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Bundesverwaltungsgericht Urteil A-6612/2007

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung I
Dossiernummer:A-6612/2007
Datum:11.12.2009
Leitsatz/Stichwort:Mehrwertsteuer
Schlagwörter : Steuer; MWSTG; Beschwerde; Mehrwertsteuer; Vorsteuer; Marge; Margen; Margenbesteuerung; Beschwerdeführer; Urteil; Bundesverwaltungsgericht; Recht; Hinweis; Vorsteuerabzug; Verwaltungsgerichts; Bundesverwaltungsgerichts; Rechnung; Steuerpflicht; Differenz; MWSTGV; Steuerpflichtig; Vorsteuern; Renzbesteuerung; Steuerpflichtigen; Entscheid; Urteile; Differenzbesteuerung; MWSTV; Bundesgerichts; Verkauf
Rechtsnorm: Art. 14 MWSTG ; Art. 15a MWSTG ; Art. 35 MWSTG ; Art. 37 MWSTG ; Art. 38 MWSTG ; Art. 39 MWSTG ; Art. 45 MWSTG ; Art. 46 MWSTG ; Art. 63 VwVG ; Art. 64 VwVG ;
Referenz BGE:131 II 185; 133 II 153; ;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung I

A-6612/200 7

U r t e i l  v o m  1 1.  D e z e m b e r  2 0 0 9

Besetzung

Parteien

Gegenstand

Richter Thomas Stadelmann (Vorsitz),

Richter Michael Beusch, Richter André Moser, Gerichtsschreiber Keita Mutombo.

A._______, Carrosserie-Spenglerei-Garage, ..., vertreten durch ...,

Beschwerdeführer, gegen

Eidgenössische Steuerverwaltung ESTV, Hauptabteilung Mehrwertsteuer, Schwarztorstrasse 50, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Mehrwertsteuer (1. Quartal 2001 bis 4. Quartal 2005); Margenbesteuerung.

Sachverhalt:

A.

A._______, Carrosserie-Spenglerei-Garage, ..., ist mit seinem Betrieb seit dem 1. Januar 1995 im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) eingetragen. Er ist u.a. im Bereich des Gebrauchtwagenhandels tätig.

B.

    1. Zwischen dem 6. und 9. Februar 2006 führte die ESTV bei A._______ eine Kontrolle durch. Dabei stellte die ESTV fest, dass dieser verschiedentlich auf Kopien seiner Debitorenrechnungen einen Stempel "Differenzbesteuerung" angebracht hatte. Verschiedene Nachfragen der ESTV bei Kunden von A._______ hätten jedoch ergeben, dass ein solcher Stempel auf den Originalrechnungen fehlte. Vielmehr sei auf diesen mit dem Vermerk "netto inkl. 7.60 % MWSt." offen auf die Mehrwertsteuer hingewiesen worden. In zwei weiteren Fällen habe A._______ beim Ankauf von Fahrzeugen (von einer Aktiengesellschaft) den Vorsteuerabzug vorgenommen, jedoch seinerseits die Mehrwertsteuer lediglich auf der Marge entrichtet. Aufgrund dessen forderte die ESTV bei A._______ mit Ergänzungsabrechnung (EA) Nr. ... vom 31. März 2006 für die Steuerperioden 1. Quartal 2001 bis 4. Quartal 2005 den Betrag von (gerundet) Fr. 38'373.-- nach (Ziff. 1 betr. eines nicht nachgewiesenen Exports von Fr. 706.30; Ziff. 2 betr. Eintauschfahrzeuge/- Margenbesteuerung von Fr. 37'667.25).

    2. A._______ reichte am 11. Mai 2006 verschiedene Unterlagen nach. Aufgrund dieser Unterlagen stellte die ESTV am 23. Mai 2006 zu Gunsten von A._______ die Gutschriftsanzeige (GS) Nr. ... im Betrag von Fr. 5'082.-- aus. Die Korrektur erfolgte ausschliesslich betreffend die Nachbelastung in Bezug auf die Margenbesteuerung der Jahre 2001 bis 2003.

Am 14. Juni 2006 teilte A._______ der ESTV in einem als Rekurs betitelten Schreiben mit, er sei mit dem Ergebnis der Kontrolle nicht einverstanden. Dabei bezog er sich insbesondere auf die Nachforderung hinsichtlich Margenbesteuerung. Die betreffende Nachbelastung infolge eines fehlenden Ausfuhrnachweises im Betrag von Fr. 706.30 (vgl. oben Bst. B.a in fine) wurde von ihm hingegen nicht bestritten.

C.

Mit Schreiben vom 3. Oktober 2006 bat A._______ um Erlass einer einsprachefähigen Verfügung. Diesem Ersuchen kam die ESTV am

9. November 2006 mit einem förmlichen Entscheid nach. Darin hielt sie an ihrer Nachforderung im Betrag von insgesamt Fr. 33'291.-- (Fr. 38'373.-- ./. Fr. 5'082.--) zuzüglich Verzugszins von 5 % ab dem

30. April 2004 (mittlerer Verfall) fest.

D.

Mit Eingabe vom 8. Dezember 2006 liess A._______ Einsprache gegen den förmlichen Entscheid der ESTV erheben. Darin stellte A._______ in Aussicht, dass er sobald wie möglich und gestützt auf die Praxismitteilung "Behandlung von Formmängeln" vom 27. Oktober 2006 [recte: 31. Oktober 2006] den dort erläuterten Nachweis erbringen werde, dass dem Bund kein Steuerausfall entstanden sei.

Am 27. März 2007 stellte A._______ der ESTV verschiedene Unterlagen zu. Auf Grund der eingereichten Unterlagen stellte er den Antrag, dass auf dem Umsatz aus den Autoverkäufen der Jahre 2004 und 2005 (ausmachend insgesamt Fr. 234'300.--) die Mehrwertsteuer nicht geschuldet sei und die Belastung daher um Fr. 16'549.-- gemildert werde.

Mit Einspracheentscheid vom 30. August 2007 erkannte die ESTV - soweit ihr Entscheid vom 9. November 2006 für den Betrag von Fr. 16'742.-- (zuzüglich Verzugszins) nicht in Rechtskraft erwachsen sei - auf Abweisung der Einsprache vom 8. Dezember 2006. A._______ schulde ihr demzufolge für die Steuerperioden 1. Quartal 2001 bis 4. Quartal 2005 (zusätzlich zum vorerwähnten, in Rechtskraft erwachsenen Betrag) Fr. 16'549.-- Mehrwertsteuer zuzüglich 5 % Verzugszins ab dem 30. April 2004 (mittlerer Verfall). Im Wesentlichen erwog die ESTV, dass der unbestrittene und ausschliessliche Hinweis auf den Kundenrechnungen auf die Mehrwertsteuer die Anwendung der Margenbesteuerung grundsätzlich ausschliesse.

E.

Gegen diesen Entscheid liess A._______ (Beschwerdeführer) am

1. Oktober 2007 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einreichen und beantragen, den Einspracheentscheid der ESTV aufzuheben und die veranlagte Steuer von Fr. 33'291.-- um Fr. 16'549.-- auf Fr. 16'742.-- zu reduzieren; eventualiter sei der Vorsteuerabzug beim Ankauf der achtzehn in Frage stehenden

Fahrzeuge zuzulassen - alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der ESTV. Zur Begründung führte der Beschwerdeführer - unter Verweis auf die entsprechende Verwaltungspraxis - im Wesentlichen aus, die ESTV habe materielles Recht und im Speziellen Art. 14 Abs. 2 der Verordnung vom 29. März 2000 zum Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer (MWSTGV, SR 641.201) verletzt, indem sie ihn nicht zum Nachweis des fehlenden Steuerausfalls beim Bund zugelassen habe. Dass die betreffenden Beweisunterlagen laut ESTV aus dem Recht zu weisen seien, grenze an überspitzten Formalismus.

F.

In ihrer Vernehmlassung vom 19. Dezember 2007 schloss die ESTV auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde. Sie wies darauf hin, dass die fraglichen (Original-)Rechnungen die Mehrwertsteuer auf dem gesamten (vollen) Verkaufspreis offen ausweisen würden, ohne gleichzeitig auf die Margenbesteuerung hinzuweisen. Damit liege kein Fall von widersprüchlichen Angaben vor, weshalb die Margenbesteuerung nicht zulässig sei.

Auf die weiteren Begründungen in den Eingaben der Parteien wird - soweit entscheidwesentlich - im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

1.

Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt gemäss Art. 31 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG, SR 173.32) Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG, SR 172.021), sofern keine Ausnahme nach Art. 32 VGG gegeben ist. Eine solche liegt nicht vor, und die Vorinstanz ist eine Behörde im Sinn von Art. 33 VGG. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher für die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde zuständig. Soweit das VGG nichts anderes bestimmt, richtet sich gemäss dessen Art. 37 das Verfahren nach dem VwVG. Auf die formund fristgerecht eingereichte Beschwerde ist einzutreten.

2.

    1. Die Steuer wird grundsätzlich vom Entgelt berechnet (Art. 33 Abs. 1 des Mehrwertsteuergesetzes vom 2. September 1999 [MWSTG, SR 641.20]). Für den Handel mit gebrauchten individualisierbaren beweglichen Gegenständen enthält Art. 35 Abs. 1 MWSTG eine Sonderregel. Hat die steuerpflichtige Person einen gebrauchten individualisierbaren beweglichen Gegenstand für den Wiederverkauf bezogen, so kann sie für die Berechnung der Steuer auf dem Verkauf den Ankaufspreis vom Verkaufspreis abziehen, sofern sie auf dem Ankaufspreis keine Vorsteuer abziehen durfte oder den möglichen Vorsteuerabzug nicht geltend gemacht hat (Art. 35 Abs. 1 MWSTG). Mit dieser Bestimmung wird die sog. Differenzoder Margenbesteuerung geregelt. Bemessungsgrundlage für die Steuer auf dem Verkauf ist die Marge zwischen Verkaufsund Einkaufspreis. In Abweichung von Art. 38 MWSTG tritt hierbei der Abzug des Ankaufspreises, der sog. Vorumsatzabzug, an die Stelle des Vorsteuerabzugs. Dadurch wird der Steuerpflichtige im Ergebnis so gestellt, als hätte er auf der Eingangsleistung die Vorsteuer abziehen können (vgl. noch zur MWSTV: Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-1560/2007 vom 20. Oktober 2009 E. 5.1, A-4072/2007 vom 11. März 2009 E. 4.3.1). Insbesondere für Fälle, wo kein Vorsteuerabzug möglich ist - wie etwa beim Erwerb von einem Nicht-Steuerpflichtigen - erweist sich die Differenzbesteuerung für die Beteiligten im Allgemeinen günstiger, als wenn die Mehrwertsteuer, mit Recht auf Vorsteuerabzug, auf dem vollen Verkaufspreis berechnet wird, zumal sich bei voller Überwälzung der Steuer auch ein höherer Verkaufspreis ergeben würde (vgl. Urteile des Bundesgerichts 2A.156/2003 vom 1. September 2003 E. 2.2, 2A.416/1999 vom 22. Februar 2001 E. 4a; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-48/2007 vom 17. November 2009 E. 3.1). Der Steuerpflichtige kann aber nach seiner Wahl auch die Regelbesteuerung anwenden (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1560/2007 vom 20. Oktober 2009

      E. 5.1).

    2. Gemäss Art. 35 Abs. 1 MWSTG kann die Margenbesteuerung nur angewendet werden, wenn die gebrauchten individualisierbaren beweglichen Gegenstände (wozu u.a. auch Motorfahrzeuge zählen) zum Zweck des Wiederverkaufs bezogen worden sind. Damit es bei der Differenzbesteuerung zu keiner ungerechtfertigten Steuerrückerstattung kommt, darf der Verkäufer gegenüber dem Käufer keine Steuer ausweisen. Deshalb bestimmt Art. 37 Abs. 4 MWSTG, dass der Steuerpflichtige, wenn er die Steuer auf dem Wiederverkauf von Gegenständen nach Art. 35 MWSTG berechnet, weder in Preisanschriften, Preislisten oder sonstigen Angeboten noch in Rechnungen auf die Steuer hinweisen darf (vgl. so im Wesentlichen bereits Art. 28 Abs. 4 MWSTV). Das gilt namentlich für Rechnungsstellungen. Denn mit dem Steuerausweis in der Rechnung erklärt der Aussteller dem Empfänger, dass er die ausgewiesene Mehrwertsteuer der ESTV abgeliefert hat oder noch abliefern wird. Die Rechnung dient dem Empfänger überdies dazu, die bezahlte Mehrwertsteuer als Vorsteuer geltend zu machen (ALOIS CAMENZIND/NIKLAUS HONAUER/KLAUS A. VALLENDER,

      Handbuch zum Mehrwertsteuergesetz [MWSTG], Bern 2003, 2. Aufl., Rz. 1312; siehe auch Urteil des Bundesgerichts 2C_285/2008 vom

      29. August 2008 E. 3.3 sowie BGE 131 II 185 E. 5 zum Grundsatz "fakturierte MWST gleich geschuldete MWST", der selbst dann gilt, wenn es sich beim Leistungsempfänger nicht um einen Steuerpflichtigen handelt). In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichts zur betreffenden Bestimmung in der MWSTV bildet (auch) Art. 37 Abs. 4 MWSTG nicht eine blosse Ordnungsvorschrift, sondern die notwendige Ergänzung zu Art. 35 Abs. 1 MWSTG und regelt mit diesem die Voraussetzungen für die Differenzbesteuerung. Art. 37 Abs. 4 MWSTG will demnach (gleich wie bereits Art. 28 Abs. 4 MWSTV) bei den nach der Differenzmethode abgerechneten Geschäften einen Vorsteuerabzug wirksam verhindern (vgl. noch zur MWSTV: Urteil des Bundesgerichts 2A.416/1999 vom 22. Februar 2001 E. 6). Mit anderen Worten ausgedrückt, bildet Art. 37 Abs. 4 MWSTG (gleichermassen) grundsätzlich Gültigkeitsvorschrift für die Anwendung der Differenzbesteuerung (vgl. noch zur MWSTV: Urteil des Bundesgerichts 2A.546/2000 vom 31. Mai 2002 E. 2).

    3. Hat der Wiederverkäufer Art. 37 Abs. 4 MWSTG nicht befolgt und namentlich in der Kundenrechnung einen Hinweis auf die Mehrwertsteuer angebracht, so ist die Differenzbesteuerung ausgeschlossen und greift die Regelbesteuerung ein. Dieser strenge Formalismus rechtfertigt sich insbesondere, um Fehlern bei der Steuerabrechnung vorzubeugen (vgl. noch zur MWSTV: Urteil des Bundesgerichts 2A.546/2000 vom 31. Mai 2002 E. 2; Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-48/2007 vom 17. November 2009 E. 3.2).

2.4

      1. Nach neuem Verordnungsrecht ist nun ein gleichzeitiger Hinweis auf die MWST und die Margenbesteuerung nicht mehr unbedingt schädlich. Gemäss Art. 14 Abs. 2 Satz 2 MWSTGV (nur Satz 2 ist neu)

        wird die Margenbesteuerung trotzdem zugelassen, wenn erkennbar ist oder die steuerpflichtige Person nachweist, dass für den Bund kein Steuerausfall auf Grund dieses Mangels entstanden ist. Dieser Nachweis ist grundsätzlich von der steuerpflichtigen Person in schriftlicher Form zu erbringen, indem sie sich beispielsweise von ihren Abnehmern schriftlich bestätigen lässt, dass diese keine Vorsteuern geltend gemacht haben bzw. machen werden. Von einem Nachweis der steuerpflichtigen Person kann nur dann abgesehen werden, wenn ohne weiteres erkennbar ist, dass kein Steuerausfall entstanden ist (Praxismitteilung der ESTV vom 31. Oktober 2006 zur Behandlung von Formmängeln, S. 14).

      2. Art. 14 Abs. 2 Satz 2 MWSTGV ist wie Art. 15a und 45a MWSTGV am 1. Juli 2006 in Kraft getreten und soll gleichermassen dem Formalismus in der Mehrwertsteuer entgegenwirken (sog. "Pragmatismusbestimmungen"; siehe Praxismitteilung der ESTV vom

31. Oktober 2006, S. 14). Für den Anwendungsbereich der Margenbesteuerung bildet Art. 14 Abs. 2 MWSTGV in Bezug auf Art. 45a MWSTGV lex specialis (vgl. Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A- 48/2007 vom 17. November 2009 E. 3.3.2, A-1475 vom 20. November

2008 E. 4.6, A-1466/2006 vom 10. September 2007 E. 4.5 in fine mit

Hinweis auf BGE 133 II 153 E. 6.1).

    1. Nach dem im Mehrwertsteuerrecht geltenden Selbstveranlagungsprinzip (Art. 46 f. MWSTG; vgl. ERNST BLUMENSTEIN/PETER LOCHER, System des schweizerischen Steuerrechts, 6. Aufl., Zürich 2002, S. 421 ff.) trägt die mehrwertsteuerpflichtige Person nach konstanter Rechtsprechung und Lehre die Verantwortung für die richtige und vollständige Versteuerung ihrer Umsätze (Urteile des Bundesgerichts 2C.356/2008 vom 21. November 2008 E. 3.2, vom 31. Mai 2002, veröffentlicht in Archiv für Schweizerisches Abgaberecht [ASA] 72

      S. 727 ff. E. 1; Entscheid der Schweizerischen Steuerrekurskommission [SRK] vom 5. Januar 2000, veröffentlicht in Verwaltungspraxis der Bundesbehörden [VPB] 64.83 E. 2 mit weiteren Hinweisen; DIETER METZGER, Kurzkommentar zum Mehrwertsteuergesetz, Muri/Bern 2000, N 1 zu Art. 46). Das MWSTG stellt hohe Anforderungen an den Steuerpflichtigen, indem es ihm wesentliche, in anderen Veranlagungsverfahren der Steuerbehörde obliegende Vorkehren überträgt. Er hat nicht nur selber zu bestimmen, ob er die Voraussetzungen für die Steuerpflicht erfüllt, sondern auch selbst und unaufgefordert über seine Umsätze und Vorsteuern abzurechnen und innerhalb von 60

      Tagen nach Ablauf der Abrechnungsperiode den geschuldeten Mehrwertsteuerbetrag (Steuer vom Umsatz abzüglich Vorsteuern) an die ESTV abzuliefern (vgl. zum Ganzen: Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-48/2007 vom 17. November 2009 E. 2.1, A-1475/2006 vom

      20. November 2008 E. 2.2).

    2. Verwendet der Steuerpflichtige Gegenstände oder Dienstleistungen für steuerbare Ausgangsleistungen, so kann er in seiner Steuerabrechnung die ihm von anderen Steuerpflichtigen in Rechnung gestellte Steuer für Lieferungen und Dienstleistungen abziehen (Vorsteuerabzug; Art. 38 Abs. 1 und 2 MWSTG).

      1. Vorsteuerabzugsberechtigt ist der steuerpflichtige Empfänger einer Leistung, auf welcher die Vorsteuern abgezogen werden sollen (siehe DANIEL RIEDO, Vom Wesen der Mehrwertsteuer als allgemeine Verbrauchsteuer und von den entsprechenden Wirkungen auf das schweizerische Recht, Bern 1999, S. 247, 251, 253; IVO P. BAUMGARTNER, in: mwst.com, Kommentar zum Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer, Basel 2000, N 13 zu Art. 38). Das Recht zum Vorsteuerabzug kann der Steuerpflichtige grundsätzlich nur bezüglich der ihm selbst durch einen anderen Steuerpflichtigen in Rechnung gestellten Mehrwertsteuer beanspruchen.

      2. Da es sich bei den Vorsteuern um steuermindernde Tatsachen handelt, obliegt der formgerechte Beweis (vgl. Art. 38 Abs. 1 Bst. a in Verbindung mit Art. 37 Abs. 1 MWSTG) für deren Vorliegen dem Steuerpflichtigen (BLUMENSTEIN/LOCHER, a.a.O., S. 416; URS BEHNISCH, in: mwst.com, a.a.O., N 21 Vorbem. zu Art. 38 ff. MWSTG). Zwar muss die ESTV den Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer respektieren. Dies kann indes nur dann gelten, wenn der Mehrwertsteuerpflichtige seinen aus dem Selbstveranlagungsprinzip (siehe oben E. 2.5) fliessenden Pflichten nachkommt. Es ist dem Mehrwertsteuerpflichtigen indes unbenommen, sogar noch im Rahmen einer Beschwerde gegen eine Steuerforderung mittels Belegen den Nachweis für angefallene Vorsteuern zu erbringen (vgl. Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-1368/2006 vom 12. Dezember 2007 E. 4.1.3; Entscheide der SRK zur Ermessensveranlagung vom 14. März 2006, veröffentlicht in VPB 70.79 E. 2b mit Hinweisen, vom 3. Dezember 2003, veröffentlicht in VPB 68.73 E. 3b mit weiteren Hinweisen).

    3. Zusammenfassend hat der Steuerpflichtige, der mit gebrauchten beweglichen Gegenständen handelt, somit die Möglichkeit, entweder

den Vorsteuerabzug auf dem Ankaufspreis geltend zu machen und anschliessend den gesamten Wiederverkaufspreis als steuerbaren Umsatz zu deklarieren oder in Anwendung von Art. 35 Abs. 1 MWSTG auf einen Vorsteuerabzug auf dem Ankaufspreis zu verzichten (vgl. Art. 39 Abs. 2 MWSTG) und nur die Differenz zwischen Verkaufsund Ankaufspreis der Umsatzsteuer zu unterwerfen (CAMENZIND/HONAUER/- VALLENDER, a.a.O., Rz. 1429). Bei Anwendung der Margenbesteuerung ist jedoch (neben dem Vorsteuerabzugsverzicht als Grundvoraussetzung) auch jeglicher spätere Vorsteuerabzug ausgeschlossen, da in der Rechnung ein Hinweis auf die Mehrwertsteuer grundsätzlich unzulässig ist (vgl. zum Ganzen, freilich noch zur MWSTV: Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-48/2007 vom 17. November 2009 E. 3.4; s. auch oben E. 2.4.1).

3.

Im vorliegenden Fall stellte die ESTV im angefochtenen Entscheid fest, dass der Beschwerdeführer zugegebenermassen auf den fraglichen (Original-)Rechnungen offen und ausschliesslich (d.h. ohne gleichzeitig auf die Differenzbesteuerung hinzuweisen) die Mehrwertsteuer ausgewiesen habe. Dies schliesse die Anwendung der Margenbesteuerung grundsätzlich aus. Der Beschwerdeführer sei deshalb, selbst unter Berücksichtigung der "Praxisänderung" (Art. 14 Abs. 2 MWSTGV) bzw. der (entsprechenden, von der Verwaltung herausgegebenen) Praxismitteilung vom 31. Oktober 2006, zum Nachweis, dem Bund sei kein Steuerausfall entstanden, gar nicht erst zugelassen. Infolgedessen seien die vom Beschwerdeführer am 27. März 2007 im Rahmen des Einspracheverfahrens zu Beweiszwecken nachgereichten Unterlagen aus dem Recht zu weisen. Es stellt sich somit die Frage, ob die ESTV dem Beschwerdeführer die Anwendung der Margenbesteuerung für die streitigen Geschäftsfälle zu Recht verweigert hat.

3.1

      1. In der Tat anerkennt der Beschwerdeführer den von der ESTV festgestellten Sachverhalt (vgl. oben Bst. A bis D) vollständig. Es sei richtig, dass der Hinweis auf die Margenbesteuerung (jeweils) nur auf seinen Rechnungskopien angebracht worden sei und bei den Originalrechnungen für die Kunden fehle. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt die nachträglichen Bemühungen des Beschwerdeführers zwar durchaus nicht. Mangels des erwähnten Hinweises gebricht es aber bereits an der Gültigkeitsvoraussetzung für die Anwendung der Differenzbesteuerung (vgl. oben E. 2.2) und die entsprechenden Rügen erweisen sich ohne weiteres als nicht stichhaltig.

      2. Die ESTV verweist in diesem Zusammenhang zu Recht auf ihre vorerwähnte Praxismitteilung zur Behandlung von Formmängeln (bei der Margenbesteuerung). Auf Seite 14 dieser Praxismitteilung spricht sie im Zusammenhang mit Art. 14 Abs. 2 MWSTGV, zweiter Satz, klarerweise von sog. widersprüchlichen Angaben bezüglich Margenund Regelbesteuerung. Erst wenn solche widersprüchliche Angaben (Hinweis sowohl auf die Steuer als auch auf die Margenbesteuerung) überhaupt vorlägen, statuiere Art. 14 Abs. 2 MWSTGV in der Folge das zusätzliche Erfordernis, dass entweder erkennbar sein oder vom Steuerpflichtigen nachgewiesen werden müsse, dass dem Bund aufgrund bzw. trotz der widersprüchlichen Angaben kein Steuerausfall entstanden sei. Dies verkennt der Beschwerdeführer ganz offensichtlich, indem er fälschlicherweise dafür hält, mit der besagten Praxismitteilung der ESTV werde klargestellt, dass ihm "unmissverständlich" die Möglichkeit zu gewähren sei, den Nachweis des ausgebliebenen Steuerausfalls beim Bund auch dann zu erbringen, wenn die "Fakturierung nicht korrekt" erfolgt sei.

    1. Die betreffenden Kundenrechnungen des Beschwerdeführers enthalten eingestandenermassen stets den Hinweis "netto inkl. 7.60% MWSt.". Ein solcher Hinweis auf der Rechnung ist bei der Margenbesteuerung wie erwähnt unzulässig (vgl. oben E. 2.2 und 2.3). Da bei den fraglichen, hier einzig massgebenden Originalrechnungen hingegen kein gleichzeitiger (und damit widersprüchlicher) Hinweis auf die Differenzbesteuerung vorgenommen wurde, kann Art. 14 Abs. 2 Satz 2 MWSTGV vorliegend nicht zur Anwendung gelangen (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1368/2006 vom 12. Dezember 2007

      E. 6.1.2, 2. Absatz). Demzufolge ist insbesondere der Einwand des Beschwerdeführers nicht zu hören, wonach - anhand der beigelegten Abrechnungen und Bestätigungen der Käufer - in achtzehn Fällen bewiesen sei, dass nur auf der Marge abgerechnet worden sei. Im Übrigen wäre sein Argument, die entsprechenden achtzehn, vorwiegend nicht mehrwertsteuerpflichtigen Käufer hätten keinen Vorsteuerabzug geltend gemacht, weshalb der Bund in diesen Fällen keinen Steuerausfall erlitten habe, ohnehin nicht stichhaltig. Denn zum einen weiss ein Verkäufer in vielen Fällen nicht zum Voraus, ob der Gegenstand an einen Steuerpflichtigen oder eine Privatperson verkauft wird (CAMENZIND/HONAUER/VALLENDER, a.a.O., Rz. 1285; vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1475/2006 vom 20. November 2008 E. 6.1.2). Zum anderen ist nicht ausgeschlossen, dass ein (vermeintlich) "privater Käufer" später doch steuerpflichtig wird und im Rahmen der Einlageentsteuerung gemäss Art. 42 MWSTG die Vorsteuer nachträglich in Abzug bringen kann (vgl. Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-4072/2007 vom 11. März 2009 E. 5.1.2, A-1418/2006 vom

      14. Mai 2008 E. 6.2 mit weiteren Hinweisen). Um auch diesem Restrisiko vorzubeugen und namentlich der Rechtssicherheit wegen, durfte der Beschwerdeführer - um allenfalls sogar noch nachträglich die Margenbesteuerung anzuwenden - insbesondere in seinen Kundenrechnungen keinen Hinweis auf die Steuer machen. Weil er dies aber unbestrittenermassen getan hat, hat die ESTV dem Beschwerdeführer in den vorliegend bestrittenen Fällen die Anwendung der Margenbesteuerung zu Recht verweigert (vgl. Urteile des Bundesverwaltungsgerichts A-1475/2006 vom 20. November 2008 E. 6.1.2, A-

      1368/2006 vom 12. Dezember 2007 E. 6.1.1).

    2. Weil vorliegend - wie soeben festgestellt (E. 3.1 und 3.2) - die Margenbesteuerung ausgeschlossen ist, greift die Regelbesteuerung ein (E. 2.3). Für den Anwendungsbereich der Regelbesteuerung ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Erwerb von Eintauschbzw. Occasionsfahrzeugen als steuerpflichtiger Leistungsempfänger gilt. In dieser Eigenschaft wäre er grundsätzlich berechtigt, der ESTV gegenüber entsprechende Vorsteuern geltend zu machen, sofern er die gebrauchten Fahrzeuge für steuerbare Ausgangsleistungen verwendet und ihm selbst durch einen anderen Steuerpflichtigen Mehrwertsteuern in Rechnung gestellt worden sind (vgl. oben E. 2.6, 2.6.1). Umgekehrt rechtfertigt sich indessen kein Vorsteuerabzug, wenn die eingetauschten bzw. angekauften Gebrauchtwagen nicht von steuerpflichtigen Personen stammen (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1368/2006 vom

12. Dezember 2007 E. 7.2).

Laut unbestrittenen Angaben der ESTV hat der Beschwerdeführer die Gebrauchtfahrzeuge überwiegend von Privatpersonen erworben. Damit fehlt es in diesen Fällen bereits an einer wesentlichen formellen Voraussetzung zur Geltendmachung von Vorsteuern (E. 2.6.1). Im Übrigen erbringt der Beschwerdeführer weder im Einsprachenoch im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens den ihm von Gesetzes wegen obliegenden Nachweis für angefallene Vorsteuern

(vgl. oben E. 2.6.2). Sein Eventualantrag erweist sich somit im Ergebnis nicht nur als unbegründet, sondern auch als unbelegt.

4.

Nach dem Gesagten ist die Beschwerde vollumfänglich abzuweisen. Die Verfahrenskosten in Höhe von Fr. 2'700.-- sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 63 Abs. 1 VwVG) und mit dem geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe zu verrechnen. Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 64 Abs. 1 VwVG e contrario).

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die Verfahrenskosten von Fr. 2'700.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe verrechnet.

3.

Eine Parteientschädigung wird nicht zugesprochen.

4.

Dieses Urteil geht an:

  • den Beschwerdeführer (Gerichtsurkunde)

  • die Vorinstanz (Ref-Nr. ...; Gerichtsurkunde)

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Thomas Stadelmann Keita Mutombo

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Die Rechtsschrift ist in einer Amtssprache abzufassen und hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie die beschwerdeführende Partei in Händen hat, beizulegen (vgl. Art. 42 BGG).

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