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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH - VO110133)

Zusammenfassung des Urteils VO110133: Obergericht des Kantons Zürich

Die Gesuchstellerin A. hat beim Obergericht des Kantons Zürich um unentgeltliche Rechtspflege für ein Schlichtungsverfahren gegen ihren Enkel C. gebeten. Die Gesuchstellerin hat dargelegt, dass sie über eine AHV-Rente und Zusatzleistungen verfügt, aber auch Schulden hat. Das Obergericht hat entschieden, dass die Gesuchstellerin aufgrund ihres Vermögens die Kosten des Schlichtungsverfahrens tragen kann und daher kein Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege besteht. Der Entscheid wurde am 28. Dezember 2011 getroffen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts VO110133

Kanton:ZH
Fallnummer:VO110133
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:Verwaltungskommission
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid VO110133 vom 28.12.2011 (ZH)
Datum:28.12.2011
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Schlagwörter: Recht; Rechtspflege; Gesuch; Schlichtungsverfahren; Obergericht; Rechtsbeistand; Obergerichts; Bestellung; Rechtsbeistandes; Gesuchs; Gericht; Verfahren; Einkommen; Entscheid; Obergerichtspräsident; Beiständin; Gewährung; Beurteilung; Gesuchsteller; Grundbetrag; Schuld; Kantons; Friedensrichteramt; Schlichtungsverfahrens; Anspruch; Höhe; Auslagen; Alterszentrum; Schulden; Präsident
Rechtsnorm: Art. 113 ZPO ;Art. 117 ZPO ;Art. 119 ZPO ;Art. 121 ZPO ;Art. 145 ZPO ;Art. 99 ZPO ;
Referenz BGE:120 Ia 179; 124 I 1;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts VO110133

Obergericht des Kantons Zürich

Der Präsident

Geschäfts-Nr.: VO110133-O/U

Mitwirkend: Der Obergerichtspräsident, Dr. H.A. Müller, sowie die Gerichtsschreiberin, lic. iur. A. Gürber

Urteil vom 28. Dezember 2011

in Sachen

A. ,

Gesuchstellerin

vertreten durch Beiständin X.

betreffend Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

Erwägungen:

  1. Ausgangslage

    1. A.

      (nachfolgend: Gesuchstellerin) liess am 30. August 2011 (Datum

      Poststempel) durch ihre Beiständin X. beim Friedensrichteramt B. ein Schlichtungsgesuch einreichen betreffend eine Klage gegen ihren Enkel C. auf Zahlung von Fr. 17'422.85 (GV.2011.00056; Urk. 3/9). Die Schlichtungsverhandlung fand am 29. September 2011 statt (Urk. 2 S. 3).

    2. Mit Eingabe vom 9. November 2011 liess die Gesuchstellerin beim Präsidenten des Obergerichts des Kantons Zürich um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes für das Schlichtungsverfahren ersuchen (Urk. 1 und 2).

    3. Im Schlichtungsverfahren werden gemäss Art. 113 Abs. 1 ZPO keine Parteientschädigungen gesprochen, weshalb auch eine Sicherheit für die Parteientschädigung i.S.v. Art. 99 ZPO nicht zur Frage steht. Die Gegenpartei ist daher gemäss Art. 119 Abs. 3 ZPO e contrario nicht zwingend anzuhören.

  2. Beurteilung des Gesuchs

    1. Für die Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege vor Einreichung der Klage bei Gericht ist gemäss § 128 GOG der Obergerichtspräsident im summarischen Verfahren (Art. 119 Abs. 3 ZPO) zuständig. Die unentgeltliche Rechtspflege ist gemäss Art. 119 Abs. 5 ZPO vor jeder Instanz neu zu beantragen, weshalb der Obergerichtspräsident die unentgeltliche Rechtspflege bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nur bis zum Abschluss des Schlichtungsverfahrens bewilligen kann.

    2. Eine Person hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn sie einerseits nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (sog. Mittellosigkeit Bedürftigkeit) und andererseits ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint

      (Art. 117 ZPO). Für die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes ist zusätzlich erforderlich, dass ein solcher zur Wahrung der Rechte notwendig ist (Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO).

    3. Bei der Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sind sehr strenge Massstäbe anzulegen: Einerseits sind die in einem Schlichtungsverfahren entstehenden Kosten - anders als vor einer Gerichtsinstanz - sehr beschränkt und können deshalb bereits bei relativ wenig Vermögen einem geringen Überschuss des Einkommens über den zivilprozessualen Notbedarf bestritten werden. Anderseits braucht es ganz besondere Umstände, damit man sagen kann, die Bestellung eines Rechtsbeistandes sei im Schlichtungsverfahren gemäss Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO notwendig.

    4. Die Mittellosigkeit wird gemeinhin dann bejaht, wenn der Aufwand des notwendigen Lebensunterhalts (sog. zivilprozessualer Notbedarf) das massgebliche Einkommen übersteigt, bzw. aus der Differenz nur ein kleiner Überschuss resultiert, welcher es dem Gesuchsteller nicht erlauben würde, die Prozesskosten innert nützlicher Frist zu bezahlen. Nebst dem Einkommen ist auch das Vermö- gen zur Bestreitung des Prozessaufwands einzusetzen. Zu berücksichtigen ist vorhandenes Vermögen jeglicher Art, soweit es effektiv verfügbar, realisierbar und sein Verbrauch zumutbar ist (Emmel, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], Zürich/Basel/ Genf 2010, Art. 117 N 7).

    5. Ein Gesuchsteller hat gemäss Art. 119 Abs. 2 ZPO die zur Beurteilung seines Gesuchs relevanten Einkommensund Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen - es trifft ihn bei der Abklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine umfassende Mitwirkungspflicht. Kommt ein Gesuchsteller dieser Mitwirkungspflicht nicht nur ungenügend nach und kann als Folge davon seine Bedürftigkeit nicht hinreichend beurteilt werden, ist der Anspruch um unentgeltliche Rechtspflege zu verweigern (BGE 120 Ia 179).

    6. Zu ihren finanziellen Verhältnissen liess die Gesuchstellerin ausführen, sie erhalte eine AHV-Rente von Fr. 2'043.- sowie Zusatzleistungen in der Höhe von

      monatlich Fr. 2'857.- (Urk. 2 S. 5). Die entsprechenden Belege wurden ins Recht gelegt (Urk. 3/2 und Urk. 3/5). Dies ergibt monatliche Einnahmen von insgesamt Fr. 4'900.-.

      Bezüglich ihrer monatlichen Auslagen erklärte die Gesuchstellerin, sie lebe seit Dezember 2002 im Alterszentrum D. in E. (Urk. 2 S. 3). Ihre monatlichen Auslagen würden Fr. 4'447.45 betragen (Urk. 2 S. 5). Sie habe Fr. 8'022.35 Vermögen (Urk. 2 S. 6) und Schulden in der Höhe von Fr. 17'422.85 (Urk. 2 S. 7). Aus den eingereichten Belegen ergibt sich sogar ein monatlicher Bedarf von Fr. 4'518.65 (Fr. 4'163.05 Kosten Alterszentrum, Urk. 3/7; Fr. 340.05 Krankenkasse, Urk. 3/3; Fr. 6.30 Hausrat/Haftpflicht, Urk. 3/4; Fr. 9.25 Steuern, Urk. 3/1), weshalb von letzterem Betrag auszugehen ist. Bei der Ermittlung des notwendigen Lebensunterhaltes ist nicht schematisch auf das betreibungsrechtliche Existenzminimum abzustellen, sondern den individuellen Umständen Rechnung zu tragen (BGE 4P.22/2007 E. 3.2.; BGE 124 I 1 E. 2a). Da in den Kosten für das Alterszentrum Positionen enthalten sind, die üblicherweise im Grundbetrag gemäss Kreisschreiben von Fr. 1'200.- enthalten sind (insbesondere Essenskosten), erscheint es nicht als sachgerecht, der Gesuchstellerin den vollen Grundbetrag von Fr. 1'200.- anzurechnen. Es erscheint vielmehr als angemessen, der Gesuchstellerin einen reduzierten Grundbetrag von Fr. 520.- zuzugestehen. Von diesem Betrag ging auch die Gemeinde F. bei der Berechnung der Zusatzleistungen zur AHV/IV aus (Urk. 3/2). Unter Hinzurechnung dieses Grundbetrages zu den belegten monatlichen Auslagen von Fr. 4'518.65 ergibt dies einen monatlichen Bedarf von Fr. 5'038.65. Damit reichen die Einnahmen der Gesuchstellerin nicht, um den monatlichen Bedarf zu decken.

      Wie bereits ausgeführt ist neben dem Einkommen jedoch auch das Vermögen zur Bestreitung des Prozessaufwandes einzusetzen. Die Gesuchstellerin verfügt gemäss eigenen Angaben über ein Seniorensparkonto mit einem Saldo von Fr. 3'198.65 per 7. Juni 2011 sowie ein Konto bei der G. [Bank] mit einem Saldo von Fr. 4'823.70 per 31. Mai 2011 (Urk. 2 S. 6). Dies ergibt Vermögen in der Höhe von insgesamt Fr. 8'022.35. Obschon davon auszugehen ist, dass die Gesuchstellerin zur Deckung des monatlichen Fehlbetrages von rund Fr. 140.- ihr

      Vermögen heranziehen muss, verbleibt ihr ausreichend Vermögen, um damit die verhältnismässig geringen Kosten des Schlichtungsverfahrens zu bestreiten. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch, dass für das vorliegende Schlichtungsverfahren keine Anwaltskosten angefallen sind. Die Gesuchstellerin beantragte zwar die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes, sie verlangt einen solchen jedoch nur, falls die Gegenpartei mit einem Anwalt zur Verhandlung kommt (Urk. 2 S. 4). Die Schlichtungsverhandlung fand bereits am 29. September 2011 statt und die Gesuchstellerin machte nicht geltend, dass sie die Gegenpartei anlässlich dieser Verhandlung anwaltlich vertreten gewesen seien. Auch in den Akten finden sich dafür keine Hinweise. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Gesuchstellerin einzig die verhältnismässig geringen Kosten des Schlichtungsverfahrens zu tragen hat. Die Bezahlung dieser Kosten aus dem Vermögen ist schliesslich trotz bestehender Schulden von Fr. 17'422.85 zumutbar, handelt es sich bei diesen Schulden doch um den Streitgegenstand des Hauptverfahrens. Es steht im heutigen Zeitpunkt nicht fest, ob und wenn ja in welchem Umfang diese Schuld tatsächlich von der Gesuchstellerin zu bezahlen sein wird.

    7. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes für das Schlichtungsverfahren ist aus diesen Erwägungen abzuweisen. Auf eine Prüfung der fehlenden Aussichtslosigkeit des Begehrens in der Hauptsache kann deshalb verzichtet werden.

    8. In einem allfälligen Verfahren vor dem zuständigen Gericht kann die Gesuchstellerin erneut um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege sowie um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes ersuchen.

  3. Kosten und Rechtsmittel

    1. Gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO ist das Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege kostenlos.

    2. Wird die unentgeltliche Rechtspflege ganz teilweise abgelehnt entzogen, so kann der Gesuchsteller den Entscheid mit Beschwerde gemäss

Art. 121 ZPO beim Obergericht anfechten. Dass vorliegend der Obergerichtsprä- sident über das Gesuch befindet, vermag daran nichts zu ändern. Der Obergerichtspräsident fällt in diesem Verfahren einen erstinstanzlichen Entscheid i.S.v. Art. 319 lit. b ZPO und fungiert nicht als obere kantonale Instanz gegen deren Entscheide lediglich ein Rechtsmittel ans Bundesgericht gegeben wäre.

Es wird erkannt:

  1. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichteramt B. (GV.2011.00056) wird abgewiesen. Ein unentgeltlicher Rechtsbeistand wird nicht bestellt.

  2. Dieses obergerichtliche Verfahren ist kostenlos.

  3. Schriftliche Mitteilung an

    • die Beiständin der Gesuchstellerin, X. , Beiständin soz. Behörde F.

    • das Friedensrichteramt B.

    • die Gegenparteien in der Hauptsache, C. je gegen Empfangsschein.

  4. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid kann innert 10 Tagen von der Zustellung an im Doppel und unter Beilage dieses Entscheids beim Obergericht des Kantons Zürich, Zivilkammern, Postfach 2401, 8021 Zürich, eingereicht werden. In der Beschwerdeschrift sind die Anträge zu stellen und zu begründen. Allfällige Urkunden sind mit zweifachem Verzeichnis beizulegen. Die gesetzlichen Fristenstillstände gelten nicht (Art. 145 Abs. 2 ZPO).

Zürich, 28. Dezember 2011

OBERGERICHT DES KANTONS ZÜRICH

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. A. Gürber

versandt am:

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