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Urteil Verwaltungsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:B 2018/208
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid B 2018/208 vom 24.01.2019 (SG)
Datum:24.01.2019
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Ausländerecht. Widerruf Aufenthaltsbewilligung. Nachehelicher Härtefall. Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AIG. Kein Anspruch auf mündliche Verhandlung (Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 55 Abs. 1 VRP). Wahrung des rechtlichen Gehörs durch Schriftenwechsel. Keine persönliche Anhörung notwendig. Nach der Heirat mit einem in der Schweiz niedergelassenen Kosovaren, kam die Beschwerdeführerin im Rahmen des Familiennachzuges in die Schweiz. Die Trennung erfolgte vor Ablauf der dreijährigen gesetzlichen Frist. Kurz danach Geburt des gemeinsamen Kindes. Die Beschwerdeführerin legte keine wichtigen persönlichen Gründe für einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz dar. Obwohl dem Bericht des Frauenhauses gewisse Hinweise auf eheliche Gewalt entnommen werden
Schlagwörter: Beschwerde; Beschwerdeführer; Beschwerdeführerin; Gewalt; Recht; Schweiz; Eheliche; Familie; Entscheid; Aufenthalt; Heimat; Ehemann; Bericht; Rechtliche; Heimatland; Vorinstanz; Anspruch; Beziehung; Verfahren; Psychische; Frauen; Ehelichen; Eltern; Aufenthaltsbewilligung; Frauenhaus; Person; Verwaltungsgericht; Häusliche; Reichen; Verfahren
Rechtsnorm: Art. 10 KRK ; Art. 13 BV ; Art. 29 BV ; Art. 301 ZGB ; Art. 42 AIG ; Art. 43 AIG ; Art. 49 AIG ; Art. 50 AIG ; Art. 51 AIG ; Art. 6 EMRK ; Art. 8 EMRK ; Art. 90 AIG ;
Referenz BGE:133 III 505; 134 I 140; 135 I 153; 136 I 229; 137 II 345; 138 II 229; 139 I 315; 141 I 60; 143 I 21;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid
können, kann die Beschwerdeführerin die verlange Intensität und Systematik der Misshandlung nicht darlegen. Auch die vom Ex-Mann angedrohten Repressalien und die mögliche Entführungsgefahr des Kindes vermögen die von der Rechtsprechung verlangte starke Gefährdung bei einer Rückkehr ins Heimatland nicht ausreichend zu begründen. Die Beschwerdeführerin ist mit den dort herrschenden Sitten und Gebräuchen vertraut, nachdem sie bis zum 23. Altersjahr in ihrem Heimatland war und dort die prägende Schul-

und Jugendzeit verbrachte. Eine Rückkehr ins Heimatland ist ihr

zumutbar. Das unmündige Kind teilt das ausländerrechtliche Schicksal des sorge- bzw. obhutsberechtigten Elternteils und hat mit der Beschwerdeführerin auszureisen. Der Vater kann Kontakt mit dem Kind mittels Besuchen und moderner Telekommunikation aufrechterhalten. Abweisung der Beschwerde (Verwaltungsgericht, B 2018/208). Die gegen dieses Urteil erhobene Beschwerde ans Bundesgericht wurde mit Urteil vom

24. Januar 2020 gutgeheissen (Verfahren 2C_215/2019).

Entscheid vom 24. Januar 2019

Besetzung

Abteilungspräsident Zürn; Verwaltungsrichterin Reiter, Verwaltungsrichter Zogg; Gerichtsschreiberin Schambeck

Verfahrensbeteiligte

  1. ,

    Beschwerdeführerin, M. ,

    Beschwerdeführer,

    beide vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Boris Züst, Dolder Züst Rechtsanwälte,

    Sonnenstrasse 5, Postfach 126, 9004 St. Gallen,

    gegen

    Sicherheits- und Justizdepartement des Kantons St. Gallen, Oberer Graben 32, 9001 St. Gallen,

    Vorinstanz,

    Gegenstand

    Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung

    Das Verwaltungsgericht stellt fest: A.

    1. N. wurde am 7. Dezember 1980 geboren und ist kosovarische Staatsangehörige. Am 26. Dezember 2012 heiratete sie in ihrem Herkunftsland den in der Schweiz niedergelassenen Landsmann L. . Sie reiste am 17. März 2013 in die Schweiz ein und

      erhielt im Rahmen des Familiennachzugs zum Verbleib in der Schweiz am 20. März 2013 eine Aufenthaltsbewilligung, welche ihr letztmals bis zum 16. März 2016 verlängert wurde.

    2. Mit Schreiben vom 3. Juli 2015 gelangte N. an das Kreisgericht P. mit dem Ersuchen um Erlass von Eheschutzmassnahmen. Das Einwohneramt der Stadt O. informierte das Migrationsamt am 2. September 2015, dass sich N. und ihr Ehemann getrennt hätten und sie nun in O. wohne. Das Migrationsamt bat N. mit Schreiben vom 2. Oktober 2015 um Beantwortung diverser Fragen hinsichtlich des Getrenntlebens und um Einreichung allfälliger Unterlagen.

    3. Am 14. Januar 2016 ging beim Migrationsamt der rechtskräftige Entscheid des Kreisgerichts P. vom 29. September 2015 betreffend Eheschutzmassnahmen ein. Diesem Entscheid war zu entnehmen, dass das Gericht vom Getrenntleben der Ehegatten seit dem 9. Juni 2015 Vormerk genommen habe und das gemeinsame Kind nach der Geburt überwiegend durch die Mutter betreut werden solle. Am 11. Dezember 2015 gebar N. den gemeinsamen Sohn M. , welcher ebenfalls Staatsangehöriger von Kosovo ist und wie die Mutter über eine letztmals bis 16. März 2016 verlängerte Aufenthaltsbewilligung verfügt.

    4. N. nahm mit Schreiben vom 15. Februar 2016 durch ihren Rechtsvertreter zu den vom Migrationsamt gestellten Fragen Stellung. Sie gab an, dass sie sich während der Schwangerschaft von ihrem Ehemann getrennt habe, weil die Situation in der bisherigen Familienwohnung nicht mehr zumutbar gewesen sei. Sie sei massivem Druck seitens des Ehemannes und der Schwiegereltern ausgesetzt gewesen. Sie könne mit ihrer Arbeitsstelle ihren Lebensunterhalt selbst finanzieren, spreche ausgezeichnet deutsch und verfüge über ein intaktes soziales Umfeld. Unter diesen Umständen solle ihr die Chance gegeben werden, in der Schweiz zu bleiben.

    5. Nach Gewährung des rechtlichen Gehörs verfügte das Migrationsamt am 14. April 2016 die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung von N. sowie ihrem Sohn

M. . Der Entscheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Ehe lediglich 27 Monate gedauert habe und damit die dreijährige gesetzliche Frist nicht eingehalten sei. Ein wichtiger persönlicher Grund für eine Bewilligungsverlängerung liege nicht vor. Die

geklagte häusliche Gewalt sei mangels entsprechender Nachweise jedenfalls nicht glaubhaft. Eine Rückkehr ins Heimatland nach erst drei Jahren Aufenthalt in der Schweiz könne ihr ohne weiteres zugemutet werden. Der Sohn M. habe das Lebensschicksal des sorge- bzw. obhutsberechtigten Elternteils zu teilen. Zwischen dem Vater und dem Kind fehle es an einer intensiven Beziehung, weshalb es dem Kind zumutbar sei, seine Mutter in das Heimatland zu begleiten. Den gegen diesen Entscheid erhobenen Rekurs wies das Sicherheits- und Justizdepartement mit Entscheid vom 30. August 2018 ab.

  1. N. (Beschwerdeführerin) reichte für sich und ihren Sohn (Beschwerdeführer) durch ihren Rechtsvertreter am 17. September 2018 und mit Ergänzung vom 15. November 2018 Beschwerde gegen den Entscheid des Sicherheits- und Justizdepartements (Vorinstanz) beim Verwaltungsgericht ein. Sie stellte das Rechtsbegehren, der Entscheid der Vorinstanz sei aufzuheben; ihr sei die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern und dem Beschwerdeführer sei die Niederlassungsbewilligung zu erteilen, eventualiter sei seine Aufenthaltsbewilligung ebenfalls zu verlängern. Eventualiter sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung und zur Ergänzung des Sachverhalts an die Vorinstanz zurückzuweisen; alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge. Zudem beantragte sie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

    Die Vorinstanz beantragte in ihrer Vernehmlassung vom 27. November 2018 die Abweisung der Beschwerde und verwies zur Begründung auf die Erwägungen des angefochtenen Entscheids.

    Auf die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Begründung ihrer Anträge und die Akten wird, soweit wesentlich, in den Erwägungen eingegangen.

    Darüber zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

    1. Das Verwaltungsgericht ist zum Entscheid in der Sache zuständig (Art. 59bis Abs. 1

      des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege; sGS 951.1, VRP). Als Adressaten des

      angefochtenen Entscheids sind die im Rekursverfahren unterlegenen Beschwerdeführer zur Ergreifung des Rechtsmittels berechtigt (Art. 64 in Verbindung mit Art. 45 Abs. 1 VRP). Die Beschwerde wurde mit Eingabe vom 17. September 2018 rechtzeitig erhoben und erfüllt zusammen mit der Ergänzung vom 15. November 2018 formal wie inhaltlich die gesetzlichen Anforderungen (Art. 64 in Verbindung mit Art. 47 Abs. 1 und Art. 48 Abs. 1 und 2 VRP). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.

    2. Die Beschwerdeführer werfen der Vorinstanz eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor; zudem habe sie ihre Abklärungspflicht verletzt. Sie habe den Bericht des Beistandes vom 19. Januar 2018 völlig ausser Acht gelassen, obwohl dieser zusammen mit dem Bericht des Frauenhauses vom 20. Juni 2016 ein Gesamtbild ermögliche. Dieser Bericht habe nicht ansatzweise Eingang in den angefochtenen Entscheid gefunden.

      1. Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (SR 101, BV) gewährt den Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Aus diesem Anspruch leitet das Bundesgericht in ständiger Rechtsprechung die Pflicht der Behörde ab, ihre Verfügungen und Entscheide zu begründen (vgl. statt vieler BGE 141 I 60 E. 3.3, 133 III 439 E. 3.3). Als persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht verlangt dieser Grundsatz, dass die Behörde die Vorbringen des vom Entscheid oder der Verfügung in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, sorgfältig und ernsthaft prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt (vgl. G. Steinmann, in: Ehrenzeller/Schindler/ Schweizer/Vallender, Die schweizerische Bundesverfassung, 3. Aufl. 2014, N 49 zu Art. 29 BV). Daraus folgt die grundsätzliche Pflicht der Behörden, ihren Entscheid oder ihre Verfügung zu begründen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken (BGE 136 I 229 E. 5.2, 134 I 83 E. 4.1).

      2. Die Vorinstanz kam in ihrem Entscheid zum Schluss, dass die Ausführungen im Bericht des Frauenhauses vom 20. Juni 2016 zu relativieren seien, da sich diese lediglich auf die Aussagen der Beschwerdeführerin stützen würden. Fehlen würden ärztliche Berichte über die psychischen Gewalteinwirkungen durch den Ehemann und dessen Familie und Strafanzeigen oder wenigstens Unterlagen über die Einleitung

        eines Strafverfahrens. Der von den Beschwerdeführern angeführte Bericht des Beistandes vom 19. Januar 2018 fand zwar Eingang in den Sachverhalt, nicht jedoch in die Erwägungen des angefochtenen Entscheides. Die Vorinstanz war sich damit dieses Berichts wohl bewusst, mass ihm aber keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Mangels anderer ins Recht gelegter, geeigneter Beweismittel, aufgrund derer objektiv nachvollziehbar gewesen wäre, dass die behauptete eheliche Gewalt die von der Rechtsprechung verlangte Intensität und Konstanz erreicht hätte (BGer 2C_428/2012 vom 18. Mai 2012 E. 2.2.3), trifft der Einwand einer willkürlichen Beweiswürdigung offensichtlich nicht zu.

      3. Weiter verlangt die Beschwerdeführerin gestützt auf Art. Art. 6 Ziff. 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (SR 0.101, EMRK) die Durchführung einer mündlichen Hauptverhandlung, damit sie ihre Situation und diejenige des Beschwerdeführers direkt vortragen könne. Art. 6 Ziff. 1 EMRK garantiert in Streitigkeiten bezüglich zivilrechtlicher Ansprüche (civil rights) das Recht auf ein faires Verfahren. Nach ständiger Rechtsprechung findet Art. 6 EMRK in Streitigkeiten über fremdenpolizeiliche Belange (Ein- oder Ausreise von Ausländern, fremdenpolizeiliche Bewilligungen, Asylverfahren) grundsätzlich keine Anwendung (BGer 2D_3/2012 vom 2. August 2012 E. 2.2, 2A.382/2000 vom 6. September 2000 E. 2b, VerwGE B 2017/141 vom 16. August 2018 E. 5).

        Der von der Beschwerdeführerin angerufene Anspruch auf rechtliches Gehör ist Teilgehalt des allgemeinen Grundsatzes des fairen Verfahrens und wird auch durch Art. 29 Abs. 2 BV geschützt. Er räumt der Beschwerdeführerin allerdings keinen Anspruch auf eine mündliche Anhörung ein (BGE 134 I 140 E. 5.3, BGer 2C_339/2018 vom 16. November 2018 E. 6.2). Zum Anspruch auf rechtliches Gehör gehört in diesem Zusammenhang das Recht des Betroffenen, sich vor Erlass eines in seine Rechtsstellung eingreifenden Entscheides zur Sache zu äussern sowie das Recht auf Abnahme der rechtzeitig und formrichtig angebotenen rechtserheblichen Beweismittel (BGE 134 I 140 E. 5.3). Die Beschwerdeführerin konnte ihre Sicht der Dinge in das Verfahren einbringen. Die von ihr beanstandeten Punkte ergeben sich aus den vorliegenden Verfahrensakten, weshalb die Beschwerdeführerin hierzu nicht befragt werden muss. Im Übrigen wäre die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer weitreichenden Mitwirkungspflicht (Art. 2 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 90 des

        Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration, SR 142.20, AIG) gehalten gewesen, von sich aus weitere Indizien und geeignete Beweismittel wie z.B. Arztberichte, Zeugenaussagen sowie Unterlagen zu ihren Familienverhältnissen im Heimatland einzureichen (vgl. hierzu BGer 2C_165/2018 vom 18. September 2018 E. 2.4, VerwGE B 2017/3 vom 22. Februar 2018 E. 4, B 2015/309

        vom 26. April 2017 E. 4.3 mit Hinweisen, www.gerichte.sg.c h).

      4. Der Anspruch auf rechtliches Gehör kann durch kantonales Verfahrensrecht über die Minimalgarantie von Art. 29 Abs. 2 BV hinaus ausgedehnt werden. Gemäss Art. 55 Abs. 1 VRP wird eine mündliche Verhandlung angeordnet, wenn sie zur Wahrung der Parteirechte notwendig ist oder zweckmässig erscheint. Grundsätzlich ist im Verwaltungsgerichtsverfahren die Schriftlichkeit des Verfahrens vorherrschend. Das rechtliche Gehör wird demnach im Wesentlichen durch schriftliche Eingaben gewährt (VerwGE B 2017/141 vom 16. August 2018 E. 5, Cavelti/Vögeli, Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton St. Gallen 2. Aufl. 2003, Rz. 999). Das rechtliche Gehör wurde durch den Schriftenwechsel gewahrt und die Beschwerdeführerin legt die Notwendigkeit einer persönlichen Anhörung nicht dar. Wie bereits unter E. 2.3 ausgeführt, erscheint eine mündliche Verhandlung damit weder notwendig noch zweckmässig. Daher ist der Antrag abzuweisen.

    3. Ausländische Ehegatten und ledige Kinder unter 18 Jahren von niederlassungsberechtigten ausländischen Personen haben - unter Vorbehalt von Erlöschensgründen (Art. 51 Abs. 2 AIG) - Anspruch auf Erteilung und Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung, soweit sie mit diesen zusammenwohnen (Art. 43 AIG) oder, bei fortdauernder Ehegemeinschaft, ein wichtiger Grund für das Getrenntleben besteht (Art. 49 AIG). Nach Auflösung der Ehe oder der Familiengemeinschaft besteht der Anspruch des Ehegatten und der Kinder auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach den Art. 42 und 43 AIG weiter, wenn die Ehegemeinschaft mindestens drei Jahre bestanden hat und eine erfolgreiche Integration besteht oder wichtige persönliche Gründe einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen (Art. 50 Abs. 1 AIG, Art. 77 der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit, SR 142.201, VZAE).

Die Beschwerdeführerin ging am 26. Dezember 2012 den Bund der Ehe ein. Seit dem

9. Juni 2015 lebt sie getrennt von ihrem Mann. Damit dauerte die Ehe nur rund zweieinhalb Jahre, mithin weniger als drei Jahre. Fest steht damit, dass die Dreijahresfrist nach Art. 50 Abs. 1 lit. a AIG nicht erfüllt ist. Die Beschwerdeführerin macht denn auch einen sogenannten nachehelichen Härtefall nach Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AIG geltend. Diesen begründet sie damit, dass sie Opfer ehelicher Gewalt geworden sei. Daher würden wichtige Gründe für einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz vorliegen.

4.

    1. Wichtige persönliche Gründe nach Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG können namentlich vorliegen, wenn die Ehegattin oder der Ehegatte Opfer ehelicher Gewalt wurde oder die Ehe nicht aus freiem Willen geschlossen hat oder die soziale Wiedereingliederung im Herkunftsland stark gefährdet erscheint (Art. 50 Abs. 2 AIG und Art. 77 Abs. 2 VZAE). Die beiden Elemente der ehelichen bzw. häuslichen Gewalt und der sozialen Wiedereingliederung (Art. 77 Abs. 2 VZAE) sind nicht kumulativ zu verstehen (vgl. BGE 138 II 229 E. 3.2.2). Eheliche Gewalt liegt insbesondere dann vor, wenn Personen innerhalb einer bestehenden oder aufgelösten ehelichen Beziehung psychische, physische oder sexuelle Gewalt ausüben oder androhen (vgl. M. Caroni, in: Caroni/ Gächter/Thurnherr [Hrsg.], Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer, Handkommentar, Bern 2010, Rz. 32 zu Art. 50 AuG). Das Bundesgericht hat hierzu ausgeführt, dass häusliche Gewalt eine systematische Misshandlung mit dem Ziel, Macht und Kontrolle auszuüben, bedeute. Eine einmalige Ohrfeige oder eine verbale Beschimpfung im Verlauf eines eskalierenden Streits reichen dagegen nicht aus. Vielmehr müsse die physische oder psychische Zwangsausübung und deren Auswirkungen von einer gewissen Konstanz bzw. Intensität geprägt sein (BGE 138 II 229 E. 3.2.1 f., Caroni, a.a.O., Rz. 34 zu Art. 50 AuG). Auch psychische bzw. sozio- ökonomische Druckausübung wie dauerndes Beschimpfen, Erniedrigen, Drohen und Einsperren kann einen für die Annahme eines nachehelichen Härtefalls relevanten Grad an unzulässiger Oppression erreichen. Dies ist praxisgemäss dann der Fall, wenn die psychische Integrität des Opfers bei einer Aufrechterhaltung der ehelichen Gemeinschaft schwer beeinträchtigt würde. Nicht jede unglückliche, belastende und nicht den eigenen Vorstellungen entsprechende Entwicklung einer Beziehung

      begründet indessen bereits einen nachehelichen Härtefall und ein weiteres Anwesenheitsrecht in der Schweiz. Häusliche Oppression bedeutet systematische Misshandlung mit dem Ziel, Macht und Kontrolle auszuüben (vgl. BGer 2C_428/2012 vom 18. Mai 2012 E. 2.2.3). Die anhaltende, erniedrigende Behandlung muss derart schwer wiegen, dass von der betroffenen Person bei Berücksichtigung sämtlicher Umstände vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, dass sie einzig aus bewilligungsrechtlichen Gründen die Ehe aufrechterhält und in einer ihre Menschenwürde und Persönlichkeit verneinenden Beziehung verharrt. Eine glaubhaft gemachte oppressionsbedingte Aufhebung der Hausgemeinschaft soll für die betroffene Person keine ausländerrechtlichen Nachteile zur Folge haben, wenn sie durch das Zusammenleben in ihrer Persönlichkeit ernsthaft gefährdet wäre und ihr eine Fortführung der ehelichen Gemeinschaft bei objektiver Betrachtungsweise nicht mehr zugemutet werden kann (BGE 138 II 229 E. 3.2.2).

    2. Gerade weil der Nachweis ehelicher Gewalt in den wenigsten Fällen direkt erbracht werden kann, trifft die ausländische Person bei der Feststellung des entsprechenden Sachverhalts eine weitreichende Mitwirkungspflicht (vgl. Art. 90 AIG, BGE 138 II 229 E. 3.2.3). Dabei genügen allgemein gehaltene Behauptungen oder Hinweise auf punktuelle Spannungen in der Beziehung nicht. Vielmehr muss die Systematik der Misshandlung bzw. deren zeitliches Andauern und die daraus entstehende Belastung objektiv nachvollziehbar konkretisiert und beweismässig unterlegt werden (vgl. BGer 2C_873/2013 vom 25. März 2014 E. 4.4, M. Spescha, in: Spescha/Thür/Zünd/Bolzli/ Hruschka [Hrsg.], Kommentar Migrationsrecht, 4. Aufl. 2015, N 10 zu Art. 50 AuG, Art. 77 Abs. 5 VZAE). Als Hinweise für eheliche Gewalt gelten nach Art. 77 Abs. 6 und 6bis VZAE insbesondere entsprechende Arztzeugnisse, Polizeirapporte, Strafanzeigen, zivilrechtliche Fernhaltemassnahmen (Art. 28b des Zivilgesetzbuches SR 210, ZGB) oder entsprechende strafrechtliche Verurteilungen bzw. Hinweise und Auskünfte von spezialisierten Fachstellen (BGer 2C_339/2018 vom 16. November 2018 E. 5.3).

    3. Aus Sicht der Vorinstanz konnte die Beschwerdeführerin mit ihren Vorbringen und Einlagen nicht objektiv nachvollziehbar aufzeigen, dass die behauptete eheliche Gewalt die rechtsprechungsgemäss vorausgesetzte Intensität und Konstanz erreicht hatte. Sie führte in diesem Zusammenhang aus, dass die im Bericht des Frauenhauses vom 20. Juni 2016 geschilderten "Gewalterfahrungen" lediglich auf Aussagen der

      Beschwerdeführerin beruhen würden und bereits daher in ihrer Bedeutung von vornherein zu relativieren seien. Fehlen würden sodann die behauptete Sachlage bestätigende, ergänzende ärztliche Berichte über die geklagten psychischen Gewalteinwirkungen durch den Ehemann und dessen Familie; ebenso würde es an Strafanzeigen oder wenigstens Unterlagen über die Einleitung eines Strafverfahrens fehlen. Hinzu komme, dass die Beschwerdeführerin anlässlich der Befragung durch den Eheschutzrichter vom 29. September 2015 und in der vor diesem abgegebenen Stellungnahme vom 15. Februar 2016 angegeben habe, es mit der Ehe des Kindes wegen nochmals versuchen zu wollen. Bereits daher könne nicht von einer Unzumutbarkeit des weiteren Zusammenlebens mit dem Ehemann gesprochen werden.

    4. Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass sich der Bericht des Beistandes vom 19. Januar 2018 mit den Feststellungen des Frauenhauses vom 20. Juni 2016 decke und dass sich daraus das entscheidrelevante Gesamtbild ergebe. Der Ehemann der Beschwerdeführerin zeige nach der Trennung ein für Gewalt ausübende Personen typisches Verhaltensmuster auf. So sei er sowohl durch die Mitarbeiterin der Mütter- und Väterberatung als auch durch den zuständigen Mitarbeiter der Berufsbeistandschaft als gefährlich beschrieben worden. Sie sei daher denn auch in der elften Schwangerschaftswoche ins Frauenhaus geflüchtet und habe sich dort zwölf Wochen aufgehalten. Mit der ihr zugewiesenen Sozialarbeiterin habe sie längere Gespräche geführt. Im Bericht werde die erlittene schwere Traumatisierung detailliert und nachvollziehbar geschildert. Es sei lebensfremd, wenn von einem schwangeren Opfer in dieser Situation eine Strafanzeige verlangt werde. Im Strafverfahren würden immer die Aussagen der mutmasslich gewaltbetroffenen Person den in der Regel diametral entgegengesetzten Aussagen des mutmasslich gewaltausübenden Ehegatten gegenüberstehen. Im Gegensatz zum Strafverfahren seien im migrationsrechtlichen Verfahren auch tiefere Beweismassstäbe anzusetzen. Sie habe zahlreiche Indizien und Beweismittel eingereicht, die die behauptete häusliche Gewalt rechtsgenüglich belegen würde, was die Vorinstanz aber bewusst ausblende. Ein blosses Glaubhaftmachen müsse genügen.

    5. Die Beschwerdeführerin heiratete am 26. Dezember 2012 in ihrem Herkunftsland ihren Ehemann und reiste einige Monate später am 17. März 2013 in die Schweiz ein.

      Das Ehepaar wohnte zusammen mit den Eltern des Ehemanns in einer gemeinsamen Wohnung. In der elften Schwangerschaftswoche suchte die Beschwerdeführerin wegen häuslicher Gewalt Zuflucht im Frauenhaus und hielt sich dort vom 9. Juni bis zum 2. September 2015 auf. Laut dem Bericht des Frauenhauses vom 20. Juni 2016 sei sie zu Hause von ihrem Ehemann und ihren Schwiegereltern unter enormen psychischen Stress gesetzt worden. Ihr sei jeglicher Kontakt mit in der Schweiz lebenden Angehörigen, mit neuen Freunden oder Arbeitskollegen verwehrt worden. Ihr erzieltes Einkommen habe sie vollständig den Schwiegereltern abgeben müssen. Nebst dem 100% Arbeitspensum sei sie ausserdem noch gezwungen worden, den gesamten Haushalt der mehrköpfigen Familie zu besorgen. Sie habe sich wie eine Sklavin gefühlt und sich nicht getraut, sich gegen die Familie zu wehren. Zuhause habe zunehmend Druck, Kontrolle und Erniedrigung geherrscht. Als sie schwanger geworden sei, sei die Situation eskaliert. Ihr sei von den Schwiegereltern und ihrem Ehemann befohlen worden, das Kind abzutreiben. Im Frauenhaus musste die Beschwerdeführerin laut dem Bericht aufgrund ihres mangelhaften Ernährungszustand medizinisch "vernetzt" werden. Sie habe klare Anzeichen einer Traumatisierung gezeigt, eine engmaschige Unterstützung benötigt und Begleitung im psychosozialen sowie psychischen Bereich gebraucht. Das Thema Strafanzeige sei thematisiert worden, aber die Beschwerdeführerin habe aus Angst vor weiteren Eskalationen und mangelnder Beweislage davon abgesehen. Am 3. Juli 2015 reichte die Beschwerdeführerin beim Kreisgericht P. ein Eheschutzbegehren ein. Sie gab an, dass sie am 9. Juni 2015 aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen sei. Die neue Adresse wolle sie nicht preisgeben, da sie nicht wisse, wie die Reaktion ihrer Schwiegereltern und ihres Ehemannes ausfalle. Die Verhandlung fand am 29. September 2015 statt. Dabei gab die Beschwerdeführerin unter anderem zum Thema häusliche Gewalt zu Protokoll, dass es keine körperliche Gewalt gegeben habe. Sie habe psychischen Stress gehabt. Sie habe keine Bankkarte, kein Telefon und kein Geld gehabt. Immer wenn sie etwas serviert habe, habe die Schwiegermutter gelacht. Und wenn sie mit der Familie geredet habe, habe er mitgehört. Es sei zwar anfangs kein Problem gewesen, mit den Schwiegereltern zusammen zu wohnen, später aber schon. Im Moment gebe sie der Ehe keine Chance, aber vielleicht wegen dem Kind in einem Jahr. Dem Zwischenbericht des Berufsbeistandes vom 19. Januar 2018 ist zu entnehmen, dass sich der Ehemann der Verantwortung für das gemeinsame Kind entziehe und die

      Besuchsrechte nicht wahrnehme. Er zeige ein sehr auffälliges, narzisstisches Verhalten. Sein Intellekt sei eng und wohl gerade deswegen sein Handeln stark von traditionell patriarchalischer und sehr willkürlicher Denkweise geprägt.

    6. Die Journaleinträge sowie der Zwischenbericht des Berufsbeistandes vom 19. Januar 2018 berichten über die Zeit nach dem gemeinsamen Zusammenleben der Ehegatten; sie enthalten indes keine Hinweise auf eheliche Gewalt. Es werden zwar Drohungen seitens des Ehegatten gegenüber einer Mitarbeiterin der Mütter- und Väterberatung und gegenüber dem Berufsbeistand beschrieben. Diese beziehen sich jedoch auf die schwierige Situation im Rahmen der konfliktreichen Ausübung des Besuchsrechts des gemeinsamen Kindes. Auch der aus dem albanischen übersetzte SMS-Verkehr vom 7. und 8. Februar sowie 19. April 2018 zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann stammt aus der Zeit nach der Trennung und bezieht sich ebenfalls auf das Besuchsrecht. Es trifft zu, dass der Ehemann Drohungen gegen die Familie der Beschwerdeführerin erhoben hat; weil aber die Eheleute bereits getrennt lebten, befindet sich die Beschwerdeführerin in keiner wesentlich anderen Situation als jede andere Person, welche nach der Trennung Opfer von Gewalt durch den anderen Ehepartner wird (BGer 2C_590/2010 vom 29. November 2010 E. 2.5.3). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer reichen der pauschale Hinweis auf das Sonderheft Häusliche Gewalt (in Mitteilungen zum Familienrecht: https:// www.gerichte.sg.ch/ unter: Dienstleistungen/Nützliche Informationen/Familienrecht/ Mitteilungen zum Familienrecht), die vom Berufsbeistand angedeutete narzisstische Persönlichkeitsstruktur und das patriarchalische Denken des Ehemannes nicht aus, um die behauptete psychische Gewalt an der Beschwerdeführerin konkret darzulegen. Anlässlich der Verhandlung zum Eheschutzverfahren vom 29. September 2015 wurde sie im Übrigen nach der durchlebten häuslichen Gewalt gefragt. Die Beschwerdeführerin wies damals auf psychischen Stress hin, begründete allerdings nicht ausführlicher, inwiefern konkret Gewalt auf sie ausgeübt worden sei.Als einziger Hinweis auf erlebte eheliche Gewalt verbleibt der Bericht über den Aufenthalt im Frauenhaus vom 20. Juni 2016. Dieser wiederum stützt sich aber allein auf die Angaben der Beschwerdeführerin. Gemäss dem Bericht des Frauenhauses musste die Beschwerdeführerin medizinisch "vernetzt" werden, wies klare Anzeichen einer Traumatisierung auf und erlitt Panikattacken, weshalb sie engmaschige psychische Begleitung benötigte. Es wäre daher zu erwarten, dass diese gesundheitlichen

Probleme durch ärztliche Berichte belegt werden können. In den vorliegenden Akten findet sich jedoch kein einziger medizinischer Bericht und damit fehlen weiterführende Hinweise auf die erlebte Gewalt. Sowohl das von der Beschwerdeführerin beschriebene, durch den Ehemann erteilte "Kontaktverbot" zu Angehörigen und Freunden, als auch die geltend gemachte Erniedrigung durch die Schwiegereltern mag zwar subjektiv äusserst störend empfunden worden sein, eine anhaltende, erniedrigende Behandlung oder eine schwerwiegende psychische Druckausübung wird damit indes ebenfalls nicht aufgezeigt. Darüber hinaus ist fraglich, wie restriktiv gemeint dieses "Kontaktverbot" war; immerhin ging die Beschwerdeführerin einer Erwerbstätigkeit in einem 100% Pensum nach und besuchte einen Deutschkurs, womit ihr die Aufnahme von sozialen Kontakten durchaus möglich war. Zudem musste der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Herkunft das patriarchalisch geprägte Familiensystem vom Herkunftsland und das mit sich einhergehende Zusammenleben mit den Schwiegereltern bzw. ihre Stellung in der Familie bekannt gewesen sein ( http:// albanisches-institut.ch/wp-content/uploads/2011/12/Albanische-Familien-in-der- Schweiz.pdf , https://www.sem.admin.ch/sem/de/home.html unter Internationales/ Herkunftsländer/Europa-GUS/Kosovo/Lager der Frauen). Im Gegensatz zu dem von der Beschwerdeführerin erwähnten Urteil des Verwaltungsgerichts B 2018/95 vom

27. September 2018, in welcher eine Frau zweimal zur Abtreibung eines Kindes seitens der Familie des Ehemannes getrieben wurde, fehlen vorliegend weitere Hinweise wie Arztberichte, Strafanzeigen oder sonstige glaubwürdige Zeugenaussagen von Angehörigen, Nachbarn oder Arbeitskollegen. Zwar macht die Beschwerdeführerin zu Recht geltend, dass für das Vorliegen anspruchsbegründender ehelicher bzw. häuslicher Gewalt nicht ein voller Beweis oder eine strafrechtliche Verurteilung verlangt wird, sondern es genügt, wenn dies die ausländische Person, losgelöst von einem strafrechtlichen Verfahren, in geeigneter Weise glaubhaft macht ( BGE 138 II 229 E. 3.2.3, BGer 2C_765/2013 vom 2. Juni 2014 E. 4.3). Es obliegt jedoch ihr, die erforderliche Intensität und Konstanz der Gewalteinwirkungen während der ehelichen Gemeinschaft glaubhaft zu machen. Mit dem Bericht des Frauenhauses konnte die Beschwerdeführerin aberweder die Systematik von Misshandlungen bzw. deren zeitliches Andauern noch die daraus entstehende subjektive Belastung objektiv nachvollziehbar konkretisieren oder wenigstens glaubhaft belegen. Eine Ehe, welche relativ rasch eingegangen wurde und nach kurzer Zeit scheitert, weil sich die Eheleute

in ihren Vorstellungen über den Partner und dessen Verhalten getäuscht sehen, selbst wenn die Beschwerdeführerin das Verhalten ihres Mannes und dessen Familie allenfalls auch als erniedrigend empfunden hat, bildet noch keine relevante Form von ehelicher Gewalt im Sinne von Art. 50 Abs. 2 AIG (BGer 2C_293/2017 vom 30. Mai 2017 E. 3.1 und 3.2). Insgesamt sind jedenfalls keine eindeutigen Anhaltspunkte ersichtlich, welche auf eine konstante und intensive eheliche bzw. häusliche Gewaltausübung durch ihren Ehemann schliessen lassen und damit einen nachehelichen Härtefall zu begründen vermöchten.

5.

    1. Nebst der ehelichen Gewalt stellt auch die starke Gefährdung der sozialen Wiedereingliederung im Herkunftsland für sich allein einen wichtigen persönlichen Grund im Sinne von Art. 50 Abs. 2 AIG und Art. 77 Abs. 2 VZAE dar. Daher ist weiter zu prüfen, ob aufgrund dessen die Aufenthaltsbewilligung zu erteilen bzw. zu verlängern ist. Die Beschwerdeführerin hebt hervor, dass für sie und ihren Sohn eine erhebliche Gefährdung (Entführungsgefahr, Gefahr des Obhutsentzuges durch den Kindsvater, Gefahr der angedrohten Repressalien) bestünde, wenn sie in ihr Heimatland zurückkehren müsse. Der Ehemann habe mittels einer im Heimatland eingereichten Scheidungsklage bereits versucht, die Zuweisung der Obhut des Kindes zu erwirken.

    2. Bei der Anwendung von Art. 50 Abs. 1 lit. b AIG ist entscheidend, ob die persönliche, berufliche und familiäre Wiedereingliederung der betroffenen ausländischen Person bei einer Rückkehr in ihre Heimat als stark gefährdet zu gelten hätte und nicht, ob ein Leben in der Schweiz einfacher wäre und von ihr vorgezogen würde (vgl. BGE 137 II 345 E. 3.2.2 und BGer 2C_1270/2012 vom 2. April 2013 E. 2.2). Ein persönlicher, nachehelicher Härtefall setzt aufgrund der gesamten Umstände eine erhebliche Intensität der Konsequenzen für das Privat- und Familienleben voraus, die mit der Lebenssituation nach dem Dahinfallen der gestützt auf Art. 43 Abs. 1 AIG abgeleiteten Anwesenheitsberechtigung verbunden sein muss (vgl. BGE 137 II 345 E.

      3.2.3 und BGer 2C_781/2010 vom 16. Februar 2011 E. 2.2). Hat der Aufenthalt nur kürzere Zeit gedauert und wurden keine engen Beziehungen zur Schweiz geknüpft, lässt sich ein Anspruch auf weiteren Verbleib nicht begründen, wenn die erneute

      Integration im Herkunftsland keine besonderen Probleme darstellt (BGE 138 II 229 E. 3.1, Botschaft AuG, BBl 2002 3709, 3754 Ziff. 1.3.7.6).

      Es gilt dasselbe Beweismass wie bei der Geltendmachung von ehelicher Gewalt als wichtigen Grund (vgl. E. 4.2). Auch hier genügen allgemeine Hinweise nicht; die befürchtete Beeinträchtigung muss im Einzelfall aufgrund der konkreten Umstände glaubhaft erscheinen (BGer 2C_765/2013 vom 2. Juni 2014 E. 4.1).

    3. Die heute 28-jährige Beschwerdeführerin reiste im Alter von 23 Jahren in die Schweiz ein. Sie verbrachte damit den grössten Teil ihres Lebens in ihrem Heimatland und besuchte die dortigen Schulen (Volksschule, Gymnasium und ein Jahr Universität). Nachdem sie die prägende Schul- und Jugendzeit in ihrem Heimatland verbrachte, darf davon ausgegangen werden, dass ihr soziales Netz aus Familienmitgliedern und Freunden in ihrem Heimatland nach wie vor besteht bzw. sie bei ihrer Rückkehr in die Heimat an frühere Beziehungen wieder anknüpfen kann, zumal sie weiterhin mit ihrer Familie in Kontakt stand. Aus dem Umstand, dass sie in der Schweiz einer Erwerbstätigkeit nachgeht und der deutschen Sprache nach Absolvierung der Sprachkurse soweit mächtig ist, lässt sich kein Anspruch auf einen weiteren Verbleib in der Schweiz ableiten. Aufgrund der kurzen Aufenthaltsdauer von zwischenzeitlich fünf Jahren (inklusive Rechtsmittelverfahren) kann denn auch nicht von einer fortgeschrittenen persönlichen Integration und Verwurzelung ausgegangen werden, welcher einer Rückkehr ins Heimatland entgegenstehen würde. Wurden keine engen Beziehungen zur Schweiz geknüpft und war der Aufenthalt im Land nur von kurzer Dauer, besteht praxisgemäss kein Anspruch auf einen weiteren Verbleib, auch wenn die betroffene ausländische Person hier nicht straffällig geworden ist, gearbeitet hat und inzwischen auch Deutsch spricht (BGer 2C_428/2012 vom 18. Mai 2012 E. 2.2.1). Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass ihre soziale Wiedereingliederung in ihr Heimatland aufgrund der vom Ehemann angedrohten Repressalien und der Entführungsgefahr des Beschwerdeführers bzw. des möglichen Obhutsentzuges gefährdet sei. Selbst mit diesen Anhaltspunkten kann die von der Rechtsprechung verlangte starke Gefährdung bei einer Rückkehr ins Heimatland nicht ausreichend begründet werden. Dementsprechend liegt insgesamt kein Grund vor, der gegen die Wiedereingliederung der Beschwerdeführerin im Heimatland spricht. Damit vermag sie keinen Anspruch auf einen weiteren Verbleib in der Schweiz zu begründen.

6.

    1. Wie die Vorinstanz zu Recht festgestellt hat, erfüllt die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für einen nachehelichen Härtefall nach Art. 50 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AIG und Art. 77 Abs. 2 VZAE nicht. Besteht darauf kein Anspruch, so liegt die Frage nach der Wegweisung bzw. nach der erneuten Bewilligungserteilung im behördlichen Ermessen (Bolzli, in: Kommentar Migrationsrecht, a.a.O., N 4 zu Art. 33 AuG). Das Verwaltungsgericht greift nicht in die Ermessensausübung der Vorinstanzen ein, wenn diese nicht mit einem Rechtsfehler behaftet ist (Art. 61 Abs. 1 VRP; Cavelti/Vögeli, a.a.O., Rz. 739 ff., VerwGE B 2015/45 vom 19. Juli 2016 E. 6.1, B 2016/131 vom

      16. Januar 2018 E. 3.6, www.gerichte.sg.c h).

    2. Die Vorinstanz hat das öffentliche Interesse an einer restriktiven Migrationspolitik höher gewichtet als die privaten Interessen der erst seit relativ kurzer Zeit hier lebenden Beschwerdeführerin am weiteren Verbleib in der Schweiz (vgl. BGE 135 I 153 E. 2.2.1). Wie bereits ausgeführt verbrachte die Beschwerdeführerin den grössten Teil ihres Lebens und damit die kulturell prägenden Jugendjahre in ihrem Heimatland. Sie ist demnach mit den dort herrschenden Sitten und Gebräuchen bestens vertraut. Die Rückkehr in die Heimat ist ihr demzufolge ohne weiteres zumutbar und aufgrund ihres jungen Alters ist sie in der Lage, sich den dort herrschenden Lebensumständen wieder anzupassen. Die Beschwerdeführerin arbeitet zwar in der Schweiz als Reinigungsangestellte und erlernte die deutsche Sprache. Diese Umstände allein lassen die vorinstanzliche Ermessensausübung jedoch nicht als rechtsfehlerhaft erscheinen. Insbesondere ist nicht ersichtlich und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht weiter nachgewiesen, inwiefern sie in der Schweiz besonders intensive, über eine normale Integration hinausgehende private Bindungen gesellschaftlicher oder beruflicher Natur bzw. entsprechend vertiefte soziale Beziehungen zum ausserfamiliären bzw. ausserhäuslichen Bereich unterhält. Wie die Vorinstanz zu Recht ausführte, besteht ein öffentliches Interesse daran, dass Ausländerinnen und Ausländer, bei denen die familiären Voraussetzungen, die für die Erteilung des Aufenthaltsrechts massgebend waren, nach kurzer Zeit wegfallen, die Schweiz wieder verlassen (VerwGE B 2012/105 vom 13. November 2012 E. 7, www.gerichte.sg.c h).

7.

    1. Das unmündige Kind teilt grundsätzlich schon aus familienrechtlichen Gründen

      (Art. 25 Abs. 1 und Art. 301 Abs. 3 ZGB; BGE 133 III 505 E. 3.3 S. 306 ff.) das

      ausländerrechtliche Schicksal des sorge- bzw. obhutsberechtigten Elternteils und hat gegebenenfalls mit diesem das Land zu verlassen, wenn der Elternteil keine Bewilligung (mehr) hat ( BGE 143 I 21 E. 5.4, 139 II 393 E. 4.2.3, Urteil 2C_154/2016 vom 3. Oktober 2016 E. 3.3). Ist dem Kind die Ausreise zumutbar (was grundsätzlich zu bejahen ist, wenn es sich in einem anpassungsfähigen Alter befindet), liegt gar kein Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Familienleben vor ( BGE 135 I 153 E. 2.1 S. 155; 122 II 289 E. 3c S. 298; Urteil 2C_656/2011 vom 8. Mai 2012 E. 3.2).

    2. Der Beschwerdeführer kam am 11. Dezember 2015 auf die Welt und damit erst nach der Trennung der Eltern am 9. Juni 2015. Gemäss dem Entscheid des Kreisgerichts P. vom 29. September 2015 vereinbarten die Eltern, dass das Kind überwiegend durch die Mutter betreut werden soll und dem Vater ein Besuchsrecht eingeräumt wird. Der Beschwerdeführer lebt folglich mit der Beschwerdeführerin zusammen und verfügte damit wie die Beschwerdeführerin über eine Aufenthaltsbewilligung, bis diese nicht mehr verlängert wurde. Er teilt das ausländerrechtliche Schicksal der obhutsberechtigten Beschwerdeführerin. In seinem Alter weist der Beschwerdeführer noch keine vertiefteren Beziehungen zur Schweiz auf. Ferner ist er in einem anpassungsfähigen Alter, weshalb ihm die Ausreise mit der Beschwerdeführerin ohne Weiteres zumutbar ist.

    3. Der nicht sorge- bzw. obhutsberechtigte ausländische Elternteil kann die familiäre Beziehung mit seinem Kind von vornherein nur in beschränktem Rahmen pflegen, nämlich durch Ausübung des ihm eingeräumten Besuchsrechts. Um dieses wahrnehmen zu können, ist es in der Regel nicht erforderlich, dass der ausländische Elternteil dauerhaft im selben Land wie das Kind lebt und dort über ein Anwesenheitsrecht verfügt. Unter dem Gesichtspunkt des Anspruchs auf Familienleben (Art. 8 Ziff. 1 EMRK sowie Art. 13 Abs. 1 BV) ist es grundsätzlich ausreichend, wenn das Besuchsrecht im Rahmen von Kurzaufenthalten vom Ausland her ausgeübt werden kann, wobei allenfalls die Modalitäten des Besuchsrechts entsprechend auszugestalten sind. Gemäss der ständigen bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts kann ein weitergehender Anspruch nur dann in Betracht fallen, wenn in wirtschaftlicher und affektiver Hinsicht eine besonders enge Beziehung zum Kind besteht, diese Beziehung

      wegen der Distanz zum Heimatland des Ausländers praktisch nicht aufrechterhalten werden könnte und das bisherige Verhalten des Ausländers in der Schweiz zu keinerlei Klagen Anlass gegeben hat (BGE 139 I 315 E. 2.2).

    4. Gemäss dem Zwischenbericht des Berufsbeistandes vom 19. Januar 2018 nimmt der Vater des Beschwerdeführers das Besuchsrecht gar nicht wahr und entzieht sich jeglicher Verantwortung und Verpflichtung. Es besteht zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich überhaupt keine Bindung zwischen dem Vater und Kind. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ergibt sich auch aus dem geltend gemachten Übereinkommen über die Rechte des Kindes (UN-Kinderrechtskonvention, SR 0.107, KRK) kein direkter Leistungsanspruch auf die Erteilung einer ausländerrechtlichen Bewilligung (BGer 2C_648/2014 vom 6. Juli 2015 E. 2.3, BGE 143 I 21 E. 5.5.2). Nach Art. 9 Abs. 3 und Art. 10 Abs. 2 KRK achten die Vertragsstaaten das Recht des Kindes, das von einem oder beiden Elternteilen getrennt lebt, regelmässige persönliche Beziehungen und unmittelbare Kontakte zu beiden Elternteilen pflegen zu können, soweit dies nicht seinem Wohl widerspricht. Dafür ist allerdings nicht in allen Fällen der Aufenthalt im selben Land erforderlich (BGer 2C_648/2014 vom 6. Juli 2015 E. 2.3). Da die Hauptbetreuung des Beschwerdeführers durch die Beschwerdeführerin sichergestellt wird, hat der Beschwerdeführer - wie bereits erwähnt - das Land mit ihr zu verlassen. Der Vater kann, sofern er will, den Kontakt mit dem Beschwerdeführer in der gemeinsamen Heimat mittels Besuchen pflegen und ihn mit den Mitteln der modernen Telekommunikation (z.B. Videotelefonie) aufrechterhalten (BGE 143 I 21 E. 6.3.1). Da der Beschwerdeführer aufgrund seines Alters noch nicht in der Lage ist, den Kontakt zum Vater selbst wahrzunehmen, wird er durch die Beschwerdeführerin unterstützt werden müssen.

  1. Zusammenfassend können der Vorinstanz keine Rechtsfehler vorgeworfen werden, wenn sie die Nichtverlängerung der Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführerin und des Beschwerdeführers nach Durchführung der gebotenen Interessenabwägung bestätigte. Die Beschwerde ist abzuweisen.

  2. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die amtlichen Kosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 95 Abs. 1 VRP). Eine Entscheidgebühr von CHF 2‘000 ist angemessen (Art. 7 Ziff. 222 der Gerichtskostenverordnung, sGS 941.12,

GKV). Die Kosten werden mit dem geleisteten Kostenvorschuss von CHF 2‘000

verrechnet.

Ausseramtliche Kosten sind bei diesem Verfahrensausgang nicht zu entschädigen (Art.

98 Abs. 1 und Art. 98bis VRP).

Demnach erkennt das Verwaltungsgericht zu Recht:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens von CHF 2‘000 bezahlt die Beschwerdeführerin unter Verrechnung des geleisteten Kostenvorschusses in gleicher Höhe.

  3. Ausseramtliche Kosten werden nicht entschädigt.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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