E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Kopfdaten
Kanton:GR
Fallnummer:VB-04-3
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid VB-04-3 vom 14.06.2004 (GR)
Datum:14.06.2004
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Führerausweisentzug (Auflagen)
Schlagwörter : Berufung; Verfügung; Auflage; Auflagen; Graubünden; Strassenverkehr; Berufungskläger; Führerausweis; Strassenverkehrs; Kantons; Kehrsamt; Abstinenz; Senverkehrsamt; Strassenverkehrsamt; Warnungsentzug; Alkoholabstinenz; Vorsorglich; Kantonsgericht; Entzug; Kantonsgerichtsausschuss; Recht; Polizei; Vorsorgliche; Dererteilung; Schwerde; Entscheid; Sanitätsdepartement; Angeordnet
Rechtsnorm: Art. 10 SVG ; Art. 142 StPO ; Art. 17 SVG ; Art. 23 SVG ;
Referenz BGE:130 II 25;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Kantonsgericht von Graubünden
Tribunale cantonale dei Grigioni
Dretgira chantunala dal Grischun
___________________________________________________________________________________________________
Ref.:
Chur, 14. Juni 2004
Schriftlich mitgeteilt am:
VB 04 3
(nicht mündlich eröffnet)



(Eine gegen diese Entscheidung erhobene Bundesverwaltungsgerichtsbe-
schwerde hat das Bundesgericht mit Urteil vom 19. April 2005 (6A.51/2004)
abgewiesen.)

Urteil
Kantonsgerichtsausschuss
Vorsitz Vizepräsident
Bochsler
RichterInnen
Heinz-Bommer und Rehli
Aktuarin Mosca
——————
In der verwaltungsrechtlichen Berufung
des X., Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Luis W. Pajarola,
Postfach 542, Aquasanastrasse 8, 7002 Chur,

gegen

die Verfügung des Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartements Graubünden vom 7.
April 2004, mitgeteilt am 8. April 2004, in Sachen gegen den Berufungskläger,
betreffend Führerausweisentzug (Auflagen),
hat sich ergeben:


2
A.
Am 27. August 2003, um 00:25 Uhr, fuhr X. als Lenker des Perso-
nenwagens Kennzeichen A. auf der B.-Strasse von C. kommend über D. in Rich-
tung E., als gemäss eigenen Aussagen der Wagen bei einer Geschwindigkeit von
rund 60 km/h plötzlich nach rechts zog und mit der rechten Seite gegen einen
Baum stiess. In der Folge prallte das Fahrzeug zurück, worauf es mit einem weite-
ren Baum kollidierte. Nachdem X. den Schaden begutachtet hatte, wendete er den
Personenwagen und fuhr zum Parkplatz beim Kreisel an der B.-Strasse, wo er den
Wagen parkierte. Daraufhin wurde er von der Polizei kontrolliert. Da Anzeichen
von Angetrunkenheit bestanden, wurde er einer Blutentnahme zur Alkoholbe-
stimmung zugeführt. Diese ergab einen Wert von mindestens 2.10 Gewichtspro-
mille.
B.
Aufgrund der hohen Blutalkoholkonzentration und der Rückfälligkeit -
mit Verfügung vom 13. Februar 1997 musste X. der Führerausweis wegen Fah-
rens in angetrunkenem Zustand für zwei Monate entzogen werden - wurde eine
spezialärztliche Abklärung der Frage angeordnet, ob X. allenfalls alkoholabhängig
sei. Mit Verfügung vom 30. September 2003 entzog deshalb das Strassenver-
kehrsamt des Kantons Graubünden X. den Führerausweis für sämtliche Katego-
rien vorsorglich auf unbestimmte Zeit, mit Wirkung ab 27. August 2003. Zur Abklä-
rung seiner Fahreignung wurde er verpflichtet, sich beim Psychiatrischen Dienst
Graubünden, Klinik Beverin, spezialärztlich untersuchen zu lassen. Im Gutachten
der Psychiatrischen Dienste Graubünden vom 28. Januar 2004 wurde bei X. ein
Alkoholmissbrauch, welcher eine Behandlung erfordert, ausgeschlossen. Hinge-
gen wurde die Prognose eines allfälligen Rückfalls innerhalb sechs Jahren un-
günstig beurteilt. Es wurde deshalb empfohlen, parallel zum Warnungsentzug eine
12- monatige kontrollierte Alkoholabstinenz anzuordnen.
C. Mit Verfügung vom 30. Januar 2004 erkannte das Strassenverkehrsamt
des Kantons Graubünden :
„1. Die Verfügung vom 30. September 2003, lautend auf vorsorglichen
Entzug des Führerausweises auf unbestimmte Zeit, wird mit sofortiger
Wirkung aufgehoben.

2. Gestützt auf das Gutachten der Klinik Beverin, Cazis, haben Sie sich
an folgende Auflagen zu halten (Art. 10 Abs. 3 SVG):



- Einhalten einer kontrollierten und lückenlosen Alkoholabstinenz wäh-
rend mindestens 12 Monaten.



Zum Nachweis der Alkoholabstinenz sind durch Ihren Hausarzt fol-
gende Laborwerte alle vier Wochen zu bestimmen: GOT, GPT, GGT,



3
CDT und MCV.


- Zustellen eines ärztlichen Berichtes nach Ablauf von jeweils 6 Mona-
ten, d.h. auf den 30. Juli 2004 und 30. Januar 2005 (Schlussbericht),
welcher die Alkoholabstinenz bestätigt. ...

3. Die Kosten des Verfahrens, bestehend aus einer Staatsgebühr von Fr.
240.--, Ausfertigungs- und Mitteilungsgebühren von Fr. 30.--, total Fr.
270.--, sind innert 30 Tagen mit beiliegender Rechnung der Finanz-
verwaltung des Kantons Graubünden, Chur, einzuzahlen.

4. (Rechtsmittelbelehrung)
5. (Mitteilung)“
D.
Mit Schreiben des Strassenverkehrsamtes vom 30. Januar 2004
wurde X. darauf aufmerksam gemacht, dass er hinsichtlich des Führens eines Mo-
torfahrzeuges in angetrunkenem Zustand im 7. Jahr rückfällig sei. Aus diesem
Grund sei die Anordnung eines Warnungsentzuges im Sinne von Art. 16 Abs. 3 lit.
b SVG in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 lit. b SVG obligatorisch. Der Rückfall und
die ausgesprochen hohe Blutalkoholkonzentration würden sich erschwerend auf
die Bemessung der Entzugsdauer auswirken. Zudem wurde ihm die Gelegenheit
geboten, sich zu dieser Angelegenheit im Sinne von Art. 23 Abs. 1 SVG zu äus-
sern. X. liess sich am 12. Februar 2004 dazu vernehmen. Mit Verfügung vom 3.
März 2004 entzog das Strassenverkehrsamt X. den Führerausweis für die Dauer
von neun Monaten ab 27. August 2003 bis und mit 26. Mai 2004.
E.
Nachdem X. erfolgreich einen bfu-Kurs absolviert hatte, wurde ihm
gestützt auf Art. 17 Abs. 3 SVG der Führerausweis nach Ablauf einer Entzugs-
dauer von sieben Monaten auf den 27. März 2004 vorzeitig wieder erteilt.
F.
Gegen die Verfügung vom 30. Januar 2004 liess X. am 23. Februar
2004 beim Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement Graubünden Beschwerde
erheben. Er beantragte die kostenfällige Aufhebung der angefochtenen Verfü-
gung, soweit sie Auflagen betreffend Alkoholabstinenz betreffe.
G.
Mit Verfügung vom 7. April 2004, mitgeteilt am 8. April 2004, wies
das Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement Graubünden die Beschwerde ab
und überband X. die Kosten des Verfahrens von insgesamt Fr. 675.--.
H.
Gegen diese Verfügung liess X. am 3. Mai 2004 „Beschwerde“ beim
Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden erklären. Er beantragt:
„1. Die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und dementsprechend
auch die Verfügung des Strassenverkehrsamtes Graubünden vom


4
30.01./02.02.2004 im Zusammenhang mit Auflagen betreffend Alko-
holabstinenz.

2. Unter gesetzlicher Kosten- und Entschädigungsfolge.“
Das Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement Graubünden beantragt mit
Vernehmlassung vom 17. Mai 2004 die kostenfällige Abweisung der Berufung.

Auf die Begründung der Anträge in den Rechtsschriften sowie auf die Er-
wägungen in der angefochtenen Verfügung wird, soweit erforderlich, im folgenden
eingegangen.

Der Kantonsgerichtsausschuss zieht in Erwägung :
1.
Gegen Entscheide des Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartements
über Administrativmassnahmen im Strassenverkehr kann der Betroffene beim
Kantonsgerichtsausschuss Berufung gemäss Art. 141 ff. StPO einlegen (Art. 19
Abs. 2 der Ausführungsverordnung zum Bundesgesetz über den Strassenverkehr;
GAV zum SVG). Die Berufung ist innert 20 Tagen seit der schriftlichen Eröffnung
der Verfügung beim Kantonsgerichtsausschuss einzureichen. Sie ist zu begründen
und hat darzutun, welche Mängel des vorinstanzlichen Entscheides oder Verfah-
rens gerügt werden (Art. 142 Abs. 1 StPO). Diesen Anforderungen vermag die
vorliegende Rechtsschrift zu genügen. Die falsche Bezeichnung des Rechtsmittels
schadet dem Berufungskläger nicht. Auf die Berufung ist daher einzutreten.
2.
Der Berufungskläger macht geltend, entgegen der Praxis des Bun-
desgerichtes habe das Strassenverkehrsamt den Warnungsentzug des Führe-
rausweises an Auflagen betreffend Alkoholabstinenz geknüpft, was nicht zulässig
sei.
a) Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Der Warnungsentzug,
welcher mit Verfügung des Strassenverkehrsamtes vom 3. März 2004 angeordnet
wurde, ist nicht mit Auflagen versehen worden. Hingegen wurde in der Verfügung
des Strassenverkehrsamts vom 30. Januar 2004, mit welcher der am 30. Septem-
ber 2003 verfügte vorsorgliche Sicherungsentzug aufgehoben wurde, eine 12-
monatige kontrollierte Alkoholabstinenz angeordnet. Es stellt sich deshalb die Fra-
ge, ob das Strassenverkehrsamt in dieser Aufhebungsverfügung vom 30. Januar
2004 Auflagen anordnen durfte. Der provisorische Entzug im Sinne von Art. 35
Abs. 3 der Verkehrszulassungsverordnung vom 27. Oktober 1976 (VZV) fällt in die


5
Kategorie der Sicherungsentzüge: Vom ordentlichen Sicherungsentzug unter-
scheidet sich der vorsorgliche vorab dadurch, dass er provisorisch festgesetzt
wird. Während der Dauer dieses Provisoriums sollen mögliche Ausschlussgründe
durch ein rechtsmedizinisches Gutachten geklärt werden. Für den Betroffenen hat
dieser Schwebezustand genau dieselben Auswirkungen wie der ordentliche Siche-
rungsentzug, freilich mit dem Unterschied, dass die Dauer des Entzugs naturge-
mäss nicht exakt feststeht. Zahlreiche vorsorgliche Sicherungsentzüge werden in
der Praxis in einen ordentlichen Sicherungsentzug überführt. Dieser härteste Fall
kann, muss aber nicht eintreten: So wird beispielsweise der eine oder andere Au-
tofahrer, aufgeschreckt durch den vorsorglichen Ausweisentzug, seinen Alkohol-
oder Drogenkonsum gänzlich einstellen. In solchen Fällen muss der Ausweis wie-
der ausgehändigt werden. Zwischen diesen beiden Extremvarianten liegt die so
genannte bedingte Wiedererteilung. Dabei verknüpft die Behörde die Wiederertei-
lung gestützt auf Art. 10 Abs. 3 SVG mit Auflagen (Schaffhauser, Grundriss des
Schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Band III: Die Administrativmassnah-
men, Bern 1995, N 2224; Entscheid des Verwaltungsgerichts Zürich vom 23. Ja-
nuar 2003, VB.2002.00351). Gemäss Art. 10 Abs. 3 SVG kann der Ausweis aus
besonderen Gründen mit Auflagen verbunden werden.
b) Ausgangspunkt des vorliegenden Verfahrens bildet der Unfall des Beru-
fungsklägers vom 27. August 2003. Da der Berufungskläger nach 1997 wiederholt
in angetrunkenem Zustand gefahren war (2,10 Gewichtspromille), wurde eine
spezialärztliche Abklärung der Frage angeordnet, ob der Berufungskläger allen-
falls alkoholabhängig sei. Für den Zeitraum dieser Abklärung entzog das Stras-
senverkehrsamt den Führerausweis vorsorglich im Sinne Art. 35 Abs. 3 VZV. Im
Gutachten der Psychiatrischen Dienste Graubünden vom 28. Januar 2004 wurde
beim Berufungskläger ein Alkoholmissbrauch, welcher eine Behandlung erfordert,
ausgeschlossen. Hingegen wurde die Prognose eines allfälligen Rückfalls inner-
halb sechs Jahren ungünstig beurteilt. Aus diesem Grund wurde empfohlen, paral-
lel zum Warnungsentzug eine 12-monatige kontrollierte Alkoholabstinenz anzu-
ordnen. Mit Verfügung des Strassenverkehrsamtes vom 30. Januar 2004 wurde
der vorsorgliche Entzug des Führerausweises mit sofortiger Wirkung aufgehoben.
Jedoch wurde dem Berufungskläger die Auflage erteilt, eine lückenlose Alkohol-
abstinenz während 12 Monaten einzuhalten, wobei der Nachweis der Abstinenz
durch Laborwerte zu erbringen ist. Der Führerausweis wurde dem Berufungsklä-
ger wieder ausgehändigt, aber gestützt auf Art. 10 Abs. 3 SVG unter Auflagen.
Dies ist, wie obenstehend ausgeführt, formell zulässig und wird als bedingte Wie-
dererteilung bezeichnet, wobei dieser Ausdruck nicht ganz treffend ist. Dass die


6
angeordneten Auflagen inhaltlich nicht zulässig sind, hat der Berufungskläger nicht
behauptet. Zu Recht, denn diese verkehrsmedizinische Auflagen beruhen auf ei-
ner gesetzlichen Grundlage, erfolgen im öffentlichen Interesse an der Sicherheit
des Strassenverkehrs und müssen auch als verhältnismässig qualifiziert werden.
Die Aushändigung des Ausweises unter Auflagen beendete den vorsorgli-
chen Sicherungsentzug. Mit dem inzwischen bereits vollzogenen Warnentzug hat-
te diese Wiedererteilung nichts zu tun. Wie die Vorinstanz in ihrer Vernehmlas-
sung zu Recht ausgeführt hat, hat der Berufungskläger den in der Zwischenzeit
publizierten Bundesgerichtsentscheid (BGE 130 II 25) insofern missverstanden,
als es in diesem Entscheid einzig darum geht, dass bei einem Warnungsentzug
die Wiedererteilung des Führerausweises nicht an Bedingungen oder Auflagen
geknüpft werden darf. Mit anderen Worten muss bei einem Warnungsentzug der
Führerausweis nach der abgelaufenen Entzugsdauer zurückerstattet werden. Vor-
liegend wurde denn auch beim Warnungsentzug die Wiedererteilung des Führe-
rausweises nicht von der Erfüllung von Auflagen abhängig gemacht, weshalb kein
Verstoss gegen BGE 130 II 25 auszumachen ist.
3.
Muss nach dem Gesagten die Berufung abgewiesen werden, so ge-
hen die Kosten des Berufungsverfahrens zu Lasten des Berufungsklägers (Art.
160 Abs. 1 StPO).





7
Demnach erkennt der Kantonsgerichtsausschuss :
1.
Die Berufung wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 700.-- gehen zu Lasten des
Berufungsklägers.
3.
Gegen dieses Urteil kann innert 30 Tagen seit erhaltener schriftlicher Mittei-
lung beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 97
ff. OG eingereicht werden.
4. Mitteilung
an:
__________
Für den Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden
Der Vizepräsident
Die Aktuarin


Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.
www.swissactiv.ch
Menschen zusammenbringen, die gemeinsame Interessen teilen
Die Freude an Bewegung, Natur und gutem Essen fördern
Neue Leute treffen und Unternehmungen machen

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.

SWISSRIGHTS verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf der Website analysieren zu können. Weitere Informationen finden Sie hier: Datenschutz