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Urteil Kantonsgericht Graubünden (GR)

Kopfdaten
Kanton:GR
Fallnummer:BK-06-50
Instanz:Kantonsgericht Graubünden
Abteilung:-
Kantonsgericht Graubünden Entscheid BK-06-50 vom 06.11.2006 (GR)
Datum:06.11.2006
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Verkehrssignalisation
Schlagwörter : Beschwerde; Meinde; Gemeinde; Entscheid; Fahrverbot; Beschwerdeführer; Kreis; Kammer; Recht; Schwerdekammer; Beschwerdekammer; Fahrverbots; Verfahren; Bergell; Erstatte; Lungsverfügung; Signal; Graubünden; Tafel; Kantons; Spruch; Stellungsverfügung; Meindepräsident; Geerstatter; Denten; Beschwerdeführers; Kantonsgericht; Einstellungsverfügung; Kreispräsident; Anwohner
Rechtsnorm: Art. 139 StPO ; Art. 146 StGB ; Art. 160 StPO ; Art. 176a StPO ; Art. 18 BV ; Art. 70 BV ; Art. 98 SVG ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Kantonsgericht von Graubünden

Tribunale cantonale dei Grigioni

Dretgira chantunala dal Grischun
___________________________________________________________________________________________________

Ref.:
Chur, 06. November 2006
Schriftlich mitgeteilt am:
BK 06 50

Entscheid
Beschwerdekammer
Vorsitz Vizepräsident
Bochsler
RichterInnen Rehli und Hubert
Aktuarin Thöny
——————
In der strafrechtlichen Beschwerde
des X., Beschwerdeführer,

gegen

die Einstellungsverfügung Kreispräsident Bergell vom 16. Oktober 2006, mitge-
teilt am 16. Oktober 2006, in Sachen des Beschwerdeführers gegen Z., Be-
schwerdegegner, E., Beschwerdegegnerin, F., Beschwerdegegner, G., Be-
schwerdegegner, H., Beschwerdegegner,
betreffend Verkehrssignalisation,

hat sich ergeben:



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A.
Am 22. November 2005 erstattete X. bei der Staatsanwaltschaft
Graubünden Strafanzeige wegen Verletzung von Art. 104 SSV und Art. 98 SVG
(Anbringen von Signalen oder Markierungen ohne behördliche Bewilligung) und
wegen begründeten Verdachts der Täuschung von Anstössern am A.-Weg in B.
gemäss Art. 146 StGB (Betrug). Im Wesentlichen machte er geltend, dass der
Kauf seiner Eigentumswohnung im Jahre 1996 am A.-Weg in B. nur zustande
gekommen sei, weil die Zufahrt für Nichtberechtigte mit einem totalen Fahrver-
bot belegt gewesen sei. Erst im Nachhinein habe er feststellen müssen, dass
das Fahrverbot nicht durchgesetzt werde. Auf eine entsprechende Anzeige hin
habe ihm der Gemeindepräsident C. mitgeteilt, dass keine Bestrafung der fehl-
baren Lenker erfolgen könne, weil das Fahrverbotssignal nie publiziert bezie-
hungsweise von den kantonalen Behörden bewilligt worden sei. Ein entspre-
chendes Gesuch um Durchführung des Bewilligungsverfahrens habe der Ge-
meindepräsident C. abgelehnt.
B.
Mit Verfügung vom 12. Dezember 2005 lehnte die Staatsanwalt-
schaft Graubünden die Eröffnung einer Strafuntersuchung ab mit der Begrün-
dung, dass die Durchsetzung eines Fahrverbots durch eine Gemeindebehörde
nicht im Rahmen eines Strafverfahrens erzwungen werden könne. Der vom An-
zeigeerstatter geäusserte Betrugsverdacht sei ebenfalls unbegründet, da keine
unrechtmässige Bereicherungsabsicht auszumachen sei. Gegen diese Ableh-
nungsverfügung erhob X. am 3. Januar 2006 Beschwerde, welche die Be-
schwerdekammer des Kantonsgerichts von Graubünden mit Verfügung vom 16.
Februar 2006, mitgeteilt am 22. Mai 2006 abwies.
C.
Am 21. Juni 2006 erstatte X. erneut eine Strafanzeige gegen den
Gemeindepräsidenten der Gemeinde C. und gegen unbekannt im Gemeinde-
vorstand der Gemeinde C. wegen Beibehaltung von Signalen ohne behördliche
Bewilligung im Sinne von Art. 98 Abs. 3 SVG.
D.
Mit Verfügung vom 16. Oktober 2006, gleichentags mitgeteilt, stell-
te der Kreispräsident Bergell das Verfahren gegen den Gemeindepräsidenten
sowie die angezeigten Mitglieder des Gemeindevorstandes C. ein. Als Begrün-
dung machte er im Wesentlichen geltend, der Gemeindevorstand habe nach
einer praktikablen Lösung gesucht, mit welcher er einerseits den noch zu über-
prüfenden Verkehrsanliegen Rechnung tragen und andererseits einem erhöh-
ten Verkehrsaufkommen entgegenwirken wollte. Zudem führte er aus, dass das
fragliche Verkehrsschild bereits vor Amtsantritt der angeschuldigten Personen



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erlassen worden sei und da es sich bei dieser Handlung nicht um ein Dauerde-
likt handle, wäre eine Übertretung von Art. 98 Abs. 3 SVG ohnehin bereits ver-
jährt.
E.
Gegen diese Einstellungsverfügung erhob X. am 30. Oktober 2006
bei der Beschwerdekammer des Kantonsgerichts von Graubünden Beschwer-
de, wobei er die folgenden Anträge stellte:
„1. Es sei die Einstellungsverfügung vom 16.10.2006 des Herrn Präsi-
denten D. des Kreisamtes Bergell vom 16.10.2006 aufzuheben.
2. Es sei das Papier der strafrechtlichen Untersuchung unzuständigen
Chef der Verkehrstechnik in Chur vom 12. Juli 2006 aus den Akten
zu entfernen.

3. Es seien die Untersuchungsorgane anzuweisen, die Straf-
Untersuchung zügig abzuschliessen und die Strafanträge zu stellen
bzw. die Strafverfügungen direkt zu erlassen, falls diese in die
Kompetenz des Kreisamtes Bergell fallen.

4.
Die Kosten dieses Verfahrens seien dem Kreisamt Bergell und/oder
den untätig gebliebenen Amtspersonen aufzuerlegen.

5. Es sei mir für meine erheblichen Umtriebe eine Parteientschädi-
gung von 18 Std. à 150.-- = Fr. 2'700.-- zuzusprechen.“
F.
Auf die Einholung einer Vernehmlassung wurde verzichtet.
Auf die Begründung der Anträge und die Ausführungen im angefochte-
nen Entscheid wird, soweit erforderlich, in den nachstehenden Erwägungen
eingegangen.
Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung :
1.a) Gemäss Art. 176a StPO kann im Strafmandatsverfahren gegen
Untersuchungshandlungen und gegen Ablehnungs- und Einstellungsverfügun-
gen des Kreispräsidenten bei der Beschwerdekammer des Kantonsgerichts
Beschwerde im Sinne von Art. 138 und 139 StPO geführt werden. Dabei ist zur
Beschwerdeführung berechtigt, wer durch den angefochtenen Entscheid be-
rührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an seiner Aufhebung oder Änderung
geltend macht (Art. 139 Abs. 1 StPO). Insbesondere kann sich der Geschädigte
gegen Ablehnungs- und Einstellungsverfügungen beschweren. Auch der Anzei-
geerstatter ist nur legitimiert, wenn er direkt geschädigt oder kostenbelastet ist
(Padrutt, Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Graubünden
[StPO], 2. Auflage 1996, S. 354). Nach der Praxis der Beschwerdekammer zu



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Art. 139 StPO ist durch einen Entscheid berührt, wer zu dessen Gegenstand in
einer besonders engen Beziehung steht, also vor allem jener, der im Verfahren,
das zum angefochtenen Entscheid führte, beteiligt war. Ein rechtlich schutzwür-
diges Interesse an der Aufhebung oder Änderung des Entscheides besitzt, wer
in seiner wirklichen oder vermeintlichen Rechtsstellung beeinträchtigt ist (PKG
1998 Nr. 45 E. 1a). Wer durch einen Entscheid nicht zu seinem Nachteil betrof-
fen ist, hat an dessen Korrektur kein rechtlich geschütztes Interesse (PKG 2002
Nr. 38).
b)
Mit seiner Strafanzeige vom 21. Juni 2006 erhob X. gegen den
Gemeindepräsidenten sowie die angeschuldigten Vorstandsmitglieder der Ge-
meinde C. den Vorwurf des Nichtentfernens des Fahrverbots an der Strasse
zum öffentlichen A.-Weg in B. sowie der Weigerung, ein entsprechendes Ge-
such an die zuständige Behörde zu stellen. Gegenstand der Strafanzeige war
somit die Beseitigung der Fahrverbotstafel sowie die Beurteilung des Umstan-
des, dass diese Signalisationstafel ohne Genehmigung des zuständigen Justiz-,
Polizei- und Sanitätsdepartements während längerer Zeit angebracht gewesen
war. X. erblickte darin eine Verletzung von Art. 98 Abs. 3 SVG, wonach mit Haft
oder Busse bestraft wird, wer ohne behördliche Ermächtigung ein Signal oder
eine Markierung anbringt. Wie aus dem Polizeirapport vom 9. August 2006 her-
vorgeht, wurde das fragliche Fahrverbotsschild auf Beschluss der Gemeinde-
behörden C. am 3. August 2006 entfernt. Inwiefern der Beschwerdeführer durch
die Beseitigung der Signalisationstafel unmittelbar geschädigt sein soll, wird von
ihm nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Bei der umstrittenen Verbots-
tafel handelte es sich um das Signal „Allgemeines Fahrverbot“ gemäss Art. 18
SSV, welches jedoch im Sinne von Art. 17 Abs. 1 SSV ausdrücklich eine Aus-
nahme der signalisierten Vorschrift für das Befahren des Friedhofwegs für Zu-
bringerdienst und Anwohner vorsah. Wie bereits im Entscheid der Beschwerde-
kammer vom 16. Februar 2006 (BK 06 2) ausgeführt wurde, waren somit Fahr-
ten zum Abliefern oder Abholen von Waren bei Anwohnern oder auf anliegen-
den Grundstücken, Fahrten von Anwohnern und Personen, die Anwohner zu
treffen oder auf anliegenden Grundstücken Arbeiten zu verrichten haben sowie
die Beförderung solcher Personen durch Dritte vom allgemeinen Fahrverbot
ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer hatte somit jederzeit das Recht, zu
seiner Wohnung zu fahren. Dieses Recht steht ihm gleichermassen auch nach
Beseitigung der Signalisationstafel zu. Mit anderen Worten wurden die Rechte
des Beschwerdeführers durch das Entfernen des Fahrverbots nicht beschränkt.
Er ist somit durch das Vorgehen der Gemeindebehörden in seiner Rechtsstel-



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lung in keiner Weise beeinträchtigt worden, weshalb er auch nicht als be-
schwert im Sinne der vorgängigen Erwägung angesehen werden kann. Liegt
durch die Tathandlung keine unmittelbare Schädigung vor, steht der Strafan-
spruch ausschliesslich der Strafverfolgungsbehörde zu. Dritten und damit ins-
besondere auch Anzeigeerstattern kommt in solchen Fällen kein Strafanspruch
zu und sie sind demzufolge auch nicht legitimiert, gegen einen diesbezüglichen
Entscheid Beschwerde zu erheben. Insofern ist auf die Beschwerde nicht einzu-
treten.
2.
Der Beschwerdeführer rügt des Weiteren die Zustellung der Ein-
stellungsverfügung in italienischer Sprache. Diese sei für ihn ohne Übersetzung
nicht verständlich und damit unzumutbar. Durch die Übersetzung seien ihm
Kosten in der Höhe von rund Fr. 1'650.-- entstanden.
Die Sprachenfreiheit von Art. 18 BV garantiert das Recht des Individu-
ums, die eigene Muttersprache oder eine andere Sprache seiner Wahl zu ver-
wenden. Soweit es sich dabei um eine schweizerische Landes- oder Amtsspra-
che handelt, wird ihr Gebrauch auch noch durch Art. 4 und Art. 70 Abs. 1 BV
gewährleistet. Daraus ergeben sich allerdings noch keine prozessualen An-
sprüche. Art. 18 BV räumt dem Rechtsuchenden namentlich keinen unbe-
schränkten Anspruch darauf ein, die Verfahrenssprache frei zu wählen (Urteil
des Bundesgerichts 1S.6/2004 vom 11. Januar 2005). Beim Kreis Bergell han-
delt es sich um einen italienischsprachigen Kreis. Der Kreispräsident Bergell ist
damit nicht gehalten, seine Entscheide für Deutschsprachige in Deutsch auszu-
fertigen (vgl. Padrutt, a.a.O., S. 316). Hinzu kommt, dass die Mitteilung einer
Einstellungsverfügung an den Anzeigeerstatter, der nicht zugleich unmittelbar
Geschädigter ist, bloss zur Orientierung erfolgt (vgl. Padrutt, a.a.O., S. 167). Die
Frage, ob Angeschuldigte oder Geschädigte Anspruch auf einen Entscheid in
ihrer Muttersprache haben, kann im vorliegenden Fall offen bleiben, da X. als
Anzeigeerstatter nicht Verfahrensbeteiligter ist und ihm unter diesen Umstän-
den ein solcher Anspruch nicht zusteht.
3.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass bei X. die Be-
schwerdelegitimation nicht gegeben ist, da er durch das Vorgehen der Gemein-
debehörden nicht unmittelbar beschwert ist. Ist er nicht beschwerdelegitimiert
und kann demzufolge auf seine Beschwerde nicht eingetreten werden, sind sei-
ne Einwände beziehungsweise die Rechtmässigkeit der angefochtenen Einstel-
lungsverfügung nicht weiter zu prüfen. Somit kann auch die Frage, ob es sich



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beim vorliegenden Tatbestand - wie der Beschwerdeführer geltend macht - um
ein Dauerdelikt handelt und die Verjährung daher noch nicht eingetreten ist,
offen gelassen werden. Dennoch sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass
die Vorbringen des Beschwerdeführers aus materieller Sicht im Widerspruch zu
seinen früheren Anträgen im Beschwerdeverfahren BK 06 2 stehen. Damals
rügte er die unterlassene Beseitigung der Fahrverbotstafel, während er in die-
sem Verfahren das Entfernen derselben als unrechtmässig erachtet. Es erge-
ben sich aber auch aus den übrigen Ausführungen des Beschwerdeführers
nicht genügend Anhaltspunkte für das Vorliegen einer straf- und verfolgbaren
Handlung, weshalb die Beschwerde auch unter materiellen Gesichtspunkten
abzuweisen wäre.
4.
Ist die Beschwerde von X. abzuweisen, soweit überhaupt darauf
eingetreten werden kann, gehen die Kosten des Beschwerdeverfahrens in An-
wendung von Art. 160 Abs. 1 StPO zu seinen Lasten. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens fällt die Zusprechung einer ausseramtlichen Entschädigung ausser
Betracht.



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Demnach erkennt die Beschwerdekammer :
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens von Fr. 500.-- gehen zu Lasten
des Beschwerdeführers.
3. Mitteilung
an:
__________
Für die Beschwerdekammer des Kantonsgerichts von Graubünden
Der Vizepräsident:
Die Aktuarin:


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