten Hinweis um eine Floskel, die standardmässig auf Rechnungen zu finden ist und

    welcher der Zahlende wohl im Regelfall keine grosse Bedeutung beimisst. Entscheidender ist, ob die B-AG nicht nur zum Leistungsempfang, sondern auch zur Wahrnehmung sonstiger vertraglicher Befugnisse ermächtigt war und entsprechende konkrete Befugnisse auch ausübte (BUCHER, a.a.O., 296). Gläubiger des Werklohns ist die Unternehmerin, welche ihrerseits zur Gegenleistung, nämlich der Werkerstellung verpflichtet ist. Vorliegend wurden die Näharbeiten von der Firma I erledigt. Allein daraus, wer das Werk herstellte, kann somit nichts abgeleitet werden, denn die Firma I war grundsätzlich sowohl Subunternehmerin der Firma S-Konfektion wie der B-AG. Vorliegend ist lediglich umstritten, ob die Firma I auch für die Aufträge der Beklagten als Subunternehmerin der B-AG handelte. Auch diesbezüglich war jedoch von aussen nicht wahrnehmbar, für wen sie tätig wurde. Anders wäre es hingegen, wenn beide Firmen jeweils einen anderen Subunternehmer eingeschaltet hätten und dies von aussen ersichtlich gewesen wäre. Anhaltspunkte können sich aber daraus ergeben, wem gegenüber zum Beispiel die Leistung abgerufen wurde, wer in Verzug gesetzt wurde, wem gegenüber Mängelrechte ausgeübt wurden etc.. Auf den Hinweis des Kläger Sischen Rechtsvertreters, Preisdifferenzen seien jeweils bei den Rechnungen der B-AG abgezogen worden (zum Beispiel kläg. act. 7), erklärte der Zeuge Herr J, das treffe zu, abziehen könne man nur dort, wo man die Rechnung zahlen müsse. Und auf die Folgefrage, es gehe aber um Preisdifferenzen, eine Mängelrüge, präzisierte er dann, diese Preisdifferenzen habe man zwar bei B-AG abgezogen, aber vorgängig mit Frau S diskutiert (Einvernahme, 8. Und Einvernahme, 3: "Alles, was die Konfektion und die Abwicklung der Aufträge betraf, das war in Dubnica in der Konfektion die Frau L oder Frau S. Auch wenn es zu Reklamationen kam. Frau S war auch öfters im Atelier in der Slowakei. Dann erreichte man sie auch dort."). Das erscheint glaubwürdig umso mehr, als der Kläger S selber ausgeführt hatte, die Preise (Offerten) hätten jeweils auf Besprechungen mit seiner Frau beruht, da diese als Näherin die technischen Einzelheiten gekannt und den Zeitbedarf habe einschätzen können (Einvernahme Kläger S, 4). Wenn sie die technischen Einzelheiten kannte, leuchtet auch ein, dass sie es war, die Preisabzüge wegen Mängeln akzeptieren konnte. Frau S als Person war aber nie für die B-AG tätig. Sie konnte entsprechende Zugeständnisse auch nicht als Mitinhaberin der Firma I gemacht haben, denn diese war unbestrittenermassen nur Subunternehmerin (sei es der Firma S-Konfektion oder der B-AG) und konnte als solche nicht zulasten der Unternehmerin und Vertragspartnerin der Beklagten

    Mängelrügen akzeptieren. Also konnten ihre Zugeständnisse von der Beklagten nur als solche der Firma S-Konfektion verstanden werden.

    cc) Der Kläger S sieht weitere Anhaltspunkte für seine Auffassung darin, dass die B-AG für die Beklagte auf eigene Kosten und Gefahr Export und Reimport der Ware besorgt, die Zollformalitäten/Verzollung erledigt sowie Zollzahlung und Entrichtung der Mehrwertsteuer übernommen habe (Kläger Sische Berufungsantwort, 3-6; Klage, 4; Replik, 3-5; je mit Verweis auf kläg. act. 10-12). Diesbezüglich habe sich gegenüber den früheren Verhältnissen für die Beklagte eine merkliche Erleichterung und Vereinfachung ergeben. So hat die Beklagte ihrer Meinung nach vor allem nichts mehr mit der Mehrwertsteuer und den Zollformalitäten zu tun gehabt, und es soll für sie neu kein Risiko mehr hinsichtlich allfälliger Zollbussen bestanden haben. Diese Verbesserungen hätten aber eben vorausgesetzt, dass die B-AG als Schweizer Vertragspartner aufgetreten sei (Kläger Sische Berufungsantwort, 6 und 6 f.; Replik, 3-5 und 9). Die Beklagte hält fest, dass die vom Kläger S angesprochenen Änderungen als rein interne Vorgänge bei der Vertragspartnerin zu verstehen seien, welche für sie keine weiteren Auswirkungen gehabt hätten. Für die Verzollung insbesondere sei sie nie zuständig gewesen (beklagtische Berufung, 7 f. und 12; Duplik, 5). Aus ihrer Sicht war damit die B-AG diesbezüglich nur ein interner Dienstleistungsstützpunkt bzw. innerhalb der Organisation der bisherigen Vertragspartnerin Firma S-Konfektion eine Hilfsperson für deren Belange (beklagtische Berufung, 10; Klageantwort, 4; Duplik, 5 f.).

    Seitens des Klägers S wird zugestanden, dass ursprünglich die Firma S-Konfektion sowohl für Konfektionierung als auch für Transport und Verzollung verantwortlich war (kläger-(S)-ische Berufungsantwort, 5 und 9; Replik, 2, 5 und 9). Es ist auch zugestanden, dass die Beklagte vom Wechsel der Besorgung von Transport und Verzollung hin zur B-AG Kenntnis hatte (beklagtische Berufung, 7 f.; Duplik, 5). Objektiv bestand aber für die Beklagte kein Grund, damit auch gleichzeitig auf einen Wechsel des Vertragspartners schliessen zu müssen. Zunächst ergab sich hinsichtlich der Zoll- und Mehrwertsteuerpflicht keine Änderung bzw. Verbesserung der Rechtsstellung der Beklagten. Nach Art. 9 Abs. 1 und Art. 13 Abs. 1 des Zollgesetzes [ZG; SR 631.0] sowie Art. 75 des Mehrwertsteuergesetzes [MwStG; SR 641.20] unterliegt die Beklagte als Auftraggeberin bzw. als Person, für deren Rechnung die Ware eingeführt worden ist, in beiden Fällen in gleicher Weise der Zollmelde- bzw. Zollzahlungs- und der

    Mehrwertsteuerpflicht. Entsprechendes gilt nach den angeführten Bestimmungen für die Rechtsstellung der Schweizer B-AG im Vergleich zur österreichischen Firma S- Konfektion. Somit muss hier nicht weiter geprüft werden, ob andernfalls die Beklagte hinsichtlich eines allfälligen Wechsels des Vertragspartners gewisse Schlüsse hätte ziehen müssen. Weiter bestand für die Beklagte kein Grund, auf Änderungen zu schliessen, weil sich wie bereits dargelegt schon in Bezug auf den zentralen Aspekt des Vertragsverhältnisses, die Konfektionierung, keine entsprechenden Anhaltspunkte ergaben und das Leistungspaket an sich unverändert blieb. Von Bedeutung ist schliesslich, dass auch ein der Beklagten bekanntes Auftreten der B-AG als Frachtführer oder Spediteur (vgl. kläg. act. 11 und 12) nicht zwangsläufig zu anderen Folgerungen führt. Es ist auch unter diesem Gesichtspunkt ohne weiteres möglich, dass die B-AG in dieser Rolle gegen aussen als blosse Hilfsperson der Firma S- Konfektion auftrat bzw. erschien. Es ist nicht ersichtlich, dass diese diesfalls im Rahmen der Abwicklung der Transporte hätte nach aussen auftreten müssen. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Besorgung von Transport und Verzollung lediglich als Erfüllungsmodalität erscheint (vgl. dazu auch Art. 189 OR), welche damit ohnehin kaum Rückschlüsse auf die Person des Vertragspartners zulässt.

    dd) Soweit sich der Kläger S für seinen Standpunkt auch darauf beruft, dass der B-AG von der Firma I Rechnung gestellt wurde und diese ihrerseits gegenüber der Beklagten Rechnung stellte (Kläger Sische Berufungsantwort, 4; Klage, 4; Replik, 4 und 6) bzw. dass die Administration der B-AG gegen Entgelt von der S-Produktions GmbH von Österreich aus erledigt wurde (Kläger Sische Berufungsantwort, 4), genügt die Feststellung, dass es hier mangels gegenteiliger Anhaltspunkte um rein interne Vorgänge ging. Ist mit anderen Worten nicht zu beweisen, dass die Beklagte von diesen Strukturen Kenntnis hatte, können daraus für die Frage des Wechsels des Vertragspartners zum Vorneherein keine Schlüsse gezogen werden.

  4. Insgesamt ist somit davon auszugehen, dass es Anhaltspunkte gab, aus welchen die Beklagte auf die B-AG als Vertragspartnerin hätte schliessen können (vor allem die Rechnungsstellung), dass es aber anderseits ebenso deutliche Anhaltspunkte gab, weshalb die Beklagte annehmen durfte, die Firma S-Konfektion sei ihre Vertragspartnerin (vor allem der Kontakt mit Frau S bei Mängelrügen sowie die unveränderte Auftragserteilung). Nachdem zuvor Firma S-Konfektion über einige Jahre

Vertragspartnerin war, hätte es aber eindeutiger Indizien bedurft, dass die Beklagte auf einen Wechsel zu einer neuen Vertragspartnerin hätte schliessen müssen. Eine derart klare Situation bestand hier nicht. Somit ist die Klage insgesamt abzuweisen, da die B- AG beziehungsweise der Kläger S als Zessionar nicht aktivlegitimiert ist.

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