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Bundesverwaltungsgericht Urteil E-2689/2012

Kopfdaten
Instanz:Bundesverwaltungsgericht
Abteilung:Abteilung V
Dossiernummer:E-2689/2012
Datum:23.05.2012
Leitsatz/Stichwort:Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (Dublin-Verfahren)
Schlagwörter : Beschwerde; Wegweisung; Österreich; Asylgesuch; Verfahren; Dublin; Schweiz; Instanz; Verfügung; Beschwerdeführenden; Kinder; Wegweisungsvollzug; Prüfung; II-VO; Beschwerdeführerin; Bundesverwaltungsgericht; Staat; Zuständigkeit; Wegweisungsverfahrens; Selbsteintritt; Schwester; Gestellten; Recht; Asylgesuche; Gericht; Vorinstanzlichen; Verfahrens; Dublin-Verfahren; Würden; Angefochtene
Rechtsnorm: Art. 63 VwVG ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t

T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i f f é d é r a l

T r i b u n a l e a m m i n i s t r a t i v o f e d e r a l e T r i b u n a l a d m i n i s t r a t i v f e d e r a l

Abteilung V E-2689/2012

U r t e i l  v o m  2 3.  M a i  2 0 1 2

Besetzung Einzelrichter Bruno Huber,

mit Zustimmung von Richterin Gabriela Freihofer; Gerichtsschreiber Jonas Tschan.

Parteien A. , geboren ( ), und deren Kinder

  1. , geboren ( ),

  2. , geboren ( ), Sri Lanka, Beschwerdeführende,

gegen

Bundesamt für Migration (BFM), Quellenweg 6, 3003 Bern, Vorinstanz.

Gegenstand Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung (Dublin-Verfahren);

Verfügung des BFM vom 30. April 2012 / N ( ).

Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest,

dass die Beschwerdeführerin A. mit ihren Kindern am 10. April 2012 in der Schweiz um Asyl nachsuchte,

dass sie anlässlich der Kurzbefragung vom 18. April 2012 geltend machte, sie seien zwar vor der Einreise bereits in Österreich gewesen, hätten aber in der Schweiz ein Asylgesuch stellen wollen,

dass sie im Rahmen der Gewährung des rechtlichen Gehörs zur Frage der Zuständigkeit Österreichs für die Durchführung des Asylund Wegweisungsverfahrens vorbrachte, ihre Kinder sollten in der Nähe ihrer in der Schweiz lebenden Schwester aufwachsen können,

dass bezüglich Einzelheiten des rechtserheblichen Sachverhalts auf das Befragungsprotokoll verwiesen wird (vgl. Akten BFM A5/13),

dass das BFM aufgrund der Daktyloskopierung (EURODAC) der Beschwerdeführerin in Österreich (Asylgesuchseinreichung am 13. März 2012) die österreichischen Behörden am 27. April 2012 um deren Übernahme und die Übernahme ihrer Kinder ersuchte, welchem Ersuchen Österreich am 30. April 2012 zustimmte,

dass das Bundesamt in Anwendung von Art. 34 Abs. 2 Bst. d des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) auf die Asylgesuche mit Verfügung vom 30. April 2012 - eröffnet am 7. Mai 2012 - nicht eintrat, die Wegweisung nach Österreich sowie den Wegweisungsvollzug anordnete und feststellte, einer allfälligen Beschwerde komme keine aufschiebende Wirkung zu,

dass die Vorinstanz zur Begründung anführte, Österreich sei gestützt auf das Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags (Dublin-Assoziierungsabkommen [DAA], SR 0.142.392.689) und das Übereinkommen vom 17. Dezember 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des SchengenBesitzstands und über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in der Schweiz, in Island oder in Norwegen gestellten Asylantrags (Übereinkommen vom 17. Dezember 2004, SR 0.362.32) für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig,

dass angesichts des Umstandes, dass Österreich der Übernahme der Beschwerdeführenden gestützt auf die Verordnung [EG] Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (Dublin II-VO), zugestimmt habe, die Zuständigkeit zur Durchführung des Asylund Wegweisungsverfahrens bei Österreich liege,

dass der Beschwerdeführerin am 18. April 2012 das rechtliche Gehör gewährt worden sei und diese ausgeführt habe, sie möchte in der Schweiz bleiben, wo sie eine Schwester habe, die Schweizerin sei, sie habe keinen Ehemann und die Kinder sollten in der Nähe ihrer älteren Schwester aufwachsen, die ihr helfen würde,

dass die Dublin II-VO unter Art. 2 Bst. i den Begriff "Familienangehörige" auf die Kernfamilie einschränke, wozu lediglich Ehegatten, Lebenspartner sowie minderjährige Kinder und - bei unverheirateten minderjährigen asylsuchenden Personen - der Vater, die Mutter oder der Vormund gehörten, womit die Schwester nicht als Familienangehörige im Sinn der Dublin II-VO gelte,

dass zudem die Bedingungen für einen Selbsteintritt gemäss Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO nicht gegeben seien und demnach die Ausführungen der Beschwerdeführerin an der Zuständigkeit Österreichs zur Durchführung des Asylund Wegweisungsverfahrens nichts ändern könnten sowie auch nicht gegen einen Wegweisungsvollzug in dieses Land sprechen würden, weshalb auf die Asylgesuche nicht einzutreten sei,

dass die Beschwerdeführerin mit ihren Kindern in einen Drittstaat reisen könne, in dem sie Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 AsylG finde, weshalb das Nonrefoulement-Gebot bezüglich des Heimatoder Herkunftsstaats nicht zu prüfen sei, und ferner für den Fall einer Rückkehr nach Österreich keine Hinweise auf eine Verletzung von Art. 3 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK, SR 0.101) bestehen würden,

dass weder die in Österreich herrschende allgemeine Situation noch andere Gründe gegen die Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs in diesen Staat sprechen würden,

dass der Wegweisungsvollzug zudem technisch möglich und praktisch durchführbar sei,

dass die Beschwerdeführenden gegen diese Verfügung des BFM mit Eingabe vom 13. Mai 2012 (Poststempel vom 14. Mai 2012) beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erhoben und sinngemäss um Aufhebung der vorinstanzlichen Verfügung ersuchten,

dass die vorinstanzlichen Akten am 22. Mai 2012 beim Gericht eingingen (Art. 109 Abs. 2 AsylG),

und erwägt,

dass gegen den angefochtenen Entscheid beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde geführt werden kann (Art. 5 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021)) und dieses auf dem Gebiet des Asyls in der Regel - so auch vorliegend - endgültig über Beschwerden gegen Verfügungen entscheidet (Art. 105 AsylG; Art. 83 Bst. d Ziff. 1 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (BGG, SR 173.110),

dass die Voraussetzungen für das Eintreten auf die Beschwerde erfüllt sind,

dass mit Beschwerde die Verletzung von Bundesrecht, die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts und die Unangemessenheit gerügt werden können (Art. 106 Abs. 1 AsylG),

dass über offensichtlich unbegründete Beschwerden in einzelrichterlicher Zuständigkeit mit Zustimmung eines zweiten Richters beziehungsweise einer zweiten Richterin entschieden wird (Art. 111 Bst. e AsylG), und es sich vorliegend um eine solche handelt, weshalb der Beschwerdeentscheid nur summarisch zu begründen ist (Art. 111a Abs. 2 AsylG),

dass gestützt auf Art. 111a Abs. 1 AsylG auf einen Schriftwechsel verzichtet wurde,

dass bei Beschwerden gegen Nichteintretensentscheide, mit denen es das BFM ablehnt, das Asylgesuch auf seine Begründetheit hin zu überprüfen (Art. 32-35a AsylG), die Beurteilungskompetenz der Beschwerdeinstanz grundsätzlich auf die Frage beschränkt ist, ob die Vorinstanz zu Recht auf das Asylgesuch nicht eingetreten ist,

dass auf Asylgesuche in der Regel nicht eingetreten wird, wenn Asylsuchende in einen Drittstaat ausreisen können, der für die Durchführung des Asylund Wegweisungsverfahrens staatsvertraglich zuständig ist (Art. 34 Abs. 2 Bst. d AsylG),

dass sich die vorinstanzlichen Erwägungen aufgrund der Akten als zutreffend erweisen, weshalb zur Vermeidung von Wiederholungen auf die nicht zu beanstandenden Ausführungen des BFM in der angefochtenen Verfügung verwiesen werden kann,

dass die in Aussicht gestellten Beweismittel nicht geeignet sein dürften, an dieser Einschätzung etwas zu ändern, zumal die in der Rechtsmitteleingabe gemachten Vorbringen nur eine Wiederholung dessen sind, was die Beschwerdeführerin bereits im vorinstanzlichen Verfahren zu Protokoll gegeben hat, indessen vorliegend Gegenstand des Verfahrens einzig die Zuständigkeit für die Durchführung des Asyl- und Wegweisungsverfahrens und ein allfälliger Selbsteintritts ist (antizipierte Beweiswürdigung; vgl. BVGE 2008/24 E. 7.2),

dass Österreich Signatarstaat des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (FK, SR 0.142.30), der EMRK und des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (FoK, SR 0.105) ist, und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, wonach sich Österreich nicht an die daraus resultierenden völkerrechtlichen Verpflichtungen halten würde,

dass somit nicht davon auszugehen ist, das BFM hätte Veranlassung zu einem Selbsteintritt (Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO) gehabt,

dass das Bundesamt demnach zu Recht in Anwendung von Art. 34 Abs. 2 Bst. d AsylG auf die Asylgesuche der Beschwerdeführenden nicht eingetreten ist,

dass die Anordnung der Wegweisung nach Österreich der Systematik des Dublin-Verfahrens - bei dem es sich um ein Überstellungsverfahren in den für die Prüfung des Asylgesuchs zuständigen Staat handelt - entspricht und im Einklang mit der Bestimmung von Art. 44 Abs. 1 AsylG steht, wobei in Verfahren nach Art. 34 Abs. 2 Bst. d AsylG die Frage nach

der Zulässigkeit und Möglichkeit des Wegweisungsvollzugs in den für die Prüfung des Asylgesuchs zuständigen Staat regelmässig bereits Voraussetzung (und nicht erst Regelfolge) des Nichteintretensentscheids und hier nicht mehr zu prüfen ist,

dass sich auch die Frage der Zumutbarkeit des Wegweisungsvollzugs in einem Dublin-Verfahren nicht unter dem Aspekt der vorläufigen Aufnahme gemäss Art. 83 Abs. 1 und 4 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG, SR 142.20) stellt, sondern eine entsprechende Prüfung, soweit notwendig, bereits im Rahmen der Entscheidfindung hinsichtlich der Ausübung des Selbsteintrittsrechts stattfinden muss,

dass vorliegend kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts (Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO) besteht, weshalb der vom BFM verfügte Vollzug der Wegweisung zu bestätigen ist,

dass es den Beschwerdeführenden demnach nicht gelungen ist, darzutun, inwiefern die angefochtene Verfügung Bundesrecht verletzt, den rechtserheblichen Sachverhalt unrichtig oder unvollständig feststellt oder unangemessen ist (Art. 106 AsylG), weshalb die Beschwerde abzuweisen ist,

dass bei diesem Ausgang des Verfahrens dessen Kosten von Fr. 600.- (Art. 1-3 des Reglements vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht [VGKE, SR 173.320.2]) den Beschwerdeführenden aufzuerlegen sind (Art. 63 Abs. 1 VwVG).

(Dispositiv nächste Seite)

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.

Die Verfahrenskosten von Fr. 600.- werden den Beschwerdeführenden auferlegt. Dieser Betrag ist innert 30 Tagen ab Versand des Urteils zu Gunsten der Gerichtskasse zu überweisen.

3.

Dieses Urteil geht an die Beschwerdeführenden, an das BFM und an das D. .

Der Einzelrichter: Der Gerichtsschreiber:

Bruno Huber Jonas Tschan

Versand:

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