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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - VO130191)

Zusammenfassung des Urteils VO130191: Obergericht des Kantons Zürich

Der Gesuchsteller A. hat beim Obergericht des Kantons Zürich um unentgeltliche Rechtspflege für ein Schlichtungsverfahren betreffend Mündigenunterhalt ersucht. Das Obergericht lehnte das Gesuch ab, da der Gesuchsteller keine Mittellosigkeit nachweisen konnte und bereits einen Vorschuss für die Anwaltshonorare geleistet hatte. Das Verfahren vor dem Friedensrichteramt B. wird grundsätzlich der klagenden Partei auferlegt, weshalb der Gesuchsteller kein Kostenrisiko trägt. Das Gericht entschied, dass der Gesuchsteller die Kosten selbst tragen muss und wies das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VO130191

Kanton:ZH
Fallnummer:VO130191
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VO130191 vom 30.12.2013 (ZH)
Datum:30.12.2013
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Schlagwörter: Gesuch; Gesuchsteller; Rechtspflege; Schlichtungsverfahren; Obergericht; Verfahren; Obergerichts; Gesuchstellers; Gewährung; Gericht; Friedensrichter; Krankenkasse; Entscheid; Obergerichtspräsident; Friedensrichteramt; Beurteilung; Anspruch; Einkommen; Verhältnisse; Krankenkassenprämie; Basel; Kantons; Sinne; Bestellung; Frist; Emmel; Kommentar; Zivilprozessordnung; Steuern
Rechtsnorm: Art. 113 ZPO ;Art. 117 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 121 ZPO ;Art. 145 ZPO ;Art. 207 ZPO ;Art. 99 ZPO ;
Referenz BGE:120 Ia 179;
Kommentar:
Sutter-Somm, Hasenböhler, Leuenberger, Schweizer, Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zürich, Art. 117 OR ZPO, 2010

Entscheid des Verwaltungsgerichts VO130191

Obergericht des Kantons Zürich

Präsident

Geschäfts-Nr.: VO130191-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. R. Naef sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Gürber

Urteil vom 30. Dezember 2013

in Sachen

A. ,

Gesuchsteller

vertreten durch Rechtsanwältin X.

betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

Erwägungen:

  1. Ausgangslage

    1. A.

      (nachfolgend: Gesuchsteller) ist Beklagter in einem beim Friedensrichteramt B. anhängigen Schlichtungsverfahren betreffend Mündigenunterhalt. Die Schlichtungsverhandlung ist auf den 23. Dezember 2013 angesetzt (vgl. act. 1 S. 1 und act. 4/23 S. 4). Mit Eingabe vom 18. Dezember 2013, eingegangen am 20. Dezember 2013, liess der Gesuchsteller beim Präsidenten des Obergerichts des Kantons Zürich um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für das Schlichtungsverfahren ersuchen (act. 1).

    2. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.

  2. Beurteilung des Gesuches

    1. Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtspräsident im summarischen Verfahren zuständig (Art. 119 Abs. 3 ZPO). Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen. Praxisgemäss - und um nicht in das Verfahren vor Bezirksgericht einzugreifen - bewilligt der Obergerichtspräsident die unentgeltliche Rechtspflege bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens.

    2. Im Verfahren vor dem Friedensrichteramt B. ist der Gesuchsteller in der Rolle der beklagten Partei (vgl. act. 1 S. 1 und act. 4/23 S. 4). Die Kosten des Schlichtungsverfahrens werden grundsätzlich der klagenden Partei auferlegt (Art. 207 ZPO), weshalb der beklagte Gesuchsteller für das Verfahren vor dem Friedensrichter bezüglich der Verfahrenskosten kein Kostenrisiko trägt. Entsprechend besteht auch kein Interesse des Gesuchstellers an der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne von Art. 118 Abs. 1 lit. a und b ZPO für das Schlichtungsverfahren, weshalb auf das Gesuch insofern nicht einzutreten ist.

    3. Zu prüfen bleibt das Gesuch des Gesuchtellers um Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsbeiständin. Anspruch auf Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes hat eine Partei dann, wenn sie mittellos ist (Art. 117 lit. a ZPO), wenn ihr Prozess nicht als aussichtslos erscheint (Art. 117 lit. b ZPO) und wenn sie für die gehörige Führung des Prozesses eines rechtskundigen Vertreters bedarf (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO).

    4. Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es dem Gesuchsteller nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermö- gen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Zu berücksichtigen ist vorhandenes Vermögen jeglicher Art, soweit es effektiv verfügbar, realisierbar und sein Verbrauch zumutbar ist (Emmel, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/ Leuenberger [Hrsg.], Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zürich/ Basel/Genf 2010, N 7 zu Art. 117 ZPO). Als Lebensaufwandkosten sind grundsätzlich zu berücksichtigen der Grundbetrag, rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge, Wohnkosten, obligatorische Versicherungen, Transportkosten zum Arbeitsplatz, Steuern sowie Verpflichtungen gegenüber Dritten, wenn sie tatsächlich erfüllt werden (Emmel, a.a.O., N 9 zu Art. 117 ZPO). Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Emmel, a.a.O., N 4 zu Art. 117 ZPO).

    5. Ein Gesuchsteller hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung seines Gesuches relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen - es trifft ihn bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Kommt ein Gesuchsteller dieser Mitwirkungspflicht nicht nur ungenügend nach und kann als Folge davon seine Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilt werden, ist der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179).

    6. Bei der Beurteilung der Bedürftigkeit bei Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sind sehr strenge Massstäbe anzulegen: Die in einem Schlichtungsverfahren entstehenden Kosten sind - anders als vor einer Gerichtsinstanz - sehr beschränkt und können deshalb bereits bei einem relativ geringen Überschuss des Einkommens über den zivilprozessualen Notbedarf bzw. bei relativ wenig Vermögen bestritten werden.

    7. Der Gesuchsteller liess zu seinen finanziellen Verhältnissen ausführen, er sei verheiratet und wohne mit seiner Ehefrau und der dreijährigen Tochter zusammen (act. 4/23 S. 1). Er verdiene monatlich Fr. 5'701.- (inkl. 13. Monatslohn sowie Kinderund Ausbildungszulagen), seine Ehefrau erziele kein Erwerbseinkommen. Der monatliche Bedarf für sich und seine Familie betrage Fr. 4'124.90 (Miete Fr. 920.-, Krankenkassenprämie KVG Gesuchsteller Fr. 369.15, Krankenkassenprämie Ehefrau Fr. 389.45, Krankenkassenprämie KVG Tochter Fr. 107.55, Hausrat-/Haftpflichtversicherung Fr. 376.20, Schuldzinsen

      Fr. 1'212.30, Kosten Spielgruppe Fr. 120.-, Telefon ca. Fr. 151.-, Strom Fr. 50.-, Anteil Steuern je Monat Fr. 340.25, Autoversicherung Fr. 89.-). Er verfüge über Vermögen von ca. Fr. 3'300.- und habe Schulden von Fr. 23'033.70 (act. 4/23

      S. 2 ff.).

    8. Gemäss den eingereichten Lohnabrechnungen erhält der Gesuchsteller einen monatlichen Lohn von durchschnittlich netto Fr. 5'768.75 (inkl. Anteil 13. Monatslohn sowie Kinderund Ausbildungszulagen; act. 4/2-6). Dem eingereichten Kontoauszug der Basellandschaftlichen Kantonalbank ist zu entnehmen, dass der Gesuchsteller über Vermögen von Fr. 2'332.82 verfügt (act. 4/9 S. 4).

      Auf der Auslagenseite sind die monatliche Prämie für die Hausrat-/Haftpflichtversicherung von Fr. 31.35 (act. 4/10; bei den geltend gemachten Fr. 376.20 handelt es sich um die Jahresprämie), die Miete von Fr. 920.- (act. 4/11), Steuern von monatlich Fr. 340.25 (act. 4/12-13) und die Kosten für die Spielgruppe von Fr. 120.- (act. 4/14) ausgewiesen und zu berücksichtigen. Belegt sind auch die Krankenkassenprämien von insgesamt Fr. 866.15 (act. 4/8), aus dem Kontoauszug der Basellandschaftlichen Kantonalbank ergibt sich jedoch, dass der Gesuchsteller eine monatliche Prämienverbilligung von Fr. 80.- erhält

      (vgl. act. 4/9). Damit betragen die monatlichen Prämien für die Krankenkasse für den Gesuchsteller und seine Familie Fr. 786.15. Ebenfalls ausgewiesen sind im Weiteren die Stromkosten sowie die Kosten für Telefonie (Strom: act. 4/19; Telefon: act. 4/22). Diese Auslagen sind jedoch aus dem Grundbetrag zu bezahlen und deshalb im Bedarf nicht zu berücksichtigen (Huber, in: Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], DIKE-Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, Zürich/St. Gallen 2011, N 44 und N 49 zu Art. 117 ZPO). Nicht zu berücksichtigen sind sodann die geltend gemachten Auslagen für das Automobil (act. 4/16 und act. 4/23 S. 2), hat der Gesuchsteller doch nicht ausgeführt und ist auch nicht ersichtlich, inwiefern es sich dabei um ein Kompetenzgut handelt bzw. inwiefern der Gesuchsteller zur Ausübung seines Berufes für die Fahrten zum Arbeitsplatz auf ein Fahrzeug angewiesen ist, zumal sich Wohnund Arbeitsort des Gesuchstellers - soweit ersichtlich - in unmittelbarer Nachbarschaft befinden (Wohnort: C. strasse in D. , Arbeitsort: C. strasse in D. ; vgl. act. 4/2-7). Die geltend gemachten Schuldzinsen von monatlich Fr. 1'212.30 sind für einen Privatkredit über Fr. 40'000.- zu entrichten, welchen der Gesuchsteller am 20. Juni 2012 für einen Autokauf aufgenommen hat (vgl. act. 4/17 und act. 4/23 S. 3). Die regelmässige Bezahlung dieser Schuldzinsen ist zwar belegt (act. 4/18), doch können solche Abzahlungsraten nur soweit berücksichtigt werden, als der betreffende Kredit für die Anschaffung von Kompetenzgü- tern verwendet wurde (Rüegg, in: Spühler/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar Schweizerische Zivilprozessordnung, Basel 2010, N 14 zu Art. 117 ZPO). Wie bereits ausgeführt ist nicht ersichtlich und wurde vom Gesuchsteller auch nicht geltend gemacht, dass es sich bei seinem Fahrzeug um ein Kompetenzgut handelt. Zudem erscheint die Angabe des Gesuchstellers, er habe den im Juni 2012 aufgenommenen Kredit von Fr. 40'000.- für den Kauf eines Autos verwendet, als wenig überzeugend, verfügt er doch aktuell lediglich über einen VW Golf Baujahr 1988 mit einem Wert von ca. Fr. 1'000.- (act. 4/23 S. 3). Unter Berücksichtigung der Grundbeträge gemäss Kreisschreiben von insgesamt Fr. 2'100.- ist damit von einem monatlichen Bedarf des Gesuchstellers und seiner Familie von Fr. 4'297.75 auszugehen. Dieser monatliche Bedarf liegt Fr. 1'471.- unter den monatlichen Einnahmen von Fr. 5'768.75.

      Bei diesen finanziellen Verhältnissen ist es dem Gesuchsteller möglich, für die relativ geringen Kosten der anwaltlichen Vertretung im Schlichtungsverfahren innert nützlicher Frist aufzukommen, zumal er bereits einen Vorschuss von Fr. 500.- geleistet hat (act. 4/23 S. 4). Die Mittellosigkeit des Gesuchstellers ist damit zu verneinen und das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtsverbeistän- dung für das Schlichtungsverfahren ist abzuweisen.

    9. Auf eine Prüfung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen der fehlenden Aussichtslosigkeit des Begehrens in der Hauptsache und der Notwendigkeit eines Rechtsbeistandes kann unter diesen Umständen verzichtet werden. Dem Gesuchsteller ist es jedoch unbenommen, bei einem allfälligen Verfahren vor dem zuständigen Gericht erneut um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung zu ersuchen.

  3. Kosten und Rechtsmittel

    1. Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.

    2. Wird die unentgeltliche Rechtspflege ganz teilweise abgelehnt entzogen, so kann der Gesuchsteller den Entscheid mit Beschwerde gemäss Art. 121 ZPO beim Obergericht anfechten. Dass vorliegend der Obergerichtsprä- sident über das Gesuch befindet, vermag daran nichts zu ändern. Der Obergerichtspräsident fällt in diesem Verfahren einen erstinstanzlichen Entscheid i.S.v. Art. 319 lit. b ZPO und fungiert nicht als obere kantonale Instanz, gegen deren Entscheide lediglich ein Rechtsmittel ans Bundesgericht gegeben wäre.

Es wird erkannt:

  1. Auf das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne von Art. 118 Abs. 1 lit. a und b ZPO für das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt B. betreffend Mündigenunterhalt wird nicht eingetreten.

  2. Das Gesuch um Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsbeiständin im Sinne von Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO für das oberwähnte Schlichtungsverfahren wird abgewiesen.

  3. Dieses obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.

  4. Schriftliche Mitteilung je gegen Empfangsschein an:

    • die Vertreterin des Gesuchstellers

    • das Friedensrichteramt B. , [Adresse]

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).

Zürich, 30. Dezember 2013

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Die Gerichtsschreiberin:

versandt am:

lic. iur. A. Gürber

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