Zusammenfassung des Urteils VWBES.2020.469: Verwaltungsgericht
Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die Tafeln des Bauernverbands und der IG BauernUnternehmen keine Abstimmungsplakate sind und daher nicht entfernt werden müssen. Der Verein `Sauberes Wasser für alle` hatte Beschwerde eingereicht, da er die freie Willensbildung und unverfälschte Stimmabgabe durch die Tafeln gefährdet sah. Das Gericht stellte fest, dass die Beschwerde nicht zulässig war, da sie sich auf eidgenössische Abstimmungssachen bezog und die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts nicht gegeben war. Die Kosten des Verfahrens von CHF 300.00 wurden dem Verein auferlegt.
Kanton: | SO |
Fallnummer: | VWBES.2020.469 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Abteilung: | Verwaltungsgericht |
Datum: | 19.05.2021 |
Rechtskraft: |
Leitsatz/Stichwort: | - |
Schlagwörter: | Abstimmung; Abstimmungs; Verwaltungsgericht; Tafeln; Abstimmungsplakate; Verein; Staatskanzlei; Kanton; BauernUnternehmen; Verordnung; Wahlplakate; Plakate; Kantons; Verfügung; Verfahren; Begehren; Wasser; Solothurn; Rechte; «Sauberes; Informationstafeln; Behörde; Bauernverband; Sinne; Behörden; Beurteilung; Regierungsrat; Zuständigkeit |
Rechtsnorm: | Art. 111 BGG ;Art. 77 BPR ; |
Referenz BGE: | 130 I 290; 134 I 172; 135 I 292; 139 II 243; 145 III 436; 145 IV 197; |
Kommentar: | - |
Geschäftsnummer: | VWBES.2020.469 |
Instanz: | Verwaltungsgericht |
Entscheiddatum: | 19.05.2021 |
FindInfo-Nummer: | O_VW.2021.109 |
Titel: | Qualifikation von Plakaten |
Resümee: |
Verwaltungsgericht
Urteil vom 19. Mai 2021 Es wirken mit: Oberrichter Stöckli Oberrichter Müller Gerichtsschreiber Bachmann In Sachen Verein «Sauberes Wasser für alle», vertreten durch Rechtsanwältin und Notarin Gabriela Mathys,
Beschwerdeführerin
gegen
1. Bau- und Justizdepartement,
2. Staatskanzlei des Kantons Solothurn,
Beschwerdegegner
betreffend Qualifikation von Plakaten zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:
I.
1. Mit E-Mail vom 3. Juni 2020 gelangte A.___ an das Bau- und Justizdepartement (BJD) und das Amt für Raumplanung (ARP) des Kantons Solothurn. Sie habe festgestellt, dass im Kanton Solothurn vom Schweizerischen Bauernverband (SBV) und von der IG BauernUnternehmen mehrheitlich ausserhalb der Bauzone Informationstafeln mit Bezug zur Trinkwasserinitiative aufgestellt worden seien. Sie bat um Beantwortung der Frage, ob das Aufstellen solcher Informationstafeln bewilligungsfrei sei bzw. welches die Bewilligungsvoraussetzungen seien.
2. Mit E-Mail vom 5. Juni 2020 gelangte der Verein «Sauberes Wasser für alle», vertreten durch seine Präsidentin A.___, wiederum an das BJD. Er verwies auf die §§ 2 und 6 der Verordnung über Abstimmungs- und Wahlplakate (VAW, BGS 113.114). Bei den Informationstafeln des SBV und der IG BauernUnternehmen handle es sich mutmasslich um Abstimmungsplakate, welche frühestens sechs Wochen vor dem Urnengang aufgestellt werden dürften (§ 6 VAW). Es wurde danach gefragt, ob die Informationstafeln illegal aufgestellt worden seien und ob sie unverzüglich entfernt werden müssten.
3. Mit E-Mail vom 18. Juni 2020 teilte der Amtschef des ARP A.___ bzw. dem Verein «Sauberes Wasser für alle» mit, dass das ARP nach Rücksprache mit der Staatskanzlei zum Schluss gekommen sei, dass es sich bei den erwähnten Informationstafeln des SBV nicht um Wahl- Abstimmungswerbung handle. Weiter sei auch nicht ersichtlich, dass es sich dabei um Werbung Reklame handle. Es handle sich vielmehr um Informationstafeln. Zur Frage der Bewilligungspflicht hielt der Amtschef des ARP fest, dass Informationstafeln, welche länger als drei Monate am selben Ort aufgestellt würden, in jedem Fall baubewilligungspflichtig seien. Zur Durchführung eines ordentlichen Baubewilligungsverfahrens seien die örtlichen Baubehörden der jeweiligen Standortgemeinden zuständig.
4. Mit E-Mails vom 23. und 26. Juni 2020 hielten A.___ und der Amtschef des ARP an ihren Standpunkten fest. In einem Schreiben vom 5. August 2020 an die örtlichen Baubehörden der Einwohnergemeinden, welches in Kopie dem SBV und dem Verein «Sauberes Wasser für alle» zugestellt wurde, informierte der Amtschef des ARP über die kantonale Praxis gemäss E-Mail vom 18. Juni 2020 (E. 3 hiervor).
5. Mit Gesuch vom 18. August 2020 gelangte der Verein «Sauberes Wasser für alle», vertreten durch Rechtsanwältin Gabriela Mathys, an das ARP und stellte die folgenden Begehren:
1. Es sei festzustellen, dass es sich bei den Tafeln des Bauernverbands mit dem Spruch «wir schützen, was wir lieben» um Abstimmungsplakate im Sinne der Verordnung über Abstimmungs- und Wahlplakate (BGS 113.114) handelt. 2. Die kommunalen Behörden seien umgehend anzuweisen, die Abstimmungsplakate gemäss § 7 Verordnung über Abstimmungs- und Wahlplakate (BGS 113.114) umgehend zu entfernen. 3. Eventualiter sei die Beurteilung über die Qualifikation der vom Bauernverband unter dem Motto: «wir schützen, was wir lieben» aufgestellten Tafeln / Plakate in einer anfechtbaren Verfügung zu eröffnen. 4. Es sei festzustellen, dass es sich bei den Tafeln der IG BauernUnternehmen mit dem Spruch «Geschützt» resp. «Ungeschützt» um Abstimmungsplakate im Sinne der Verordnung über Abstimmungs- und Wahlplakate (BGS 113.114) handelt. 5. Die kommunalen Behörden seien umgehend anzuweisen, die Abstimmungsplakate gemäss § 7 Verordnung über Abstimmungs- und Wahlplakate (BGS 113.114) umgehend zu entfernen. 6. Eventualiter sei die Beurteilung über die Qualifikation der von der IG BauernUnternehmung unter dem Motto: «Geschützt» resp. «Ungeschützt» aufgestellten Tafeln / Plakate in einer anfechtbaren Verfügung zu eröffnen. 7. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.
6. Mit einer als «Aufsichtsbeschwerde und Rechtsverweigerungsbeschwerde» bezeichneten Eingabe vom 1. Oktober 2020 gelangte der Verein «Sauberes Wasser für alle», vertreten durch Rechtsanwältin Gabriela Mathys, an den Regierungsrat des Kantons Solothurn und stellte die folgenden Begehren:
1. Es sei festzustellen, dass es sich bei den Tafeln und Plakaten des Bauernverbands mit dem Spruch «wir schützen, was wir lieben» um Abstimmungsplakate im Sinne der Verordnung über Abstimmungs- und Wahlplakate (BGS 113.114) handelt. 2. Es sei festzustellen, dass es sich bei den Tafeln und Plakaten der IG BauernUnternehmen mit dem Spruch «Geschützt» resp. «Ungeschützt» um Abstimmungsplakate im Sinne der Verordnung über Abstimmungs- und Wahlplakate (BGS 113.114) handelt. 3. Das Amt für Raumplanung sei anzuweisen, die Aussage vom 5. August 2020 zu korrigieren und die kommunalen Behörden, den Solothurner Bauernverband, die Staatskanzlei, das Amt für Verkehr und Tiefbau sowie das Amt für Raumplanung, Abteilung Baugesuche, darüber zu informieren, dass die Tafeln und Plakate «wir schützen, was wir lieben» und «Geschützt/Ungeschützt» gemäss § 7 Verordnung über Abstimmungs- und Wahlplakate (BGS 113.114) zu entfernen sind, soweit dies noch nicht erfolgt ist. 4. Es sei eine Medienmitteilung öffentlich zu publizieren, in welcher festgehalten wird, dass es sich bei den Tafeln des Bauernverbands und der IG BauernUnternehmen um Abstimmungsplakate gemäss Verordnung über Abstimmungs- und Wahlplakate handelt und dass diese zu Unrecht bereits vom Februar bis zum Herbst 2020 aufgestellt wurden. 5. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.
7. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2020 überwies das BJD die Angelegenheit dem Verwaltungsgericht zur Beurteilung. Dieses erklärte sich mit Schreiben vom 21. Oktober 2020 für unzuständig und sandte die Unterlagen wieder an das BJD zurück.
8. Am 12. November 2020 erging im Namen der Staatskanzlei und des Bau- und Justizdepartementes eine Verfügung mit folgendem Dispositiv:
1. Das Gesuch wird abgewiesen. 2. Es wird festgestellt, dass es sich bei den Tafeln und Plakaten des Bauernverbands mit dem Spruch «wir schützen, was wir lieben» nicht um Abstimmungsplakate im Sinne der Verordnung über Abstimmungs- und Wahlplakate handelt. 3. Es wird festgestellt, dass es sich bei den Tafeln und Plakaten der IG BauernUnternehmen mit dem Spruch «Geschützt» resp. «Ungeschützt» nicht um Abstimmungsplakate im Sinne der Verordnung über Abstimmungs- und Wahlplakate handelt. 4. Es werden keine Kosten erhoben. 5. Es wird keine Parteientschädigung ausgerichtet.
9. Mit Beschwerde vom 26. November 2020 gelangte der Verein «Sauberes Wasser für alle» (nachfolgend: Beschwerdeführer), vertreten durch Rechtsanwältin Gabriela Mathys, an das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und verlangte die Aufhebung der Verfügung des BJD und der Staatskanzlei vom 12. November 2020. Die Beschwerdebegründung datiert vom 25. Januar 2021. Darin wurde zusätzlich verlangt, es seien die Akten dem Regierungsrat zur Beurteilung der Aufsichtsbeschwerde zu überweisen.
10. Mit Stellungnahme vom 11. Februar 2021 schlossen das BJD und die Staatskanzlei (nachfolgend: Vorinstanzen) auf Abweisung der Beschwerde.
11. Auf die Ausführungen der Parteien wird, soweit für die Entscheidfindung wesentlich, im Rahmen der nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
II. 1.1 Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts zur Beurteilung von Verwaltungsgerichtsbeschwerden richtet sich nach § 49 des Gesetzes über die Gerichtsorganisation (GO, BGS 125.12). Die vorliegende Streitigkeit weist einerseits einen politischen Bezug auf, stellt doch die bevorstehende Abstimmung über die Trinkwasserinitiative den Dreh- und Angelpunkt des Verfahrens dar. Andererseits bildeten auch planungs- und baurechtliche Fragen Gegenstand des Verfahrens vor den Vorinstanzen. Die politischen und baurechtlichen Implikationen lassen sich auch nur schon an den vorinstanzlich verfügenden Behörden ablesen. So ist die Staatskanzlei für die politischen Rechte, das BJD für das Bau- und Planungsrecht zuständig. Aus der Beantwortung der Frage, ob es sich um ein politbezogenes ein baurechtliches Verfahren handelt, ergeben sich Konsequenzen für die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts.
1.2 Nach § 49 Abs. 1 GO beurteilt das Verwaltungsgericht Beschwerden gegen Verfügungen und Entscheide in Verwaltungssachen von Behörden des Kantons und der Gemeinden, gegen die kein anderes ordentliches kantonales Rechtsmittel die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht vorgesehen ist und die nicht von einem anderen oberen Gericht ausgehen. Demgegenüber kann nach § 49 Abs. 3 GO in kantonalen Wahl- und Abstimmungssachen nach Massgabe des Gesetzes über die politischen Rechte (GpR, BGS 113.111) Beschwerde beim Verwaltungsgericht geführt werden. In eidgenössischen Wahl- und Abstimmungssachen richtet sich die Zuständigkeit nach dem Bundesgesetz über die politischen Rechte (BPR, SR 161.1; siehe auch § 156 GpR). Vorliegend ist damit zunächst zu prüfen, ob es sich um eine Verwaltungssache eine – eidgenössischen kantonale – Wahl- und Abstimmungssache handelt.
1.3 Der Beschwerdeführer ersuchte im vorinstanzlichen Verfahren um autoritative Feststellung, dass es sich bei den Tafeln des SBV und der IG BauernUnternehmen zu den Themen «wir schützen, was wir lieben» und «Geschützt/Ungeschützt» um Abstimmungsplakate i.S. der VAW handle. Sodann wurde verlangt, die kommunalen Behörden bzw. die verantwortlichen Privaten seien anzuweisen, die Tafeln zu entfernen. Es wird vorgebracht, dass die Kampagne des SBV und der IG BauernUnternehmen gegen die in der VAW niedergelegten Bestimmungen zur zeitlichen Zulässigkeit von Abstimmungspropaganda verstiessen. Die Tafeln stünden in einem klaren Zusammenhang zur Trinkwasserinitiative und seien deshalb als Abstimmungsplakate zu qualifizieren. Nach § 6 VAW dürfen Abstimmungsplakate frühestens sechs Wochen vor dem Urnengang aufgestellt werden.
1.4 In der Sache geht es darum, dass sich der SBV und die IG BauernUnternehmen in Umgehung der kantonalen Plakatierungsvorschriften einen unfairen Vorteil im Hinblick auf die Meinungsbildung zu den eidgenössischen Abstimmungen über die Trinkwasser- und die Pestizidinitiative verschafft haben sollen. Damit ist eine Verletzung der politischen Rechte angesprochen. Die Garantie der politischen Rechte schützt die freie Willensbildung und die unverfälschte Stimmabgabe (Art. 34 Abs. 2 Bundesverfassung [BV, SR 101]). Der Beschwerdeführer steht als Verein hinter der Trinkwasserinitiative. Er erachtet die freie Willensbildung und die unverfälschte Stimmabgabe diesbezüglich als durch die bereits seit Frühling/Sommer 2019 laufende Kampagne des SBV und der IG BauernUnternehmen gefährdet, da er und andere Befürworter im Gegenzug erst sechs Wochen vor der Abstimmung Plakate aufstellen dürften. Das Anliegen des Beschwerdeführers bezieht sich damit offensichtlich auf eine Verletzung politischer Rechte durch den SBV und die IG BauernUnternehmen. Entsprechend ist die als verletzt gerügte VAW in der Bereinigten Gesetzessammlung (BGS) systematisch auch im Kapitel über die politischen Rechte eingeordnet (BGS 113.114). Die baurechtlichen Implikationen stehen nicht im Vordergrund. Im Übrigen wäre auch nicht ansatzweise erkennbar, inwiefern der Beschwerdeführer – analog einem Anwohner – zur Geltendmachung der Baurechtswidrigkeit der Informationstafeln legitimiert wäre. Im Ergebnis bilden damit Unregelmässigkeiten im Vorfeld einer eidgenössischen Abstimmung den Verfahrensgegenstand. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung können, wenn auch in engen Grenzen, private Informationen im Vorfeld von Sachabstimmungen in unzulässiger Weise die Willensbildung der Stimmberechtigten beeinflussen (vgl. BGE 135 I 292, E. 4). Es handelt sich vorliegend mithin um eine eidgenössische Abstimmungsbeschwerde.
1.5 Der Beschwerdeweg bei Unregelmässigkeiten im Vorfeld eidgenössischer Abstimmungen richtet sich nach Art. 77 BPR. Demnach ist innert drei Tagen seit der Entdeckung des Beschwerdegrundes, spätestens jedoch am dritten Tag nach Veröffentlichung der Ergebnisse im kantonalen Amtsblatt bei der Kantonsregierung eingeschrieben Beschwerde zu erheben. Der Beschwerdeführer gelangte nicht an die Kantonsregierung (vorliegend den Regierungsrat des Kantons Solothurn, vgl. § 156 Abs. 1 GpR), sondern ersuchte beim ARP um den Erlass einer anfechtbaren Verfügung. Weder das ARP noch die später verfügenden Stellen des BJD und der Staatskanzlei waren zur Beurteilung des Begehrens zuständig. Damit entfällt auch die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts.
1.6 An diesem Ergebnis ändert nichts, dass die Vorinstanzen das Begehren materiell behandelt haben. Die Eintretensvoraussetzungen – und mithin die Zuständigkeit – sind vor jeder Instanz von Amtes wegen neu zu prüfen. Die Staatskanzlei und das BJD (bzw. auch das ARP) hätten auf das Begehren zufolge fehlender Zuständigkeit nicht eintreten dürfen. Dies hätte im Übrigen auch dann gegolten, wenn nicht die Verletzung politischer Rechte, sondern die Baurechtswidrigkeit der Plakate/Tafeln im Vordergrund des Verfahrens gestanden wäre. Dem Beschwerdeführer, der weder Anwohner noch Grundeigentümer ist, kam diesbezüglich offensichtlich keine Parteistellung zu (vgl. E. 1.3 hiervor).
1.7 Die angefochtene Verfügung des BJD und der Staatskanzlei leidet unter einem schweren formellen Mangel. Damit stellt sich die Frage nach deren Nichtigkeit. Die Nichtigkeit eines Entscheides ist jederzeit und von sämtlichen rechtsanwendenden Behörden von Amtes wegen zu beachten (statt vieler: BGE 145 IV 197, E. 1.3.2). Da es sich beim Begehren des Beschwerdeführers materiell um eine eidgenössische Abstimmungsbeschwerde handelte, hätten die Vorinstanzen die Angelegenheit zufolge fehlender sachlicher Zuständigkeit nicht inhaltlich behandeln dürfen. Vielmehr hätten sie einen Nichteintretensentscheid erlassen bzw. eine Überweisung an die nach § 156 Abs. 1 GpR zuständige Behörde, den Regierungsrat des Kantons Solothurn, prüfen müssen. Sachliche Unzuständigkeit stellt einen Nichtigkeitsgrund dar, sofern dieser Umstand offensichtlich zumindest leicht erkennbar ist und die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird (BGE 139 II 243, E. 11.2; BGE 145 III 436, E. 4). Vorliegend sind diese Voraussetzungen erfüllt. Dass vom Beschwerdeführer in der Sache eine Verletzung der politischen Rechte gerügt wird, war offensichtlich, auch wenn das Begehren nicht als Abstimmungsbeschwerde bezeichnet war (siehe E. 1.4 hiervor). Den baurechtlichen Aspekt in den Vordergrund stellend, wäre das Ganze als Aufsichtsbeschwerde gegen das ARP wiederum durch den Regierungsrat zu behandeln gewesen. Demnach ist die Nichtigkeit der Verfügung vom 12. November 2020 festzustellen. Die Rechtssicherheit wird durch die Annahme der Nichtigkeit nicht gefährdet.
1.8 Der Vollständigkeit halber ist anzufügen, dass die Legitimation des Beschwerdeführers auch im Bereich der Abstimmungsbeschwerde zu verneinen wäre. Diesbezüglich gelten die Legitimationsregeln der Stimmrechtsbeschwerde vor Bundesgericht (Art. 89 Abs. 3 Bundesgerichtsgesetz [BGG, SR 173.110]) aufgrund der Einheit des Verfahrens (Art. 111 BGG) auch im kantonalen Verfahren. Nach der Rechtsprechung sind ausser den Stimmberechtigten grundsätzlich auch politische Parteien, die im Gebiet des betreffenden Gemeinwesens tätig sind, zur Erhebung der Stimmrechtsbeschwerde befugt. Darüber hinaus sind auch politische Vereinigungen, namentlich ad hoc gebildete, aber mit juristischer Persönlichkeit ausgestattete Initiativ- und Referendumskomitees beschwerdebefugt. Verbände mit anderen Zielsetzungen und anderer Mitgliederstruktur als Parteien sowie andere Gruppierungen, deren Mitglieder nicht ausschliesslich wenigstens in der überwiegenden Mehrheit stimmberechtigte Bürger des betreffenden Gemeinwesens sind, können dagegen nicht als eigentliche politische Vereinigungen betrachtet werden und sind daher zur Stimmrechtsbeschwerde nicht legitimiert (Urteil des Bundesgerichts 1C_103/2011 vom 1. Juli 2011, E. 1.2; BGE 134 I 172 E. 1.3.1, je mit Hinweisen). Der beschwerdeführende Verein ist weder eine politische Partei noch ein mit Rechtspersönlichkeit versehenes Initiativkomitee. Sein Zweck besteht nach Art. 2 der Statuten darin, «den verantwortungsbewussten Umgang mit unserem Lebensmittel Nr. 1 – dem Wasser» zu fördern. Damit verfolgt er rein öffentliche Interessen, eine Vertretung der Stimmberechtigten steht nicht in Frage. Er kann sich damit entgegen der Rechtsprechung (BGE 130 I 290, E. 1.3; Urteil des Bundesgerichts 1C_566/2017, E. 6) nicht darauf berufen, im Sinne der egoistischen Verbandsbeschwerde die Interessen seiner Mitglieder in Stimmrechtssachen zu vertreten. Der Beschwerdeführer würde somit auch die Legitimationserfordernisse einer Abstimmungsbeschwerde nicht erfüllen. Überdies könnte das Begehren des Beschwerdeführers nicht als form- und fristgerechte Abstimmungsbeschwerde qualifiziert werden, wurde doch nicht innert drei Tagen seit der Entdeckung des Beschwerdegrundes (Art. 77 BPR) eingeschrieben beim Regierungsrat des Kantons Solothurn Beschwerde wegen der angeblichen Unregelmässigkeiten erhoben.
2. Nach dem Gesagten sind die Eintretensvoraussetzungen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht erfüllt. Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Die Nichtigkeit der Verfügung des BJD und der Staatskanzlei vom 12. November 2020 ist von Amtes wegen festzustellen. Soweit der Beschwerdeführer erst in der Beschwerdebegründung die Überweisung der Akten an den Regierungsrat zur Beurteilung als Aufsichtsbeschwerde verlangt, ist das Begehren verspätet und damit unzulässig. Der Beschwerdeführer ist darauf hinzuweisen, dass die Erhebung einer Aufsichtsbeschwerde – als formloser Rechtsbehelf – nach wie vor offensteht (vgl. Urteil VWBES.2020.244 vom 7. Dezember 2020, E. 3.1).
3. Bei diesem Ausgang hat der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 300.00 zu bezahlen (§ 77 Verwaltungsrechtspflegegesetz [VRG, BGS 124.11] i.V.m. Art. 106 Abs. 1 Zivilprozessordnung [ZPO, SR 272]). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen.
Demnach wird beschlossen:
1. Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 2. Es wird festgestellt, dass die Verfügung des Bau- und Justizdepartementes und der Staatskanzlei vom 12. November 2020 nichtig ist. 3. Der Verein «Sauberes Wasser für alle» hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 300.00 zu bezahlen.
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.
Im Namen des Verwaltungsgerichts
Die Präsidentin Der Gerichtsschreiber
Scherrer Reber Bachmann
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