E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - VO120176)

Zusammenfassung des Urteils VO120176: Obergericht des Kantons Zürich

Der Gesuchsteller A. hat beim Obergericht des Kantons Zürich ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für eine Unterhaltsklage gegen D. eingereicht. Das Gericht prüft die Bedürftigkeit und die Erfolgsaussichten des Gesuchs. Da A. als mittellos eingestuft wird und die Klage nicht als aussichtslos betrachtet wird, wird ihm die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. Die Kosten dafür trägt die Stadt C. Der Richter, lic. iur. R. Naef, entscheidet über den Fall.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VO120176

Kanton:ZH
Fallnummer:VO120176
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VO120176 vom 10.12.2012 (ZH)
Datum:10.12.2012
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Schlagwörter: Gesuch; Gesuchs; Gesuchsteller; Rechtspflege; Unterhalt; Schlichtungsverfahren; Obergericht; Gesuchstellers; Beurteilung; Verfahren; Kindsmutter; Kanton; Friedensrichteramt; Gericht; Einkommen; Kantons; Beiständin; Klage; Person; Anspruch; Mittellosigkeit; Verhältnisse; Unterhaltspflicht; Obergerichts; Schlichtungsverfahrens; Bedürftigkeit; Notbedarf; Prozesskosten; Frist
Rechtsnorm: Art. 104 ZPO ;Art. 113 ZPO ;Art. 117 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 122 ZPO ;Art. 145 ZPO ;Art. 207 ZPO ;Art. 276 ZGB ;Art. 99 ZPO ;
Referenz BGE:110 IA 87; 120 Ia 179; 127 I 202; 69 I 160;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VO120176

Obergericht des Kantons Zürich

Präsident

Geschäfts-Nr.: VO120176-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident lic. iur. R. Naef sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu

Urteil vom 10. Dezember 2012

in Sachen

A. ,

Gesuchsteller

vertreten durch Inhaberin der elterlichen Sorge B.

vertreten durch Beiständin X. substituiert durch lic. iur. Y.

betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

Erwägungen:

  1. Ausgangslage

    1. Mit Eingabe vom 26. November 2012 liess A. (nachfolgend: Gesuchsteller) durch seine Beiständin beim Obergericht des Kantons Zürich ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für eine beim Friedensrichteramt C. eingeleitete Klage auf Unterhalt gegen D. einreichen (act. 1).

    2. Auf Fristansetzung seitens des Gerichts hin (act. 4) liess der Gesuchsteller

      eine Kopie der Klageschrift ans Friedensrichteramt C. vember 2012 nachreichen (act. 5-6/1-2).

      vom 26. No-

    3. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.

  2. Beurteilung des Gesuchs

    1. Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtsprä- sident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident diese bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.

    2. Eine Person hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie einerseits nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit Bedürftigkeit) und andererseits ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 ZPO).

      Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es der gesuchstellenden Person nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermögen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Zu berücksichtigen ist vorhandenes Vermögen jeglicher Art, soweit es effektiv verfügbar, realisierbar und sein Verbrauch zumutbar ist. Als Lebensaufwandkosten sind zu berücksichtigen der Grundbetrag, rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge, Wohnkosten, obligatorische Versicherungen, Transportkosten zum Arbeitsplatz, Steuern sowie Verpflichtungen gegenüber Dritten, wenn sie tatsächlich erfüllt werden (Emmel in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Zürich/Basel/Genf 2010, Art. 117 N 9). Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Emmel, a.a.O., Art. 117 N 4).

    3. Bei der Beurteilung der Bedürftigkeit bei Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sind sehr strenge Massstäbe anzulegen. Die in einem Schlichtungsverfahren entstehenden Kosten sind - anders als vor einer Gerichtsinstanz - sehr beschränkt, weshalb sie bereits bei einem relativ geringen Überschuss des Einkommens und Vermögens über den zivilprozessualen Notbedarf bestritten werden können.

    4. Die gesuchstellende Person hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung ihres Gesuchs relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen - es trifft sie bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Kommt sie dieser Mitwirkungspflicht nicht nur ungenügend nach und kann als Folge davon ihre Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilt werden, ist der Anspruch um unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179).

    5. Dem Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege gehen allfällige gesetzliche Unterhaltspflichten wie bspw. die Unterhaltspflicht der Eltern für ihre Kinder gemäss Art. 276 ff. ZGB vor (vgl. BGE 127 I 202), weshalb vorliegend insbesondere zu prüfen ist, ob der Gesuchsteller nicht auf der Grundlage sol-

      cher Verpflichtungen die nötigen finanziellen Mittel erhältlich machen kann. Konkret sind deshalb die finanziellen Verhältnisse der Mutter des Gesuchstellers in die Beurteilung seiner Mittellosigkeit einzubeziehen.

    6. Der rund 3 ½ Jahr alte Gesuchsteller ist gemäss den glaubhaften Ausfüh- rungen im Gesuch ein einkommensund vermögensloses Kleinkind (act. 1

      S. 2). Die Kindsmutter arbeitet als Reinigungsangestellte im E.

      und

      verdient dabei einschliesslich der Kinderzulagen Fr. 3'990.- netto pro Monat (act. 2/3). Die Vermögenswerte der Kindsmutter beliefen sich gemäss Kontoauszug der F. per 4. Juni 2012 auf Fr. 809.74 (act. 3/2/10). Der Gesuchsteller lässt zwar ausführen, im heutigen Zeitpunkt sei das Guthaben bis auf einen Franken aufgebraucht (act. 1 S. 2), Belege hierzu fehlen indes. Insoweit ist er seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Die notwendigen Lebenshaltungskosten für sich, den minderjährigen Bruder G. (vgl. BSK SchKG I-Vonder Mühll, Art. 93 N 35) und die Mutter lässt der Gesuchsteller sodann wie folgt beziffern und belegen: Mietkosten Wohnung Fr. 1'032.- pro Monat (act. 2/4), Krankenkassenprämien KVG G. Fr. 75.95 pro Monat (act. 3/2/7), Krankenkassenprämien KVG Kindsmutter Fr. 299.30 pro Monat (Fr. 257.60 + Fr. 41.70 Franchise, act. 3/2/8), Krankenkassenprämien KVG A.

      Fr. 75.95 pro Monat (Annahme, da nicht

      ausgewiesen), öffentlicher Verkehr Fr. 84.- pro Monat sowie Fremdbetreuungskosten Fr. 631.20 pro Monat (act. 3/2/9). Unter Berücksichtigung des Grundbetrags für die Kindsmutter, das minderjährige Kind G. und den Gesuchsteller kann die Kindsmutter bei diesen finanziellen Verhältnissen (Einkommen Fr. 3'990.-, Vermögen Fr. 809.74, Notbedarf Fr. 4'348.40) nicht angehalten werden, gestützt auf die familienrechtliche Unterhaltspflicht einen Prozesskostenvorschuss zu leisten. Das Erfordernis der Mittellosigkeit des Gesuchstellers ist damit gegeben.

    7. Für die Beurteilung der fehlenden Aussichtslosigkeit als zweite Voraussetzung der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist eine gewisse Prozessprognose notwendig, wobei auf den Zeitpunkt der Gesuchseinreichung abzustellen ist. Als aussichtslos sind dabei nach der bundesgerichtlichen

      Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können (vgl. z.B. BGE 69 I 160). Zur Vornahme der Prüfung ist auf die vorhandenen Akten abzustellen (vgl. auch BSK ZPO-Rüegg, Art. 117 N 20).

    8. Die rechtshängig gemachte Unterhaltsklage gegen D. kann aus heutiger Perspektive nicht als aussichtslos bezeichnet werden, da er den Gesuchsteller am 24. Juli 2009 beim Zivilstandsamt H. als sein Kind anerkannt hat (act. 3/2/5). Folglich kann dem Antrag des Gesuchstellers entsprochen werden und ist ihm für das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt C.

      betreffend oberwähnte Unterhaltsklage die unentgeltliche Rechtspflege zu erteilen.

    9. Einen Antrag um Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsbeiständin in der Person von lic. iur. Y. lässt der Gesuchsteller nicht stellen. Einem solchen Antrag wäre auch nicht stattzugeben, da gemäss ständiger kantonaler und bundesgerichtlicher Rechtsprechung die Bestellung einer solchen nicht notwendig erscheint, wenn die bedürftige Partei über einen Beistand verfügt, welcher in der Lage ist, die Interessen des Vertretenen zu wahren (ZR 83 [1984] S. 271; BGE 110 IA 87). Dies ist vorliegend der Fall. Die Vormundschaftsbehörde C. hat X. mit Beschluss vom 25. Oktober 2012 ausdrücklich zur Beiständin des Gesuchstellers u.a. mit dem Auftrag ernannt, für eine angemessene Regelung der Unterhaltspflicht zu sorgen. Dazu wurde ihr eine Prozessvollmacht mit Substitutionsrecht erteilt (act. 2/1). Am 1. November 2012 hat X. lic. iur. Y. mit der Vertretung der Interessen des Gesuchstellers substituiert (act. 2/2). Damit ist die rechtskundige Vertretung des Gesuchstellers gewährleistet.

  3. Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege

    Gemäss den einschlägigen Bestimmungen der ZPO werden die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege vom Kanton getragen bzw. wird der unentgeltliche Rechtsbeistand vom Kanton entschädigt (Art. 113 Abs. 1 und

    Art. 122 ZPO). Der ständigen Praxis des Obergerichts des Kantons Zürich zur Schweizerischen Zivilprozessordnung folgend sowie entsprechend der bisherigen zürcherischen Praxis sind die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege für das Verfahren vor der Schlichtungsbehörde von der zuständigen Gemeinde zu tragen, vorliegend somit von der Stadt C. . Zu beachten ist indes, dass die Kosten des Schlichtungsverfahrens gemäss Art. 207 Abs. 2 ZPO bei der Einreichung der Klage zur Hauptsache geschlagen werden und das erkennende Gericht somit in der Folge über diese zusammen mit den übrigen Prozesskosten gemäss Art. 104 ff. ZPO zu entscheiden hat. Die Kostenauflage an die Gemeinde erfolgt deshalb unter diesem Vorbehalt.

  4. Kosten und Rechtsmittel

    1. Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.

    2. Die Gegenpartei in der Hauptsache verfügt im vorliegenden Verfahren nicht über Parteistellung. Ihr steht aber gegen den Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtspflege die Beschwerde gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO offen, sofern ihr ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht.

Es wird erkannt:

  1. Dem Gesuchsteller wird für das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt C. , Verfahren GV.2012.00468, betreffend Unterhaltsklage gegen D. die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. Ein unentgeltlicher Rechtsbeistand wird nicht bestellt.

  2. Die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege des Schlichtungsverfahrens trägt unter Vorbehalt von Art. 207 Abs. 2 ZPO die Stadt C. .

  3. Das obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.

  4. Schriftliche Mitteilung, je gegen Empfangsschein, an:

    • die Beiständin des Gesuchstellers, dreifach, für sich, die Kindsmutter und den Gesuchsteller,

    • an das Friedensrichteramt C. ,

    • an die Gegenpartei in der Hauptsache, D. [Adresse].

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).

Zürich, 10. Dezember 2012

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu

versandt am:

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.