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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - VO140169)

Zusammenfassung des Urteils VO140169: Obergericht des Kantons Zürich

Der Gesuchsteller A. stellte beim Obergericht des Kantons Zürich ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für eine Klage gegen Dr. C. und die D. AG wegen Schadenersatz. Das Obergerichtspräsidium bewilligte die unentgeltliche Rechtspflege, da A. als mittellos eingestuft wurde und sein Rechtsbegehren nicht aussichtslos erschien. Zudem wurde ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt. Die Kosten für die unentgeltliche Rechtspflege trägt die Gemeinde B. Der Richter war männlich und die Gerichtskosten betrugen CHF 0.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VO140169

Kanton:ZH
Fallnummer:VO140169
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VO140169 vom 15.12.2014 (ZH)
Datum:15.12.2014
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Schlagwörter: Gesuch; Gesuchs; Gesuchsteller; Rechtspflege; Schlichtungsverfahren; Rechtsbeistand; Obergericht; Klage; Verfahren; Kanton; Rechtsbeistandes; Kantons; Obergerichts; Bestellung; Gericht; Person; Schaden; Friedensrichteramt; Schadenersatz; Beurteilung; Anspruch; Hauptsache; Gutachten; Schlichtungsverfahrens; Mittellosigkeit; Einkommen; Verhältnisse; Gesuchstellers; Entscheid
Rechtsnorm: Art. 104 ZPO ;Art. 113 ZPO ;Art. 117 ZPO ;Art. 118 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 122 ZPO ;Art. 145 ZPO ;Art. 207 ZPO ;Art. 99 ZPO ;
Referenz BGE:120 Ia 179; 69 I 160;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VO140169

Obergericht des Kantons Zürich

Präsident

Geschäfts-Nr.: VO140169-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. R. Naef sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu

Urteil vom 15. Dezember 2014

in Sachen

A. ,

Gesuchsteller

vertreten durch Rechtsanwalt X.

betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

Erwägungen:

  1. Ausgangslage

    1. Mit Eingabe vom 9. Dezember 2014 liess A. steller) durch seinen Rechtsvertreter lic. iur. X.

      (nachfolgend: Gesuchbeim Präsidenten des

      Obergerichts des Kantons Zürich um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes für

      eine beim Friedensrichteramt B.

      anhängig gemachte Klage gegen

      Dr. C. und die D. AG betreffend Schadenersatz ersuchen (act. 1 und act. 2/3).

    2. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.

  2. Beurteilung des Gesuchs

    1. Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtsprä- sident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident diese bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.

    2. Die unentgeltliche Rechtspflege wird gewährt, wenn die gesuchstellende Person nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit) und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 ZPO). Ein Anspruch auf die gerichtliche Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes setzt sodann zusätzlich voraus, dass dies zur Wahrung der Rechte notwendig ist (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO).

      Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es der gesuchstellenden Person nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermögen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Zu berücksichtigen ist vorhandenes Vermögen jeglicher Art, soweit es effektiv verfügbar, realisierbar und sein Verbrauch zumutbar ist. Als Lebensaufwandkosten sind grundsätzlich zu berücksichtigen der Grundbetrag, rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge, Wohnkosten, obligatorische Versicherungen, Transportkosten zum Arbeitsplatz, Steuern sowie Verpflichtungen gegenüber Dritten, wenn sie tatsächlich erfüllt werden (Emmel in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, SutterSomm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Zürich/Basel/Genf 2013, Art. 117 N 9). Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Emmel, a.a.O., Art. 117 N 4).

    3. Bei der Beurteilung der Bedürftigkeit bei Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sind sehr strenge Massstäbe anzulegen: Einerseits sind die in einem Schlichtungsverfahren entstehenden Kosten - anders als vor einer Gerichtsinstanz - sehr beschränkt und können deshalb bereits bei einem relativ geringen Überschuss des Einkommens und Vermögens über den zivilprozessualen Notbedarf bestritten werden. Andererseits braucht es ganz besondere Umstände, damit die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes im Schlichtungsverfahren gemäss Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO als notwendig erscheint.

    4. Die gesuchstellende Person hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung ihres Gesuchs relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen - es trifft sie bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Kommt sie dieser Mitwirkungspflicht nicht nur ungenügend nach und kann als Folge davon ihre

      Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilt werden, ist der Anspruch um unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179).

    5. Der Gesuchsteller verweist zur Begründung und Darlegung seiner Mittellosigkeit auf ein beim Präsidenten des Obergerichts des Kantons Zürich am

      29. September 2014 eingereichtes und mit Urteil vom 24. Oktober 2014 bewilligtes Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und hält fest, seine finanziellen Verhältnisse hätten sich seitdem nicht verändert (act. 1 S. 2). Im Urteil vom 24. Oktober 2014 (Verfahren VO140035) wurde davon ausgegangen, dass der Gesuchsteller keine Einkünfte generiere, Vermögen von rund Fr. 7'800.- besitze und einen anrechenbaren monatlichen Notbedarf von Fr. 3'233.25 aufweise (act. 2/1 E. 2.6). Darauf kann auch im vorliegenden Verfahren abgestellt werden, zumal glaubhaft erscheint, dass sich die finanziellen Verhältnisse in den vergangenen eineinhalb Monaten nicht wesentlich verändert haben (vgl. auch act. 4 mit den einzelnen Belegen). Damit ist von der Mittellosigkeit des Gesuchstellers auszugehen.

    6. Für die Beurteilung der fehlenden Aussichtslosigkeit als zweite Voraussetzung der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist eine gewisse Prozessprognose notwendig, wobei auf den Zeitpunkt der Gesuchseinreichung abzustellen ist. Als aussichtslos sind dabei nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können (vgl. z.B. BGE 69 I 160). Zur Vornahme der Prüfung ist auf die vorhandenen Akten abzustellen (vgl. auch BSK ZPO-Rüegg, Art. 117 N 20).

    7. Sein Begehren in der Hauptsache begründet der Gesuchsteller damit, die

      D.

      AG habe die Zahlungen als Krankentaggeldversicherung gestützt

      auf ein psychiatrisches Gutachten von Dr. C.

      eingestellt. Die Begutachtung sei nicht lege artis erfolgt. So enthalte das Gutachten zahlreiche Halbund Unwahrheiten sowie zahlreiche Unterstellungen. Mit der Klage ersuche er um Ersatz des zwischen dem 3. April 2014 und dem 31. Dezember 2014 entstandenen bzw. entstehenden Erwerbsausfallschadens (act. 2/3).

      Aus den beigezogenen Akten des Verfahrens VO140035, welchem eine Klage des Gesuchstellers um Berichtigung des massgeblichen Gutachtens zugrunde lag, geht hervor, in welchen Punkten der Gesuchsteller das psychiatrische Gutachten beanstandet und um welche Korrekturen er ersucht (act. 4/2/1 S. 2 ff.). Ob das Gutachten tatsächlich fehlerhaft ist und die beantragten Korrekturen berechtigt sind, kann an dieser Stelle nicht abschliessend beurteilt werden. Dies ist denn auch Gegenstand des dem Verfahren VO140035 zugrunde liegenden Berichtigungsverfahrens gegen Dr. C. und die D. AG. Sollte es sich erstellen lassen, dass die Begutachtung nicht lege artis erfolgt ist, so könnte nicht ausgeschlossen werden, dass die

      D.

      AG die Zahlungen zu Unrecht einstellte und dem Gesuchsteller

      durch das Verhalten von Dr. C. und die D. AG ein Schaden entstanden ist. Aus heutiger Sicht kann die Schadenersatzklage damit nicht als aussichtslos bezeichnet werden. Folglich kann dem Antrag des Gesuchstellers entsprochen werden und ist ihm für das Schlichtungsverfahren vor dem

      Friedensrichteramt B.

      betreffend oberwähnte Schadenersatzklage die

      unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.

    8. Der Gesuchsteller lässt sodann die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes beantragen (act. 1 S. 1). Ein Anspruch auf die gerichtliche Bestellung eines solchen besteht im Wesentlichen dann, wenn dies zur Wahrung der Rechte notwendig ist (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO). Wie dargelegt, bedarf es ganz besonderer Umstände, damit die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes im Schlichtungsverfahren als notwendig erscheint. Allgemein ausgedrückt hat eine Partei dann einen Anspruch auf Verbeiständung, wenn ihre Interessen in schwerwiegender Weise betroffen sind und der Fall in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, die den Beizug eines Rechtsvertreters erforderlich machen (Emmel, a.a.O., N 5 zu Art. 118 ZPO). Dabei sind neben der Komplexität der Rechtsfragen und der Unübersichtlichkeit des Sachverhaltes auch in der Person des Betroffenen liegende Gründe zu berücksichtigen, so das Alter, die soziale Situation, Sprachkenntnisse sowie allgemein die Fähigkeit, sich im Ver-

      fahren zurecht zu finden (Entscheid des Bundesgerichts 1C_339/2008 vom

      24. September 2008 E. 2.2.).

    9. Das Erfordernis der Notwendigkeit eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes ist vorliegend zu bejahen. Der Gesuchsteller klagt im Sinne einer Teilklage einen Betrag von Fr. 30'000.- ein (act. 2/3 S. 1). Die Klage tangiert damit seine (finanziellen) Interessen in erheblicher Weise, zumal davon auszugehen ist, dass der Ausgang des Schlichtungsverfahrens bzw. des diesem allenfalls folgenden Gerichtsverfahrens für allfällige weitere Teilklagen präjudiziell sein wird. Zu beachten ist sodann auch, dass der Gesuchsteller unter erheblichen gesundheitlichen Problemen leidet, namentlich an einer mittelschweren bis schweren depressiven Episode als Folge eines BurnoutProzesses und an einer cardialen Erkrankung bei akzentuierten Persönlichkeitszügen, welche zu seiner 100-prozentigen Arbeitsunfähigkeit führten (act. 4/5/2/1 S. 7). Gemäss den Ausführungen im Entwurf der Klageschrift an das Sozialversicherungsgericht äussern sich diese Erkrankungen in einer starken Unfähigkeit, etwas anpacken zu können. Der Gesuchsteller werde schnell körperlich und geistig erschöpft und könne dann an nichts mehr denken. Er werde schnell gestresst und innerlich aggressiv (act. 4/2/5/1 S. 6). Schliesslich ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der D. AG um eine Versicherung handelt, welche über Erfahrung im Zusammenhang mit Prozessen der vorliegenden Art verfügt und zur Führung von solchen in aller Regel Juristen einsetzt. Unter all diesen Umständen ist die Notwendigkeit eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes für das Schlichtungsverfahren zu bejahen und ist dem Gesuchsteller in der Person von Rechtsanwalt lic. iur. X. ein unentgeltlicher Rechtsbeistand zu bestellen.

  3. Kosten der unentgeltliche n Rechtspflege

    Gemäss den einschlägigen Bestimmungen der ZPO werden die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege vom Kanton getragen bzw. wird der unentgeltliche Rechtsbeistand vom Kanton entschädigt (Art. 113 Abs. 1 und Art. 122 ZPO). Der ständigen Praxis des Obergerichts des Kantons Zürich zur schweizerischen Zivilprozessordnung folgend sowie entsprechend der

    bisherigen zürcherischen Praxis sind die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege für das Verfahren vor der Schlichtungsbehörde von der zuständigen Gemeinde zu tragen, vorliegend von der Gemeinde B. . Zu beachten ist indes, dass die Kosten des Schlichtungsverfahrens gemäss Art. 207 Abs. 2 ZPO bei der Einreichung der Klage zur Hauptsache geschlagen werden und das erkennende Gericht somit in der Folge über diese zusammen mit den übrigen Prozesskosten gemäss Art. 104 ff. ZPO zu entscheiden hat.

    Die Kostenauflage an die Gemeinde B. Vorbehalt.

  4. Kosten und Rechtsmittel

    erfolgt deshalb unter diesem

    1. Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.

    2. Die Gegenparteien in der Hauptsache verfügen im vorliegenden Verfahren nicht über Parteistellung. Ihnen steht aber gegen den Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtspflege die Beschwerde gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO offen, sofern ihnen ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht.

Es wird erkannt:

  1. Dem Gesuchsteller wird für das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt B. betreffend Klage auf Schadenersatz gegen Dr. C. und die D. AG die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.

  2. Dem Gesuchsteller wird für das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt B. betreffend Klage auf Schadenersatz gegen Dr. C. und die D. AG in der Person von Rechtsanwalt lic. iur. X. ein unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt.

  3. Die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege des Schlichtungsverfahrens trägt unter Vorbehalt von Art. 207 Abs. 2 ZPO die Gemeinde B. .

  4. Das obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.

  5. Schriftliche Mitteilung, je gegen Empfangsschein, an:

    • den Rechtsvertreter des Gesuchstellers, zweifach, für sich und den Gesuchsteller,

    • das Friedensrichteramt B. ,

    • die Gegenpartei in der Hauptsache, Dr. C. , [Adresse],

    • die Gegenpartei in der Hauptsache, D. AG, [Adresse].

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).

Zürich, 15. Dezember 2014

Obergericht des Kantons Zürich Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu versandt am:

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