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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - VO110152)

Zusammenfassung des Urteils VO110152: Obergericht des Kantons Zürich

Der Gesuchsteller A. reichte am 9. Dezember 2011 ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege beim Obergericht des Kantons Zürich ein, da er Klage auf Unterhalt gegen seinen Vater F. einreichen wollte. Das Obergerichtspräsident bewilligte die unentgeltliche Rechtspflege, da A. als mittellos galt und seine Unterhaltsklage nicht aussichtslos erschien. Die Kosten für die unentgeltliche Rechtspflege trägt die Stadt G. Das Verfahren ist kostenlos, und eine Beschwerde gegen den Entscheid kann innerhalb von 10 Tagen beim Obergericht des Kantons Zürich eingereicht werden.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VO110152

Kanton:ZH
Fallnummer:VO110152
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VO110152 vom 23.12.2011 (ZH)
Datum:23.12.2011
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Schlagwörter: Gesuch; Gesuchs; Gesuchsteller; Rechtspflege; Gesuchstellers; Unterhalt; Schlichtungsverfahren; Obergericht; Kanton; Obergerichts; Beurteilung; Gericht; Verfahren; Kantons; Beiständin; Friedensrichteramt; Mittellosigkeit; Einkommen; Stadt; Rechtsbeistand; Obergerichtspräsident; Klage; Vater; Schlichtungsverfahrens; Anspruch; Notbedarf; Prozesskosten; Unterhaltspflicht; Unterhaltsklage
Rechtsnorm: Art. 104 ZPO ;Art. 113 ZPO ;Art. 117 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 122 ZPO ;Art. 145 ZPO ;Art. 207 ZPO ;Art. 276 ZGB ;Art. 99 ZPO ;
Referenz BGE:110 IA 87; 127 I 202; 69 I 160;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VO110152

Obergericht des Kantons Zürich

Der Präsident

Geschäfts-Nr.: VO110152-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident, Dr. H.A. Müller, sowie die Gerichtsschreiberin, lic. iur. A. Gürber

Urteil vom 23. Dezember 2011

in Sachen

A. ,

Gesuchsteller

vertreten durch Inhaberin der elterlichen Sorge B. , vertreten durch Beiständin C. ,

substituiert durch lic.iur. D.

betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

Erwägungen:

  1. Ausgangslage

    1. Mit Eingabe vom 9. Dezember 2011 liess A.

      (nachfolgend: Gesuchsteller) durch seine Beiständin C. , substituiert durch lic. iur. D. , beim Friedensrichteramt E. ein Schlichtungsgesuch betreffend Klage auf Unterhalt gegen seinen Vater F. einreichen (Urk. 3/1).

    2. Ebenfalls am 9. Dezember 2011 liess der Gesuchsteller sodann beim Präsidenten des Obergerichts des Kantons Zürich ein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung einreichen (Urk. 1).

    3. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.

  2. Beurteilung des Gesuchs

    1. Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtspräsident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident diese bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.

    2. Eine Person hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie einerseits nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit Bedürftigkeit) und andererseits ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 ZPO). Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Über-

      schuss resultiert, welcher es dem Gesuchsteller nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen.

    3. Bei der Beurteilung der Bedürftigkeit bei Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sind sehr strenge Massstäbe anzulegen: Die in einem Schlichtungsverfahren entstehenden Kosten sind - anders als vor einer Gerichtsinstanz - sehr beschränkt und können deshalb bereits bei einem relativ geringen Überschuss des Einkommens über den zivilprozessualen Notbedarf bestritten werden.

    4. Dem Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege gehen allfällige gesetzliche Unterhaltspflichten wie bspw. die Unterhaltspflicht der Eltern für ihre Kinder gemäss Art. 276 ff. ZGB vor (vgl. BGE 127 I 202), weshalb vorliegend insbesondere zu prüfen ist, ob der Gesuchsteller nicht auf der Grundlage solcher Verpflichtungen die nötigen finanziellen Mittel erhältlich machen kann. Konkret sind deshalb die finanziellen Verhältnisse der Mutter des Gesuchstellers in die Beurteilung seiner Mittellosigkeit einzubeziehen.

    5. Der etwas mehr als ein Jahr alte Gesuchsteller verfügt gemäss den glaubhaften Ausführungen im Gesuch weder über ein Einkommen noch über Vermö- gen (Urk. 1 S. 1). Die Kindsmutter B. ist gelernte Coiffeuse und arbeitete bis zur Geburt des Gesuchstellers als Modeverkäuferin. Diese Stelle kündigte sie, da sie für den im Verkauf wichtigen Arbeitstag Samstag keine Betreuung für den Gesuchsteller finden konnte (Urk. 1 S. 1). Sie erhält ALV-Taggelder in der Höhe von monatlich Fr. 2'455.65 (Urk. 3/9) und wird von der Sozialhilfe unterstützt (Urk. 3/3). Vermögen hat sie keines (Urk. 1 S. 2). Da davon auszugehen ist, dass die der Mutter des Gesuchstellers gewährte Sozialhilfe und die ALV-Taggelder den vom Gesuchsteller aufgestellten und belegten Notbedarf von Fr. 3'322.15.- (Urk. 1 S. 2; Urk. 3/4-7) nicht übersteigen, kann die Kindsmutter nicht angehalten werden, aufgrund allfälliger familienrechtlicher Unterhaltspflichten einen Prozesskostenvorschuss zu leisten. Das Erfordernis der Mittellosigkeit des Gesuchstellers ist damit gegeben.

    6. Für die Beurteilung der fehlenden Aussichtslosigkeit als zweite Voraussetzung der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist eine gewisse Prozessprognose notwendig, wobei auf den Zeitpunkt der Gesuchseinreichung abzustellen ist. Als aussichtslos sind dabei nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können (vgl. z.B. BGE 69 I 160).

    7. Die rechtshängig gemachte Unterhaltsklage gegen den Vater des Gesuchstellers kann aus heutiger Perspektive nicht als aussichtslos bezeichnet werden.

      F.

      hat den Gesuchsteller am 28. März 2011 als seinen Sohn anerkannt

      (Urk. 3/10) und erzielt gemäss den Ausführungen im Schlichtungsgesuch ein monatliches Einkommen von netto Fr. 5'800.- (Urk. 3/1 S. 3).

    8. Folglich kann dem Antrag des Gesuchstellers entsprochen werden und es ist ihm für das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt E. betreffend oberwähnte Unterhaltsklage die unentgeltliche Rechtspflege zu erteilen.

    9. Einen Antrag auf Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes stellt der Gesuchsteller nicht ausdrücklich. Einem solchen wäre auch nicht stattzugeben, da gemäss ständiger kantonaler und bundesgerichtlicher Rechtsprechung die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes nicht notwendig erscheint, wenn die bedürftige Partei über einen Beistand verfügt, welcher in der Lage ist, die Interessen des Vertretenen zu wahren (ZR 83 [1984] S. 271; BGE 110 IA 87). Dies ist vorliegend der Fall. Die Vormundschaftsbehörde der Stadt G. hat C. mit Beschluss vom 6. Dezember 2011 ausdrücklich zur Beiständin des Gesuchstellers mit dem Auftrag ernannt, diesen bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches gegenüber dem Vater zu vertreten, wozu ihr Prozessvollmacht mit Substitutionsrecht erteilt wurde (Urk. 3/2). C. erteilte lic. iur. D. eine Substitutionsvollmacht (Urk. 4), womit die rechtskundige Vertretung des Gesuchstellers gewährleistet ist.

  3. Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege

    Gemäss den einschlägigen Bestimmungen der ZPO werden die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege vom Kanton getragen bzw. wird der unentgeltliche Rechtsbeistand vom Kanton entschädigt (Art. 113 Abs. 1 und Art. 122 ZPO). Der ständigen Praxis des Obergerichts des Kantons Zürich zur Schweizerischen Zivilprozessordnung folgend sowie entsprechend der bisherigen zürcherischen Praxis sind die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege für das Verfahren vor der Schlichtungsbehörde von der zuständigen Gemeinde zu tragen, vorliegend somit von der Stadt G. . Zu beachten ist indes, dass die Kosten des Schlichtungsverfahrens gemäss Art. 207 Abs. 2 ZPO bei der Einreichung der Klage zur Hauptsache geschlagen werden und das erkennende Gericht somit in der Folge über diese zusammen mit den übrigen Prozesskosten gemäss Art. 104 ff. ZPO zu entscheiden hat. Die Kostenauflage an die Stadt G. erfolgt deshalb unter diesem Vorbehalt.

  4. Kosten und Rechtsmittel

    1. Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.

    2. Die Gegenpartei in der Hauptsache verfügt im vorliegenden Verfahren nicht über Parteistellung. Ihr steht aber gegen den Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtspflege die Beschwerde gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO offen, sofern ihr ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht.

Es wird erkannt:

  1. Dem Gesuchsteller wird für das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt E. betreffend Unterhaltsklage gegen F. die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. Ein unentgeltlicher Rechtsbeistand wird nicht bestellt.

  2. Die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege des Schlichtungsverfahrens trägt unter Vorbehalt von Art. 207 Abs. 2 ZPO die Stadt G. .

  3. Das obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.

  4. Schriftliche Mitteilung an

    • die Beiständin des Gesuchstellers, substituiert durch lic. iur. D.

    • das Friedensrichteramt E.

    • die Gegenpartei in der Hauptsache, Herrn F. je gegen Empfangsschein.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).

Zürich, 23. Dezember 2011

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Gürber

versandt am:

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