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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:VO120005
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VO120005 vom 27.02.2012 (ZH)
Datum:27.02.2012
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Schlagwörter: Gesuch; Suchsteller; Gesuchsteller; Unentgeltliche; Rechtspflege; Daten; Schlichtungsverfahren; Partei; Auskunft; Obergericht; Gericht; Kanton; Klage; Frist; Verfahren; Obergerichts; Unentgeltlichen; Beurteilung; Auskunftsrechts; Durchsetzung; Friedensrichteramt; Gesuchstellers; Einkommen; Datensammlung; Hauptsache; Sperrkonto; Person
Rechtsnorm: Art. 104 ZPO ; Art. 113 ZPO ; Art. 117 ZPO ; Art. 119 ZPO ; Art. 122 ZPO ; Art. 145 ZPO ; Art. 15 DSG ; Art. 207 ZPO ; Art. 8 DSG ; Art. 99 ZPO ;
Referenz BGE:120 Ia 179; 69 I 160;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

Der Präsident

Geschäfts-Nr.: VO120005-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident, Dr. H.A. Müller, sowie die Gerichtsschreiberin, lic. iur. A. Gürber

Urteil vom 27. Februar 2012

in Sachen

A. ,

Gesuchsteller

betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

Erwägungen:

  1. Ausgangslage

    1. Mit Eingabe vom 27. Dezember 2011 reichte A.

      (nachfolgend Ge-

      suchsteller) beim Friedensrichteramt B.

      das Schlichtungsgesuch ein betref-

      fend eine Klage auf Durchsetzung des Auskunftsrechts nach Art. 8 DSG gegen

      die C.

      AG (nachfolgend: Gegenpartei; Urk. 2/5). Mit Verfügung vom 9. Januar 2012 setzte das Friedensrichteramt B. dem Gesuchsteller Frist an, um einen Kostenvorschuss in der Höhe von Fr. 375.- zu leisten (Urk. 2/1).

    2. In der Folge stellte der Gesuchsteller mit Eingabe vom 10. Januar 2012 beim Präsidenten des Obergerichts des Kantons Zürich den Antrag, es sei ihm für das Schlichtungsverfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes wird ausdrücklich nicht beantragt (Urk. 1).

    3. Mit Verfügung vom 13. Februar 2012 wurde dem Gesuchsteller Frist angesetzt, um sein Gesuch im Sinne der Erwägungen zu vervollständigen (Urk. 3). Mit Eingabe vom 17. Februar 2012 reichte der Gesuchsteller die verlangten Unterlagen zu den Akten (Urk. 4 und Urk. 5).

    4. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.

  2. Beurteilung des Gesuchs

    1. Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtspräsident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident die unentgeltliche Rechtspflege bei Vor-

      liegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.

    2. Bei der Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sind sehr strenge Massstäbe anzulegen. Einerseits sind die in einem Schlichtungsverfahren entstehenden Kosten - anders als vor einer Gerichtsinstanz - sehr beschränkt und können deshalb bereits bei einem relativ geringen Überschuss des Einkommens über den zivilprozessualen Notbedarf bestritten werden. Anderseits braucht es ganz besondere Umstände, damit die Bestellung eines Rechtsbeistandes im Schlichtungsverfahren gemäss Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO als notwendig erscheint.

    3. Gemäss Art. 117 ZPO hat eine Person Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie einerseits nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit oder Bedürftigkeit) und andererseits ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt, bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es dem Gesuchsteller nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen.

    4. Ein Gesuchsteller hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung seines Gesuchs relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen - es trifft ihn bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Kommt ein Gesuchsteller dieser Mitwirkungspflicht nicht oder nur ungenügend nach und kann als Folge davon seine Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilt werden, ist der Anspruch um unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179).

    5. Der Gesuchsteller führte zu seinen finanziellen Verhältnissen aus, er sei zurzeit in Haft und verfüge weder über Einkommen noch Vermögen (Urk. 1). Aus den eingereichten Unterlagen ergibt sich, dass der Gesuchsteller in der Steuerperiode 2010 und voraussichtlich auch in der Steuerperiode 2011 weder Einkommen noch Vermögen versteuern musste bzw. muss (Urk. 2/6 S. 5 und 6). Sein Konto

      bei der D.

      AG wies am 31. Oktober 2011 einen negativen Saldo von

      Fr. 58.65 auf (Urk. 2/6 S. 7). Gemäss Beschluss vom 12. April 2011 wird der Gesuchsteller von der Sozialhilfebehörde der Stadt E. unterstützt, indem diese Kosten für die Einlagerung seines Hausrates sowie die Prämien für die obligatorische Grundversicherung für die Dauer der Untersuchungshaft übernimmt (Urk. 2/6 S. 1 ff.). Im Weiteren verfügt der Gesuchstellers über zwei Konten bei der Justizvollzugsanstalt .... Das Freikonto mit der Nr. wies am 5. Januar 2012 einen negativen Saldo von Fr. 93.05 auf (Urk. 2/7 S. 1), das Sperrkonto mit der Nr. einen Saldo von Fr. 1'499.80 (Urk. 2/7 S. 2). Das Sperrkonto dient dazu, erste Rücklagen für die Zeit nach der Entlassung zu bilden (vgl. § 28 Abs. 1 der Hausordnung der Strafanstalt ..., abrufbar unter www ..ch). Gemäss Ziff. 4.2. der Richtlinien der Ostschweizer Strafvollzugskommission über das Arbeitsentgelt in Strafvollzugsanstalten vom 7. April 2006 (abrufbar unter www.justizvollzug.zh.ch) könnte der Gesuchsteller während des Strafvollzuges nur dann Geld vom Sperrkonto beziehen, wenn auf diesem ein Mindestbetrag von Fr. 3'100.- verbleibt und wenn die Anstaltsleitung den Bezug bewilligt. Der Gesuchsteller kann somit zurzeit nicht auf die Fr. 1'499.80 auf dem Sperrkonto zugreifen. Die Mittellosigkeit des Gesuchstellers ist damit hinreichend dokumentiert bzw. glaubhaft gemacht.

    6. Für die Beurteilung der fehlenden Aussichtslosigkeit als zweite Voraussetzung der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist eine gewisse Prozessprognose vonnöten, wobei auf den Zeitpunkt der Gesuchseinreichung abzustellen ist. Als aussichtslos sind dabei nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können (vgl. z.B. BGE 69 I 160).

    7. In der Hauptsache klagt der Gesuchsteller gegen die Gegenpartei - ein Inkassobüro - auf Durchsetzung des Auskunftsrechts gemäss Art. 8 DSG (vgl. Urk. 2/5). Er führt dazu aus, er habe bei der Gegenpartei ein Auskunftsbegehren nach Art. 8 DSG gestellt. Die Gegenpartei habe ihm in der Folge einen Verlustschein des Betreibungsamtes F. zugestellt. Das Auskunftsbegehren an sich sei jedoch innert der von ihm angesetzten Frist von 30 Tagen nicht beantwortet

      worden. Insbesondere habe man ihm nicht Einsicht gewährt in die Daten der auftraggebenden Kunden und in die personenbezogenen Daten wie Adressen, Rufnummern etc. (Urk. 2/5).

    8. Nach Art. 8 Abs. 1 DSG kann jede Person vom Inhaber einer Datensammlung Auskunft darüber verlangen, ob Daten über sie bearbeitet werden. Gemäss Abs. 2 dieser Bestimmung muss der Inhaber der Datensammlung der betroffenen Person alle über sie in der Datensammlung vorhandenen Daten einschliesslich der verfügbaren Angaben über die Herkunft der Daten (lit. a) sowie den Zweck und gegebenenfalls die Rechtsgrundlagen des Bearbeitens sowie die Kategorien der bearbeiteten Personendaten, der an der Sammlung Beteiligten und der Datenempfänger (lit. b) mitteilen. Diesen Anforderungen genügt das Schreiben der Gegenpartei vom 28. November 2011 nicht, geht daraus doch insbesondere nicht hervor, zu welchem Zweck diese Daten bearbeitet werden und ob noch weitere Daten des Gesuchstellers in der Datensammlung vorhanden sind (vgl. Urk. 5/1

      S. 1). Über Klagen zur Durchsetzung des Auskunftsrechts entscheidet das Gericht im vereinfachten Verfahren (Art. 15 Abs. 4 DSG). Gemäss der Homepage des eidgenössischen Datenschutzbeauftragten kommen Inkassobüros als Inhaber einer Datensammlung im Sinne von Art. 8 Abs. 1 DSG in Frage (vgl. http://www.edoeb.admin.ch/faq/00786/00921/00923/index.html?lang=de, zuletzt besucht am 24. Februar 2012). Vor diesem Hintergrund kann die Klage des Gesuchstellers auf Durchsetzung des Auskunftsrechts nach Art. 8 DSG nicht als aussichtslos bezeichnet werden.

    9. Dem Antrag des Gesuchstellers kann somit entsprochen und ihm für das

      Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt B.

      betreffend Klage auf

      Durchsetzung des Auskunftsrechts nach Art. 8 DSG die unentgeltliche Rechtspflege erteilt werden.

  3. Kosten der unentgeltliche n Rechtspflege

    Gemäss den einschlägigen Bestimmungen der ZPO werden die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege vom Kanton getragen bzw. wird der unentgeltliche Rechtsbeistand vom Kanton entschädigt (Art. 113 Abs. 1 und Art. 122 ZPO).

    Der ständigen Praxis des Obergerichts des Kantons Zürich zur Schweizerischen Zivilprozessordnung folgend sowie entsprechend der bisherigen zürcherischen Praxis sind die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege für das Verfahren vor der Schlichtungsbehörde von der zuständigen Gemeinde zu tragen, vorliegend somit von der Gemeinde G. . Zu beachten ist indes, dass die Kosten des Schlichtungsverfahrens gemäss Art. 207 Abs. 2 ZPO bei der Einreichung der Klage zur Hauptsache geschlagen werden und das erkennende Gericht somit in der Folge über diese zusammen mit den übrigen Prozesskosten gemäss Art. 104 ff. ZPO zu entscheiden hat. Die Kostenauflage an die Gemeinde G. erfolgt deshalb unter diesem Vorbehalt.

  4. Kosten und Rechtsmittel

    1. Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.

    2. Die Gegenpartei in der Hauptsache verfügt im vorliegenden Verfahren nicht über Parteistellung. Ihr steht aber gegen den Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtspflege die Beschwerde gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO offen, sofern ihr ein nicht leicht wiedergutzumachender Nachteil droht.

Es wird erkannt:

  1. Dem Gesuchsteller wird für das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt B. die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.

  2. Die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege des Schlichtungsverfahrens trägt unter Vorbehalt von Art. 207 Abs. 2 ZPO die Gemeinde G. .

  3. Schriftliche Mitteilung an

    • den Gesuchsteller

    • das Friedensrichteramt B.

    • die Gegenpartei in der Hauptsache, C. AG je gegen Empfangsschein.

  4. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).

Zürich, 27. Februar 2012

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Gürber

versandt am:

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