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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils VB210011: Obergericht des Kantons Zürich

Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Beschluss vom 11. August 2021 über eine Aufsichtsbeschwerde entschieden. Der Beschwerdeführer hatte gegen das Friedensrichteramt B. Beschwerde eingelegt, nachdem sein Antrag auf Aufschub der Vollstreckung abgelehnt wurde. Das Bezirksgericht Bülach wies das Stundungsgesuch des Beschwerdeführers ab, da er die Voraussetzungen nicht erfüllte. Das Obergericht entschied, dass die Beschwerde abgewiesen wird, und es werden keine Kosten erhoben.

Urteilsdetails des Kantongerichts VB210011

Kanton:ZH
Fallnummer:VB210011
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VB210011 vom 11.08.2021 (ZH)
Datum:11.08.2021
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Aufsichtsbeschwerde
Schlagwörter : Verfügung; Bezirksgericht; Entscheid; Bülach; Recht; Beschwerdegegner; Vollstreckung; Anspruch; Gericht; Begründung; Verfahren; Gesuch; Gehör; Bezirksgerichts; Antrag; Beschwerdeführers; Verletzung; Geschäfts-Nr; Stundung; Aufschub; Obergericht; Entscheide; Aufsicht; Bundesgericht; Verfügungen; Rechtsmittel; Gesuchs; Aufschiebung
Rechtsnorm:Art. 112 ZPO ;Art. 13 EMRK ;Art. 148 ZPO ;Art. 239 ZPO ;Art. 261 ZPO ;Art. 265 ZPO ;Art. 29 BV ;Art. 320 ZPO ;Art. 326 ZPO ;
Referenz BGE:124 I 241; 124 I 49; 126 V 130; 134 I 83;
Kommentar:
Hauser, Schweri, Lieber, GOG- 2. Auflage, 2017

Entscheid des Kantongerichts VB210011

Obergericht des Kantons Zürich

Verwaltungskommission

Geschäfts-Nr. VB210011-O/U

Mitwirkend: Die Obergerichtsvizepräsidentin lic. iur. F. Schorta, Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Oberrichterin lic. iur. Ch. von Moos Würgler, Oberrichter lic. iur. Ch. Prinz und Oberrichter lic. iur.

A. Flury sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu

Beschluss vom 11. August 2021

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführer

gegen

Friedensrichteramt B. ,

Beschwerdegegner

betreffend Aufsichtsbeschwerde gegen die aufsichtsrechtliche Beschwerdeverfügung des Bezirksgerichts Bülach vom 6. Juli 2021 (BA210002-C)

Erwägungen:

I.
    1. Mit Verfügung vom 20. Oktober 2020 schrieb das Friedensrichteramt

      B.

      (nachfolgend: Beschwerdegegner) das Verfahren in Sachen

      1. (nachfolgend: Beschwerdeführer) gegen die C. S.A., , betreffend Forderung, Geschäfts-Nr. GV.2020.00052/SB.2020.00069, infolge vorbehaltslosen Klagerückzugs als erledigt ab (act. 2/1/2.9). Die Gerichtsgebühr setzte es auf Fr. 250.fest und auferlegte die Kosten des Verfahrens dem Beschwerdeführer. Zudem wies es auf das Rechtsmittel der Beschwer- de ans Obergericht des Kantons Zürich hin. Das bereits zuvor während des hängigen Schlichtungsverfahrens beim Bezirksgericht Bülach gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (act. 2/1/2.5) wurde in der Sache nicht behandelt. Vielmehr schrieb das Bezirksgericht das Verfahren mit Urteil vom

        7. Oktober 2020 als durch Rückzug erledigt ab (Geschäfts-Nr. ED200019-C, act. 2/1/2.8).

    2. Im Nachgang zum besagten Schlichtungsverfahren liess der Beschwerdegegner dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 20. Oktober 2020 eine Rechnung über Fr. 250.zukommen (act. 2/1/2.10). Nachdem er mangels Zahlungseingangs am 27. November 2020 eine erste Mahnung verschickt hatte (act. 2/1/2.11), ersuchte ihn der Beschwerdeführer mit Schreiben vom

30. November 2020 infolge Mittellosigkeit um Erlass der Kosten im Sinne von Art. 112 ZPO bzw. eventualiter um Stundung bis zum 31. Dezember 2021 (act. 2/1/2.12). Einen Kostenerlass lehnte der Beschwerdegegner mit Schreiben vom 8. Dezember 2020 ab, offerierte dem Beschwerdeführer in- des Ratenzahlungen (act. 2/1/2.13). Nach weiterer Korrespondenz zwischen den beiden Parteien (act. 2/1/2.14-17) lehnte der Beschwerdegegner die inzwischen vom Beschwerdeführer beantragte Ausstellung einer anfechtbaren Verfügung implizit ab (act. 2/2/2.18) und leitete am 25. Februar 2021 das Betreibungsverfahren ein (act. 2/1/2.19). Gegen den Zahlungsbefehl erhob der Beschwerdeführer Rechtsvorschlag (act. 2/1/2.22-2.23). Mit Entscheid

vom 9. Juli 2021 erteilte das Bezirksgericht Weinfelden im Verfahren Nr. Z7.2021.115 für die erwähnte Forderung exklusive Mahnspesen die definitive Rechtsöffnung (act. 2/3).

  1. Bereits am 23. Juni 2021 erhob der Beschwerdeführer beim Bezirksgericht Bülach eine Rechtsverweigerungsbeschwerde gegen den Beschwerdegeg- ner und stellte verschiedene Anträge, namentlich den Antrag der Prüfung seines Gesuchs um Kostenerlass durch die zuständige Behörde unter Ergehen einer anfechtbaren Verfügung sowie den Antrag auf Anordnung der Aufschiebung der Vollstreckung der Verfügung des Friedensrichteramtes

    vom 20. Oktober 2020 (GeschäftsNr. GV.2020.00052/SB.2020.00069) bis zum Entscheid über den Klageantrag insbesondere als superprovisorische Massnahme nach Art. 265 ZPO (act. 2/1). Mit Verfügung vom 6. Juli 2021, Geschäfts-Nr. BA210002-C, gewährte das Bezirksgericht Bülach dem Beschwerdegegner das rechtliche Gehör und wies den Antrag des Beschwerdeführers auf (vorläufigen) Aufschub der Vollstreckung der Verfügung des Beschwerdegegners vom

    20. Oktober 2021 [recte: 2020] ohne Begründung ab (act. 2/2 Dispositiv- Ziffern 1 und 2).

  2. Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 15. Juli 2021 (act. 1) innert Frist Beschwerde und stellte die folgenden Anträge:

    1. Die Verfügung in Sachen BA210002-C/ts sei hinsichtlich der Abweisung des Antrags auf vorläufigen Aufschub der Vollstreckung aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, eventualiter sei das Gesuch des Beschwerdeführers um Aufschiebung der Vollstreckung neu zu prüfen und antragsgemäss zu entscheiden, eventualiter sei festzustellen, dass zum Zeitpunkt des Antrags ein Anspruch auf Aufschiebung der Vollstreckung bestand.

    1. Die Aufschiebung der Vollstreckung der Verfügung des Friedensrichteramts B. vom 20. Oktober 2021 bzw. auf dieser Grundlage basierender weiterer Entscheide sei als superprovisorische Massnahme gem. Art. 265 ZPO anzuordnen und ggf. eine Wiederherstellung gem. Art. 148 ZPO zu gewähren,

    2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zuzüglich 7,7% MwSt. zu Lasten der Beschwerdegegnerin.

    3. Nach § 83 Abs. 2 des Gerichtsorganisationsgesetzes (GOG, LS 211.1) stellt die Rechtsmittelinstanz die Aufsichtsbeschwerde der Gegenpartei zur schriftlichen Stellungnahme zu, es sei denn, die Beschwerde sei sofort unzulässig unbegründet. Da dies wie im Folgenden zu zeigen sein wird

      - der Fall ist, kann auf das Einholen einer Stellungnahme des Beschwerdegegners verzichtet werden. Das Verfahren erweist sich als spruchreif. Auf die Vorbringen des Beschwerdeführers ist nachfolgend einzugehen, soweit dies unter Hinweis auf § 83 Abs. 3 GOG notwendig erscheint.

    4. Auf das vorliegende Verfahren sind die Art. 319 ff. ZPO sinngemäss anwendbar (§ 84 GOG). Entsprechend kann mit der Beschwerde die unrichtige Rechtsanwendung und die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Neue Anträge, neue Tatsachen und neue Beweismittel sind im Beschwerdeverfahren hingegen ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO).

II.
  1. Gemäss § 80 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 84 GOG i.V.m. § 18 Abs. 1 lit. k der Verordnung über die Organisation des Obergerichts (LS 212.51) übt die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich die Aufsicht über die dem Obergericht unterstellten Gerichte und nach § 80 Abs. 2 GOG die mittelbare Aufsicht über die den Bezirksgerichten unterstellten Behörden aus (vgl. auch Hauser/Schweri/Lieber, GOG-Kommentar, 2. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2017, § 80 N 1 und § 84 N 1). Die Verwaltungskommission ist daher zur Behandlung der vorliegenden Beschwerde, welche sich gegen die Verfügung des Bezirksgerichts Bülach vom 6. Juli 2021 (Nr. BA210002- L, act. 2/2) richtet, zuständig.

  2. In seiner Beschwerdeschrift führt der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, die Abweisung des Antrags auf (vorläufigen) Aufschub der Vollstreckung in Form einer prozessleitenden Verfügung sei im Falle des Vorliegens

    eines nicht leicht wieder gutzumachenden Nachteils anfechtbar. Ein solcher Nachteil sei vorliegend gegeben. Durch die Gutheissung der Beschwerde könne der Nachteil, welcher ihm durch die Nichtgewährung des Aufschubs der Vollstreckung entstehe, abgewendet werden. Die angefochtene Verfügung enthalte in Bezug auf die Abweisung des erwähnten Gesuchs keine Begründung. Sie verletze daher das rechtliche Gehör. Es werde auf die Eingabe an das Bezirksgericht Bülach vom 23. Juni 2021 verwiesen. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass das Bezirksgericht Weinfelden am 9. Juli 2021 im Verfahren Nr. Z7.2021.115 einen Entscheid gefällt habe. Dieser sei dem Beschwerdeführer gleichzeitig zugegangen wie die Verfügung des Bezirksgerichts Bülach, weshalb er die Verfügung des Bezirksgerichts Bülach nicht vor der Fällung des Entscheides des Bezirksgerichts Weinfelden habe anfechten können. Es liege eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör sowie eine Verletzung des Anspruchs auf wirksame Beschwerde gemäss Art. 13 EMRK vor. Er werde genötigt, ein bisher vermeidbares Insolvenzverfahren durchzuführen.

  3. Der Beschwerdeführer rügt die fehlende Begründung des Bezirksgerichts Bülach in seiner Verfügung vom 6. Juli 2021 (Geschäfts-Nr. BA210002-C) hinsichtlich der Abweisung des Gesuchs um Aufschub der Vollstreckung der Verfügung vom 20. Oktober 2020 (Geschäfts-Nr. GV.2020.00052/ SB.2020.00069) und ersucht um Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 2 der besagten Verfügung (act. 1 RB 1).

    1. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV folgt die grundsätzliche Pflicht der Gerichte, die Vorbringen der vom Entscheid in ihrer Rechtsstellung betroffenen Person zur Kenntnis zu nehmen, zu prüfen und bei der Entscheidfindung zu berücksichtigen (BGE 124 I 49 E. 3a und BGE 124 I 241 E. 2). Daraus resultiert die Pflicht der Gerichte, ihre Entscheide zu begründen. An die Begründungsdichte werden jedoch keine allzu hohen Anforderungen gestellt. Konkret müssen sich die Gerichte nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzen und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegen. Der Entscheid hat jedoch mindestens

      jene Überlegungen zu erwähnen, von welchen sich das Gericht hat leiten lassen und auf welche es seinen Entscheid stützt. Die Begründung muss demnach so abgefasst sein, dass sich die Betroffenen über die Tragweite des Entscheides Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen können (BGE 134 I 83 E. 4.1; Entscheid des Bundesgericht 4A_128/2017 vom 12. Mai 2017, E. 5.3).

      Die Begründungspflicht für End-, Teil- und Zwischenentscheide ergibt sich im Grundsatz bereits aus Art. 238 lit. g ZPO (BK ZPO-Killias, Art. 238 N 1). Während das Bundesgericht in seinem Entscheid 5A_120/2012 vom

      21. Juni 2012 (E. 4.1) noch offen liess, ob die in Art. 238 lit. g ZPO enthalte- ne Begründungspflicht auch für prozessleitende Verfügungen gelten könne, hat es dies in seinem Entscheid 4A_128/2017 vom 12. Mai 2017 bejaht. Darin erwog es, dass die Rechtsmittel gemäss ZPO schriftlich und begründet eingereicht werden müssten. Mit der Annahme, verfahrensleitende Verfügungen müssten auch dann nicht begründet werden, wenn ein Gesuch abgewiesen werde, mit dem ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 319 lit. b ZPO (wie bspw. der Verlust der Beweismittel) behauptet werde, habe die Vorinstanz den Anspruch der Beschwerdeführer auf rechtliches Gehör verkannt. Den Beschwerdeführern stehe gegen verfahrensleitende Verfügungen das Rechtsmittel der Beschwerde offen, wenn durch sie ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil drohe. Wenn die erste Instanz in solchen Fällen keine Begründung liefere, sei den Gesuchstellern eine begründete Anfechtung nicht möglich. Mit der undifferenzierten Annahme, verfahrensleitende Verfügungen müssten nie begründet werden, habe die Vorinstanz den Anspruch der Beschwerdeführer auf rechtliches Gehör verletzt (Entscheid des Bundesgerichts Nr. 4A_128/2017 vom 12. Mai 2017, E. 5.4). Nach herrschender Lehre gilt die Begründungspflicht für alle Entscheide im Sinne von Art. 236 f. ZPO sowie darüber hinaus für sog. Inzi- denzentscheide, d.h. für prozessleitende Verfügungen (mit Ausnahme von Fristerstreckungen u.Ä.) und andere Entscheide i.S.v. Art. 319 lit. b ZPO (BSK ZPO-Steck/Brunner, Art. 236 N 8 und Art. 239 N 11; BK ZPO-Killias,

      Art. 239 N 2; KUKO ZPO-Sogo/Naegeli, Art. 239 N 5). Als prozessleitende

      Verfügungen gelten dabei Anordnungen, welche im Verlaufe des Verfahrens für dessen ordnungsgemässe Abwicklung und für die Vorbereitung des Urteils notwendig sind, ohne sich über die Zulässigkeit und Begründetheit der Klage auszusprechen und damit den Prozess teilweise ganz zu erledigen (Seiler, Die Anfechtung von prozessleitenden Verfügungen und weitere Aspekte der Beschwerde nach Art. 319 ff. ZPO in: BJM 2018, S. 65 ff,

      S. 73; Entscheid des Bundesgerichts Nr. 5D_160/2014 vom 26. Januar 2015, E. 2.3).

    2. Bei der massgeblichen Verfügung vom 6. Juli 2021 (Geschäfts- Nr. BA210002-C) handelt es sich um eine prozessleitende Verfügung, welche nebst der Fristansetzung an den Beschwerdegegner die Abweisung des Gesuchs um Aufschub der Vollstreckung der Verfügung des Beschwerdegegners vom 20. Oktober 2020 zum Gegenstand hat (act. 2/2). Eine Begründung enthält sie nicht. Dadurch verletzt sie den obigen Erwägungen folgend zumindest in Bezug auf den in Dispositiv-Ziffer 2 behandelten Antrag den Anspruch des Beschwerdeführers auf Gewährung des rechtlichen Gehörs. Daran an der Missachtung des besagten Anspruchs vermag auch Art. 239 ZPO nichts zu ändern, wonach das erstinstanzliche Gericht seinen Entscheid ohne schriftliche Begründung eröffnen kann, aber auf Ersuchen einer Partei eine Begründung nachzuliefern hat, zumal diese Bestimmung nach der herrschenden Lehre auf prozessleitende Verfügungen nicht anwendbar ist (BK ZPO-Killias, Art. 239 N 2; BSK ZPO-Steck/Brunner, Art. 239 N 5; Seiler, a.a.O., S. 72; Staehelin in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.],

3. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2016, Art. 239 N 13; offen gelassen Entscheid des Bundesgerichts Nr. 4A_128/2017 vom 12. Mai 2017, E. 5.5).

    1. Das Recht, angehört zu werden, ist formeller Natur. Die Verletzung des Gehörsanspruchs führt somit grundsätzlich zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids, unabhängig davon, ob die Anhörung im konkreten Fall für den Ausgang der materiellen Streitentscheidung von Bedeutung war, d.h. die Behörde zu einer Änderung ihres Entscheides veranlasst hätte. Der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zufolge ist eine nicht besonders schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs jedoch heilbar, wenn die betroffene Person die Möglichkeit eingeräumt erhält, sich vor der Rechtsmittelinstanz zu äussern, welche in der fraglichen Sache dieselbe Überprüfungsbefugnis besitzt wie die Vorinstanz. Mit der Heilung sollen insbesondere formalistische Leerläufe und unnötige Verzögerungen vermieden werden (BGE 126 V 130 E. 2b; OFK BV-Biaggini, Art. 29 N 9).

    2. Der Beschwerdeführer verweist in seiner Beschwerdeschrift vom 15. Juli 2021 (act. 1) auf seine Eingabe ans Bezirksgericht Bülach vom 23. Juni 2021 (act. 2/1). Diese liegt in den Akten und kann zur Beurteilung seines Ersuchens herangezogen werden. Sein Äusserungsrecht ist demnach gewahrt. Im Weiteren ergibt sich aus dem Nachfolgenden, dass die Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 2 der Verfügung des Bezirksgerichts Bülach vom 6. Juli 2021 (Geschäfts-Nr. BA210002-C) insoweit zu einem formalistischen Leerlauf führen würde, als das Bezirksgericht Bülach in der Folge eine gleich lautende begründete Verfügung erlassen würde, welche der Beschwerdeführer wiederum an die hiesige Instanz weiterziehen könnte. Es rechtfertigt sich daher, von einer Rückweisung des Verfahrens infolge Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör abzusehen und sich in diesem Verfahren zum superprovisorischen Vollstreckungsbegehren des Beschwerdeführers zu äussern sowie dieses in der Sache zu behandeln.

    1. Nach Art. 261 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 83 Abs. 3 GOG trifft das Gericht die notwendigen vorsorglichen Massnahmen, wenn die gesuchstellende Partei glaubhaft macht, dass ein ihr zustehender Anspruch verletzt ist eine Verletzung zu befürchten ist (lit. a) und ihr aus der Verletzung ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht (lit. b). Bei besonderer Dringlichkeit, insbesondere bei Vereitelungsgefahr, kann das Gericht die vorsorgliche Massnahme sofort und ohne Anhörung der Gegenpartei anordnen (Art. 265 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 83 Abs. 3 GOG).

    2. In Bezug auf das Erfordernis von Art. 261 Abs. 1 lit. a ZPO i.V.m. § 83 Abs. 3 GOG führt der Beschwerdeführer aus, er habe einen Anspruch auf

Kostenerlass bzw. Stundung der Forderung, mit der Folge, dass er einen Anspruch auf Aufschiebung der Vollstreckung der massgeblichen Verfügung aufweise (act. 2/1 Rz 31 f.).

Mit seinem Gesuch um Aufschiebung der Vollstreckung der Verfügung des Beschwerdegegners beantragt der Beschwerdeführer sinngemäss eine Stundung der Gerichtskostenforderung von Fr. 250.-. Dies ergibt sich insbesondere aus seinen Ausführungen in der Eingabe vom 23. Juni 2021, die Forderung gemäss der Verfügung vom 20. Oktober 2020 sei in absehbarer Zeit nicht realisierbar, und deren Eintreibung würde in der Ausstellung eines Pfändungsverlustscheins resultieren, wobei die sich daraus ergebende Sperre von Vermögenswerten zu einem nicht leicht wieder gutzumachenden Nachteil führe (act. 2/1 Rz 35). Eine Stundung ist primär dann zu gewähren, wenn die Mittellosigkeit nur kürzere Zeit andauert und dadurch die Aussichten, nach Ablauf der Stundung eine vollständige Zahlung der Gerichtskosten zu erwirken, erhöht werden kann bzw. wenn sich der Gesuchsteller vorübergehend in finanziellen Schwierigkeiten befindet. Es besteht indes kein Anspruch auf eine Stundung. Vielmehr verbleibt es im Ermessen der zuständigen Behörde, eine solche zu gewähren nicht (vgl. zum Ganzen Jenny in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], 3. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2016, Art. 112 N 4; Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom

30. August 2018, Nr. DG.2018.29, E. 3.2). Sowohl der Beschwerdegegner als auch das Bezirksgericht Bülach wiesen das (sinngemässe) Stundungsersuchen - der Beschwerdegegner implizit, das Bezirksgericht Bülach in der Verfügung vom 6. Juli 2021 ab. Aus der Eingabe des Beschwerdeführers vom 23. Juni 2021 (act. 2/1 Rz 40 f.) ergibt sich, dass dieser bereits im Jahre 2019 Schulden von über Fr. 70'000.aufwies (vgl. auch act. 2/1/9-10) und von Einkünften von Fr. 916.pro Monat lebte (act. 2/1/8). Die finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers sind demnach schon seit Längerem angespannt. Weder im Zeitpunkt der Einreichung der Eingabe vom 23. Juni 2021 (vgl. act. 1 RB 1 Subeventualantrag), noch im Zeitpunkt des Ergehens der Verfügung des Bezirksgerichts Bülach vom 6. Juli 2021, noch im Zeitpunkt der hiesigen Entscheidfindung erfüllt/e er damit die obgenannten Voraussetzungen für eine Stundung, auf welche überdies ohnehin kein Anspruch besteht. Folglich vermochte der Beschwerdeführer vor der Vorinstanz keine Verletzung eines ihm zustehenden Anspruchs im Sinne von Art. 261 Abs. 1 lit. a ZPO i.V.m. § 83 Abs. 3 GOG glaubhaft darzulegen, weshalb das Bezirksgericht Bülach das Gesuch um Aufschub der Vollstreckung der Verfügung des Beschwerdegegners vom 20. Oktober 2020 in Form einer superprovisorischen Massnahme zu Recht abwies. Insoweit kann dem beschwerdeführerischen Ersuchen in Antrag 1 (act. 1) nicht entsprochen werden. Gleiches gilt mangels Erfüllung der Erfordernisse gemäss

§ 261 Abs. 1 lit. a ZPO auch für das Rechtsbegehren 2, weshalb dieses ebenfalls abzuweisen ist.

6. Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass in Bezug auf Dispositiv- Ziffer 2 der Verfügung des Bezirksgerichts Bülach vom 6. Juli 2021 mangels Begründung zwar eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliegt, dass diese jedoch im vorliegenden Verfahren geheilt werden konnte. Die bezirksgerichtliche Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers auf (vorläufigen) Aufschub der Vollstreckung der Verfügung des Beschwerdegegners vom 20. Oktober 2020 (Geschäfts-Nr. GV.2020.00052/ SB.2020.00069) erweist sich in der Sache als korrekt, mit der Folge, dass das Rechtsbegehren 1 des Beschwerdeführers abzuweisen ist. Ebenfalls abzuweisen ist das Rechtsbegehren 2, da die Voraussetzungen für die Anordnung einer superprovisorischen Massnahme nicht gegeben sind. Die Aufsichtsbeschwerde ist damit abzuweisen.

III.
  1. Umständehalber ist von einer Kostenerhebung abzusehen (Art. 107 Abs. 1 lit. f ZPO). Entschädigungen sind keine zu entrichten.

  2. Die Verwaltungskommission entscheidet als obere Aufsichtsbehörde letztinstanzlich über die vorliegende Beschwerde. Ein kantonales eidgenössi-

sches Rechtsmittel dagegen besteht nicht (Hauser/Schweri/Lieber, GOG- Kommentar, a.a.O., § 84 N 1; Urteil des Bundesgerichts 4A_448/2015 vom

14. September 2015 sowie Urteil des Bundesgerichts 5A_961/2014 vom

19. Januar 2015).

Es wird beschlossen:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Es werden keine Kosten erhoben.

  3. Es werden keine Prozessentschädigungen zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung, je gegen Empfangsschein, an:

    • den Beschwerdeführer,

    • den Beschwerdegegner, unter Beilage einer Kopie von act. 1,

    • das Bezirksgericht Bülach als untere kantonale Aufsichtsbehörde, unter Beilage einer Kopie von act. 1.

Zürich, 11. August 2021

Obergericht des Kantons Zürich Verwaltungskommission

Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu versandt am:

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