Zusammenfassung des Urteils LF200057: Obergericht des Kantons Zürich
Es handelt sich um einen Fall vor dem Obergericht des Kantons Zürich, bei dem es um die Ausstellung eines Erbscheins im Nachlass von E. ging. Die Verstorbene hinterliess drei Enkelinnen als gesetzliche Erben, während die Lebenspartnerin der Erblasserin, A., als Alleinerbin eingesetzt wurde. Die Enkelinnen erhoben Einspruch gegen die Ausstellung des Erbscheins an A. Die Vorinstanz entschied vorläufig, keinen Erbschein auszustellen, und setzte die Entscheidgebühr auf CHF 150 fest. A. legte Berufung ein, die jedoch abgewiesen wurde, da der Streitwert unter CHF 10'000 lag. Es wurde beschlossen, dass keine Gerichtskosten erhoben und keine Parteientschädigungen zugesprochen werden. Der Entscheid kann innerhalb von 30 Tagen beim Bundesgericht angefochten werden.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | LF200057 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 16.09.2020 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Einsprache gegen Ausstellung des Erbscheines |
Schlagwörter : | Erblasserin; Entscheid; Erbschein; Ausstellung; Verfahren; Verfügung; Testament; Urteil; Bülach; Rechtsmittel; Berufung; Angelegenheiten; Kanton; Obergericht; Oberrichter; Einsprecherinnen; Beschwerdegegnerinnen; Einsprache; Erbscheines; Bezirksgerichtes; Enkelinnen; Eingabe; Beilage; Erbschaftskanzlei; Erben; Vorinstanz; Erbin; Akten; Einzelgericht; ützt |
Rechtsnorm: | Art. 28 ZPO ;Art. 308 ZPO ;Art. 320 ZPO ;Art. 321 ZPO ;Art. 322 ZPO ;Art. 326 ZPO ;Art. 551 ZGB ;Art. 556 ZGB ;Art. 98 BGG ; |
Referenz BGE: | 135 III 578; |
Kommentar: | Schmid, Praxis, Zürich , Art. 433, 2009 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: LF200057-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach und Oberrichter Dr. M. Sarbach sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Götschi
Beschluss vom 16. September 2020
in Sachen
Beschwerdeführerin,
gegen
Einsprecherinnen und Beschwerdegegnerinnen,
betreffend
im Nachlass von E. , geboren am tt. Mai 1929, von F. , gestorben am tt.mm.2020, wohnhaft gewesen in G. ,
Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichtes in Erbschaftssachen des Bezirksgerichtes Bülach vom 24. August 2020 (EN200094)
Erwägungen:
Am tt.mm.2020 verstarb E. , geboren am tt. Mai 1929, mit letztem Wohnsitz in G. (act. 5-6). Sie hinterliess drei gesetzliche Erben: nämlich ihre drei Enkelinnen B. , C. und D. , welche die Kinder des einzigen, vorverstorbenen Sohnes der Erblasserin, H. , sind (vgl. act. 7/1-2 und 8/1). Die Beschwerdeführerin war offenbar die Lebenspartnerin der Erblasserin (act. 3).
Mit Eingabe vom 9. Juni 2020 ersuchten die Beschwerdegegnerinnen (Datum Poststempel) um Bescheinigung für Auskunft (act. 1/1). Mit Formular vom
20. Juni 2020 (act. 3) ersuchte die Beschwerdeführerin um Ausstellung eines Erbscheins, unter Beilage eines Testamentes (vgl. act. 3-4).
Mit Urteil vom 3. August 2020 (act. 14) eröffnete die Erbschaftskanzlei des Bezirksgerichtes Bülach die nicht datierte und nicht unterzeichnete letztwillige Verfügung der Erblasserin. Dabei wurden die drei Enkelinnen der Erblasserin als die gesetzlichen Erben ermittelt und in vorläufiger Auslegung der letztwilligen Verfügung festgehalten, die Beschwerdeführerin sei von der Erblasserin als Alleinerbin eingesetzt worden (vgl. a.a.O., S. 2 f.). In Dispositiv-Ziffer 2 wurde der Beschwerdeführerin daher die Ausstellung eines Erbscheins in Aussicht gestellt, sofern deren Berechtigung nicht innert eines Monats ab Zustellung des Urteils von einem gesetzlichen Erben einem aus einer früheren Verfügung Bedachten schriftlich bestritten werde (vgl. a.a.O., S. 4).
Mit Eingabe vom 20. August 2020 (act. 16) erhoben die drei Enkelinnen Einsprache gegen die Ausstellung des Erbscheines an die Beschwerdeführerin und stellten den Antrag, es sei ihr kein Erbschein auszustellen.
Mit Urteil vom 24. August 2020 (act. 18 = act. 22 [Aktenexemplar] = act. 24) entschied die Erbschaftskanzlei des Bezirksgerichtes Bülach (nachfolgend: Vorinstanz) was folgt:
Die Einsprachen der gesetzlichen Erbinnen 1 bis 3 gegen die Ausstellung eines Erbscheines an die eingesetzte Erbin A wird vorgemerkt. Bis zum unbenutzten Ablauf der Verwirkungsfrist für die Ungültigkeitsbzw. Herabsetzungsklage wird kein Erbschein ausgestellt.
Der von der eingesetzten Erbin A am 20. Juni 2020 beantragte Erbschein wird vorläufig nicht ausgestellt (EM200388-C).
Die Entscheidgebühr wird festgesetzt auf Fr. 150.-.
Allfällige weitere Auslagen bleiben vorbehalten.
Die Kosten werden von den Einsprecherinnen bezogen. Vorbehalten bleibt der endgültige Entscheid des Gerichts im ordentlichen Verfahren. Für den Fall, dass die Einsprecherinnen kein ordentliches Verfahren anhängig machen, werden ihnen die Kosten unter solidarischer Haftung zu je einem Drittel definitiv auferlegt.
5./6. (Mitteilung / Rechtsmittel).
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 2. September 2020 (act. 23) Berufung (vgl. dazu sogleich E. 2.1).
Die vorinstanzlichen Akten wurden von Amtes wegen beigezogen (vgl. act. 1-20). Eine Beschwerdeantwort wurde nicht eingeholt (vgl. Art. 322 ZPO).
Die Eröffnung letztwilliger Verfügungen und die Ausstellung von Erbbescheinigungen gehören zu den Sicherungsmassregeln des Erbganges (Titel vor Art. 551 ZGB, vgl. Art. 556 ff. ZGB). Sie sind Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, welche der Kanton Zürich dem Einzelgericht im summarischen Verfahren zugewiesen hat (vgl. Art. 551 Abs. 1 ZGB und Art. 54 Abs. 1 und 3 SchlT ZGB, § 24 lit. c und § 137 lit. c GOG i.V.m. Art. 248 lit. e ZPO). Erbrechtliche Angelegenheiten sind naturgemäss vermögensrechtlicher Art (vgl. BGE 135 III 578 ff., E. 6.3), dies gilt auch für die erbrechtlichen Sicherungsmassregeln (vgl. DIGGELMANN, DIKE-Komm-ZPO, 2. Aufl. 2016, Art. 91 N 30; ENGLER/JENT, Behördli-
che Mitwirkung beim Erbgang - Mechanik eines «eigenartigen» Verfahrens, in: SJZ 113/2017, S. 421 ff., S. 424). Gegen erstinstanzliche Entscheide in vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Berufung nur zulässig, sofern der Streitwert mindestens Fr. 10'000.beträgt (vgl. Art. 308 Abs. 2 ZPO).
Dies ist hier nicht der Fall: Das steuerbare Vermögen der Erblasserin betrug im Jahr 2018 Fr. 6'000.- (act. 13) und offenbar ist kein Grundeigentum vorhanden (vgl. act. 3 und act. 4). Daher ist zu Unrecht die Berufung belehrt worden
(vgl. act. 22) und die Berufung ist als Beschwerde entgegenzunehmen.
Als Rechtsmittel sind Beschwerden mit Anträgen zu versehen und zu begründen (vgl. Art. 321 Abs. 1 ZPO). Als Beschwerdegründe können unrichtige Rechtsanwendung und offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). An Rechtsmitteleingaben von Laien werden nur minimale Anforderungen gestellt. Als Antrag genügt eine Formulierung, aus der sich mit gutem Willen herauslesen lässt, wie das Obergericht entscheiden soll. Als Begründung reicht aus, wenn (auch nur rudimentär) zum Ausdruck kommt, an welchen Mängeln der angefochtene Entscheid leidet bzw. weshalb der erstinstanzliche Entscheid in den angefochtenen Punkten unrichtig sein soll (vgl. statt vieler OGer ZH PF170034 vom 9. August 2017, E. 2.1 m.w.H.).
Neue Anträge, neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel sind im Beschwerdeverfahren grundsätzlich ausgeschlossen (sog. Novenausschluss, vgl. Art. 326 Abs. 1 ZPO). Dies gilt auch in Verfahren, bei welchen wie bei Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - der (eingeschränkte) Untersuchungsgrundsatz gilt (Art. 248 lit. e i.V.m. Art. 255 lit. b ZPO, vgl. Botschaft zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], S. 7221 ff., S. 7379 zu Art. 324 E- ZPO und BGer 5A_405/2011 vom 27. September 2011, E. 4.5.3 m.w.H.).
Die Beschwerdeführerin macht unter Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Entscheid einzig geltend, es habe sich eine neue Situation ergeben; sie habe in der gemeinsamen Wohnung (mit der Erblasserin) beim Aufräumen und Durchsehen der Dokumente ein von der Erblasserin unterzeichnetes Testament vom
3. Februar 2014 (vgl. act. 25/1) gefunden. Ihr sei gestützt darauf eine Erbbescheinigung auszustellen (vgl. act. 23). Damit bringt sie neue Beweismittel vor, die im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen sind. Im Übrigen macht sie nicht geltend, dass der angefochtene Entscheid gestützt auf die damals eingereichten Unterlagen unrichtig wäre.
Es ist daher auf die Beschwerde nicht einzutreten.
Letztwillige Verfügungen sind der zuständigen Behörde zur Eröffnung einzuliefern (vgl. Art. 556 ZGB). Im Kanton Zürich ist das Einzelgericht am letzten Wohnsitz der Erblasserin des Erblassers zuständig (vgl. § 137 lit. c GOG/ZH
i.V.m. Art. 28 Abs. 2 ZPO). Das eingereichte Original-Testament vom 3. Februar 2014 (act. 25/1) ist daher an die Vorinstanz weiterzuleiten, damit diese ein neues Verfahren um Testamentseröffnung eröffnen kann.
3. Umständehalber ist auf das Erheben von Gerichtskosten zu verzichten. Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen.
Es wird beschlossen:
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
Es werden keine Kosten erhoben.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Beschwerdegegnerinnen unter Beilage eines Doppels bzw. einer Kopie der Beschwerdeschrift (act. 23), sowie an die Erbschaftskanzlei des Bezirksgerichts Bülach unter Beilage des Original-Testamentes vom 3. Februar 2014 (act. 25/1), je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Entscheid über vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 6'000.-.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. A. Götschi versandt am:
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