Zusammenfassung des Urteils VO120187: Obergericht des Kantons Zürich
Der Gesuchsteller A. bat das Obergericht des Kantons Zürich um unentgeltliche Rechtspflege für ein Schlichtungsverfahren gegen C. bezüglich der Verlängerung der Unterhaltspflicht. Das Gericht lehnte das Gesuch ab, da A. nicht ausreichend nachwies, mittellos zu sein, und auch keine Angaben zu den finanziellen Verhältnissen seiner Mutter machte. Die Beurteilung der Bedürftigkeit bei Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren erfordert strenge Massstäbe. Das Verfahren zur unentgeltlichen Rechtspflege ist kostenlos, und gegen den Entscheid kann innerhalb von 10 Tagen Beschwerde eingereicht werden.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VO120187 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | Verwaltungskommission |
Datum: | 14.12.2012 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege |
Schlagwörter: | Gesuch; Gesuchs; Rechtspflege; Gesuchsteller; Obergericht; Einkommen; Entscheid; Obergerichtspräsident; Schlichtungsverfahren; Person; Beurteilung; Unterhaltspflicht; Verfahren; Anspruch; Verhältnisse; Mutter; Gericht; Mittellosigkeit; Bedürftigkeit; Einkommens; Mitwirkungspflicht; Rechtsbeistand; Kantons; Bestellung; Rechtsbeistandes; Emmel; Vermögens; Gesuchstellers; Lebenshaltungskosten |
Rechtsnorm: | Art. 113 ZPO ;Art. 117 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 121 ZPO ;Art. 145 ZPO ;Art. 276 ZGB ;Art. 277 ZGB ;Art. 99 ZPO ; |
Referenz BGE: | 120 Ia 179; 127 I 202; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
Präsident
Geschäfts-Nr.: VO120187-O/U
Mitwirkend: der Obergerichtspräsident lic. iur. R. Naef sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu
Urteil vom 14. Dezember 2012
in Sachen
Gesuchsteller
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. X.
betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Erwägungen:
Ausgangslage
Mit Eingabe vom 12. Dezember 2012 liess A. (nachfolgend: Gesuchsteller) beim Obergericht des Kantons Zürich um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für ein Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt B.
ersuchen. Gleichzeitig liess er die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes in der Person von Rechtsanwalt lic. iur. X. beantragen (act. 1). Die Klage richtet sich gegen C. und betrifft die Verlängerung der Unterhaltspflicht gemäss Art. 277 Abs. 2 ZGB (act. 3/2).
Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.
Beurteilung des Gesuchs
Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor der Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtspräsident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident diese bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.
Eine Person hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie einerseits nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit Bedürftigkeit) und andererseits ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 ZPO). Ein Anspruch auf die gerichtliche Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes setzt sodann zusätzlich voraus, dass dies zur Wahrung der Rechte notwendig ist (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO).
Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es der gesuchstellenden Person nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermögen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Zu berücksichtigen ist vorhandenes Vermögen jeglicher Art, soweit es effektiv verfügbar, realisierbar und sein Verbrauch zumutbar ist. Sind ausreichend liquide Mittel wie bspw. Bankkonten Wertpapiere vorhanden, sind diese zur Bezahlung des Prozesses zu verwenden, es sei denn, sie werden mangels ausreichenden Einkommens für den laufenden Lebensunterhalt benötigt (BSK ZPO-Rüegg, Art. 117 N 15). Als Lebensaufwandkosten sind grundsätzlich zu berücksichtigen der Grundbetrag, rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge, Wohnkosten, obligatorische Versicherungen, Transportkosten zum Arbeitsplatz, Steuern sowie Verpflichtungen gegenüber Dritten, wenn sie tatsächlich erfüllt werden (Emmel in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Zürich/Basel/Genf 2010, Art. 117 N 9). Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Emmel, a.a.O., Art. 117 N 4).
Bei der Beurteilung der Bedürftigkeit bei Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sind sehr strenge Massstäbe anzulegen: Einerseits sind die in einem Schlichtungsverfahren entstehenden Kosten - anders als vor einer Gerichtsinstanz - sehr beschränkt und können deshalb bereits bei einem relativ geringen Überschuss des Einkommens und Vermögens über den zivilprozessualen Notbedarf bestritten werden. Andererseits braucht es ganz besondere Umstände, damit die Bestellung eines Rechtsbeistandes im Schlichtungsverfahren gemäss Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO als notwendig erscheint.
Die gesuchstellende Person hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung ihres Gesuchs relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse
umfassend darzulegen - es trifft sie bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Kommt sie dieser Mitwirkungspflicht nicht nur ungenügend nach und kann als Folge davon ihre Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilt werden, ist der Anspruch um unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179).
Dem Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege gehen allfällige gesetzliche Unterhaltspflichten wie bspw. die Unterhaltspflicht der Eltern für ihre Kinder gemäss Art. 276 ff. ZGB vor (vgl. BGE 127 I 202), weshalb vorliegend insbesondere zu prüfen ist, ob der Gesuchsteller nicht auf der Grundlage solcher Verpflichtungen die nötigen finanziellen Mittel erhältlich machen kann. Konkret sind deshalb die finanziellen Verhältnisse der Mutter des Gesuchstellers in die Beurteilung seiner Mittellosigkeit einzubeziehen.
Der Gesuchsteller absolviert zurzeit eine Lehre als und verdient dabei monatlich Fr. 900.- brutto (act. 3/1). Sodann macht er geltend, er sei vermö- genslos (act. 1 S. 2), Belege hierzu fehlen indes. Gleichermassen befinden sich in den Akten keine Belege zu seinen notwendigen Lebenshaltungskosten. Dem Schlichtungsgesuch kann diesbezüglich einzig entnommen werden, dass der Gesuchsteller bei seiner Mutter wohnt und teilweise von ihr verpflegt wird (act. 3/2 S. 3). Wie erwogen ist, es Aufgabe der gesuchstellenden Person, den Nachweis der Mittellosigkeit zu erbringen und damit die Einkommensund Vermögensverhältnisse sowie die notwendigen Lebenshaltungskosten offenzulegen und zu belegen (Entscheid des Bundesgerichts 4A_87/2007 E. 2.1; Emmel, a.a.O., Art. 119 N 6). Diese Mitwirkungspflicht ist umfassend. Aufgrund der Tatsache, dass sich der Gesuchsteller bereits im dritten Lehrjahr befindet (act. 1 S. 2), kann nicht ausgeschlossen werden, dass er gewisse Ersparnisse anhäufen konnte, zumal er Kost - zumindest teilweise - und Logis von der Mutter erhält. Mangels Kenntnis der relevanten finanziellen Verhältnisse ist es dem Obergerichtspräsidenten nicht möglich, die Bedürftigkeit des Gesuchstellers abschliessend zu beurteilen, weshalb das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege bereits aus diesem Grund abzuweisen ist.
Wie dargelegt, sind auch die finanziellen Verhältnisse der Mutter in die Beurteilung des Gesuchs miteinzubeziehen, da die Unterhaltspflicht der Eltern nach der Mündigkeit des Kindes grundsätzlich bis zum Abschluss einer ordentlichen Ausbildung weiterdauert (Art. 277 Abs. 2 ZGB). Die Leistung von Prozesskostenvorschüssen gehört ebenfalls zur Unterhaltspflicht (BSK ZGB I-Breitschmid, Art. 276 N 26) und besteht unabhängig von weiteren Unterhaltsleistungen. Der rechtskundig vertretene Gesuchsteller hat davon abgesehen, sich zum Einkommen, Vermögen und zu den notwendigen Lebenshaltungskosten der Mutter zu äussern und diese zu belegen. Da er damit seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist, ist das Gesuch auch aus diesem Grund abzuweisen.
Kosten und Rechtsmittel
Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.
Wird die unentgeltliche Rechtspflege ganz teilweise abgelehnt entzogen, so kann die gesuchstellende Person den Entscheid mit Beschwerde gemäss Art. 121 ZPO beim Obergericht anfechten. Dass vorliegend der Obergerichtspräsident über das Gesuch befindet, vermag daran nichts zu ändern. Der Obergerichtspräsident fällt in diesem Verfahren einen erstinstanzlichen Entscheid i.S.v. Art. 319 lit. b ZPO und fungiert nicht als obere kantonale Instanz, gegen deren Entscheide lediglich ein Rechtsmittel ans Bundesgericht gegeben wäre.
Die Gegenpartei in der Hauptsache verfügt im vorliegenden Verfahren nicht über Parteistellung. Ihr steht aber gegen den Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtspflege die Beschwerde gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO offen, sofern ihr ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht.
Es wird erkannt:
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen. Ein unentgeltlicher Rechtsbeistand wird nicht bestellt.
Das obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.
Schriftliche Mitteilung, je gegen Empfangsschein, an:
den Rechtsvertreter des Gesuchstellers, zweifach, für sich und den Gesuchsteller,
das Friedensrichteramt B. ,
die Gegenpartei in der Hauptsache, C. , [Adresse].
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).
Zürich, 14. Dezember 2012
OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. A. Leu
versandt am:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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