Zusammenfassung des Urteils VO130193: Obergericht des Kantons Zürich
Der Gesuchsteller A. hat beim Obergericht des Kantons Zürich um unentgeltliche Rechtspflege für ein Schlichtungsverfahren gegen C. betreffend Herabsetzung des Unterhaltsbeitrags ersucht. Das Gericht lehnte das Gesuch ab, da A. nicht ausreichend nachwies, mittellos zu sein, und seine finanziellen Verhältnisse nicht transparent genug darlegte. Das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege ist kostenlos, und es besteht die Möglichkeit einer Beschwerde beim Obergericht.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VO130193 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | Verwaltungskommission |
Datum: | 30.12.2013 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege |
Schlagwörter: | Gesuch; Recht; Gesuchs; Gesuchsteller; Rechtspflege; Obergericht; Obergerichts; Verfahren; Schlichtungsverfahren; Einkommen; Entscheid; Obergerichtspräsident; Gericht; Gesuchstellers; Friedensrichteramt; Person; Beurteilung; Rechtsverbeiständung; Verhältnisse; Kantons; Urteil; Anspruch; Bedürftigkeit; Frist; Emmel; Mitwirkungspflicht; Lohnabrechnung; Präsident; Gerichtsschreiberin |
Rechtsnorm: | Art. 113 ZPO ;Art. 117 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 121 ZPO ;Art. 145 ZPO ;Art. 99 ZPO ; |
Referenz BGE: | 120 Ia 179; |
Kommentar: | Sutter-Somm, Hasenböhler, Leuenberger, Schweizer, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zürich, Art. 117 OR ZPO, 2010 |
Obergericht des Kantons Zürich
Präsident
Geschäfts-Nr.: VO130193-O/U
Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. R. Naef sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Gürber
Urteil vom 30. Dezember 2013
in Sachen
Gesuchsteller
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. X.
betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Erwägungen:
Ausgangslage
A. (nachfolgend: Gesuchsteller) liess mit Eingabe vom 28. November 2013 beim Friedensrichteramt B. ein Schlichtungsbegehren einreichen be-
treffend eine Klage gegen C.
auf Herabsetzung des Unterhaltsbeitrages
(act. 4/13). Mit Eingabe vom 19. Dezember 2013, eingegangen am 23. Dezember 2013, liess er beim Präsidenten des Obergerichts des Kantons Zürich sodann folgendes Rechtsbegehren stellen (act. 1 S. 2):
Es sei dem Gesuchsteller im Verfahren vor dem Friedensrichteramt
B.
gegen C.
betreffend Herabsetzung der Unterhaltsbeiträge die unentgeltliche Prozessführung zu bewilligen und in der Person der unterzeichnenden Rechtsanwältin einen unentgeltlichen Rechtsbeistand zu bestellen.
Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.
Beurteilung des Gesuchs
Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtspräsident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident diese bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.
Eine Person hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie einerseits nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit Bedürftigkeit) und andererseits ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 ZPO). Die Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsverbeiständung setzt
zusätzlich voraus, dass diese zur Wahrung der Rechte der gesuchstellenden Person notwendig ist (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO).
Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es dem Gesuchsteller nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermö- gen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Zu berücksichtigen ist vorhandenes Vermögen jeglicher Art, soweit es effektiv verfügbar, realisierbar und sein Verbrauch zumutbar ist (Emmel, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/ Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zürich/ Basel/Genf 2010, N 7 zu Art. 117 ZPO). Als Lebensaufwandkosten sind grundsätzlich zu berücksichtigen der Grundbetrag, rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge, Wohnkosten, obligatorische Versicherungen, Transportkosten zum Arbeitsplatz, Steuern sowie Verpflichtungen gegenüber Dritten, wenn sie tatsächlich erfüllt werden (Emmel, a.a.O., N 9 zu Art. 117 ZPO). Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Emmel, a.a.O., N 4 zu Art. 117 ZPO).
Bei der Beurteilung der Bedürftigkeit bei Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sind sehr strenge Massstäbe anzulegen: Einerseits sind die in einem Schlichtungsverfahren entstehenden Kosten
- anders als vor einer Gerichtsinstanz - sehr beschränkt und können deshalb bereits bei einem relativ geringen Überschuss des Einkommens über den zivilprozessualen Notbedarf bestritten werden. Andererseits braucht es ganz besondere Umstände, damit die Bestellung eines Rechtsbeistandes im Schlichtungsverfahren gemäss Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO als notwendig erscheint.
Die gesuchstellende Person hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung ihres Gesuchs relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen - es trifft sie bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Kommt sie dieser Mitwirkungspflicht nicht nur ungenügend nach und kann als Folge davon ihre Bedürftigkeit nicht hin-
reichend beurteilt werden, ist der Anspruch um unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179).
Der Gesuchsteller liess zu seinen finanziellen Verhältnissen ausführen, er sei an Krebs erkrankt, weshalb er arbeitsunfähig und mit teuren Behandlungskosten konfrontiert gewesen sei. In den Monaten August und September 2013 habe er deshalb nur eine Lohnakontozahlung von Fr. 3'960.- ausbezahlt erhalten. Zudem habe er in den letzten Monaten fast Fr. 3'500.- für Arztkosten aufwenden müssen. Nach der im September 2013 abgeschlossenen Chemotherapie habe er wieder zu 100% zu arbeiten begonnen und verdiene monatlich netto Fr. 4'225.-. Es sei aber ungewiss, ob er auf Dauer werde 100% arbeiten können. Er lebe mit seiner Lebenspartnerin und dem gemeinsamen Kind zusammen. Seine Lebenspartnerin sei infolge der Geburt arbeitslos, weshalb er alleine für die Wohnund Lebenshaltungskosten aufkommen müsse. Der monatliche Bedarf setze sich zusammen aus der Miete für die Wohnung und den Abstellplatz von zusammen Fr. 1'555.-, der Krankenkassenprämie des Gesuchstellers von Fr. 216.-, der Krankenkassenprämie des Kindes von Fr. 77.75 und den gerichtsüblichen Kosten für TV/Telefon/Strom und Hausrat-/Haftpflichtversicherung. Zudem leiste er monatliche Abzahlungen an Schulden von Fr. 200.- und müsse Mittel finden, um die Wehrpflichtersatzabgabe von Fr. 540.- zu bezahlen. Er verfüge über kein Vermö- gen und habe Schulden (act. 1 S. 3 f.).
Der Gesuchsteller liess als Belege für seine monatlichen Einnahmen die Lohnabrechnungen für August und September 2013 einreichen, gemäss welchen ihm in diesen beiden Monaten eine Akonto-Lohnzahlung von Fr. 3'960.- ausgerichtet wurde (act. 4/4). Gemäss den Ausführungen im Gesuch arbeitet der Gesuchsteller aber seit Oktober 2013 wieder mit einem Pensum von 100%, und es ist davon auszugehen, dass er seit Oktober 2013 den vollen Lohn ausbezahlt erhält. Obwohl der Gesuchsteller in seinem Gesuch ausdrücklich auf die letzte vorhandene Lohnabrechnung, gemäss welcher er monatlich netto Fr. 4'225.- verdiene, verweist (act. 1 S. 3), hat er es unterlassen, diese Lohnabrechnung (oder einen anderen Beleg für seine monatlichen Einnahmen) ins Recht zu legen. Zwar ist dem Unterhaltsvertrag vom 7./8. Oktober 2013 betreffend Einkommen des Ge-
suchstellers zu entnehmen, dieses betrage netto und inkl. Anteil am 13. Monatslohn Fr. 4'225.- pro Monat (act. 4/3 S. 2). Dabei handelt es sich jedoch um eine blosse Parteibehauptung, zumal der Unterhaltsvertrag - soweit ersichtlich - noch nicht durch die Kindesund Erwachsenenschutzbehörde geprüft und genehmigt worden ist. Das monatliche Einkommen des Gesuchstellers ist damit unbelegt geblieben.
Es ist dem Obergerichtspräsidenten unter diesen Umständen nicht möglich, die finanziellen Verhältnisse des Gesuchstellers hinreichend zu beurteilen. Der Gesuchsteller ist damit seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen. Eine Fristansetzung zur Konkretisierung bzw. zur Einreichung weiterer Unterlagen drängt sich aufgrund der rechtskundigen Vertretung des Gesuchstellers nicht auf (vgl. hierzu Urteil RU120030-O vom 25. September 2013, Erw. 5b; Urteil des Bundesgerichts 4A_114/2013 vom 20. Juni 2013 E. 4.3.1 und 4.3.2, je m.w.H.). Damit ist das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für das Schlichtungsverfahren abzuweisen.
Dem Gesuchsteller ist es unbenommen, bei einem allfälligen Verfahren vor dem zuständigen Gericht erneut um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung zu ersuchen.
Kosten und Rechtsmittel
Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.
Wird die unentgeltliche Rechtspflege ganz teilweise abgelehnt entzogen, so kann der Gesuchsteller den Entscheid mit Beschwerde gemäss Art. 121 ZPO beim Obergericht anfechten. Dass vorliegend der Obergerichtsprä- sident über das Gesuch befindet, vermag daran nichts zu ändern. Der Obergerichtspräsident fällt in diesem Verfahren einen erstinstanzlichen Entscheid i.S.v. Art. 319 lit. b ZPO und fungiert nicht als obere kantonale Instanz, gegen deren Entscheide lediglich ein Rechtsmittel ans Bundesgericht gegeben wäre.
Die Gegenpartei in der Hauptsache verfügt im vorliegenden Verfahren nicht über Parteistellung. Ihr steht aber gegen den Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtspflege die Beschwerde gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO offen, sofern ihr ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht.
Es wird erkannt:
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt B. wird abgewiesen.
Dieses obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.
Schriftliche Mitteilung je gegen Empfangsschein an:
die Vertreterin des Gesuchstellers, zweifach
das Friedensrichteramt B. , [Adresse]
die gesetzliche Vertreterin der Gegenpartei in der Hauptsache, D. , [Adresse]
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).
Zürich, 30. Dezember 2013
OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH
Die Gerichtsschreiberin:
versandt am:
lic. iur. A. Gürber
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