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Urteil Verwaltungsgericht (SO)

Kopfdaten
Kanton:SO
Fallnummer:VWBES.2008.55
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid VWBES.2008.55 vom 20.08.2008 (SO)
Datum:20.08.2008
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Baubewilligung, Dachgestaltung
Schlagwörter: Gemeinde; Altstadt; Schutz; Verordnung; Historische; Recht; Kulturdenkmäler; Kanton; Natur; Heimat; Gemeinden; Heimatschutz; Kommission; Kantonale; Solothurn; Bauten; Baubewilligung; Ortsbilder; Altertümerverordnung; Kulturdenkmäler-Verordnung; Historischen; Schutzvorschriften; Baugesuche; Fachstelle; Gemeindeautonomie; Abbruch; Autonomie; Brandmauern; Besonderen
Rechtsnorm: Art. 50 BV ;
Referenz BGE:129 I 410;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Urteil vom 16. Mai 2008 (1C_346/2007) letztmals zur Gemeindeautonomie Stellung genommen. Art. 50 Abs. 1 BV (Bundesverfassung, SR 101) gewährleiste die Gemeindeautonomie nach Massgabe des kantonalen Rechts. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind Gemeinden in einem Sachbereich autonom, wenn das kantonale Recht diesen nicht abschliessend ordnet, sondern ihn ganz oder teilweise der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt. Der geschützte Autonomiebereich kann insbesondere einen entsprechenden Spielraum bei der Anwendung kantonalen Rechts betreffen (BGE 129 I 410 f.).

Der Naturund Heimatschutz wird auf kantonaler Ebene im Planungsund Baugesetz geregelt. § 119 PBG verlangt, dass der Kanton und die Gemeinden Massnahmen für den Naturund Heimatschutz treffen. Die Einwohnergemeinden sollen gemäss § 36 lit. a PBG namentlich Ortsbilder und historische Stätten als Schutzzonen ausscheiden. § 120 PBG legt fest, dass die Gemeinden im Rahmen der Ortsplanung den Schutz und Unterhalt der Naturund Heimatschutzobjekte in einem Gesamtplan regeln.

Der Regierungsrat regelt gemäss § 126 PBG durch Verordnung namentlich den Naturund Heimatschutz im Allgemeinen, die Rechtswirkungen der kantonalen Schutzgebiete und den Schutz von Altertümern und historischen Kunstdenkmälern. Basierend auf dieser Grundlage hat der Regierungsrat die Verordnung über den Naturund Heimatschutz (BGS 435.141) erlassen. Die Verordnung vollzieht die Vorschriften des Planungsund Baugesetzes über den Naturund Heimatschutz. Gemäss § 3 der Verordnung schützen Kanton und Gemeinden die Ortsbilder. Die regierungsrätliche Verordnung über den Schutz der historischen Kulturdenkmäler bezweckt, historische Kulturdenkmäler zu schützen und zu erhalten. Für den Vollzug sind gemäss dieser Verordnung zuständig:

der Regierungsrat;

das Departement;

die Denkmalpflege-Kommission und die Archäologie-Kommission;

die kantonalen Fachstellen: Kantonale Denkmalpflege und Kantonsarchäologie;

der Gemeinderat und allfällige besondere Fachkommissionen der Gemeinden gemäss § 17 Absatz 2 der Verordnung.

Die Kulturdenkmäler-Verordnung stellt die Ortsbilder der Altstädte von Solothurn und Olten sowie des Dorfkerns von Balsthal in § 6 unmittelbar unter Schutz. Die räumliche Abgrenzung und die Schutzmassnahmen sind gemäss dieser Bestimmung im Nutzungsplanverfahren festzulegen. Das kantonale Recht enthält keine Schutzvorschriften über die Solothurner Altstadt.

Gemäss § 119 PBG treffen der Kanton und die Gemeinden Massnahmen zum Schutz der Ortsbilder. Dieser Auftrag wird in der Kulturdenkmäler-Verordnung wiederholt. Die Gemeinden sind zum Erlass von Schutzzonen in diesem Bereich auch gemäss § 36 PBG verpflichtet.

Die Stadt Solothurn ist dem Auftrag im Bauund Zonenreglement (§§ 27 ff.) und im Zonenplan mit den Mitteln der Raumplanung nachgekommen und hat umfassende Schutzvorschriften für die Altstadt erlassen. In der Altstadtzone sind öffentliche Bauten, Geschäftsund Wohnbauten und nichtstörende Gewerbeund Dienstleistungsbetriebe zulässig. Die historische Eigenart und die bauliche Einheit der Altstadt sind im Sinne von Natur-, Heimatund Denkmalschutz und der Richtlinien der Kommission für Altstadtund Denkmalfragen zu erhalten, zu verbessern und bei Umbauten nach Möglichkeit wieder herzustellen. Die Vorschriften des eidgenössischen und kantonalen Rechts bleiben vorbehalten. Grundsätzlich sind die bestehenden Ausmasse und die äussere Erscheinung der einzelnen Bauten beizubehalten. Wertvolle Gebäudeteile, insbesondere Fassaden, Dächer und das Brandmauersystem sind in ihrer Substanz zu erhalten. Veränderungen irgendwelcher Art müssen sich in Massstab, Rhythmus, Material und Farbgebung dem historischen Bild der Stadt, ihrer Strassen und Innenhöfe harmonisch einfügen. Bei Umbauten und Restaurierungen kann die Entfernung störender Bauteile verlangt werden. Das Reklamewesen richtet sich nach den im Anhang aufgeführten Reklamevorschriften für die Altstadtzone. Der Abbruch von Bauten und Bauteilen kann bewilligt werden, wenn diese baufällig sind und nicht mehr mit vertretbarem technischem und finanziellem Aufwand erneuert werden können oder wenn der Abbruch städtebauliche Vorteile bietet. Der Abbruch darf nur bewilligt werden, wenn gleichzeitig die Baubewilligung für einen Neubau erteilt werden kann, es sei denn, die Nichtüberbauung liege im öffentlichen Interesse. Bei Umund Neubauten sind Brandmauern in ihrer Lage zu erhalten oder wieder herzustellen. Durchbrüche durch Brandmauern können nur ausnahmsweise gestattet werden, wobei die Brandmauern in ihrem Charakter und Verlauf ablesbar bleiben müssen. Innenhöfe sind von einer Überbauung freizuhalten. Dächer sind bezüglich Neigung, Bedachungsart und Farbgebung dem Altstadtbild anzupassen. Dacheinschnitte, Dachflächenfenster und technische Dachaufbauten sind nur zulässig, soweit sie vom öffentlichen Strassenraum innerhalb und ausserhalb der Altstadt aus gesehen nicht stören und die Dachlandschaft nicht beeinträchtigen.

Vorliegend geht es also um die Rechtsanwendung in einem Gebiet, welches das kantonale Recht nicht geordnet, sondern der Gemeinde zur Regelung überlassen hat. Es gibt keine kantonalen Schutzvorschriften für die Altstadt von Solothurn. Der Kanton hat der Gemeinde bei der Anwendung ihrer Zonenvorschriften eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einzuräumen. Im Bereich der Ortsplanung, insbesondere in Fragen der Zonenkonformität einer Baute, ist die Gemeinde traditionellerweise autonom. In einer regierungsrätlichen Verordnung kann ihre Autonomie bei der Anwendung ihrer Altstadtvorschriften nicht beschränkt werden.

§ 17 der Kulturdenkmäler-Verordnung legt fest, dass vor Erteilung der Baubewilligung für vom Kanton geschützte historische Kulturdenkmäler und deren Umgebung der zuständigen kantonalen Fachstelle alle Baugesuche zur Zustimmung einzureichen sind. Bei Baugesuchen für Bauten, die bloss als Teile eines Ortsbildes unter Schutz stehen, kann für die Altstädte Solothurn und Olten sowie für den Dorfkern von Balsthal die Befugnis zur Zustimmung gemäss § 17 Absatz 1 einer besonderen Fachkommission, in der die zuständige kantonale Fachstelle mit beratender Stimme vertreten ist, übertragen werden.

Der Verfügung des Bau-Departementes vom 11. März 1982 ist zu entnehmen, dass die Altstadtkommission nicht nur Prüfungskompetenz, sondern Verfügungskompetenz besitzt. Die Kompetenzdelegation nach § 8 Abs. 2 der (damaligen) Altertümerverordnung beinhalte nicht nur eine Kompetenz an die städtische Kommission zur Prüfung von Gesuchen, sondern über die Gesuche durch Verfügung zu befinden. Baugesuche in der Altstadt würden neben der Baubewilligung eine besondere Bewilligung erfordern. Es gehe um die Erhaltung der historischen Eigenart und der baulichen Einheit der Altstadt als ein von der Altertümerverordnung geschütztes historisches Kulturdenkmal. Hier müssten die besonderen Anliegen der Altertümerverordnung zum Tragen kommen und hier müssten die Organe des Altertümerschutzes vor der Erledigung des Baubewilligungsverfahrens entscheiden können (GER 1982 Nr. 31).

Die Baukommission der Stadt war vorliegend zwar Baubehörde (§ 2 BZR). Für Änderungen von Bauten, die nicht als Einzelobjekte, sondern bloss als Teile der Altstadt unter Schutz der kantonalen Altertümerverordnung stehen, war vor Erteilung der Baubewilligung die Bewilligung der Kommission für Altstadtund Denkmalfragen einzuholen (§ 3 BZR). Der städtischen Altstadtkommission stehen die Kompetenzen der besonderen Fachkommission der Gemeinde laut kantonaler Kulturdenkmäler-Verordnung zu. Es handelt sich um eine kommunale Kommission. Es ist aber nicht einsehbar, weshalb ihre Tätigkeit nicht unter den Bereich der Autonomie der Gemeinde fallen kann. Soweit sie kommunales Recht angewendet hat, unterstehen ihre Entscheide dem Schutz der Gemeindeautonomie. Auf die Beschwerde der Gemeinde ist deshalb einzutreten.

Verwaltungsgericht, Urteil vom 20. August 2008 (VWBES.2008.55)



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