Zusammenfassung des Urteils VO110154: Obergericht des Kantons Zürich
Ein Mann namens A. hat beim Präsidenten des Obergerichts des Kantons Zürich ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege eingereicht, um in einem Schlichtungsverfahren gegen seinen Vater in einer Unterhaltsklage vertreten zu werden. Das Gericht lehnte das Gesuch ab, da A. über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, um die Kosten selbst zu tragen. A. gab an, monatlich ein Einkommen von Fr. 3'761.- zu haben, während seine notwendigen Lebenshaltungskosten bei Fr. 2'869.- lagen. Das Gericht entschied, dass A. die Kosten selbst tragen kann und wies das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | VO110154 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | Verwaltungskommission |
Datum: | 28.12.2011 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege |
Schlagwörter: | Gesuch; Recht; Rechtspflege; Gesuchs; Obergericht; Gesuchsteller; Einkommen; Obergerichts; Schlichtungsverfahren; Entscheid; Obergerichtspräsident; Beurteilung; Gericht; Verfahren; Person; Anspruch; Bedürftigkeit; Notbedarf; Kantons; Verhältnisse; Kinderrente; Präsident; Gerichtsschreiberin; Leu-Zweifel; Gewährung; Friedensrichteramt; Parteientschädigung; Gesuchen; Instanz; Schlichtungsverfahrens |
Rechtsnorm: | Art. 113 ZPO ;Art. 117 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 121 ZPO ;Art. 145 ZPO ;Art. 99 ZPO ; |
Referenz BGE: | 120 Ia 179; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
Präsident
Geschäfts-Nr.: VO110154-O/U
Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident Dr. H.A. Müller sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu-Zweifel
Urteil vom 28. Dezember 2011
in Sachen
Gesuchsteller
betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Erwägungen:
Ausgangslage
Mit Eingabe vom 11. Dezember 2011 reichte A.
(nachfolgend: Gesuchsteller) beim Präsidenten des Obergerichts des Kantons Zürich ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ein für ein vor dem
Friedensrichteramt B.
anhängig gemachtes Schlichtungsverfahren betreffend Unterhaltsklage gegen seinen Vater. Die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes beantragte er explizit nicht (act. 1 S. 4).
Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.
Beurteilung des Gesuchs
Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtsprä- sident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident diese bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.
Eine Person hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie einerseits nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit Bedürftigkeit) und andererseits ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 ZPO).
Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es der gesuchstellenden Person nicht erlauben
würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermögen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Zu berücksichtigen ist vorhandenes Vermögen jeglicher Art, soweit es effektiv verfügbar, realisierbar und sein Verbrauch zumutbar ist. Als Lebensaufwandkosten sind zu berücksichtigen der Grundbetrag, rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge, Wohnkosten, obligatorische Versicherungen, Transportkosten zum Arbeitsplatz, Steuern sowie Verpflichtungen gegenüber Dritten, wenn sie tatsächlich erfüllt werden (Emmel in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Zürich/Basel/Genf 2010, Art. 117 N 9). Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Emmel, a.a.O., Art. 117 N 4).
Bei der Beurteilung der Bedürftigkeit bei Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sind sehr strenge Massstäbe anzulegen. Die in einem Schlichtungsverfahren entstehenden Kosten sind - anders als vor einer Gerichtsinstanz - sehr beschränkt und können deshalb bereits bei einem relativ geringen Überschuss des Einkommens und Vermö- gens über den zivilprozessualen Notbedarf bestritten werden.
Die gesuchstellende Person hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung ihres Gesuchs relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen - es trifft sie bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Kommt sie dieser Mitwirkungspflicht nicht nur ungenügend nach und kann als Folge davon ihre Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilt werden, ist der Anspruch um unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179).
Der Gesuchsteller macht geltend, aus Erwerbstätigkeit stehe ihm ein monatliches Einkommen von netto Fr. 984.- zuzüglich Fr. 82.- für den 13. Monatslohn zu. Weiter erhalte er Fr. 250.- als Kinderzulage, Fr. 928.- als IVKinderrente sowie Fr. 1'517.- als Ergänzungsleistungen (act. 1 S. 2). Das Erwerbseinkommen, die Ergänzungsleistungen sowie die Kinderrente belegt er mit Dokumenten (act. 2/2, act. 2/5, act. 2/4: Kinderrente für das Jahr 2010
von monatlich Fr. 912.-). Insgesamt steht dem Gesuchsteller somit ein Einkommen von Fr. 3'761.- zur Verfügung. Vermögen besitzt er eigenen Angaben zufolge keines (act. 1 S. 3). Seine notwendigen Lebenshaltungskosten beziffert der Gesuchsteller sodann mit Fr. 1'796.- (act. 1 S. 2). Gemäss den ins Recht gereichten Belegen belaufen sich der Mietzins auf Fr. 1'100.- (act. 2/7), die obligatorischen Krankenkassenbeiträge (KVG) auf Fr. 262.15 (act. 2/6) sowie die Prämien für die Haftpflichtund Hausratversicherung auf Fr. 23.- (act. 2/3). Unter Berücksichtigung des Grundbetrags von Fr. 1'100.-, der nicht belegten Kosten für den öffentlichen Verkehr von Fr. 166.- sowie der ebenfalls nicht belegten, aber angemessen erscheinenden laufenden Steuerschulden von Fr. 218.- ergibt dies einen Notbedarf von rund Fr. 2'869.-. Bei diesen finanziellen Verhältnissen (Einkommen Fr. 3'761.-, Notbedarf Fr. 2'869.-) ist es dem Gesuchsteller zumutbar, die Kosten des Schlichtungsverfahrens selbst zu begleichen, zumal diese in aller Regel von geringer Höhe sind und wenige hundert Franken betragen. Damit besteht vorliegend keine Bedürftigkeit des Gesuchstellers und ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen. Auf eine Prüfung der weiteren Anspruchsvoraussetzung der fehlenden Aussichtslosigkeit des Begehrens in der Hauptsache kann unter diesen Umständen verzichtet werden.
Kosten und Rechtsmittel
Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.
Wird die unentgeltliche Rechtspflege ganz teilweise abgelehnt entzogen, so kann die gesuchstellende Person den Entscheid mit Beschwerde gemäss Art. 121 ZPO beim Obergericht anfechten. Dass vorliegend der Obergerichtspräsident über das Gesuch befindet, vermag daran nichts zu ändern. Der Obergerichtspräsident fällt in diesem Verfahren einen erstinstanzlichen Entscheid i.S.v. Art. 319 lit. b ZPO und fungiert nicht als obere kantonale Instanz, gegen deren Entscheide lediglich ein Rechtsmittel ans Bundesgericht gegeben wäre.
Es wird erkannt:
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen. Ein unentgeltlicher Rechtsbeistand wird nicht bestellt.
Das obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.
Schriftliche Mitteilung an:
den Gesuchsteller (gegen Empfangsschein)
das Friedensrichteramt B. (gegen Empfangsschein)
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).
Zürich, 28. Dezember 2011
OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH
Die Gerichtsschreiberin:
lic. iur. A. Leu-Zweifel
versandt am:
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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