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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - VO110143)

Zusammenfassung des Urteils VO110143: Obergericht des Kantons Zürich

Der Gesuchsteller A. hat beim Obergericht des Kantons Zürich ein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung eingereicht, da er Klage auf Unterhalt gegen E. einreichen wollte. Das Gericht prüfte die Mittellosigkeit und die Erfolgsaussichten des Gesuchs. Da A. als mittellos eingestuft wurde und die Unterhaltsklage nicht als aussichtslos galt, wurde ihm die unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren gewährt. Es wurde kein unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt, da A. bereits durch eine Beiständin vertreten wurde. Die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege trägt die Stadt F.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VO110143

Kanton:ZH
Fallnummer:VO110143
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VO110143 vom 28.12.2011 (ZH)
Datum:28.12.2011
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Schlagwörter: Gesuch; Recht; Gesuchs; Gesuchsteller; Rechtspflege; Unterhalt; Gesuchstellers; Schlichtungsverfahren; Obergericht; Beurteilung; Kanton; Gericht; Verfahren; Anspruch; Einkommen; Kantons; Friedensrichteramt; Mittellosigkeit; Verhältnisse; Unterhaltspflicht; Mutter; Stadt; Rechtsbeistand; Obergerichts; Klage; Schlichtungsverfahrens; Bedürftigkeit; Bestellung; Prozesskosten
Rechtsnorm: Art. 104 ZPO ;Art. 113 ZPO ;Art. 117 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 122 ZPO ;Art. 145 ZPO ;Art. 207 ZPO ;Art. 276 ZGB ;Art. 99 ZPO ;
Referenz BGE:110 IA 87; 120 Ia 179; 127 I 202; 69 I 160;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VO110143

Obergericht des Kantons Zürich

Präsident

Geschäfts-Nr.: VO110143-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident Dr. H.A. Müller sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. A. Leu-Zweifel

Urteil vom 28. Dezember 2011

in Sachen

A. ,

Gesuchsteller

vertreten durch Inhaberin der elterlichen Sorge B. , vertreten durch Beiständin C. , substituiert durch Substitut lic. iur. X.

betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

Erwägungen:

  1. Ausgangslage

    1. Mit Eingabe vom 23. November 2011 liess A. (nachfolgend: Gesuchsteller) durch seinen substitutierten Beistand lic. iur. X. beim Friedensrichteramt D.

      ein Schlichtungsgesuch betreffend Klage auf Unterhalt

      gegen E. einreichen (act. 3/3).

    2. Gleichentags liess der Gesuchsteller sodann beim Obergericht des Kantons Zürich ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung stellen (act. 1).

    3. Auf Fristansetzung seitens des Gerichts hin (act. 4) reichte der Gesuchsteller weitere Belege ins Recht (act. 5-6).

    4. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.

  2. Beurteilung des Gesuchs

    1. Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtsprä- sident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident diese bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.

    2. Eine Person hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie einerseits nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit Bedürftigkeit) und andererseits ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 117 ZPO). Ein Anspruch auf die gerichtliche Bestellung eines

      unentgeltlichen Rechtsbeistandes setzt sodann zusätzlich voraus, dass dies zur Wahrung der Rechte notwendig ist (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO).

      Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es dem Gesuchsteller nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermögen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Zu berücksichtigen ist vorhandenes Vermögen jeglicher Art, soweit es effektiv verfügbar, realisierbar und sein Verbrauch zumutbar ist. Als Lebensaufwandkosten sind zu berücksichtigen der Grundbetrag, rechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge, Wohnkosten, obligatorische Versicherungen, Transportkosten zum Arbeitsplatz, Steuern sowie Verpflichtungen gegenüber Dritten, wenn sie tatsächlich erfüllt werden (Emmel in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Zürich/Basel/Genf 2010, Art. 117 N 9). Massgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchstellung (Emmel, a.a.O., Art. 117 N 4).

    3. Bei der Beurteilung der Bedürftigkeit bei Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sind sehr strenge Massstäbe anzulegen. Die in einem Schlichtungsverfahren entstehenden Kosten sind - anders als vor einer Gerichtsinstanz - sehr beschränkt, weshalb sie bereits bei einem relativ geringen Überschuss des Einkommens und Vermögens über den zivilprozessualen Notbedarf bestritten werden können.

    4. Die gesuchstellende Person hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung ihres Gesuchs relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen - es trifft sie bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Kommt sie dieser Mitwirkungspflicht nicht nur ungenügend nach und kann als Folge davon ihre Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilt werden, ist der Anspruch um unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179).

    5. Dem Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege gehen allfällige gesetzliche Unterhaltspflichten wie bspw. die Unterhaltspflicht der Eltern für ihre Kinder gemäss Art. 276 ff. ZGB vor (vgl. BGE 127 I 202), weshalb vorliegend insbesondere zu prüfen ist, ob der Gesuchsteller nicht auf der Grundlage solcher Verpflichtungen die nötigen finanziellen Mittel erhältlich machen kann. Konkret sind deshalb die finanziellen Verhältnisse der Mutter des Gesuchstellers in die Beurteilung seiner Mittellosigkeit einzubeziehen.

    6. Der Gesuchsteller ist den glaubhaften Angaben im Gesuch vom

      23. November 2011 zufolge mittellos und verfügt weder über Einkommen noch über Vermögen (act. 1 S. 2). Seine Mutter wird gemäss dem ins Recht gereichten Budget von der Sozialbehörde der Stadt F. finanziell unterstützt (act. 3/4 und act. 6/2). Die von der Taggeldversicherung G. erhaltenen Taggeldleistungen werden der Sozialbehörde ausbezahlt (act. 5 und act. 6/2). Einer Erwerbstätigkeit geht die Mutter sodann nicht nach (vgl. act. 1 und act. 3/3 S. 3). Vermögen besitzt sie den Angaben des Gesuchstellers zufolge nicht (act. 3/3 S. 4, Beleg act. 6/3). Die notwendigen Lebenshaltungskosten werden in besagtem Budget mit Fr. 10'442.80 beziffert (act. 3/4). Bei diesen gegebenen finanziellen Verhältnissen kann die Mutter des Gesuchstellers nicht angehalten werden, gestützt auf die familienrechtliche Unterhaltspflicht einen Prozesskostenvorschuss zu leisten. Das Erfordernis der Mittellosigkeit des Gesuchstellers ist damit gegeben.

    7. Für die Beurteilung der fehlenden Aussichtslosigkeit als zweite Voraussetzung der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist eine gewisse Prozessprognose notwendig, wobei auf den Zeitpunkt der Gesuchseinreichung abzustellen ist. Als aussichtslos sind dabei nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können (vgl. z.B. BGE 69 I 160). Zur Vornahme der Prüfung ist auf die vorhandenen Akten abzustellen (vgl. auch BSK ZPO-Rüegg, Art. 117 N 20).

    8. Die rechtshängig gemachte Unterhaltsklage gegen E. kann aus heutiger Perspektive nicht als aussichtslos bezeichnet werden, da er den Gesuchsteller am 4. November 2010 in F.

      als sein Kind anerkannt hat

      (act. 6/1). Folglich kann dem Antrag des Gesuchstellers entsprochen werden und ist ihm für das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt

      D.

      betreffend oberwähnte Unterhaltsklage die unentgeltliche Rechtspflege zu erteilen.

    9. Einen Antrag um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes stellt der Gesuchsteller nicht. Einem solchen wäre auch nicht stattzugeben, da gemäss ständiger kantonaler und bundesgerichtlicher Rechtsprechung die Bestellung eines solchen nicht notwendig erscheint, wenn die bedürftige Partei über einen Beistand verfügt, welcher in der Lage ist, die Interessen des Vertretenen zu wahren (ZR 83 [1984] S. 271; BGE 110 IA 87). Dies ist

      vorliegend der Fall. Die Vormundschaftsbehörde der Stadt F.

      hat

      C.

      mit Beschluss vom 25. August 2010 ausdrücklich zur Beiständin

      des Gesuchstellers u.a. mit dem Auftrag ernannt, für eine angemessene Regelung der Unterhaltspflicht zu sorgen, wozu ihr eine Prozessvollmacht mit Substitutionsrecht erteilt wurde (act. 3/1). Am 22. November 2011 hat

      C.

      die Vertretung der Interessen des Gesuchstellers an lic. iur.

      X. substituiert (act. 2). Damit ist die rechtskundige Vertretung des Gesuchstellers gewährt.

  3. Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege

    Gemäss den einschlägigen Bestimmungen der ZPO werden die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege vom Kanton getragen bzw. wird der unentgeltliche Rechtsbeistand vom Kanton entschädigt (Art. 113 Abs. 1 und Art. 122 ZPO). Der ständigen Praxis des Obergerichts des Kantons Zürich zur Schweizerischen Zivilprozessordnung folgend sowie entsprechend der bisherigen zürcherischen Praxis sind die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege für das Verfahren vor der Schlichtungsbehörde von der zuständigen Gemeinde zu tragen, vorliegend somit von der Stadt F. . Zu beachten ist indes, dass die Kosten des Schlichtungsverfahrens gemäss Art. 207

    Abs. 2 ZPO bei der Einreichung der Klage zur Hauptsache geschlagen werden und das erkennende Gericht somit in der Folge über diese zusammen mit den übrigen Prozesskosten gemäss Art. 104 ff. ZPO zu entscheiden hat. Die Kostenauflage an die Gemeinde erfolgt deshalb unter diesem Vorbehalt.

  4. Kosten und Rechtsmittel

    1. Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.

    2. Die Gegenpartei in der Hauptsache verfügt im vorliegenden Verfahren nicht über Parteistellung. Ihr steht aber gegen den Entscheid betreffend unentgeltliche Rechtspflege die Beschwerde gemäss Art. 319 lit. b Ziff. 2 ZPO offen, sofern ihr ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil droht.

Es wird erkannt:

  1. Dem Gesuchsteller wird für das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt D. betreffend Unterhaltsklage gegen E. die unentgeltliche Rechtspflege gewährt. Ein unentgeltlicher Rechtsbeistand wird nicht bestellt.

  2. Die Kosten der unentgeltlichen Rechtspflege des Schlichtungsverfahrens trägt unter Vorbehalt von Art. 207 Abs. 2 ZPO die Stadt F. .

  3. Das obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.

  4. Schriftliche Mitteilung an den Vertreter des Gesuchstellers, an das Friedensrichteramt D. sowie an den Rechtsvertreter der Gegenpartei in der Hauptsache, Herrn lic. iur. H. , je gegen Empfangsschein.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, einge-

reicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).

Zürich, 28. Dezember 2011

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Leu-Zweifel

versandt am:

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