Zusammenfassung des Urteils RT210203: Obergericht des Kantons Zürich
Der Text handelt von einem Rechtsstreit vor dem Kantonsgericht von Graubünden, bei dem es um die Annullierung eines Vollstreckungsbefehls in Höhe von CHF 500'000 geht. Der Kläger, vertreten durch Anwalt Francesco Galli, argumentiert, dass die Vollstreckung missbräuchlich sei. Der Beklagte behauptet hingegen, dass die Forderung gerechtfertigt sei. Das Gericht entscheidet zugunsten des Klägers, da die Vollstreckung als missbräuchlich angesehen wird. Der Richter Brunner entscheidet, dass der Vollstreckungsbefehl nichtig ist und die Kosten vom Kanton Graubünden getragen werden.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | RT210203 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | I. Zivilkammer |
Datum: | 30.11.2021 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Rechtsöffnung |
Schlagwörter : | Rechtsöffnung; Forderung; Verfahren; Kostenvorschuss; SchKG; Schweiz; Betreibung; Gesuch; Gesuchsgegnerin; Vorinstanz; Rechtsöffnungsgesuch; Entscheid; Frist; Kostenvorschusses; Frist; Verfügung; Schuld; Abtretung; Gericht; Beschwerdeverfahren; Leistung; Rechtsöffnungstitel; Identität; Gläubiger; Inkasso; Betreibungsamt; Parteien; Bundesgericht; Oberrichterin |
Rechtsnorm: | Art. 101 ZPO ;Art. 106 ZPO ;Art. 165 OR ;Art. 253 ZPO ;Art. 254 ZPO ;Art. 320 ZPO ;Art. 321 ZPO ;Art. 322 ZPO ;Art. 326 ZPO ;Art. 327 ZPO ;Art. 68 KG ;Art. 82 KG ;Art. 90 BGG ;Art. 95 ZPO ; |
Referenz BGE: | 132 III 140; 139 III 444; 140 III 372; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
I. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: RT210203-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin Dr. D. Scherrer, Vorsitzende, Oberrichterin Dr. L. Hunziker Schnider und Oberrichterin Dr. S. Janssen sowie Gerichtsschreiber lic. iur. M. Hochuli
Urteil vom 30. November 2021
in Sachen
Schweiz AG,
Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin
gegen
,
Gesuchsgegnerin und Beschwerdegegnerin betreffend Rechtsöffnung
Erwägungen:
Mit Verfügung vom 19. Oktober 2021 trat die Vorinstanz auf das Rechtsöff- nungsgesuch der Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin (fortan Gesuchstellerin) in der gegen die Gesuchsgegnerin und Beschwerdegegnerin (fortan Gesuchsgegnerin) angehobenen Betreibung Nr. 1 des Betreibungsamtes Pfannenstiel (Zahlungsbefehl vom 8. April 2021) nicht ein (Urk. 12 S. 3 f. = Urk. 15 S. 3 f.).
Hiergegen erhob die Gesuchstellerin mit Eingabe vom 27. Oktober 2021 rechtzeitig (vgl. Art. 321 Abs. 2 ZPO und Urk. 13/1) Beschwerde mit folgenden Anträgen (Urk. 14 S. 1):
1. Die Verfügung der Beschwerdegegnerin Nr. EB210301 vom 19.10.2021 inkl.
Kostenentscheid sei aufzuheben.
Die Beschwerdegegnerin sei anzuweisen, das eingereichte Gesuch um provisorische Rechtsöffnung als sachlich und örtlich zuständiges Gericht anhand zu nehmen und darüber zu urteilen.
Die Beschwerdegegnerin sei anzuweisen, der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von CHF 300.00 zu bezahlen.
Der mit Verfügung vom 11. November 2021 einverlangte Kostenvorschuss von Fr. 300.wurde rechtzeitig geleistet (Urk. 18 und 19).
Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (Urk. 1-13). Da sich die Beschwerde wie nachfolgend aufzuzeigen sein wird zwar als begründet erweist, das Rechtsöffnungsgesuch aber gleichwohl abzuweisen ist, ist vom Einholen ei- ner Beschwerdeantwort abzusehen (Art. 322 Abs. 1 ZPO).
Mit der Beschwerde können unrichtige Rechtsanwendung und offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Die beschwerdeführende Partei hat im Einzelnen darzulegen, an welchen Mängeln (unrichtige Rechtsanwendung, offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts) der angefochtene Entscheid ihrer Ansicht nach leidet. Was nicht beanstandet wird, braucht von der Rechtsmittelinstanz grundsätzlich nicht geprüft zu werden. Neue Anträge, neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel (Noven) sind im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO).
Die Vorinstanz erwog, der Gesuchstellerin sei mit Verfügung vom 27. September 2021 Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses angesetzt worden. Dieser sei aber erst nach Ablauf der angesetzten Frist geleistet worden. Da Art. 101 Abs. 3 ZPO im betreibungsrechtlichen Rechtsöffnungsverfahren nicht anwendbar sei (mit Verweis auf ZR 116/2017 Nr. 39), sei der Gesuchstellerin keine Nachfrist anzusetzen, sondern androhungsgemäss auf das Rechtsöffnungsgesuch nicht einzutreten (Urk. 15 S. 2 f.).
Die Gesuchstellerin rügt, selbst wenn nicht Art. 101 Abs. 3 ZPO, sondern Art. 68 SchKG zur Anwendung gelange, hätte der leicht verspätete Eingang des Kostenvorschusses akzeptiert werden müssen, zumal in diesem Artikel nicht erwähnt werde, dass keine Nachfrist zu gewähren bzw. zu setzen sei. Vielmehr handle es sich um eine Kann-Vorschrift, weshalb die Vorinstanz ihre Tätigkeit sogar ohne Leistung eines Kostenvorschusses hätte aufnehmen können. Dies sei insbesondere dann angemessen, wenn die eine Amtshandlung verlangende Person eine entsprechende Kostengutsprache leiste und vertrauenswürdig erschei- ne, was in der Regel bei gewerblichen Vertretern von Gläubigern der Fall sei (mit Verweis auf SK SchKG-Penon/Wohlgemuth, Art. 68 N 12). Sie sei ein anerkanntes Inkassounternehmen und der Vorinstanz aus früheren Verfahren als pünktliche Zahlerin von Kostenvorschüssen bekannt (Urk. 14 S. 1 f.).
Art. 1 lit. c ZPO hält fest, dass die ZPO das Verfahren in den gerichtlichen Angelegenheiten des SchKG regelt. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Streit zivilrechtlicher lediglich betreibungsrechtlicher Natur ist. Ebenso wenig ist relevant, ob ein ordentliches Verfahren (z.B. Aberkennungsklage Kollokationsprozess) nur ein summarisches Verfahren (z.B. provisorische Rechtsöffnung Arrest) durchzuführen ist. Immer wenn im Anwendungsbereich der ZPO
(Art. 1 lit. c ZPO) zugunsten des SchKG eine Ausnahme gemacht werden soll, wird dies in der ZPO ausdrücklich erwähnt, i.d.R. indem die Bestimmungen des SchKG vorbehalten werden (Art. 46, 47 Abs. 2 lit. c, 63 Abs. 3, 68 Abs. 2 lit. c,
145 Abs. 4, 198 lit. e, 251, 269 lit. a, 270 Abs. 1, 309 lit. b, 327a Abs. 2 und 335 ZPO). In der ZPO findet sich indes keine Bestimmung, wonach sich die Frist bzw. Nachfrist zur Bezahlung eines Kostenvorschusses in einem gerichtlichen Verfahren über eine betreibungsrechtliche Angelegenheit nach SchKG richtet. Entsprechend beantwortet sich die Frage, wie zu verfahren ist, wenn in einem Rechtsöff- nungsverfahren der Kostenvorschuss innert Frist nicht geleistet wurde, einzig nach der ZPO. Es ist in Anwendung von Art. 101 Abs. 3 ZPO eine Nachfrist anzusetzen (OGer ZH RT200011 vom 18. März 2020, E. 3.2).
Vorliegend hielt die Gesuchstellerin die Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses nicht ein (vgl. Urk. 5 S. 3, Urk. 6/1 S. 2, Urk. 7, Urk. 10 und Urk. 14
S. 1). Dies kann ihr jedoch nicht schaden, da nach Art. 101 Abs. 3 ZPO ein Nichteintretensentscheid bei Säumnis mit der Leistung des Kostenvorschusses erst gefällt werden darf, wenn eine Nachfrist angesetzt wurde. Das ist im vorliegenden Fall zu Unrecht nicht geschehen. Insofern erweist sich die Beschwerde als begründet und der angefochtene Entscheid ist aufzuheben.
6. Soweit die Rechtsmittelinstanz die Beschwerde gutheisst, hebt sie den angefochtenen Entscheid auf und weist die Sache an die Vorinstanz zurück entscheidet sie neu, wenn die Sache spruchreif ist (Art. 327 Abs. 3 ZPO). Vorliegend ist letzteres der Fall, da sich das Rechtsöffnungsgesuch wie nachfolgend aufzuzeigen sein wird sogleich als offensichtlich unbegründet erweist und deshalb vom Einholen einer Stellungnahme der Gesuchsgegnerin abgesehen werden kann (Art. 253 ZPO).
Die Gesuchstellerin stützt ihr Rechtsöffnungsgesuch auf den Pfändungsverlustschein Nr. 2 des Betreibungsamtes Winterthur II vom 5. September 2001, welcher eine Schuld der Gesuchsgegnerin gegenüber der C. AG in der Höhe von insgesamt Fr. 2'150.15 ausweist (Urk. 3/2). Die Gesuchstellerin führt diesbezüglich aus, die Forderung sei ihr von der C. (Schweiz) AG am 23. April 2001 zur Wahrung der Interessen übergeben worden, wobei sie auf eine Generelle Abtretungserklärung der C. (Schweiz) AG verweist (Urk. 1 S. 2).
Die von der Gesuchstellerin angestrebte provisorische Rechtsöffnung setzt voraus, dass als Rechtsöffnungstitel eine Schuldanerkennung im Sinne von
Art. 82 Abs. 1 SchKG vorliegt. Dies hat das Rechtsöffnungsgericht von Amtes wegen zu prüfen. Sodann prüft es von Amtes wegen folgende drei Identitäten: (1)
die Identität zwischen dem Betreibenden und dem auf dem Rechtsöffnungstitel genannten Gläubiger, (2) die Identität zwischen dem Betriebenen und dem auf dem Rechtsöffnungstitel genannten Schuldner, sowie (3) die Identität zwischen der in Betreibung gesetzten Forderung und derjenigen, die sich aus dem Rechts- öffnungstitel ergibt (BGE 139 III 444 E. 4.1.1; BGE 132 III 140 E. 4.1.1). Wenn ein Rechtsnachfolger (infolge Singularoder Universalsukzession) eines Gläubigers für eine in einem Rechtsöffnungstitel festgehaltene Forderung die Rechtsöffnung verlangt, hat er seine Rechtsnachfolge liquide nachzuweisen (vgl. BGE 140 III 372 E. 3.3.3 zur definitiven Rechtsöffnung; BGE 132 III 140 E. 4.1.1 =
Pra 95/2006 Nr. 133; BGer 5A_408/2019 vom 20. November 2019, E. 2.3.1; BGer
5A_567/2010 vom 4. November 2010, E. 2.1; BSK SchKG-Staehelin, Art. 82
N 73; Stücheli, Die Rechtsöffnung, Diss. 2000, S. 170 f.). Der Beweis ist grundsätzlich durch Urkunde zu erbringen (Art. 254 Abs. 1 ZPO; BGer 5A_467/2015 vom 25. August 2016, E. 4).
Ob eine in Betreibung gesetzte Forderung gültig durch Rechtsgeschäft abgetreten wurde, bestimmt sich nach dem Obligationenrecht. Demnach bedarf die Abtretung einer Schuld zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form (Art. 165 Abs. 1 OR). Diese Formvorschrift dient der Rechts- und Verkehrssicherheit bzw. der Klarstellung. Die Gläubiger des Zedenten und des Zessionars sollen ebenso wie der Schuldner der zedierten Forderung feststellen können, wem die Forderung in einem bestimmten Zeitpunkt zusteht. Diesem Zweck entsprechend müssen von der Schriftform sämtliche Merkmale erfasst sein, welche die abgetretene Forderung für die betroffenen Dritten hinreichend individualisieren. Es genügt zwar, dass die Forderung bestimmbar ist, es muss aber immerhin für einen unbeteiligten Dritten ohne Kenntnis der Umstände der Abtretung aus der Urkunde selbst ersichtlich sein, wem die Forderung zusteht (vgl. BGer 4A_125/2010 vom
12. August 2010, E. 2.1 m.w.H.).
Vorliegend trat die C. (Schweiz) AG, welche zufolge Fusion die Aktiven und Passiven der C. AG übernommen hatte, der Gesuchstellerin gemäss Abtretungserklärung vom 3. August 2016 sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen aus ihrem Geschäftsbetrieb, zu deren Inkasso die A.
Schweiz AG vertraglich verpflichtet ist, mit allen Neben- und Vorzugsrechten ab. (Urk. 3/1; Hervorhebung hinzugefügt). Diesem Wortlaut lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob die Gesuchstellerin das Inkasso für sämtliche nur bestimmte Forderungen der C. (Schweiz) AG übernahm. Da sodann die der Abtretung zugrundeliegenden Vereinbarungen (vgl. Urk. 3/1 Ziff. 2 und 3) nicht vorgelegt wurden, bleibt unklar, ob die Forderung gemäss Pfändungsverlustschein Nr. 2 des Betreibungsamtes Winterthur II vom 5. September 2001 zu denjenigen Forderungen gehört, zu deren Inkasso sich die Gesuchstellerin gegenüber der C. (Schweiz) AG vertraglich verpflichtet hatte. In der Folge gelingt es der Gesuchstellerin nicht, ihre Rechtsnachfolge bezüglich der im vorerwähnten Pfändungsverlustschein verurkundeten Forderung liquide nachzuweisen, weshalb ihr Rechtsöffnungsgesuch abzuweisen ist. Entsprechend besteht kein Anlass für eine Anpassung der Kosten- und Entschädigungsfolgen gemäss dem angefochtenen Entscheid, weshalb es dabei bleibt.
Die Entscheidgebühr für das Beschwerdeverfahren ist in Anwendung von Art. 48 i.V.m. Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG auf Fr. 300.festzusetzen. Die Gerichtskosten sind ausgangsgemäss der Gesuchstellerin aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO).
Für das Beschwerdeverfahren sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen, der Gesuchstellerin zufolge ihres Unterliegens (Art. 106 Abs. 1 ZPO), der Gesuchsgegnerin mangels relevanter Umtriebe (Art. 95 Abs. 3 ZPO).
Es wird erkannt:
In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird Dispositiv-Ziffer 1 der Verfügung des Einzelgerichts im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Meilen vom 19. Oktober 2021 im Verfahren EB210301-G aufgehoben und durch folgende Fassung ersetzt:
1. Das Rechtsöffnungsgesuch in der Betreibung Nr. 1, Betreibungsamt Pfannenstiel, Zahlungsbefehl vom 8. April 2021, wird abgewiesen.
Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 300.festgesetzt.
Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden der Gesuchstellerin auferlegt und mit ihrem Kostenvorschuss verrechnet.
Für das Beschwerdeverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Gesuchsgegnerin unter Beilage der Doppel von Urk. 14 und Urk. 16/1-2, sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG. Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 2'150.15. Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.
Zürich, 30. November 2021
Obergericht des Kantons Zürich
Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:
lic. iur. M. Hochuli versandt am:
ip
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