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Urteil Handelsgericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:HE210108
Instanz:Handelsgericht des Kantons Zürich
Abteilung:-
Handelsgericht des Kantons Zürich Entscheid HE210108 vom 09.09.2021 (ZH)
Datum:09.09.2021
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Bauhandwerkerpfandrecht
Schlagwörter : Gesuch; Gesuchstellerin; Grundstück; Arbeit; Gesuchsgegnerin; Arbeiten; Grundbuch; Eintrag; Eintragung; Grundstücke; Grundbuchamt; Vorläufig; Bauhandwerkerpfandrecht; Bauarbeit; Gericht; Gemäss; Vorläufige; Bauarbeiten; Erbracht; Gerichts; Partei; Verfahren; Definitiv; AaO; Verfügung; Pfandsumme; Gelten
Rechtsnorm: Art. 144 ZPO ; Art. 261 ZPO ; Art. 46 BGG ; Art. 648 ZGB ; Art. 655 ZGB ; Art. 796 ZGB ; Art. 839 ZGB ; Art. 96 ZPO ; Art. 961 ZGB ;
Referenz BGE:102 Ia 81; 104 II 348; 125 III 113; 137 III 563; 143 III 554; 39 II 139; 79 II 424; 86 I 265;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Handelsgericht des Kantons Zürich

Einzelgericht

Geschäfts-Nr.: HE210108-O U/mk

Mitwirkend: Oberrichter Roland Schmid, Präsident, sowie Gerichtsschreiberin Dr. Melanie Gottini

Urteil vom 9. September 2021

in Sachen

  1. AG,

    Gesuchstellerin

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X1. vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X2.

    gegen

  2. AG,

    Gesuchsgegnerin

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y.

    betreffend Bauhandwerkerpfandrecht

    Rechtsbegehren:

    (act. 1 S. 2)

    1.a) Das Grundbuchamt C. sei gerichtlich anzuweisen, zu Guns- ten der Gesuchstellerin und zu Lasten des Grundstücks in der Stadt D. , Blatt 1, Liegenschaft, Kataster 2, EGRID 3 (Eigen- tümerin: Gesuchsgegnerin) ein Bauhandwerkerpfandrecht mit ei- ner Pfandsumme von CHF 2'221'953.36 (ink. MWST) zzgl. Ver- zugszins von 5 % per 1. Juni 2021 im Grundbuch der Gemeinde C. als vorläufige Eintragung vorzumerken.

    b) Das Grundbuchamt E. sei gerichtlich anzuweisen, zu Guns- ten der Gesuchstellerin und zu Lasten des Grundstücks in der Stadt F. , Blatt 4, Liegenschaft, Kataster 5, EGRID 6,

    1. [Ortschaft] (Eigentümerin: Gesuchsgegnerin) ein Bauhandwerkerpfandrecht mit einer Pfandsumme von CHF 12'591'069.12 (inkl. MWST) zzgl. Verzugszins von 5 % per

      1. Juni 2021 im Grundbuch der Gemeinde E. als vorläufige Eintragung vorzumerken.

      2. Die Anweisungen gemäss Ziff. 1 hiervor seien durch das angeru- fene Gericht als vorsorgliche Massnahme, superprovisorisch und ohne Anhörung der Gesuchsgegnerin zu erteilen.

      3. Die beantragten superprovisorischen Verfügungen seien dem Grundbuchamt C. und dem Grundbuchamt E. sowohl schriftlich als auch per Telefax oder elektronisch anzumelden.

      4. Der Gesuchstellerin sei eine angemessene Frist von mindestens 3 Monaten anzusetzen, um die Klage auf definitive Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts gemäss Ziff. 1 hiervor zulasten der Grundstücke der Gesuchsgegnerin einzureichen.

      5. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zuzüglich Mehr- wertsteuer) zulasten der Gesuchsgegnerin.

Erwägungen:
  1. Prozessverlauf

    Mit Eingabe vom 21. Juli 2021 stellte die Gesuchstellerin beim Einzelgericht des Handelsgerichts des Kantons Zürich das vorstehend aufgeführte Begehren (act. 1). Mit Verfügung vom 22. Juli 2021 wurden das Grundbuchamt C. und das Grundbuchamt E. angewiesen, die Pfandrechte zugunsten der Gesuchstel- lerin vorläufig im Grundbuch einzutragen (act. 5). Gleichzeitig wurde der Ge- suchsgegnerin Frist angesetzt, um zum Begehren der Gesuchstellerin Stellung zu

    nehmen (act. 5). Mit Eingabe vom 30. Juli 2021 beantragte die Gesuchsgegnerin, die Gesuchstellerin sei zu verpflichten, die Beweisbeilage 6 samt Anhang (= act. 3/6) im Original herauszugeben und der Gesuchsgegnerin zuzustellen, sowie dass ihr die mit Verfügung vom 22. Juli 2021 angesetzte Frist zur Ge- suchsantwort abzunehmen und nach erfolgter Herausgabe des Originaldoku- ments neu anzusetzen sei (act. 11). Daraufhin wurde der Gesuchsgegnerin die laufende Frist abgenommen und der Gesuchstellerin eine Nachfrist angesetzt, um eine leserliche Kopie oder das Original von act. 3/6 einzureichen (act. 13). Nach- dem die Gesuchstellerin eine neue Kopie von act. 3/6 (= act. 16) ins Recht gelegt hatte, wurde der Gesuchsgegerin mit Verfügung vom 5. August 2021 erneut Frist zur Stellungnahme zum Begehren der Gesuchstellerin angesetzt (act. 17). Am 18. August 2021 erstattete die Gesuchsgegnerin ihre Stellungnahme, worin sie bean- tragte, das Gesuch sei vollumfänglich abzuweisen (act. 19). In Ausübung des Replikrechts ergingen weitere Stellungnahmen der Gesuchstellerin (act. 23) und der Gesuchsgegnerin (act. 25), wobei beide Parteien an ihren Anträgen festhiel- ten. Das Verfahren ist spruchreif, weshalb über die Streitsache zu entscheiden ist.

  2. Prozessgegenstand

    1. Die Gesuchsgegnerin ist Eigentümerin der Grundstücke, auf denen die von der Gesuchstellerin behaupteten Leistungen erbracht worden sind (act. 1 Rz. 10- 12.; act. 3/10; act. 3/11).

        1. Die Gesuchstellerin macht zusammengefasst geltend, sie habe seit Ende 2018 als Totalunternehmerin zahlreiche Arbeiten auf den beiden Grundstücken der Gesuchsgegnerin erbracht, auf denen das Bürogebäude G._ stehe (Kat.- Nrn. 5 und 2) (act. 1 Rz. 6, 8 und 11). Das Werk sei am 1. April 2021 von der Ge- suchsgegnerin abgenommen worden, wobei keine Mängel festgestellt worden seien (act. 1 Rz. 7; act. 23 Ziff. 1). Die Gesuchstellerin habe insgesamt Arbeit über CHF 52'247592.99 (exkl. MwSt.) erbracht. Ein Teil der Schlussrechnung in der Höhe von CHF 12'344'185.38 (inkl. MwSt.) sei bis heute nicht bezahlt worden (act. 1 Rz. 8 und 15). Der Totalunternehmer habe Anspruch auf ein umfassendes Bauhandwerkerpfandrecht für seine ganze Vergütung (act. 1 Rz. 12; act. 23 Ziff. 2). Auch rechtfertige sich für das durch den Totalunternehmer erstellte einheitliche Gesamtwerk ein einheitlicher Fristenlauf, wobei der Fristbeginn mit der letzten Bauarbeit ausgelöst werde. Vorliegend seien zahlreiche Bauarbeiten durch die Subunternehmerin H. AG bis unmittelbar vor der Übergabe des Werks am 1. April 2021 erbracht worden, u.a. die Arbeiten betr. Abschlüsse und Beläge sowie Umgebungsarbeiten, die zum vertraglichen Leistungsumfang der Gesuch- stellerin gehörten und ohne Weiteres fristauslösend seien (act. 1 Rz. 13 f.; act. 23 Ziff. 1 und 2). Dass die fristauslösenden letzten Arbeiten (=Gärtnerarbeiten) allen- falls nicht auf den nun pfandbelasteten Grundstücken erfolgt seien, sei für den Fristbeginn und den Fristenlauf nicht von Relevanz, denn die Frist beginne ein- heitlich zu laufen, wenn die Bauwerke auf den Grundstücken eine funktionale Einheit bildeten und die Arbeiten in einem Zug ausgeführt würden (act. 23 Ziff. 3). Als Pfandsumme sei nicht nur der offene Werklohn zu berücksichtigen, sondern darüber hinaus eine Sicherheitsmarge von 20%, d.h. insgesamt CHF 14'813'022.45 (act. 1 Rz. 15 und 19).

        2. Dem entgegnet die Gesuchsgegnerin, das Areal «G. », auf dem die Werkleistungen erbracht worden seien, umfasse insgesamt vier Grundstücke, zwei im Grundbuchkreis F. , zwei im Grundbuchkreis I. (Kat.-Nrn. 5, 7, 2 und 8) (act. 19 Rz. 6-9). Bei der Schlussbegehung vom 1. April 2021 habe es sich dann lediglich noch um eine Kontrolle des letzten, jahreszeitbedingten Fi- nishs gehandelt und nicht um eine Werkabnahme im rechtlichen Sinne. Sie be- streite, dass in der Zeit vom 29. März 2020 bis 1. April 2020 [recte wohl jeweils: 2021] noch wesentliche Vertragsleistungen durch den Gärtner erbracht worden seien. Insgesamt gehe es um die Wiederherstellung und Komplettierungsarbeiten, welche überdies erst sieben Monate nach Übergabe des Bauwerks ausgeführt worden seien. Diese Arbeiten seien weder vertragswesentlich, wertmehrend, in Anbetracht des gesamten - bereits im Sommer 2020 vollendeten - Bauvorhabens (in Höhe von CHF 40 Mio.) von Bedeutung noch funktions- oder sicherheitsrele- vant (act. 19 Rz. 17; act. 25 Rz. 2). Hinzu komme, dass das Baupfandrecht nur zulasten desjenigen Grundstücks begründet werden könne, dessen Wert durch die konkreten (behaupteten) Bauarbeiten vermehrt worden sei (act. 19 Rz. 24). Die von der Gesuchstellerin behaupteten letzten fristrelevanten Arbeiten im März 2021 seien nicht auf den baupfandbelasteten Grundstücken erfolgt (act. 19

      Rz. 27). Ein einheitlicher Fristenlauf für die vier selbstständigen Grundstücke sei abzulehnen (act. 19 Rz. 28; act. 25 Rz. 5 f.). Ungerechtfertigt sei sodann die Er- höhung des Forderungsbetrag um eine Sicherheitsmarge von 20% (act. 19 Rz. 30).

  3. Voraussetzungen des Bauhandwerkerpfandrechts

    1. Gemäss Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB besteht ein Anspruch auf Errichtung ei- nes gesetzlichen Grundpfandrechts für die Forderungen der Handwerker oder Un- ternehmer, die auf einem Grundstück zu Bauten oder anderen Werken, zu Ab- brucharbeiten, zum Gerüstbau, zur Baugrubensicherung oder dergleichen Materi- al und Arbeit oder Arbeit allein geliefert haben. Der Anspruch auf Errichtung eines Bauhandwerkerpfandrechts richtet sich gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks. Die Eintragung ins Grundbuch hat bis spätestens vier Monate nach der Vollendung der Arbeiten zu erfolgen und kann nicht verlangt werden, wenn der Eigentümer für die angemeldete Forderung hinreichende Sicherheit leistet (Art. 839 Abs. 2 und 3 ZGB. Reine Materiallieferungen sind dann pfandberechtigt, wenn es sich um Baustoffe handelt, welche aufgrund einer individuellen Bestel- lung für das konkrete Bauwerk hergestellt worden sind (SCHUMACHER, Das Bau- handwerkerpfandrecht, 3. Aufl., 2008, N 299).

      3.2 Im vorläufigen Eintragungsverfahren gilt das Beweismass der Glaubhaftma- chung (Art. 961 Abs. 3 ZGB; Art. 261 Abs. 1 ZPO). Nach allgemeiner Ansicht ist das Beweismass in diesem Verfahren gegenüber anderen Arten vorsorglicher Massnahmen allerdings besonders stark herabgesetzt (BGE 137 III 563 E. 3.3.; BGer 5A_613/2015 vom 22. Januar 2015 E. 4; SCHUHMACHER, a.a.O., N 1394).

      An die Glaubhaftmachung dürfen folglich keine besonderen Anforderungen ge- stellt werden (BGE 86 I 265 E. 3; BGE 79 II 424 E. 6; BGE 39 II 139 E. 2;

      BGer 5P.221/2003 vom 12. September 2003 E. 3.2.1). Die vorläufige Eintragung darf nur verweigert werden, wenn der Bestand des Pfandrechts als ausgeschlos- sen oder höchst unwahrscheinlich erscheint (BGE 86 I 265 E. 3; BGer 5A_933/2014 vom 16. April 2015 E. 3.3.2; 5D_116/2014 vom 13. Oktober

      2014 E. 5.3; 5A_475/2010 vom 15. September 2010 E. 3.1.2). Im Zweifelsfall, bei unklarer oder unsicherer Rechtslage, ist die vorläufige Eintragung zu bewilligen

      (BGE 102 Ia 81 E. 2.b.bb; BGE 86 I 265 E. 3; BGer 5A_933/2014 vom 16. April

      2015 E. 3.3.2; 5A_932/2014 vom 16. April 2015 E. 3.3.2; 5A_475/2010 vom 15.

      September 2010 E. 3.1.2) und die Entscheidung dem definitiven Eintragungsver- fahren zu überlassen (BGE 86 I 265 E. 3). Bei Abweisung des Gesuchs um vor- läufige Eintragung droht der gesuchstellenden Partei aufgrund der ablaufenden Eintragungsfrist ein definitiver Rechtsverlust (BGE 137 III 563 E. 3.3; BGE 86 I

      265 E. 3; BGE 39 II 139 E. 2), während bei einer Gutheissung im vorläufigen Ein- tragungsverfahren der Gegenpartei lediglich ein vorübergehender Nachteil droht, da die gesuchstellende Partei die Massnahme zu prosequieren haben wird (BGE 86 I 265 E. 3).

  4. Arbeitsvollendung und Fristenlauf

      1. Strittig ist vorliegend zunächst, ob die von der Gesuchstellerin behaupteten Arbeiten im März 2021 als Arbeitsvollendung und damit fristauslösend im Sinne von Art. 839 Abs. 2 ZGB zu qualifizieren sind.

      2. Die Eintragung des Pfandrechts im Grundbuch hat spätestens vier Monate nach Vollendung der Arbeiten zu erfolgen (Art. 839 Abs. 2 ZGB). Bauarbeiten gel- ten grundsätzlich dann als vollendet, wenn alle Verrichtungen, die Gegenstand des Werkvertrages bilden, ausgeführt sind. Nicht in Betracht fallen geringfügige oder nebensächliche, rein der Vervollkommnung dienende Arbeiten oder Ausbes- serungen wie der Ersatz gelieferter, aber fehlerhafter Teile oder die Behebung anderer Mängel. Geringfügige Arbeiten gelten aber dann als Vollendungsarbeiten, wenn sie unerlässlich sind; insoweit werden Arbeiten weniger nach quantitativen als vielmehr nach qualitativen Gesichtspunkten gewürdigt. Insofern ist der Begriff der Arbeitsvollendung restriktiv auszulegen (BGer 5A_613/2015 vom 22. Januar 2016 E. 4; BGE 125 III 113 E. 2.b m.w.H.; OGer ZH LF180018 vom 4. Juni 2018

        E. 3.4.2. und LF140087 vom 16. Dezember 2014 E. 8; vgl. auch THURNHEER, in: GEISER/WOLF [Hrsg.], Basler Kommentar, ZGB II, Art. 839/840 N 29).

        Grundsätzlich unterliegen Bauarbeiten für Bauwerke auf mehreren Grund- stücken einem getrennten Fristenlauf. Ausnahmsweise ist von einem einheitlichen Fristbeginn auszugehen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: (i) Die

        Bauwerke auf zwei oder mehreren Grundstücken bilden eine funktionelle Einheit.

        (ii) Die Bauarbeiten für die Bauwerke werden in einem Zug ausgeführt, d.h. ent- weder gleichzeitig (wechselseitig überlappend) oder unverzüglich nacheinander (SCHUHMACHER, a.a.O., N 1204 und 1207; vgl. auch BGE 104 II 348 E. II.2).

        Die intellektuellen Arbeiten eines Totalunternehmers bilden mit den Bauar- beiten, welche dieser ebenfalls und zwar als hauptsächliche Leistungen dem Bauherrn schuldet, eine funktionelle Einheit. Deshalb besitzt der Totalunterneh- mer, dessen Vertrag ganzheitlich als Werkvertrag qualifiziert wird, Anspruch auf ein umfassendes Bauhandwerkerpfandrecht für seine ganze Vergütung (SCHUMA- CHER, a.a.O., N 336 m.w.H.).

      3. Der vorliegende Totalunternehmer-Werkvertrag betrifft die Aufstockung ei- nes bestehenden siebengeschossigen Bürogebäudes um weitere drei neue Ge- schosse (OG8-OG10), entsprechende Vorleistungen und die Verlegung von ver- schiedenen Gebäudetechnikanlagen und damit die Grundstücke Kat.-Nrn. 5, 7, 2 und 8 (act. 3/2 S. 1). Auf diesem Areal befindet sich ein zusammenhängendes Gebäude samt Umschwung (act. 23 Ziff. 2; vgl. auch act. 19 Rz. 6 f., act. 21/4 und act. 21/5). Die entsprechenden Arbeiten sind damit zumindest einstweilen als funktionelle Einheit zu betrachten. Zudem erscheint glaubhaft, dass die Arbeiten in einem Zug ausgeführt wurden. Dass die letzten Arbeiten witterungsbedingt leicht zeitversetzt im Frühling 2021 statt im Winter 2020 erbracht worden sind, ändert daran nichts. Vor diesem Hintergrund ist von einem einheitlichen Fristbe- ginn für alle vier Grundstücke auszugehen. Es kann daher offen bleiben, ob ein einheitlicher Fristbeginn auch aufgrund einer Verbindung von Haupt- mit Neben- grundstücken zu bejahen wäre, wie die Gesuchstellerin geltend macht (act. 23 Ziff. 2; vgl. zum Ganzen SCHUMACHER, a.a.O., N 811 ff., 1233 ff.).

      4. Gemäss Baubeschrieb, welcher Vertragsbestandteil bildet (vgl. act. 3/2 Ziff. 2.1), sind verschiedene Umgebungsarbeiten zu erbringen (act. 3/5 S. 22 und 171). Dazu gehört namentlich das Wiedereinsäen der Flächen und der Bepflan- zung in Anlehnung an die Bestandsdichte. Dem Abnahmeprotokoll vom 1. April 2021 und dem beiliegenden Übersichtsplan ist zu entnehmen, dass anlässlich dieses Termins Arbeiten aus dem Teilbereich Umgebung (inkl. Anexdach) abgenommen wurden (act. 3/6). Gemäss den von der Gesuchstellerin eingereichten Rapporten der H. AG hat diese Ende März 2021 u.a. Abschluss- und Be- lagsarbeiten sowie Arbeiten am Rasen erbracht. Namentlich wurden Besucher- parkplätze fertiggestellt und in der Umgebung der Parkplätze neu humusiert und angesät (act. 3/13.1-13.5). Es erscheint damit trotz entgegenstehender Behaup- tung der Gesuchsgegnerin als glaubhaft, dass es sich hierbei nicht um bloss ge- ringfügige oder nebensächliche, rein der Vervollkommnung dienende Arbeiten oder Ausbesserungen handelt, zumal die Umgebungsarbeiten Leistungsbestand- teil des Werkvertrags sind. Demnach gelten die Ende März 2021 ausgeführten Arbeiten als fristauslösend im Sinne von Art. 839 Abs. 2 ZGB.

      5. Nach dem Gesagten ist die viermonatige Verwirkungsfrist mit der vorsorgli- chen Eintragung am 22. Juli 2021 (act. 5; act. 8) eingehalten worden.

  5. Pfandobjekte und Verteilung der Pfandhaft

      1. Sodann besteht Uneinigkeit darüber, ob die Gesuchstellerin berechtigt ist, für diese Arbeiten die Grundstücke Kat.-Nrn. 5 und 2 mit einem Bauhandwerker- pfandrecht zu belasten.

      2. Als Pfandobjekte kommen nur im Grundbuch eingetragene Grundstücke in Betracht (Art. 655 ZGB und Art. 796 Abs. 1 ZGB, vgl. SCHUMACHER, a.a.O., N 600, 616). Haftungssubstrat ist nur das einzelne Grundstück (Art. 648 Abs. 3 ZGB vor- behalten). Nach dem Mehrwertprinzip ist die Vergütungsforderung eines Unter- nehmers nur soweit pfandberechtigt, als die erbrachten Bauarbeiten dem belaste- ten Grundstück einen Mehrwert zu verschaffen mochten. Deshalb ist die Vergü- tungsforderung für die Bauarbeiten eines Unternehmers für mehrere Grundstücke derart aufzuteilen und den einzelnen Grundstücken derart zu belasten, dass jedes einzelne Grundstück nur mit demjenigen Anteil an der Vergütungsforderung be- lastet wird, der dem Anteil an den Bauarbeiten entspricht, die tatsächlich für das betreffende Grundstück erbracht worden sind (SCHUMACHER, a.a.O., N 837). Zu- nächst hat der Unternehmer daher den Umfang der Bauarbeiten, die er effektiv für jedes einzelne Grundstück geleistet hat, nachzuweisen. Anschliessend sind die vertragsgemässe Vergütung der geleisteten Bauarbeiten für jedes einzelne

        Grundstück sowie die unbezahlte Vergütungsforderung zu ermitteln (SCHUMA- CHER, a.a.O., N 840 ff.). Da die Ermittlung der Teilpfandsummen häufig sehr schwierig sein kann, wird in der Lehre vorgeschlagen, jede einzelne Pfandsumme um eine Sicherheitsmarge von ca. 10% bis 20% zu erhöhen (SCHUMACHER, a.a.O., N 848, N 850).

      3. Der vorliegende Totalunternehmer-Werkvertrag betrifft die Grundstücke Kat.-Nrn. 5, 7, 2 und 8 (act. 3/2 S. 1). In Anwendung des Mehrwertprinzips und unter Berücksichtigung der Grundstücksgrössen errechnet die Gesuchstellerin ei- ne Aufteilung ihrer Forderung zu 85% auf die Parzelle Kat.-Nr. 5 (entspricht CHF 10'492'557.60) und zu 15% auf die Parzelle Kat.-Nr. 2 (entspricht CHF 1'851'627.80). Sie macht diesbezüglich geltend, die mit der offenen Wer- klohnforderung korrespondierenden Arbeiten (Aufstockung Gebäude, Sanie- rungsarbeiten in Bestandesbauten, Umgebungsarbeiten etc.) seien für die Grund- stücke Kat.-Nrn. 5 und 2 gleichmässig erbracht worden. Daher seien diese Grundstücke gleichmässig im Verhältnis ihrer Grösse zu belasten. Zudem macht die Gesuchstellerin eine Sicherheitsmarge von 20% geltend (act. 1 Rz. 19). Die Gesuchsgegnerin stellt sich zwar auf den Standpunkt, dass die belasteten Grund- stücke pfandberechtigt seien, bestreitet die konkrete Berechnung der Gesuchstel- lerin aber - mit Ausnahme der Sicherheitsmarge und der entsprechenden Erhö- hung um 20% - nicht (act. 19 Rz. 24 ff., 29 f.). Die Aufteilung der Gesuchstellerin ist daher entsprechend vorzunehmen. Ein Zuschlag erscheint im konkreten Fall gerechtfertigt, zumal sich die glaubhaft dargestellte Aufteilung der Gesuchstellerin alleine auf die Grundstücksflächen und nicht auf die konkreten Arbeiten bezieht. Diesbezüglich besteht folglich eine gewisse Unsicherheit. Weshalb die Pfand- summe insgesamt um einen Fünftel erhöht werden müsste, legt die Gesuchstelle- rin nicht dar. Der pauschale Hinweis auf die Schwierigkeit der Aufteilung genügt dazu nicht. Die Erhöhung der Pfandsumme um 20% erscheint vorliegend nicht gerechtfertigt, da mit der grundsätzlich gleichmässigen Aufteilung unter Berück- sichtigung der Grundstücksgrösse wenig Unsicherheit hinsichtlich der Pfandbelas- tung besteht. Die Sicherheitsmarge ist daher auf 10% zu reduzieren.

  6. Fazit

    Zusammenfassend ergibt sich, dass es der Gesuchstellerin gelingt, einen An- spruch auf Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts auf Kat.-Nr. 2 von CHF 2'036'790.58 nebst 5% Zins seit 1. Juni 2021 und eines Bauhandwerkerpfandrechts auf Kat.-Nr. 5 von CHF 11'541'813.36 nebst 5% Zins seit 1. Juni 2021 glaubhaft zu machen. Im Mehrbetrag ist das Gesuch abzuweisen.

  7. Prosequierungsfrist

    Sodann ist der Gesuchstellerin Frist anzusetzen, um Klage auf definitive Eintra- gung des Pfandrechts gegen die Gesuchsgegnerin anzuheben. Die Prosequie- rungsfrist ist praxisgemäss auf 60 Tage festzulegen, allfällige Gerichtsferien sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht zu berücksichtigen (BGE 143 III 554 E. 2.5.2). Eine Verlängerung dieser Frist ist möglich, bedarf aber eines ge- sonderten und begründeten Gesuches (Art. 144 Abs. 2 ZPO); dieses würde in ei- nem kostenpflichtigen Nachverfahren behandelt. Als zureichende Gründe für eine Fristerstreckung gemäss Art. 144 Abs. 2 ZPO werden nur entweder die Zustim- mung der Gegenpartei oder von der Partei nicht vorhersehbare oder nicht beein- flussbare Hinderungsgründe anerkannt.

  8. Kosten- und Entschädigungsfolgen

    1. Die Höhe der Gerichtsgebühr wird nach der Gebührenverordnung des Obergerichts bestimmt (Art. 96 ZPO i.V.m. § 199 Abs. 1 GOG) und richtet sich in erster Linie nach dem Streitwert bzw. nach dem tatsächlichen Streitinteresse (§ 2 Abs. 1 lit. a GebV OG). Es ist von einem Streitwert von CHF 14'813'022.48 aus- zugehen, wobei die Gerichtsgebühr in Anwendung von § 4 Abs. 1 und 2 sowie § 8 Abs. 1 GebV OG und unter Berücksichtigung des Äquivalenzprinzips auf CHF 30'000.- festzusetzen ist.

    2. Die Gesuchstellerin unterliegt im vorliegenden Verfahren zu rund 8.3% defi- nitiv. Der entsprechende Teil der Gerichtskosten ist ihr daher definitiv aufzuerle- gen. Im übrigen Umfang ist über den Pfandanspruch der Gesuchstellerin noch nicht definitiv entschieden. Es wird im ordentlichen Verfahren festzustellen sein,

ob die Gesuchstellerin endgültig obsiegt. Daher rechtfertigt es sich, im vorliegen- den Verfahren lediglich eine einstweilige Kostenregelung zu treffen. Gemäss Pra- xis des Einzelgerichts des Handelsgerichts des Kantons Zürich sind die Gerichts- kosten im Verfahren betreffend die vorläufige Eintragung des Pfandrechts auch im Restbetrag von der Gesuchstellerin zu beziehen, wobei der endgültige Entscheid des Gerichts im ordentlichen Verfahren vorbehalten bleibt.

Aufgrund ihres teilweisen Unterliegens ist die Gesuchstellerin sodann zu verpflich- ten, der Gesuchsgegnerin eine reduzierte Parteientschädigung von CHF 2'400.- zu bezahlen. Die Parteientschädigung ist ohne Mehrwertsteuer zuzusprechen, da die Gesuchsgegnerin keine aussergewöhnlichen Umstände behauptet hat, wel- che dazu führten, dass sie nicht in vollem Umfange zum Abzug der Vorsteuer be- rechtigt wäre (vgl. dazu BGE 4A_552/2015 vom 25. Mai 2016 E. 4.5). Bezüglich des vorsorglich gutzuheissenden Teils des Begehrens ist auch der Entscheid be- treffend die Entschädigungsfolgen dem ordentlichen Verfahren vorbehalten. Für den Fall, dass die Gesuchstellerin ihren Anspruch jedoch nicht prosequieren soll- te, ist der Gesuchsgegnerin in Anwendung von § 4 Abs. 1 und 2 sowie § 9 Anw- GebV OG zusätzlich eine Parteientschädigung von weiteren CHF 23'600.- zuzu- sprechen.

Das Einzelgericht erkennt:
  1. Die einstweilige Anweisung an das Grundbuchamt C. wird bestätigt als vorläufige Eintragung im Sinne von Art. 961 ZGB mit Wirkung ab vorläu- figer Eintragung gemäss Verfügung vom 22. Juli 2021 bis zur rechtskräftigen Erledigung des gemäss Dispositiv-Ziffer 5 einzuleitenden Prozesses

    auf Liegenschaft Kat. Nr. 2, GBBl. 1, EGRID 3, D. ,

    für eine Pfandsumme von CHF 2'036'790.58 nebst Zins zu 5% seit 1. Juni 2021.

    Im übersteigenden Umfang wird das Begehren abgewiesen

  2. Das Grundbuchamt C. wird angewiesen, das aufgrund der Verfügung vom 22. Juli 2021 vorläufig eingetragene Bauhandwerkerpfandrecht nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist im darüber hinausgehenden Um- fang zu löschen.

  3. Die einstweilige Anweisung an das Grundbuchamt E. wird bestätigt als vorläufige Eintragung im Sinne von Art. 961 ZGB mit Wirkung ab vorläu- figer Eintragung gemäss Verfügung vom 22. Juli 2021 bis zur rechtskräftigen Erledigung des gemäss Dispositiv-Ziffer 5 einzuleitenden Prozesses

    auf Liegenschaft Kat. Nr. 5, GBBl. 4, 6, F. ,

    für eine Pfandsumme von CHF 11'541'813.36 nebst Zins zu 5% seit 1. Juni 2021.

    Im übersteigenden Umfang wird das Begehren abgewiesen

  4. Das Grundbuchamt E. wird angewiesen, das aufgrund der Verfügung vom 22. Juli 2021 vorläufig eingetragene Bauhandwerkerpfandrecht nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist im darüber hinausgehenden Um- fang zu löschen.

  5. Der Gesuchstellerin wird eine Frist bis 12. November 2021 angesetzt, um eine Klage auf definitive Eintragung der Pfandrechte gegen die Gesuchs- gegnerin anzuheben. Bei Säumnis kann die Gesuchsgegnerin den vorläufi- gen Eintrag (Dispositiv-Ziffer 1 und 3) löschen lassen.

  6. Die Gerichtsgebühr beträgt CHF 30'000.-.

    Die weiteren Kosten betragen: CHF 310.- (Rechnung Nr. 9 des Grundbuch- amtes C. vom 26. Juli 2021) und CHF 310.- (Rechnung Nr. 10 des

    Grundbuchamtes E. vom 26. Juli 2021).

  7. Die Kosten gemäss Dispositiv-Ziffer 6 werden im Umfang von CHF 2'490.- definitiv der Gesuchstellerin auferlegt.

    Im übrigen Umfang (CHF 28'130.-) werden sie von der Gesuchstellerin be- zogen. Vorbehalten bleibt der endgültige Entscheid des Gerichts im nachfolgenden ordentlichen Verfahren. Für den Fall, dass die Gesuchstellerin innert Frist gemäss Dispositiv-Ziffer 5 die Klage nicht anhängig macht, werden ihr die Kosten definitiv auferlegt.

  8. Die Gesuchstellerin wird verpflichtet, der Gesuchsgegnerin eine Parteient- schädigung von CHF 2'400.- zu bezahlen.

    Die weitere Regelung der Entschädigungsfolgen wird dem Gericht im nach- folgenden ordentlichen Verfahren vorbehalten. Versäumt die Gesuchstellerin jedoch die ihr in Dispositiv-Ziffer 5 angesetzte Frist zur Anhängigmachung der Klage, wird sie verpflichtet, der Gesuchsgegnerin eine zusätzliche Par- teientschädigung von weiteren CHF 23'600.- zu bezahlen.

  9. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Gesuchstellerin unter der Bei- lage des Doppels von act. 25 sowie nach unbenutztem Ablauf der Rechts- mittelfrist an das Grundbuchamt C. und das Grundbuchamt E. .

  10. Eine bundesrechtliche Beschwerde gegen diesen Entscheid ist innerhalb von 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 und 90 ff. des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG). Der Streitwert beträgt CHF 14'813'022.48.

Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 46 Abs. 2 BGG).

Zürich, 9. September 2021

HANDELSGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Einzelgericht

Die Gerichtsschreiberin:

Dr. Melanie Gottini

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