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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Zusammenfassung des Urteils ZK1-16-114: Kantonsgericht Graubünden

Der Text handelt von einem Rechtsstreit zwischen den Eigentümern eines Grundstücks und einer Stockwerkeigentümergemeinschaft bezüglich eines Zufahrtsrechts zu Parkplätzen. Die Eigentümer haben Pfosten aufgestellt, um die Zufahrt zu den Parkplätzen zu behindern. Es wurde ein Schlichtungsgesuch eingereicht, Klagen wurden erhoben, und es wurde eine vorsorgliche Massnahme beantragt. Das Bezirksgericht ordnete an, dass die Pfosten entfernt werden müssen. Die Stockwerkeigentümer legten Berufung ein, die erfolgreich war. Die Kosten des Verfahrens wurden neu verteilt, und die Stockwerkeigentümergemeinschaft wurde zur Zahlung von Gerichtskosten und Anwaltsgebühren verurteilt. Die Möglichkeit zur weiteren Beschwerde beim Bundesgericht wurde eröffnet.

Urteilsdetails des Kantongerichts ZK1-16-114

Kanton:GR
Fallnummer:ZK1-16-114
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid ZK1-16-114 vom 20.12.2016 (GR)
Datum:20.12.2016
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:vorsorgliche Massnahmen
Schlagwörter : Recht; Berufung; Massnahme; Entscheid; Klage; Parzelle; Streit; Gesuch; StWEG; Plessur; Zufahrt; Streitwert; Besitz; Bezirksgericht; Verfahren; Besitzes; Pfosten; Bundesgericht; Massnahmen; Besitzesschutz; Berufungskläger; Parkplätze; Gesuchs; Vorinstanz; Klagen; Grundstück; Stunden; Berufungsbeklagte; Beklagten; ürde
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 142 ZPO ;Art. 261 ZPO ;Art. 263 ZPO ;Art. 292 StGB ;Art. 308 ZPO ;Art. 314 ZPO ;Art. 737 ZGB ;Art. 91 ZPO ;Art. 919 ZGB ;Art. 928 ZGB ;
Referenz BGE:113 II 243;
Kommentar:
Staehelin, Schweizer, Basler Kommentar zum Schweizerischen Pri- vatrecht, Art. 483 ZGB, 2003

Entscheid des Kantongerichts ZK1-16-114

Kantonsgericht von Graubünden
Dretgira chantunala dal Grischun
Tribunale cantonale dei Grigioni

Ref.:
Chur, 20. Dezember 2016
Schriftlich mitgeteilt am:
ZK1 16 114
20. Dezember 2016
Urteil

I. Zivilkammer
Vorsitz
Brunner
RichterInnen
Michael Dürst und Schnyder
Aktuarin ad hoc Lenz

In der zivilrechtlichen Berufung
des X.___ und der Y.___, Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwalt lic.
iur. Markus Lienert, Forchstrasse 5, 8032 Zürich,

gegen

den Entscheid des Einzelrichters am Bezirksgericht Plessur vom 1. Juni 2016,
mitgeteilt am 13. Juli 2016, in Sachen der Z . _ _ _ _ _ , Berufungsbeklagte, vertre-
ten durch Rechtsanwalt lic iur. Olivier Vuillaume, Bahnhofstrasse 28a, 8022 Zü-
rich, gegen die Berufungskläger,
betreffend vorsorgliche Massnahmen,
hat sich ergeben:

I. Sachverhalt
A.1
Die einzelnen Stockwerkeigentümer der Z.___ (nachfolgend StWEG
A.___) sind Eigentümer des Grundstücks Parzelle Nr. ___ in O.1___ und
benutzen über die Parzelle Nr. ___, welche im Eigentum von X.___ und
Y.___ steht, den ___weg als Zufahrt zu den Parkplätzen auf der Parzelle Nr.
___. Diese befindet sich auf der Nordseite der "A.___" und steht im Eigentum
der Baugesellschaft B.___. Zwischen X.___ und Y.___ sowie der StWEG
A.___ ist insbesondere strittig, ob ein solches Zufahrtsrecht für die Benützung
der Parkplätze aus den im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten abgeleitet
werden kann nicht. Während die StWEG A.___ der Ansicht ist, dass sie
den ___weg als Zufahrtsstrasse auf die ihr zustehenden Parkplätze benutzen
darf, stellen sich die Eheleute X./Y.___ auf den Standpunkt, dass wohl ein Be-
nützungsrecht am ___weg bestehe, jedoch kein Zufahrtsrecht zu den Parkplät-
zen. Die "A.___" sei über die ___strasse erschlossen und das Grundstück
Parzelle Nr. ___ sei eine Waldparkanlage, die einzufrieden sei, weshalb auch
die Parkplätze darauf nicht rechtens erstellt worden seien. Mit Bezug auf das von
X.___ und Y.___ angestrengte öffentlich-rechtliche Verfahren (Baubewilli-
gung für Parkplätze) bestätigte das Bundesgericht in seinem Entscheid vom 11.
November 2014 (1C_244/2014) die Rechtmässigkeit der Parkplatznutzung auf
dem Grundstück Nr. ___. Strittig bleibt zwischen den Parteien aber das Benüt-
zungsrecht am ___weg.
2.
X.___ und Y.___ liessen entlang der Parzelle Nr. ___, angrenzend
an Parzelle Nr. ___, drei Pfosten setzen, welche nach Ansicht der StWEG
A.___ die Zufahrt zu den auf Parzelle Nr. ___ befindlichen Parkplätzen ver-
engen.
B.
Zur Durchsetzung ihrer Eigentumsrechte an der Parzelle Nr. ___, auf
welcher sich der ___weg befindet, reichten X.___ und Y.___ dem Vermitt-
leramt Plessur ein Schlichtungsgesuch ein. Nach erfolgloser Durchführung der
Schlichtungsverhandlung am 11. Januar 2016 (Proz. Nr. VA_107/15-241) reichten
X.___ und Y.___ am 17. März 2016 beim Bezirksgericht Plessur Klage be-
treffend ungerechtfertigte Einwirkung auf das Eigentum/Feststellung/Unterlassung
gegen die StWEG A.___ ein (Proz. Nr. 115-2016-20). X.___ und Y.___
verlangten unter anderem, es sei der Beklagten zu verbieten, den ___weg als
Zufahrt zur Parzelle Nr. ___ zu benützen. Anlässlich ihrer Klageantwort bean-
tragte die Stockwerkeigentümergemeinschaft die vollumfängliche Abweisung der
Klage unter Kostenund Entschädigungsfolge, zuzüglich 8% MwSt., zu Lasten der
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Kläger unter solidarischer Haftung. Mit Schreiben des Bezirksgerichts Plessur vom
27. Juli 2016 wurde die Instruktionsverhandlung abgesagt und ein zweiter Schrif-
tenwechsel angeordnet, wobei die Frist zur Replik auf den 5. September 2016 an-
gesetzt wurde (act. C.9).
C.
Zwischenzeitlich reichte die StWEG A.___ am 19. Februar 2016 (Post-
stempel) ein Gesuch um Anordnung vorsorglicher Massnahmen (Besitzesschutz)
(nachfolgend "Gesuch") gegen X.___ und Y.___ ein. Darin forderte die
StWEG A.___, dass die Polizei zu beauftragen sei, die auf dem Grundstück Nr.
___ in O.1___ im Bereich der nordwestlichen Grenze des benachbarten
Grundstücks Nr. ___ aufgestellten Pfosten sofort zu entfernen; eventualiter sei-
en, unter Androhung einer Ordnungsbusse von CHF 1'000.-für jeden Tag der
Nichterfüllung, X.___ und Y.___ anzuweisen, diese Pfosten sofort zu entfer-
nen. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolge (zuzüglich MwSt.) zu Lasten
von X.___ und Y.___ unter solidarischer Haftung (vorinstanzliche Akten Proz.
Nr. 135-2016-140, act. E.1/1).
D.
X.___ und Y.___ beantragten in ihrer Stellungnahme vom 17. März
2016 (Poststempel vom 18. März 2016) (nachfolgend "Stellungnahme") die voll-
umfängliche Abweisung des Gesuchs um Anordnung einer vorsorglichen Mass-
nahme unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich 8% MwSt.) zulasten
der StWEG A.___ (vorinstanzliche Akten Proz. Nr. 135-2016-140, act. E.1/11).
E.
Nach Durchführung der Hauptverhandlung vor dem Bezirksgericht Plessur
erkannte dieses in seinem Entscheid vom 1. Juni 2016, am 30. Juni 2016 im Dis-
positiv und am 13. Juli 2016 begründet mitgeteilt, was folgt (act. B.2):
"1.
X.___ und Y.___ werden unter Androhung einer Ord-
nungsbusse nach Art. 292 StGB, wonach mit Busse bestraft
wird, wer der von einer zuständigen Behörde einem zu-
ständigen Beamten unter Hinweis auf die Strafandrohung die-
ses Artikels an ihn erlassenen Verfügung nicht Folge leistet,
angewiesen, die auf ihrem Grundstück Nr. ___ in O.1___,
im Bereich der nordwestlichen Grenze des benachbarten
Grundstücks Nr. ___ aufgestellten Pfosten sofort, spätes-
tens innerhalb von 10 Tagen ab Vollstreckbarkeit dieses Ent-
scheides, zu entfernen.
2.
(Gerichtskosten und Parteientschädigung)
Seite 3 — 15

3.
(Rechtsmittelbelehrung)
4.
(Mitteilung)."
Im Wesentlichen wurde erwogen, dass aus den ins Recht gelegten Grundbuch-
auszügen hervorgehe, dass der Parzelle Nr. ___, welche im Eigentum der Mit-
glieder der StWEG A.___ stehe, ein Benützungsrecht am ___weg zulasten
der Parzelle Nr. ___ sowie ein Zufahrts-, Zugangsund Parkplatzbe-
nutzungsrecht zulasten der Parzelle Nr. ___ zukomme. Durch das Aufstellen
der Pfosten werde dieses Benützungsrecht zumindest stark eingeschränkt, wes-
halb eine Verletzung des materiellen Anspruchs der Gesuchstellerin glaubhaft
gemacht worden sei. Im Weiteren seien auch die übrigen Voraussetzungen für die
Anordnung einer vorsorglichen Massnahme gegeben.
F.
Gegen diesen Entscheid des Bezirksgerichts Plessur liessen X.___ und
Y.___ (nachfolgend "Berufungskläger") am 22. Juli 2016 (Poststempel vom
24. Juli 2016) Berufung erheben mit folgenden Rechtsbegehren (act. A.1):
"1.
Es sei in Gutheissung der Berufung der Entscheid im Verfah-
ren Proz. Nr. 135-2016-140 (Entscheid des Einzelrichters des
Bezirksgerichts Plessur vom 1. Juni 2016) aufzuheben und es
sei das Gesuch der Beklagten auf Erlass einer vorsorglichen
Massnahme abzuweisen, soweit auf das Gesuch überhaupt
einzutreten ist.
2.
Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurtei-
lung und zum Neuentscheid im Sinne der Erwägungen zu-
rückzuweisen.
3.
Es seien die Akten der Vorinstanz beizuziehen.
4.
Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzüglich 8%
MWST) zu Lasten der Beklagten."
Die Berufungskläger bemängeln insbesondere, dass die Vorinstanz den Sachver-
halt unrichtig festgestellt habe. Es könne über die ganze Breite von über zehn Me-
tern auf die Parzelle Nr. ___ zugefahren werden und es bestehe deshalb keine
Behinderung der Zufahrt zu den Parkplätzen. Auch würden die Stockwerkeigen-
tümer der A.___ nicht über den Strassenkörper auf die Parkplätze zufahren,
sondern über das Terrain (d.h. die Wiese) der Berufungskläger, welches falls
denn überhaupt eine Dienstbarkeit bestehe sicherlich nicht mehr von dieser ge-
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deckt wäre. Denn für ein Benützungsrecht ausserhalb der Zufahrtsstrasse existie-
re keine Rechtsgrundlage (act. A.1 S. 11). Die übrigen Voraussetzungen für den
Erlass einer vorsorglichen Massnahme seien ebenfalls nicht erfüllt.
G.
Anlässlich ihrer Berufungsantwort vom 5. August 2016 (Poststempel) stellte
die StWEG A.___ (nachfolgend "Berufungsbeklagte"), bestehend aus C.___,
D.___, E.___, F.___, G.___ und H.___, I.___, J.___, K.___,
L.___ und M.___, N.___ sowie O.___, die folgenden Anträge (act. A.2):
"1.
Auf die Berufung sei nicht einzutreten; eventualiter sei sie
vollumfänglich abzuweisen. Der angefochtene Entscheid sei
zu bestätigen.
2.
Unter Kostenund Entschädigungsfolgen, zuzüglich 8%
MWST, zu Lasten der Berufungskläger, und zwar unter solida-
rischer Haftung."
H.
Auf die weitergehenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid sowie
in den Rechtsschriften wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägun-
gen eingegangen.
II. Erwägungen
1.a/aa)
Die Berufungskläger haben - der Rechtsmittelbelehrung im ange-
fochtenen Entscheid folgend am 22. Juli 2016 (Poststempel vom 24. Juli 2016)
Berufung gegen den Entscheid des Bezirksgerichts Plessur vom 1. Juni 2016,
mitgeteilt am 13. Juli 2016, erhoben. Über den Streitwert der vorliegenden Ange-
legenheit lassen sich weder im angefochtenen Entscheid noch in der Berufungs-
schrift Ausführungen finden. Die Berufungsbeklagte macht in ihrer Berufungsant-
wort geltend, dass die Berufung unzulässig sei, da der geforderte Streitwert von
CHF 10'000.-- nicht erreicht sei. Folglich dürfe auf die Berufung nicht eingetreten
werden.
bb)
Gemäss Art. 308 Abs. 2 der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO;
SR 272) ist die Berufung in vermögensrechtlichen Angelegenheiten nur zulässig,
wenn der Streitwert der zuletzt aufrechterhaltenen Rechtsbegehren mindestens
CHF 10'000.-beträgt. Der Streitwert wird durch die Rechtsbegehren bestimmt
(Art. 91 Abs. 1 ZPO). Zur Bemessung des Streitwertes vor der Berufungsinstanz
sind einzig die zuletzt vor der ersten Instanz aufrechterhaltenen Rechtsbegehren
Seite 5 — 15

massgebend (vgl. Urteil des Bundesgerichts 5A_261/2013 vom 19. September
2013 E. 3.3). Das Streitwerterfordernis gilt für sämtliche unter Art. 308 Abs. 1 ZPO
fallenden Entscheide, mitunter auch für Entscheide über vorsorgliche Massnah-
men, soweit eine vermögensrechtliche Angelegenheit betroffen ist (Peter
Reetz/Stefanie Theiler, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Kom-
mentar zu Schweizerischen Zivilprozessordnung, 3. Auflage, Zürich 2016, N 38 zu
Art. 308 ZPO; Karl Spühler, in: Spühler/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommen-
tar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2. Auflage, Basel 2013, N 7 zu
Art. 308 ZPO). Ist die vorsorgliche Massnahme vermögensrechtlicher Natur, rich-
tet sich der Streitwert nach einem Teil der Lehre nach der bereits eingeleiteten
Klage in der Hauptsache bzw. bei Massnahmen vor Rechtshängigkeit gemäss
Art. 263 ZPO nach der noch einzuleitenden Hauptklage. Nach einem anderen Teil
der Lehre ist demgegenüber auf den Streitwert der umstrittenen vorsorglichen
Massnahme abzustellen, welcher gewöhnlich geschätzt werden muss (vgl. zum
Ganzen Benedikt Seiler, Die Berufung nach ZPO, Zürich 2013, N 659 mit weiteren
Hinweisen).
cc)
Streitigkeiten um Grunddienstbarkeiten sind vermögensrechtlicher Natur,
wobei für die Bestimmung des Streitwerts in erster Linie das Interesse des Klägers
an der Gutheissung seiner Rechtsbegehren (bzw. der Wert der sich daraus für das
klägerische Grundstück ergebenden Vorteile) massgebend ist. Alternativ kann auf
das Interesse des Beklagten (bzw. den Wert der sich für diesen ergebenden
Nachteile) abgestellt werden, falls sich dieser Wert als höher erweist (vgl. Ent-
scheid der I. Zivilkammer des Kantonsgerichts von Graubünden ZK1 11 91 vom
13. Februar 2012 E. 1.a mit Verweis auf PKG 1997 Nr. 7 sowie die Urteile des
Bundesgerichts 5A_677/2011 vom 14. Dezember 2011 E. 1 und 5C.96/2006 vom
2. August 2006 E. 1; Seiler, a.a.O., N 734 [Nr. 14 und Fn. 2317]).
dd)
Vorliegend wurde ein Entscheid über eine vorsorgliche Massnahme be-
treffend eine Grunddienstbarkeit angefochten, welcher damit offensichtlich in einer
vermögensrechtlichen Angelegenheit ergangen ist. Sollte die vorliegende Beru-
fung gutgeheissen und damit die von der Vorinstanz angeordnete vorsorgliche
Massnahme aufgehoben werden, würden die drei Pfosten bestehen bleiben und
die Berufungskläger könnten ihr Eigentumsrecht unbeschränkt ausüben. Alternativ
kann auch auf den Wert der Stockwerkeinheiten der Berufungsbeklagten abge-
stellt werden, welcher vermindert werden würde, wenn das Zugangsrecht für die
Parkplätze der StWEG A.___ eingeschränkt bzw. schliesslich verneint werden
würde. Unabhängig davon, ob für die Beurteilung des Erreichens der für die Beru-
fung erforderlichen Streitwertgrenze auf den Streitwert des Hauptsacheverfahrens
Seite 6 — 15

(vgl. dazu etwa Myriam A. Gehri, in: Gehri/Kramer [Hrsg.], Kommentar Schweize-
rische Zivilprozessordnung, 2. Auflage, Zürich 2015, N 6 zu Art. 308) auf den-
jenigen der im Streit liegenden vorsorglichen Massnahme als solcher (so
Reetz/Theiler, a.a.O., N 41 zu Art. 308 ZPO; Kurt Blickenstorfer, in: Brun-
ner/Gasser/Schwander [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung, Kommentar,
Zürich 2016, N 32 zu Art. 308 ZPO) abgestellt wird, liegt der Streitwert nach Ein-
schätzung der I. Zivilkammer über CHF 10‘000.--. Entsprechend braucht damit
auch der Lehrstreit, ob bei der Bestimmung des Streitwerts jener des Hauptverfah-
rens jener des Rechtsmittelverfahrens betreffend die Anfechtung der vorsorg-
lichen Massnahme massgebend ist, nicht entschieden zu werden.
b)
Indessen ist fraglich, ob auch die für die zivilrechtliche Beschwerde an das
Bundesgericht erforderliche Streitwertgrenze von CHF 30'000.-erfüllt ist (Art. 74
Abs. 1 lit. b des Bundesgerichtsgesetzes [BGG; SR 173.110]). Gemäss Art. 112
Abs. 1 lit. d BGG hat die Rechtsmittelbelehrung die Angabe des Streitwerts zu
enthalten. Angesichts der vorangehenden Ausführungen zum Berufungsstreitwert
dürfte der für den Weiterzug an das Bundesgericht massgebliche Streitwert nach
Schätzung der I. Zivilkammer unter CHF 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG) lie-
gen, womit gegen das vorliegende Urteil die zivilrechtliche Beschwerde gemäss
Art. 72 ff. BGG einzig offensteht, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung stellt (Art. 74 Abs. 1 lit. a BGG). Andernfalls ist die subsidiäre Verfas-
sungsbeschwerde gegeben (Art. 113 ff. BGG).
c)
Gemäss Art. 314 Abs. 1 ZPO beträgt die Frist zur Einreichung der Berufung
gegen einen im summarischen Verfahren ergangenen Entscheid worunter auch
solche über vorsorgliche Massnahmen fallen (Art. 248 lit. d ZPO) zehn Tage.
Der vorinstanzliche Entscheid datiert vom 1. Juni 2016 und wurde den Parteien
am 13. Juli 2016 begründet mitgeteilt. Die am 22. Juli 2016 (Poststempel vom
24. Juli 2016) dagegen eingereichte Berufung erweist sich unter Berücksichtigung
von Art. 142 Abs. 3 ZPO damit als fristgerecht. Überdies entspricht sie den Form-
erfordernissen, so dass darauf eingetreten werden kann.
2.a/aa) Der Dienstbarkeitsberechtigte ist unmittelbarer Rechtsbesitzer (Wolfgang
Ernst, in: Honsell/Vogt/Geiser [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerisches Zivil-
gesetzbuch II, 5. Auflage, Basel 2015, N 23 und N 26 zu Vor Art. 926-929 ZGB;
vgl. auch Art. 919 Abs. 2 ZGB) und kann sich somit auf den Besitzesschutz nach
Art. 926-929 ZGB berufen (vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 5A_59/2010 vom
22. März 2010 E. 2.1). Der Anwendungsbereich der Besitzesschutzklagen ist bei-
spielsweise dort gegeben, wo das Recht des Grundeigentümers, sein Grundstück
Seite 7 — 15

einzufrieden, dem Recht des Grunddienstbarkeitsberechtigten auf freien Durch-
gang entgegensteht (z.B.: Tore, Gatter, Barrieren, aber auch Erstellung von Mau-
ern und Zäunen, die den Durchgang schmäler werden lassen). Mittels Besitzes-
schutzklagen kann in solchen und ähnlichen Fällen ein Gerichtsurteil erwirkt wer-
den, das die Wiedereinräumung des entzogenen Besitzes anordnet (Art. 927
ZGB) die Unterlassung weiterer Störung und die Beseitigung von Anlagen
und Einrichtungen, die die Ausübung der Dienstbarkeit beeinträchtigen, befiehlt
und den Ersatz des verursachten Schadens zuerkennt (Urteil des Bundesgerichts
5A_59/2010 vom 22. März 2010 E. 2.2 mit weiteren Hinweisen). Wird der Besitz
durch verbotene Eigenmacht gestört, so kann der Besitzer also gegen den Stö-
renden nach Art. 928 ZGB Klage erheben, auch wenn dieser ein Recht zu haben
behauptet. Die Klage geht auf Beseitigung der Störung, Unterlassung fernerer Stö-
rung und Schadenersatz (Art. 928 Abs. 2 ZGB). Bei den Besitzesschutzklagen
handelt es sich um possessorische Klagen. Im Besitzesschutzprozess zwischen
dem Grunddienstbarkeitsberechtigten und dem belasteten Grundeigentümer ist
nicht auf den Inhalt der Grunddienstbarkeit gemäss der Rechtslage abzustellen,
sondern auf die bisherige tatsächliche Ausübung (Urteil des Bundesgerichts
5A_59/2010 vom 22. März 2010 E. 2.1 mit weiteren Hinweisen). Possessorische
Klagen bezwecken nicht direkt die Herstellung eines rechtmässigen Zustandes
und wollen auch nicht die faktische Besitzlage dem Recht anpassen, sondern den
Zustand wiederherstellen, wie er vor dem eigenmächtigen Eingriff eines Dritten
bestanden hat (BGE 113 II 243 E. 1.b). Das materielle Recht darf in den Entschei-
dungsgründen nicht herangezogen werden (Ernst, a.a.O., N 33 zu Vor Art. 926-
929 ZGB).
Der Dienstbarkeitsberechtigte kann sich neben den possessorischen Klagen aber
auch auf Klagen, wie sie dem Eigentümer vergleichbar zustehen, berufen. Art. 737
Abs. 3 ZGB beispielsweise sieht vor, dass der Belastete nichts vornehmen darf,
was die Ausübung der Dienstbarkeit verhindert erschwert. Unterschieden
werden muss damit zwischen Klagen aus dem Recht (petitorische Klagen) und
Besitzesschutzansprüchen (possessorische Klagen). Beide dienen dem gleichen
Zweck, nämlich dem Schutz der Stellung der an der betreffenden Sache Berech-
tigten. Die Klagen folgen jedoch unterschiedlichen Wegen. Im Gegensatz zu den
possessorischen Klagen stellen die petitorischen Klagen auf das materielle Recht
ab (Ernst, a.a.O., N 2 zu Vor Art. 926-929 ZGB). Sie stehen folglich dem aus dem
Recht Berechtigten zu, der im Prozess sein Recht beweisen muss, und führen zur
Herstellung eines der Rechtslage entsprechenden Zustandes (Ernst, a.a.O., N 32
zu Vor Art. 926-929 ZGB).
Seite 8 — 15

bb)
Die Gesuchstellerin ersuchte das Bezirksgericht Plessur mit Schreiben vom
19. Februar 2016 betreffend "vorsorgliche Massnahme / Besitzesschutz" um Ent-
fernung der Pfosten. In der Begründung des Gesuches weist sie kurz auf die Mög-
lichkeit der Anhebung einer Besitzesschutzklage hin (vorinstanzliche Akten Proz.
Nr. 135-2016-140 act. 1 Rz. 28 und 35). Ihre eigentliche Begründung betrifft in-
dessen Bestand, Inhalt und Umfang der Grunddienstbarkeit und die Verletzung
ihres Rechts. Insbesondere legt die Gesuchstellerin ausführlich den Bestand eines
materiellen zivilrechtlichen Anspruchs sowie dessen Verletzung dar, was sie auch
wieder in ihrer Berufungsantwort vom 5. August 2016 betont (vgl. act. A.2 Rz. 15
ff.). Gleiches folgt aus dem Plädoyer des Rechtsvertreters der Gesuchstellerin an-
lässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung (vgl. vorinstanzliche Akten Proz.
Nr. 135-2016-140 act. 19 Rz. 61 ff. und 72), in welchem er sich ausschliesslich auf
die Verletzung des Rechts und auf den aus Art. 737 Abs. 3 ZGB resultierenden
Abwehranspruch beruft.
cc)
Die Gesuchsgegner schlossen in ihrer Gesuchsantwort vom 17. März 2016
betreffend "vorsorgliche Massnahme / Besitzesschutz" auf Abweisung des Gesu-
ches und nahmen zu den Ausführungen der Gesuchstellerin hinsichtlich der ma-
teriellen Rechtslage Stellung. Mit Entscheid vom 1. Juni 2016 betreffend "vorsorg-
liche Massnahmen/Besitzesschutz", mitgeteilt am 13. Juli 2016, wies das Bezirks-
gericht Plessur die Gesuchsgegner unter Androhung einer Ordnungsbusse nach
Art. 292 StGB an, die Pfosten zu entfernen. Auch die Vorinstanz fokussierte sich
in der Begründung ihres Entscheides auf den Inhalt und Umfang des "Benützungs-
rechts" und damit auf die materielle Rechtslage.
dd)
Aus dem Gesuch und der Berufungsantwort der StWEG A.___ sowie
auch aus den Eingaben der Eheleute X./Y.___, welche sich allesamt auf den
Inhalt und den Umfang der Dienstbarkeit konzentrieren, folgt klar, dass die Ver-
wendung des Begriffs "Besitzesschutz" im Betreff unzutreffend bzw. nicht zu be-
achten ist, da es sich der Begründung zufolge offensichtlich um eine vorsorgliche
Massnahme im Rahmen einer petitorischen (und nicht possessorischen) Klage
handelt.
3.a/aa) Basis jeder vorsorglichen Massnahme ist ein zivilrechtlicher Anspruch des
Gesuchstellers, wobei Art. 261 Abs. 1 lit. a ZPO im Zusammenhang mit dem Be-
griff "zustehender Anspruch" ausschliesslich auf eine Grundlage im materiellen
Zivilrecht verweist (Lucius Huber, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger
[Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 3. Auflage, Zürich
2016, N 17 zu Art. 261 ZPO mit weiteren Hinweisen). Vorsorgliche Massnahmen
Seite 9 — 15

stehen in einem Bezug zur Hauptsache, sie werden also mit Blick auf ein bereits
hängiges noch einzuleitendes Hauptsachenverfahren angeordnet. Damit der
Richter beurteilen kann, inwieweit der Gesuchsteller auf vorsorglichen Rechts-
schutz angewiesen ist, muss er wissen, auf welche Rechtsfolge der Hauptsachen-
anspruch lautet; in jedem Fall kann die vorsorgliche Massnahme nicht über den
Hauptsachenanspruch hinausgehen (Andreas Güngerich, in: Hausheer/Walter
[Hrsg.], Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Band II, Bern
2012, N 11 und N 14 f. zu Art. 261 ZPO). Zentral für vorsorgliche Massnahmen ist
damit stets der Zusammenhang mit dem im Streit liegenden für den Fall der
vorprozessualen Anordnung künftig Streitgegenstand bildenden Hauptanspruch.
Es besteht somit ein zwingender Zusammenhang zwischen dem Erlass der Mass-
nahme und dem Hauptprozess. Vorsorgliche Massnahmen während hängigem
Hauptprozess können daher zumindest im Rahmen der Dispositionsund Ver-
handlungsmaxime - nur im Rahmen des eingeklagten Prozessgegenstandes ge-
stellt werden.
bb)
Die Eheleute X./Y.___ strengten mit Schlichtungsgesuch vom
30. November 2015 ein Verfahren gegen die StWEG A.___ an und reichten
dem Bezirksgericht Plessur (Proz. Nr. 115-2016-20) nach erfolgloser Durchfüh-
rung einer Schlichtungsverhandlung die folgende Klage betreffend ungerechtfertig-
te Einwirkung auf Eigentum, Feststellung, Unterlassung ein (Proz. Nr. 115-2016-
20 act. 1).
"1.
Es sei der Beklagten und allen anderen in ihrer Verantwortung
liegenden Personen (Verwandte, Freunde, Bekannte, Ferien-
gäste und sonstige Dritte) unter Androhung der Straffolgen
gemäss Art. 292 StGB im Widerhandlungsfall zu verbieten,
den ___weg als Zufahrt zur Parzelle ___ (O.1___) zu
benützen bzw. sei die Beklagte zu verpflichten, jede Störung
des klägerischen Besitzes in Zukunft zu unterlassen, unter
Androhung der Straffolgen gemäss Art. 292 StGB im Wider-
handlungsfall.

2.
Eventualiter sei der Beklagten und allen anderen in ih-
rer Verantwortung liegenden Personen (Verwandte, Freunde,
Bekannte, Feriengäste und sonstige Dritte) unter Androhung
der Straffolgen gemäss Art. 292 StGB im Widerholungsfall
(sic) zu verbieten, die Parzelle ___ (O.1___) als Parkie-
rungsanlage für Fahrzeuge zu nutzen.
Seite 10 — 15


3.
Subeventualiter sei festzustellen, dass die Beklagte und
alle anderen in ihrer Verantwortung liegenden Personen (Ver-
wandte, Freunde, Bekannte, Feriengäste und sonstige Dritte)
keine Zufahrtsberechtigung zur Parzelle ___ (O.1___)
über den ___weg als Zufahrt zur Parzelle ___
(O.1___) haben und sie nicht berechtigt sind, die Parzelle
___ (O.1___) als Parkierungsanlage für Fahrzeuge zu
nutzen.

4.
Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zuzüg-
lich 8% MWST zulasten der Beklagten."
In ihrer Klageantwort vom 10. Juni 2016 verlangte die Beklagte (StWEG A.___)
die Abweisung der Klage unter Kostenund Entschädigungsfolge zulasten der
Kläger (Proz. Nr. 115-2016-20 act. 13).
cc)
Mit dem vorliegend zu beurteilenden Gesuch um Anordnung einer vorsorg-
lichen Massnahme der Gesuchstellerin (Berufungsbeklagten) sollen die Gesuchs-
gegner (Berufungskläger) verpflichtet werden, die fraglichen Pfosten zu beseiti-
gen. Die Gesuchstellerin ist der Ansicht, dass auf die Ansetzung einer Prosequie-
rungsfrist verzichtet werden kann, weil "die Gesuchsgegner [ ] unlängst mit ei-
nem Schlichtungsgesuch selber einen Zivilprozess über das Thema des Fussund
Fahrwegrechts der Gesuchstellerin eingeleitet haben" (vgl. vorinstanzliche Akten
Proz. Nr. 135-2016-140 act. 1 Rz. 35). Auch in ihrer Berufungsantwort stellt die
Berufungsbeklagte einen Konnex zum Verfahren mit Proz. Nr. 115-2016-20 vor
dem Bezirksgericht Plessur her, indem sie schreibt, dass "den Klägern [i.e. den
Eheleuten X./Y.___] vorliegend die Möglichkeit [verbleibt], in einem materiell-
rechtlichen Hauptverfahren beurteilen zu lassen, ob das von ihr heute nachträglich
[ ] bestrittene Zufahrtsrecht zu Recht besteht nicht bzw. ob die Berufungs-
beklagte bis zu ihren Parkplätzen zufahren darf nicht. Ein solches Verfahren
haben Sie (sic) [i. e. die Eheleute X./Y.___] während laufendem Massnahme-
verfahren vor der Vorinstanz bereits eingeleitet." (act. A.2 S. 13). Im Weiteren
reicht sie in diesem Zusammenhang ein Schreiben des Bezirksgerichts Plessur
vom 27. Juli 2016 (Proz. Nr. 115-2016-20) ein, mit welchem die Instruktionsver-
handlung vor dem Bezirksgericht Plessur abgesagt und ein zweiter Schriften-
wechsel angeordnet wurde (act. C.9). Daraus ergibt sich, dass die Gesuchstellerin
ihr Gesuch um Anordnung einer vorsorglichen Massnahme im Rahmen des be-
reits vor dem Bezirksgericht Plessur hängigen Verfahrens mit Proz. Nr.115-2016-
20 stellt.
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dd)
Die Ansicht der Gesuchstellerin, wonach sich eine Fristansetzung insbe-
sondere dann erübrigt, wenn das Hauptsacheverfahren bereits hängig ist, trifft
grundsätzlich auch im vorliegenden Fall zu, da es unerheblich ist, wie die Kläger-
und Beklagtenrollen verteilt sind. Beispielsweise ist denkbar, dass das Hauptsa-
chenverfahren bereits vom Gesuchsgegner des vorsorglichen Massnahmeverfah-
rens als Kläger eingeleitet worden ist (Andreas Güngerich, a.a.O., N 11 f. zu
Art. 263 ZPO).
Fraglich ist allerdings, ob die vorsorgliche Massnahme den notwendigen Bezug
zum Hauptverfahren aufweist (vgl. oben E. 3.a.aa). Zwar geht es auch beim Ver-
fahren vor dem Bezirksgericht Plessur (Proz. Nr. 115-2016-20) um den Inhalt des
Benützungsrechts am ___weg (materielle Rechtslage). Zu beurteilen sind im
Hauptverfahren indessen nur die Anträge der Kläger (Eheleute X./Y.___), na-
mentlich ob die Beklagte (und "den in ihrer Verantwortung liegenden Personen")
zu verbieten ist, den ___weg als Zufahrt zur Parzelle Nr. ___ zu benützen
eventuell - die Parzelle Nr. ___ als Parkierungsanlage für Fahrzeuge zu
nutzen subeventuell festzustellen ist, dass keine Zugangsberechtigung
sowie kein Recht zur Parkplatznutzung besteht. Einzig über diese Fragen wird ein
in materielle Rechtskraft erwachsender Entscheid ergehen. Deshalb würde im Fal-
le einer Abweisung der Klage zwar rechtskräftig feststehen, dass zugunsten der
Parzelle Nr. ___ eine Zufahrtsberechtigung (auch zum Zwecke der Parkierung)
besteht. Allerdings würde im Entscheid, welcher die Klage der Eheleute
X./Y.___ abweist, die Lage und Ausdehnung der Zufahrt nicht bestimmt werden,
weil es die Beklagte (StWEG A.___) im betreffenden Verfahren vor dem Be-
zirksgericht Plessur (Proz. Nr. 115-2016-20) unterlassen hat, eine entsprechende
Widerklage zu erheben. Demnach würde auch der (im Massnahmeverfahren gel-
tend gemachte) Anspruch der StWEG A.___ auf Freihaltung der Zufahrt und der
damit einhergehenden Entfernung der Pfosten nicht rechtskräftig beurteilt.
ee)
Aus Gesagtem folgt, dass das Begehren auf Entfernung der Pfosten, wel-
ches im vorliegend zu beurteilenden Gesuch um vorsorgliche Massnahmen ge-
stellt wurde, nicht von den Rechtsbegehren im Proz. Nr. 115-2016-20 gedeckt ist.
Da das Begehren um Entfernung der Pfosten somit nicht Gegenstand des Haupt-
verfahrens bildet und durch die blosse Abweisung der Klage im Prozess Nr. 115-
2016-20 noch keine richterliche Verpflichtung zur Entfernung der Pfosten ausge-
sprochen wird, kann dieser Anspruch auch nicht Gegenstand eines Verfahrens um
vorsorgliche Massnahmen im Rahmen des bereits hängigen Prozesses (Prozess
Nr. 115-2016-20) werden. Die Berufung ist entsprechend gutzuheissen und der
Entscheid der Vorinstanz aufzuheben. Es bleibt der Berufungsbeklagten unbe-
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nommen, eine diesbezügliche selbständige petitorische possessorische Kla-
ge einzureichen.
4.a/aa) Bei diesem Verfahrensausgang sind auch die Kosten des vorinstanzlichen
Verfahrens neu zu verteilen. Gemäss Art. 106 Abs. 1 ZPO werden die Prozess-
kosten der unterliegenden Partei auferlegt. Die Gerichtskosten der Vorinstanz in
Höhe von CHF 3'000.-gehen demnach zulasten der Gesuchstellerin (StWEG
A.___) und werden mit dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss in Höhe von
CHF 4'000.-verrechnet. Der StWEG A.___ werden die restlichen CHF 1'000.--
durch die Vorinstanz zurückerstattet.
bb)
Der Rechtsvertreter der Gesuchsgegner (X.___ und Y.___), lic. iur.
Markus Lienert, reichte vor der Vorinstanz eine Honorarnote in Höhe von
CHF 10'278.60 (inkl. 3% Pauschale für Auslagen und Kleinkosten und 8% MwSt.).
Er machte einen Aufwand von Total 30.8 Stunden à CHF 300.--/Stunde geltend
(vgl. vorinstanzliche Akten Proz. Nr. 135-2016-140 act. 22). Der geltend gemachte
Stundenaufwand erscheint eindeutig übersetzt. Allein für die rund 20-seitige Ver-
nehmlassung berechnet Rechtsanwalt Lienert rund 14 Stunden, ohne dass diese
Rechtsschrift komplexere rechtliche Ausführungen enthalten würde. Vielmehr be-
schränkt sich deren Inhalt grösstenteils auf das Zusammentragen des Sachverhal-
tes, wie er mehr weniger bereits in der gleichentags eingereichten Klage-
schrift enthalten ist. Ein Aufwand von acht Stunden erscheint hierfür genügend.
Sodann wird in der Honorarabrechnung ein Aufwand von rund neun Stunden für
das Verfassen des achtseitigen Plädoyers in Rechnung gestellt. Auch dies er-
scheint massiv überhöht, zumal auch hier in rechtlicher Hinsicht vertiefte Ausfüh-
rungen fehlen. Die Anrechnung von fünf Stunden für das Verfassen des Plädoyers
erscheint ohne weiteres als ausreichend. Der Stundenaufwand ist somit um zehn
Stunden zu kürzen. Der Stundenansatz ist mangels einer Honorarvereinbarung
auf einen mittleren Wert von CHF 240.-festzusetzen (vgl. Art. 3 Abs. 1 der Ver-
ordnung über die Bemessung des Honorars der Rechtsanwältinnen und Rechts-
anwälte [Honorarverordnung, HV; BR 310.250]). Somit resultiert ein Honoraran-
spruch von CHF 5'553.10 (inkl. 3% Pauschale für Auslagen und Kleinkosten und
8% MwSt.). Die Gesuchstellerin (StWEG A.___) hat X.___ und Y.___ in
diesem Umfang zu entschädigen.
b)
Die Kosten des Berufungsverfahrens, welche gestützt auf Art. 9 der Ver-
ordnung über die Gerichtsgebühren in Zivilsachen (VGZ; BR 320.210) auf
CHF 3'000.-festgesetzt werden, sind ebenfalls gemäss Art. 106 Abs. 1 ZPO nach
dem Ausgang des Verfahrens zu verteilen und werden deshalb der Berufungsbe-
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klagten auferlegt. Zudem hat die Berufungsbeklagte die Berufungskläger für die
Auslagen und Kosten von deren Rechtsvertretung im Berufungsverfahren zu ent-
schädigen. Mangels eingereichter Honorarnote ist der Aufwand vom Kantonsge-
richt zu schätzen. Angesichts des bereits bekannten Prozessthemas erscheint
eine Entschädigung von CHF 2'500.-- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwert-
steuer) als angemessen.

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III. Demnach wird erkannt:
1.
Die Berufung wird gutgeheissen. Der angefochtene Entscheid wird aufge-
hoben und das Gesuch um Erlass vorsorglicher Massnahmen abgewiesen.
2.a)
Die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens von CHF 3'000.-werden der
Z.___ auferlegt und mit dem von ihr geleisteten Kostenvorschuss in Höhe
von CHF 4'000.-verrechnet. Der Restbetrag von CHF 1'000.-wird der
Z.___ durch das Bezirksgericht Plessur zurückerstattet.
b)
Die Z.___ hat X.___ und Y.___ für das vorinstanzliche Verfahren mit
CHF 5'553.10 (inkl. MwSt.) zu entschädigen.
3.a)
Die Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Kantonsgericht von Grau-
bünden von CHF 3'000.-gehen zu Lasten der Z.___. Sie werden ab
dem von X.___ und Y.___ geleisteten Kostenvorschuss in Höhe von
CHF 4'000.-bezogen. Der Restbetrag von CHF 1'000.-wird X.___ und
Y.___ von dem Kantonsgericht von Graubünden zurückerstattet. Die
Z.___ wird verpflichtet, X.___ und Y.___ den Betrag von
CHF 3'000.-- direkt zu ersetzen.
b)
Die Z.___ hat X.___ und Y.___ aussergerichtlich mit CHF 2'500.--
(inkl. MwSt.) zu entschädigen.
4.
Gegen diese, einen Streitwert von weniger als 30'000 Franken betreffende
Entscheidung kann gemäss Art. 72, Art. 74 Abs. 2 lit. a des Bundesgeset-
zes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz,
BGG; SR 173.110) Beschwerde in Zivilsachen an das Schweizerische Bun-
desgericht, 1000 Lausanne 14, geführt werden, wenn sich eine Rechtsfrage
von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Andernfalls ist die subsidiäre Verfas-
sungsbeschwerde gemäss Art. 113 ff. BGG gegeben. In beiden Fällen ist
das Rechtsmittel dem Bundesgericht schriftlich, innert 30 Tagen seit Eröff-
nung der vollständigen Ausfertigung der Entscheidung in der gemäss Art.
42 f. BGG vorgeschriebenen Weise einzureichen. Für die Zulässigkeit, die
Beschwerdelegitimation, die weiteren Voraussetzungen und das Verfahren
der Beschwerde gelten die Art. 29 ff., 72 ff., 90 ff. und 113 ff. BGG.
5.
Mitteilung an:


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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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