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Urteil Verwaltungsgericht (SO)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2016.341
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2016.341 vom 30.11.2016 (SO)
Datum:30.11.2016
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Anordnung von Auflagen
Schlagwörter: Beschwerde; Beschwerdeführer; Auflage; Fahreignung; Auflagen; Verfügung; Medizinischen; Bericht; Verkehrsmedizinischen; Jährlich; Kontrolle; Verwaltungsgericht; Führerausweis; Herz-Kreislauf; Alkoholabstinenz; Vorliegen; Nachfolgend; Alkoholtotalabstinenz; Jährliche; Strassenverkehr; Trete; Solothurn; Beschwerdeführers; Kontrolluntersuchung; Blutdruck; Ergebnis; Erfüll; Entzog; Verkehrssicherheit
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:130 II 25; 131 II 248; 133 II 384;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Urteil vom 30. November 2016

Es wirken mit:

Präsidentin Scherrer Reber

Oberrichter Müller

Oberrichter Stöckli

Gerichtsschreiberin Kofmel

In Sachen

A.___,

Beschwerdeführer

gegen

Bauund Justizdepartement, vertreten durch Motorfahrzeugkontrolle,

Beschwerdegegner

betreffend Anordnung von Auflagen


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

I.

1.1 Das Departement des Innern entzog A.___ (nachfolgend: Beschwerdeführer) mit Verfügung vom 20. Dezember 2007 den Führerausweis wegen Führens eines Personenwagens in angetrunkenem Zustand mit einer qualifizierten Blutalkoholkonzentration für die Dauer von drei Monaten.

1.2 Am 9. Januar 2012 verunfallte der Beschwerdeführer unter Alkoholeinfluss mit seinem Personenwagen. Daraufhin entzog ihm die Motorfahrzeugkontrolle des Kantons Solothurn (nachfolgend: MFK) den Führerausweis zunächst vorsorglich und nach Durchführung einer verkehrsmedizinischen Begutachtung beim Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich (nachfolgend: IRMZ) mit Verfügung vom 28. Juni 2012 auf unbestimmte Zeit. Dem Beschwerdeführer wurde eine Sperrfrist von zwölf Monaten gesetzt. Für eine Neubeurteilung der Fahreignung wurde eine mindestens sechsmonatige Alkoholtotalabstinenz vorausgesetzt.

1.3 Anlässlich einer verkehrsmedizinischen Begutachtung am IRMZ vom 17. Januar 2013 wurde dem Beschwerdeführer die Einhaltung einer einjährigen Alkoholtotalabstinenz bescheinigt und seine Fahreignung befürwortet. Mit Verfügung vom 25. Februar 2013 wurde der Beschwerdeführer wieder zum Strassenverkehr zugelassen, unter der Voraussetzung, dass er während zwei Jahren eine Alkoholabstinenz einhalte und sich alle sechs Monate einer verkehrsmedizinischen Kontrolluntersuchung unterziehe.

1.4 Nachdem die Fahreignung des Beschwerdeführers nach Durchführung der Abstinenzkontrollen vom 18. September 2013 und vom 17. April 2014 unter Auflagen (Einhaltung Alkoholabstinenz, regelmässige ärztliche Kontrolle und allfällige Behandlung des Herz-Kreislaufs/Blutdruckes) befürwortet worden ist, wurde sie aufgrund des Ergebnisses der Kontrolluntersuchung vom 7. Oktober 2014 (Nichteinhaltung der Alkoholabstinenz) verneint. Mit Verfügung vom 25. November 2014 entzog die MFK dem Beschwerdeführer den Führerausweis vorsorglich und mit Verfügung vom 23. Januar 2015 auf unbestimmte Zeit. Für die Aufhebung des Entzugs wurde eine mindestens dreimonatige, strikte Alkoholtotalabstinenz sowie ein positives Ergebnis einer verkehrsmedizinischen Neubeurteilung vorausgesetzt.

1.5 Gestützt auf das Ergebnis der verkehrsmedizinischen Kontrolluntersuchung vom 4. Mai 2015 (Einhaltung der Alkoholabstinenz) wurde dem Beschwerdeführer mit Verfügung vom 5. Juni 2015 der Führerausweis wieder erteilt, mit der Auflage, dass die Alkoholtotalabstinenz weiterzuführen sei und dass er sich während einem Jahr in Abständen von sechs Monaten einer verkehrsmedizinischen Kontrolluntersuchung zu unterziehen habe.

2.1 Aufgrund des Ergebnisses der Abstinenzkontrolle vom 2. Juni 2016 teilte die MFK dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 19. Juli 2016 mit, dass er die angeordneten Auflagen betreffend die Alkoholabstinenz habe erfüllen können. Es sei jedoch vorgesehen, ihm Auflagen im Zusammenhang mit dem Herz-Kreislauf und dem Blutdruck anzuordnen.

2.2 Dazu nahm der Beschwerdeführer am 30. Juli 2016 Stellung. Er führte aus, dass er seit seinem Herzinfarkt im Juni 2013 regelmässig zum Hausarzt und zur jährlichen Kontrolle zum Kardiologen gehe. Er beantragte, die Auflage sei in dem Sinne anzupassen, dass der behandelnde Arzt der MFK zu melden habe, falls dieser seine Fahreignung als nicht mehr gegeben erachte.

2.3 Gestützt auf den Bericht des IRMZ vom 12. Juli 2016 verpflichtete die MFK den Beschwerdeführer mit Verfügung vom 2. September 2016 zur regelmässigen kardiologischen Kontrolle mit jährlicher Berichterstattung.

2.4 Dagegen erhob der Beschwerdeführer am 8. September 2016 Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und erklärte, mit den ihm auferlegten Auflagen nicht einverstanden zu sein.

3. Für die Parteistandpunkte und die Erwägungen der Vorinstanz wird grundsätzlich auf die Akten verwiesen. Soweit erforderlich, ist nachfolgend darauf einzugehen.

II.

1. Die Beschwerde ist fristund formgerecht erhoben worden. Sie ist zulässiges Rechtsmittel und das Verwaltungsgericht zur Beurteilung zuständig (vgl. § 49 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12). Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Entscheid beschwert und damit zur Beschwerde legitimiert. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.1 Der Beschwerdeführer rügt, der Führerausweis sei ihm wegen einer Alkoholproblematik entzogen worden. Die ihm in diesem Zusammenhang auferlegten Auflagen habe er erfüllt. Nun werde ihm die Fahreignung nur mit einer Auflage zugesprochen, welche mit dem Alkoholkonsum nichts zu tun habe. Die Auflage verstosse gegen das Rechtsgleichheitsgebot, bestehe doch grundsätzlich ein von jedem Herzpatienten ausgehendes Risiko.

2.2 Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet die Frage, ob die in der Verfügung vom 2. September 2016 angeordneten Auflagen rechtmässig sind.

3.1 Nach Art. 14 Abs. 1 des Strassenverkehrsgesetzes (SVG, SR 741.01) müssen Motorfahrzeugführer über Fahreignung und Fahrkompetenz verfügen. Die Fahreignung umschreibt die körperlichen und geistigen Voraussetzungen, um ein Fahrzeug im Strassenverkehr sicher lenken zu können. Die Fahreignung muss grundsätzlich dauernd vorliegen (BGE 133 II 384 E. 3.1). Nach Art. 14 Abs. 2 SVG verfügt über Fahreignung, wer das Mindestalter erreicht hat, die erforderliche körperliche und psychische Leistungsfähigkeit zum sicheren Führen von Motorfahrzeugen hat, frei von einer Sucht ist, die das sichere Führen von Motorfahrzeugen beeinträchtigt, und nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr bietet, als Motorfahrzeugführer die Vorschriften zu beachten und auf die Mitmenschen Rücksicht zu nehmen. Nach Art. 7 Abs. 1 der Verkehrszulassungsverordnung (VZV, SR 741.51) müssen die medizinischen Mindestanforderungen nach Anhang 1 der VZV (Nervensystem, Sehschärfe und Gesichtsfeld, Gehör, Brustkorb und Wirbelsäule, Atmungsorgane, Herz und Gefässe, Bauchund Stoffwechselorgane sowie Gliedmassen) erfüllt sein. Insbesondere dürfen keine Missbildungen, welche die Atmung und Beweglichkeit erheblich beeinträchtigen, sowie keine hochgradigen Kreislaufstörungen vorliegen.

3.2 Führerausweise können aus besonderen Gründen mit Auflagen verbunden werden. Dies ist nicht nur bei der Ausweiserteilung, sondern auch in einem späteren Zeitpunkt möglich, um Schwächen hinsichtlich der Fahrtauglichkeit zu kompensieren. Solche Auflagen zur Fahrberechtigung sind somit im Rahmen der Verhältnismässigkeit stets zulässig, wenn sie der Verkehrssicherheit dienen und mit dem Wesen der Fahrerlaubnis im Einklang stehen. Erforderlich ist, dass sich die Fahreignung nur mit dieser Massnahme aufrecht erhalten lässt (BGE 130 II 25 E. 4). Zudem müssen die Auflagen erfüllund kontrollierbar sein (BGE 131 II 248 E. 6.2 mit Hinweisen).

4.1 Das Lenken von Motorfahrzeugen setzt ein uneingeschränktes Funktionieren der normalen Hirnleistung voraus. Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems können die Durchblutung des Gehirns negativ beeinflussen, was sich in Störungen des vollen Wachbewusstseins und der allgemeinen psychischen und physischen Leistungsfähigkeit äussert (Rolf Seeger in: Arbeitsgruppe Verkehrsmedizin der Schweizerischen Gesellschaft für Rechtsmedizin [Hrsg.], Handbuch der verkehrsmedizinischen Begutachtung, Bern 2005, S. 79).

4.2 Der Beschwerdeführer verlangt die Aufhebung der Auflage, die ihn zur regelmässigen kardiologischen Kontrolle mit jährlicher Berichterstattung verpflichtet. Diese wurde erstmals anlässlich der Abstinenzkontrolle vom 18. September 2013 und anlässlich der folgenden Untersuchungen wiederholt empfohlen. Im Bericht vom 20. November 2014 kam der Gutachter zum Schluss, dass aufgrund der eingereichten bzw. ihm vorliegenden fachärztlichen Berichte der Herzpraxis Solothurn, Dr. med. B.___ vom 22. Oktober 2014 sowie von der Sonnenhofklinik, Bern, vom 10. November 2014 (betreffend Herz-MRI-Untersuchung) konkret empfohlen werde, dass der Beschwerdeführer weiterhin in kardiologisch-fachärztlicher Betreuung bzw. Behandlung zu verbleiben, sich strikte an die entsprechenden Anweisungen bzw. Verordnung zu halten und zu gegebener Zeit dann zur verkehrsmedizinischen Neubeurteilung auch einen entsprechenden aktuellen Verlaufsbericht mitzubringen habe.

4.3 Bei den Akten befindet sich ein Bericht von Dr. med. B.___, Facharzt für Herzkrankheiten FMH, Solothurn, vom 21. September 2015. Dem Bericht kann entnommen werden, dass die klinische und ergometrische Verlaufskontrolle beim Beschwerdeführer eine in etwa stationäre kardiale Situation mit insgesamt bescheidenen Kreislaufreserven bei bekannter schwer eingeschränkter linksventrikulärer Pumpfunktion ergeben habe. Immerhin habe die Anstrengungsdyspnoe nicht zugenommen. Eine zwischenzeitliche Angina pectoris werde negiert. In der aktuellen limitierenden Ergometrie bis 121 Watt (Soll 160 Watt) hätten sich keine relevanten Arrhythmien provozieren lassen. Unter der effizienten Betablockierung trete eine mässige, zuletzt jedoch deutliche Anstrengungsdyspnoe auf und der Blutdruck steige nur sehr bescheiden an.

4.4 Beim Beschwerdeführer ist unbestritten eine Erkrankung des Herz-Kreislaufsystems gegeben. Derartige Störungen können die Durchblutung des Gehirns negativ beeinflussen und damit die Fahreignung beeinträchtigen (vgl. Rolf Seeger, a.a.O., S. 79). Vor diesem Hintergrund erscheint es gerechtfertigt, jährliche Untersuchungen anzuordnen, zumal der Beschwerdeführer ja ohnehin jährlich zur Kontrolle geht. Die Auflage steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Verkehrssicherheit. Eine ärztliche Kontrolle des Herz-Kreislaufs und des Blutdruckes ist notwendig, um die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr im Strassenverkehr zu minimieren. Der damit verbundene Eingriff in die Persönlichkeitsrechte erscheint gering und im Interesse der Verkehrssicherheit gerechtfertigt. Die von der MFK verfügte Auflage ist zur Überwachung der Fahreignung des Beschwerdeführers geeignet, beruht auf einer gesetzlichen Grundlage, ist im Interesse der Verkehrssicherheit erforderlich und geht nicht über das Notwendige hinaus; sie ist damit verhältnismässig. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers verletzt sie auch den Gleichheitssatz nicht. Die in der streitigen Verfügung der Vorinstanz vorgesehene Auflage, jährlich über die kardiologische Behandlung Bericht zu erstatten, ist deshalb zu bestätigen.

5. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang hat der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht zu bezahlen, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 800.00 festzusetzen sind. Sie werden mit dem vom Beschwerdeführer geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe verrechnet.

Demnach wird erkannt:

1.    Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.    A.___ hat die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 800.00 zu bezahlen.

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

Im Namen des Verwaltungsgerichts

Die Präsidentin Die Gerichtsschreiberin

Scherrer Reber Kofmel



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