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Urteil Regierungsrat (LU)

Kopfdaten
Kanton:LU
Fallnummer:RRE Nr. 624
Instanz:Regierungsrat
Abteilung:-
Regierungsrat Entscheid RRE Nr. 624 vom 29.05.2007 (LU)
Datum:29.05.2007
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Kommunale Abstimmung. Verzicht auf eine bedingte Abstimmungsvorlage. Stimmrechtsbeschwerde. Artikel 34 BV; §§ 85 und 158ff. StRG. Der Verzicht auf eine bedingte Abstimmungsvorlage ist zulässig, wenn die Abstimmungsvorlage den Stimmberechtigten ermöglicht, ihren freien Willen dennoch zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck zu bringen. - Da die Stimmrechtsbeschwerde nur Volksabstimmungen erfasst, bietet sie keine Handhabe zur Anfechtung einer Abstimmung, welche einem kommunalen Parlament vorbehalten ist.
Schlagwörter: Luzern; Stimmberechtigten; Gemeinde; Abstimmung; Fusion; Stadt; Beschwerde; Stadtrat; Stimmrecht; Kanton; Stimmrechts; Kantons; Abstimmungs; Littau; Stimmrechtsbeschwerde; Beschwerdeführer; Stadtrates; Franken; Recht; Kantonsbeitrag; Beschluss; Wille; Millionen; Willen; Politische; Littau-Luzern; Unverfälscht; Abhängig; Regierungsrat
Rechtsnorm: Art. 34 BV ;
Referenz BGE:112 Ia 174; 113 Ia 46; 121 I 138; 129 I 185; 130 I 290; 89 I 80;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Aus den Erwägungen:

1. Am 26. April 2007 stimmte der Grosse Stadtrat von Luzern dem Vertrag über die Fusion der Gemeinde Littau und der Gemeinde Luzern zu und bewilligte für die Umsetzung der Fusion einen Kredit von 2 Millionen Franken (Nettoanteil der Stadt Luzern: 1,565 Mio. Franken). Gleichzeitig beschloss er für den Fall der Fusion eine Verlängerung der Amtsdauer des Grossen Stadtrates, des Stadtrates, des Urnenbüros, der Friedensrichterin und der Schulpflege bis 31. Dezember 2009. Die Beschlüsse unterliegen je einzeln dem obligatorischen Referendum. Der Grosse Stadtrat von Luzern lehnte es ab, das Inkrafttreten der Fusion von der Zustimmung der kantonalen Stimmberechtigten zum 20-Millionen-Franken-Fusionsbeitrag des Kantons abhängig zu machen. Der Beschwerdeführer hatte als Mitglied des Grossen Stadtrates einen entsprechenden Antrag gestellt und verlangt, dass die Beschlüsse des Grossen Stadtrates von Luzern nur in Kraft treten sollten, wenn auch das vom Grossen Rat des Kantons Luzern am 20. März 2007 beschlossene Dekret über die finanzielle Unterstützung der Gemeindevereinigung Littau-Luzern in Kraft trete. Der Grosse Stadtrat von Luzern verzichtete darauf, den Stimmberechtigten der Stadt Luzern in diesem Sinn eine bedingte Abstimmungsvorlage zu unterbreiten, und der Stadtrat von Luzern ordnete die Volksabstimmung auf den 17. Juni 2007 an. Es ist zu prüfen, ob dieses Vorgehen mit Stimmrechtsbeschwerde beanstandet werden kann.

1.1 Gemäss § 160 Absatz 1a des Stimmrechtsgesetzes vom 25. Oktober 1988 (StRG) können Verfahrensmängel und andere Unregelmässigkeiten bei der Vorbereitung und Durchführung von Abstimmungen mit Stimmrechtsbeschwerde gerügt werden. Die Stimmrechtsbeschwerde richtet sich gegen Mängel im formellen Abstimmungsverfahren und bildet die Konsequenz der bundesrechtlichen Garantie der Feststellung des echten, unverfälschten Volkswillens bei Volksabstimmungen. Neben allen Vorbereitungshandlungen (z.B. Veröffentlichung von Abstimmungsdaten, Einhaltung von Fristen) gewährleistet die Stimmrechtsbeschwerde auch den Schutz der Willenskundgabe der Stimmberechtigten im Urnenverfahren; das heisst, die Stimmrechtsbeschwerde garantiert den Stimmberechtigten einerseits das Stimmgeheimnis, andererseits verschafft sie ihnen jenen politischen Freiraum, der für die unverfälschte Willenskundgabe unabdingbar ist. So können sich die Stimmberechtigten mit der Stimmrechtsbeschwerde beispielsweise gegen Handlungen beschweren, wenn durch diese ihre politische Kundgabemöglichkeit eingeschränkt oder gar verunmöglicht wird (vgl. Alex Stöckli, Die politischen Rechte des Aktivbürgers in der ordentlichen Gemeindeorganisation des Kantons Luzern, Willisau 1989, S. 236f.). Mit der geschickten Wahl eines Abstimmungstermins könnte eine Behörde ohne Weiteres das Abstimmungsresultat zu ihren Gunsten beeinflussen und so die Abstimmungsfreiheit der Stimmberechtigten tangieren (Gion-Andri Decurtins, Die rechtliche Stellung der Behörde im Abstimmungskampf, Freiburg 1992, S. 122). Zu den sofort zu rügenden Mängeln bei der Vorbereitung einer Abstimmung oder Wahl gehören sämtliche Mängel, welche bereits vor dem Abstimmungstermin erkennbar sind. Sofort, das heisst selbständig und nicht erst zusammen mit dem Ergebnis muss insbesondere geltend gemacht werden, dass das für eine Abstimmung angeordnete Verfahren gesetzeswidrig sei (BGE 89 I 80 E. 4 S. 86, 74 I 18 E. 2 S. 21ff.). Es geht um Rügen, die sich gegen den Abstimmungsmodus, gegen das Stimmmaterial inklusive die amtliche Botschaft oder gegen behördliche Propaganda richten (Christoph Hiller, Die Stimmrechtsbeschwerde, Zürich 1990, S. 325f.). Es spielt keine Rolle, von welcher Behörde Verfahrensmängel oder Unregelmässigkeiten bei der Vorbereitung von Abstimmungen ausgehen. Zur Verfügung steht immer die Stimmrechtsbeschwerde (Thomas Willi, Funktion und Aufgaben der Gemeindebeschwerde im System der Verwaltungsrechtspflege des Kantons Luzern, Emmenbrücke 1989, S. 42).

Der Beschwerdeführer wehrt sich mit Stimmrechtsbeschwerde einerseits gegen das vom Grossen Stadtrat von Luzern beschlossene Abstimmungsverfahren, konkret gegen den Verzicht auf einen Vorbehalt zugunsten des Kantonsbeitrags. Andererseits beanstandet er die Anordnung der Volksabstimmung auf den 17. Juni 2007, weil zu diesem Zeitpunkt wegen des Zustandekommens des Referendums gegen das Dekret über die finanzielle Unterstützung der Gemeindevereinigung Littau-Luzern noch nicht feststehe, ob die Stimmberechtigten des Kantons Luzern die Vereinigung der Gemeinden Littau und Luzern mit einem Beitrag von 20 Millionen Franken unterstützen würden. Der Beschwerdeführer macht geltend, dieses Vorgehen verletze § 85 des Stimmrechtsgesetzes und verhindere eine unverfälschte Willenskundgabe. Der Beschwerdeführer macht damit eine Verletzung seiner politischen Rechte geltend. Das kann grundsätzlich mit Stimmrechtsbeschwerde gerügt werden.

1.2 Beschwerdeinstanz ist der Regierungsrat (§ 158 StRG). Als Stimmberechtigter von Luzern ist der Beschwerdeführer zur Beschwerdeführung legitimiert (§ 160 Abs. 4 StRG). Die Beschwerde erfolgte innerhalb der Rechtmittelfrist und damit rechtzeitig (§ 160 Abs. 2 StRG).

Auf die Stimmrechtsbeschwerde ist somit einzutreten.

2. Die in der Bundesverfassung vom 18. April 1999 (BV) verankerte Garantie der politischen Rechte (Art. 34 Abs. 1 BV) schützt die freie Willensbildung und die unverfälschte Stimmabgabe (Art. 34 Abs. 2 BV). Nach der Praxis des Bundesgerichts müssen Abstimmungsund Wahlverfahren so ausgestaltet sein, dass die freie und unbeeinflusste Äusserung des Wählerwillens gewährleistet ist. Geschützt wird namentlich das Recht der aktiv Stimmberechtigten, weder bei der Bildung noch bei der Äusserung des politischen Willens unter Druck gesetzt oder in unzulässiger Weise beeinflusst zu werden (BGE 129 I 185 E. 5 S. 192). Die Stimmberechtigten haben Anspruch darauf, dass kein Abstimmungsergebnis anerkannt wird, das nicht den freien Willen der Stimmberechtigten zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt (BGE 130 I 290 E. 3 S. 294 mit Hinweisen). Sie sollen ihre politische Entscheidung gestützt auf einen gesetzeskonformen sowie möglichst freien und umfassenden Prozess der Meinungsbildung treffen und mit ihrer Stimme zum Ausdruck bringen können (BGE 121 I 138 E. 3 S. 141).

2.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, der Verzicht des Grossen Stadtrates von Luzern auf eine bedingte Abstimmungsvorlage erlaube es den Stimmberechtigten nicht, ihren Willen unverfälscht zum Ausdruck zu bringen. Die Anordnung der Abstimmung über die Fusion Littau-Luzern auf den 17. Juni 2007 verletze die unverfälschte Stimmabgabe, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststehe, ob die Stimmberechtigten des Kantons Luzern dem Fusionsbeitrag von 20 Millionen Franken zustimmen. Städtische Stimmberechtigte, welche die Zustimmung oder Ablehnung der Fusion vom 20-Millionen-Franken-Kredit abhängig machten, hätten keine Möglichkeit, diesen Willen kundzutun. Die Vorinstanz bestreitet dies und macht geltend, dass die Fusion der beiden Gemeinden unabhängig von der Ausrichtung des kantonalen Beitrags realisiert werden solle.

2.2 Gemäss § 85 StRG kann eine Abstimmungsvorlage die Bedingung enthalten, dass sie auch im Fall der Annahme nur in Kraft tritt, wenn eine andere mit ihr zusammenhängende Vorlage angenommen wird oder eine andere Bedingung sich erfüllt. Diese Bestimmung bezweckt, den Stimmberechtigten eine differenzierte Stimmabgabe zu ermöglichen. Die darin vorgesehene Lösung kommt namentlich bei Bauvorhaben zur Anwendung. So kann beispielsweise den Stimmberechtigten - zusätzlich zur Bauvorlage für ein neues Schulhaus - eine besondere Vorlage für eine weitere Turnhalle unterbreitet werden, welche die Bedingung enthält, dass dieser Kreditbeschluss nur in Kraft tritt, wenn der Kredit für die Schulhausanlage angenommen wird (vgl. Botschaft B 65 des Regierungsrates vom 16. April 1985 zum Entwurf eines Stimmrechtsgesetzes, in: Verhandlungen des Grossen Rates [GR] 1985, S. 330). § 85 StRG würde es grundsätzlich erlauben, die Fusion der Gemeinden Littau und Luzern nur in Kraft treten zu lassen, wenn die Stimmberechtigten des Kantons Luzern dem Dekret über die finanzielle Unterstützung der Gemeindevereinigung Littau-Luzern zustimmen. Die Vorinstanz hat sich jedoch bewusst für ein anderes Vorgehen entschieden und einen entsprechenden Antrag des Beschwerdeführers als Mitglied des Grossen Stadtrates abgelehnt. Sie wollte die Fusion von Littau und Luzern gerade nicht zwingend vom Kantonsbeitrag abhängig machen. Nötigenfalls würde man die Fusion ohne finanzielle Hilfe des Kantons realisieren. Die Vorinstanz folgte dem Argument des Stadtrates, dass das Projekt Littau-Luzern zu bedeutsam für die Zukunft sei, um es von einem einmaligen 20-Millionen-Franken-Beitrag des Kantons abhängig zu machen. Damit entschied sich die Vorinstanz dafür, den Stimmberechtigten die Fusion von Littau und Luzern ohne Wenn und Aber, das heisst ohne einschränkende Bedingung zu unterbreiten. Dagegen ist nichts einzuwenden. Es trifft zwar zu, dass die Befürworter der Fusion, welche diese von der Ausrichtung des Kantonsbeitrags abhängig machen wollen, sich dadurch veranlasst sehen können, gegen die Vorlage zu stimmen. Sie können indessen aber auch der Fusion zustimmen und anschliessend das Dekret über die finanzielle Unterstützung der Gemeindevereinigung Littau-Luzern gutheissen. Das Risiko, dass die Fusion ohne den Kantonsbeitrag zustande kommt, bleibt zwar bestehen. Den Stimmberechtigten wird mit diesem Vorgehen aber grösstmögliche Entscheidungsfreiheit geboten. Mit dem vom Beschwerdeführer verlangten Vorbehalt wäre es den Stimmberechtigten von Littau und Luzern verwehrt, einer Fusion ohne Kantonsbeitrag zuzustimmen. Unter dem Gesichtspunkt des Stimmrechts ist gegen das von der Vorinstanz gewählte Vorgehen nichts einzuwenden, da dieses den Stimmberechtigten grössere demokratische Mitgestaltungsmöglichkeiten gewährt.

2.3 Dass der individuelle politische Wille in Einzelfällen nur unzureichend ausgedrückt werden kann, lässt sich in kollektiven Entscheidungssituationen nicht immer vermeiden. Die Stimmberechtigten haben an der Urne zwischen ja, nein und Enthaltung zu wählen. Nuancierte Haltungen müssen auf diese Optionen reduziert werden. Das System der direkten Demokratie versteht kein "ja, aber", kein "so nicht", kein "teilweise einverstanden". Im Fall einer Volksabstimmung über eine einzige Vorlage müssen sich die Stimmberechtigten auch dann für die Gutheissung oder Ablehnung der ganzen Vorlage entscheiden, wenn sie mit einzelnen Punkten nicht einverstanden sind und andere befürworten (BGE 113 Ia 46 E. 6a S. 57). Dafür, dass unter diesen Bedingungen dennoch von freier und unverfälschter Willenskundgabe gesprochen werden kann, sorgen zwei stimmrechtliche Grundsätze: der Anspruch auf Einheit der Materie und der Anspruch auf differenzierte Antwort bei Vorlagen mit Gegenentwurf (Pierre Tschannen, Stimmrecht und politische Verständigung, Basel und Frankfurt am Main 1995, Nr. 464; Hiller, a.a.O., S. 121f.). Der Beschwerdeführer macht keine Verletzung dieser beiden Grundsätze geltend. Die Abstimmung über die Fusion der Gemeinden Littau und Luzern regelt denn auch weder verschiedene Bereiche ohne sachlichen Zusammenhang, noch stellen sie und die Abstimmung über den Kantonsbeitrag eine Doppelabstimmung über zwei Vorlagen dar, welche den gleichen Gegenstand betreffen. In der städtischen Volksabstimmung vom 17. Juni 2007 geht es um die Fusion der Gemeinden Littau und Luzern. Demgegenüber geht es bei der voraussichtlich im Herbst 2007 stattfindenden kantonalen Abstimmung um die Bewilligung eines Unterstützungsbeitrags von 20 Millionen Franken für diese Vereinigung. Daraus ergibt sich keine Verletzung der freien Willensäusserung.

2.4 Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, der Kantonsbeitrag sei von derart grosser finanzpolitischer und abstimmungsrelevanter Bedeutung, dass bei der Abstimmung vom 17. Juni 2007 Klarheit darüber herrschen müsse. Falls der Kantonsbeitrag abgelehnt werde, koste die Fusion die Stimmberechtigten 20 Millionen Franken mehr. In diesem Fall müssten diese Fusionsmehrkosten zwingend den städtischen Stimmberechtigten zum Entscheid vorgelegt werden. Die Vorinstanz weist darauf hin, dass auch bei andern Vorlagen, namentlich Bauprojekten, eine Ungewissheit bezüglich der Höhe von Beiträgen Dritter bestehe. Auch in diesen Fällen würden die Stimmberechtigten nicht wissen, wie hoch die Kosten seien, welche die Stadt schliesslich zu tragen habe. Aus diesem Grund werde jeweils ein Bruttokredit eingeholt. Die Stimmberechtigten würden auch in diesen Fällen lediglich wissen, wie hoch die Ausgaben maximal sein werden.

Der Stadtrat von Luzern führt in den Erläuterungen zur städtischen Volksabstimmung vom 17. Juni 2007 aus, dass ein Teil der Fusionskosten, aber auch der Kosteneinsparungen und Synergien 2010 anfalle, sobald die Fusion in Kraft trete. Ein beträchtlicher Teil werde jedoch mit zeitlicher Verzögerung wirksam. Somit würden sich über den Zeitraum von 2010 bis 2016 ungedeckte Kosten von 21 Millionen Franken ergeben. Diese sollten durch den Kantonsbeitrag gedeckt werden. Falls aber die Stimmberechtigten des Kantons Luzern den Unterstützungsbeitrag ablehnen würden, müssten die einmaligen Fusionskosten von 21 Millionen Franken durch das vereinigte Gemeinwesen getragen werden. Dies würde den erwarteten Rechnungsausgleich um 2 bis 3 Jahre verzögern. Diese Ausführungen zeigen den Stimmberechtigten die Folgen einer Ablehnung des Kantonsbeitrags auf. Die Stimmberechtigten haben damit am 17. Juni 2007 grundsätzlich darüber zu entscheiden, ob sie einer Fusion Littau-Luzern mit all ihren Folgekosten, das heisst unabhängig von einem allfälligen Kantonsbeitrag zustimmen wollen. Damit haben sie auch die Möglichkeit, über die Fusionskosten abzustimmen. Dies entspricht den Grundsätzen einer Volksabstimmung beim Finanzreferendum und verletzt die Abstimmungsfreiheit nicht.

2.5 Zusammenfassend ergibt sich, dass sowohl das Vorgehen des Grossen Stadtrates von Luzern, das Inkrafttreten der Fusion der Gemeinden Littau und Luzern nicht vom Zustandekommen des Kantonsbeitrags abhängig zu machen, als auch die Festlegung des Abstimmungstermins durch den Stadtrat von Luzern auf den 17. Juni 2007 die Abstimmungsfreiheit der Stimmberechtigten nicht verletzt. Die Stimmrechtsbeschwerde erweist sich in diesen Punkten als unbegründet und ist abzuweisen.

3. Der Beschwerdeführer beantragt eventualiter, der Stadtrat und der Grosse Stadtrat von Luzern seien superprovisorisch anzuweisen, den Beschluss des Grossen Stadtrates vom 26. April 2007 mit einer Ziffer 3 zu ergänzen, wonach der Vertrag über die Fusion der Gemeinde Littau und der Gemeinde Luzern sowie der für die Umsetzung der Fusion bewilligte Kredit in der Höhe von 2 Millionen Franken (städtischer Nettoanteil: 1,565 Mio. Franken) nur in Kraft träten, wenn das vom Grossen Rat des Kantons Luzern am 20. März 2007 beschlossene Dekret über die finanzielle Unterstützung der Gemeindevereinigung Littau-Luzern ebenfalls in Kraft trete. Der Beschwerdeführer ersucht damit um eine Änderung beziehungsweise Ergänzung des Beschlusses des Grossen Stadtrates vom 26. April 2007. Zu prüfen ist, ob dies mit Stimmrechtsbeschwerde verlangt werden kann.

3.1 Die Stimmrechtsbeschwerde gemäss den §§ 158ff. StRG ermöglicht die Anfechtung von Stimmregisterentscheiden und die Rüge von Verfahrensmängeln bei der Vorbereitung und der Durchführung von Wahlen und Abstimmungen. Sie richtet sich gegen Mängel im formellen Abstimmungsverfahren. Sie eignet sich nicht zur Anfechtung materieller Beschlüsse der Stimmberechtigten oder der Gemeindebehörden (LGVE 1999 III Nr. 4; Stöckli, a.a.O., S. 236). Von der Stimmrechtsbeschwerde werden nur die Abstimmungen der Stimmberechtigten erfasst. Nicht erfasst werden die Abstimmungen im Kreis anderer kommunaler Organe wie beispielsweise Gemeindeparlamente (vgl. Willi, a.a.O., S. 43). Eine Verletzung des Stimmrechts würde nämlich voraussetzen, dass dieses durch eine Abstimmung, das heisst durch direkte Teilnahme der Stimmberechtigten an einem Abstimmungsverfahren hätte ausgeübt werden können. Bei einer einem kommunalen Parlament vorbehaltenen Abstimmung kann daher nicht das Stimmrecht der Stimmberechtigten, sondern allenfalls eine Vorschrift organisatorischer Natur verletzt werden (BGE 112 Ia 174 E. 2 S. 176, 105 Ia 370 E. 3a S. 373). Die Stimmrechtsbeschwerde bietet keine Handhabe, um einen Beschluss des Grossen Stadtrates von Luzern anzufechten. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Grossen Stadtrates kann deshalb nicht als Stimmrechtsbeschwerde entgegengenommen werden (LGVE 1992 III Nr. 2).

3.2 Gemäss § 142 Absatz 1b des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 3. Juli 1972 (VRG) können beim sachlich zuständigen Departement Entscheide der obersten Verwaltungsinstanz von Gemeinden und andern dem Kanton nachgeordneten Gemeinwesen sowie von unteren Instanzen der kantonalen Verwaltung, ausgenommen die Departemente, mit Verwaltungsbeschwerde angefochten werden. Der Grosse Stadtrat von Luzern als Gemeindeparlament ist keine Verwaltungsinstanz. Er ist deshalb gemäss § 6 VRG diesem Gesetz nicht unterstellt (vgl. auch Botschaft B 184 des Regierungsrates vom 15. März 1971 über die Gesetzesentwürfe über die Organisation des Verwaltungsgerichts und die Verwaltungsrechtspflege, in: GR 1972, S. 235). Demzufolge kann der Beschluss des Grossen Stadtrates von Luzern vom 26. April 2007 über die Fusion Littau-Luzern auch nicht mit Verwaltungsbeschwerde angefochten werden. Zu prüfen ist, ob ein anderes Rechtsmittel gegeben ist.

3.3 Ist weder eine Verwaltungsbeschwerde, noch eine Stimmrechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Grossen Stadtrates von Luzern zulässig, bleibt einzig das subsidiäre Rechtsmittel der Gemeindebeschwerde gemäss § 109 des Gemeindegesetzes vom 4. Mai 2004 (GG). Sofern nämlich kein anderes Rechtsmittel gegeben ist, können die Beschlüsse der Gemeindeorgane und der Gemeindeverbände beim Regierungsrat mit Gemeindebeschwerde angefochten werden. Als Gemeindeorgane sind auch die Gemeindeparlamente zu betrachten (LGVE 1992 III Nr. 2, 1976 III Nr. 27; Botschaft B 27 des Regierungsrates vom 14. Oktober 2003 zum Entwurf eines neuen Gemeindegesetzes, in: GR 2004, S. 484). Damit ist im vorliegenden Fall grundsätzlich das Rechtsmittel der Gemeindebeschwerde gegeben. Der Regierungsrat ist zur Behandlung der Beschwerde zuständig (§ 109 Abs. 1 GG). Die Beschwerde erfolgte innerhalb der Beschwerdefrist (§ 109 Abs. 3 GG). Zu prüfen bleibt die Beschwerdebefugnis des Beschwerdeführers.

4. Gemäss § 109 Absatz 2 GG ist zur Einreichung der Gemeindebeschwerde befugt, wer ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat. Unter schutzwürdigen Interessen werden dabei nicht nur die rechtlich geschützten, sondern auch die wirtschaftlichen, ideellen und sogar die rein tatsächlichen Interessen von Beschwerdeführern verstanden. Erforderlich ist jedoch eine besondere, beachtenswerte, nahe Beziehung des Beschwerdeführers zum Streitgegenstand. Dieser muss davon mehr als irgendjemand oder die Allgemeinheit betroffen sein (LGVE 1992 III Nr. 2, 1981 III Nr. 6, 1977 III Nr. 6; vgl. auch GR 2004, S. 484). Die Verfolgung bloss allgemeiner Interessen der Öffentlichkeit ohne persönliche Betroffenheit reicht daher nicht aus. Nur wer vom angefochtenen Beschluss im Sinn eines Nachteils oder einer Beeinträchtigung persönlich betroffen ist, hat ein Rechtsschutzinteresse, welches zur Einreichung einer Gemeindebeschwerde legitimiert (Willi, a.a.O., S. 156f.). Vorausgesetzt ist zudem, dass sich die Beschwerde gegen einen Beschluss der Stimmberechtigten oder der Gemeindebehörde richtet. Als Beschluss im weitesten Sinn lässt sich alles bezeichnen, was eine Behörde durch Abstimmung annimmt oder ablehnt. Nach der Rechtsprechung des Regierungsrates setzt die Anfechtung mit förmlicher Gemeindebeschwerde einen Beschluss voraus, welcher Rechtswirkungen nach aussen zur Folge hat und deshalb nach dem Verwaltungsrechtspflegegesetz anfechtbaren Entscheiden gleichzustellen ist (LGVE 2006 III Nr. 2 E. 1.4.1).

Es kann vorliegend offen bleiben, ob der Beschwerdeführer zur Einreichung einer Gemeindebeschwerde befugt ist. Selbst wenn auf die Beschwerde eingetreten werden könnte, wäre sie abzuweisen, weil - wie bereits erwähnt - der Beschluss des Grossen Stadtrates die Abstimmungsfreiheit der Stimmberechtigten nicht verletzt. (Regierungsrat, 29. Mai 2007, Nr. 624; das Bundesgericht wies die gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde mit Urteil 1C_185/2007 am 6. November 2007 ab, soweit es darauf eintrat.)

Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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