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Urteil Regierungsrat (LU)

Kopfdaten
Kanton:LU
Fallnummer:RRE Nr. 459
Instanz:Regierungsrat
Abteilung:-
Regierungsrat Entscheid RRE Nr. 459 vom 22.04.2008 (LU)
Datum:22.04.2008
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Ortsplanungsverfahren. Öffentliche Auflage. Nachträgliche Änderungen. § 63 Absatz 2 PBG. Nach der öffentlichen Auflage beschlossene Änderungen im Sinn von § 63 Absatz 2 PBG, die den betroffenen Grundeigentümerinnen und Grundeigentümern innert drei Arbeitstagen seit dem Tag der Beschlussfassung mit Rechtsmittelhinweis mitzuteilen sind, können nur unerhebliche Anpassungen zum Gegenstand haben.
Schlagwörter: Planung; Einsprache; Planungs; Auflage; Landhauszone; öffentlich; Gebiet; Gemeinde; Einzonung; Wohnzone; Einwohnerrat; Bevölkerung; Einsprachen; Kommunale; Zweigeschossige; Beschlussfassung; Ortsplanungsverfahren; Planungsträger; Einwände; Entscheid; Einspracheverfahren; Gehörs; Politisch; Aufgelegten; Gütliche; Anpassung; Kommunalen; Mitwirkungsrechte; Gebiets
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Aus den Erwägungen:

9. Weiter werden die fehlende Information und eine Verletzung des rechtlichen Gehörs im Planungsverfahren gerügt. In beiden dieser Rügepunkte kommt der öffentlichen Auflage und dem daran anschliessenden Einspracheverfahren eine grosse Bedeutung zu. Nachfolgend ist deshalb auf den konkreten Verfahrensablauf, der in den angefochtenen Planungsbeschluss mündete, einzugehen.

9.1 Änderungen des Zonenplans und des Bauund Zonenreglements, welche eine Gemeinde vornehmen will, sind von ihr nach der kantonalen Vorprüfung gemäss den Vorschriften des Planungsund Baugesetzes vom 7. März 1989 (PBG) während 30 Tagen öffentlich aufzulegen, wobei die Auflage mit dem Hinweis auf die Einsprachemöglichkeit öffentlich bekannt zu machen ist (vgl. § 61 Abs. 1 und 4 PBG). Entsprechend dem im PBG vorgegebenen Ablauf des Ortsplanungsverfahrens folgt darauf gegebenenfalls das Einspracheverfahren mit Einspracheverhandlungen und Beschlussfassung über die Einspracheanträge zuhanden des kommunalen Entscheidsorgans (§§ 62 und 63 PBG).

9.2 Teil der öffentlichen Auflage im Juni 2006 war - wie bereits erwähnt - unter anderem die Einzonung des Gebiets A in die zweigeschossige Wohnzone. Die Einzonung dieses Gebiets in die Landhauszone und die entsprechenden Zonenvorschriften lagen jedoch nie öffentlich auf. Auch wenn die Landhauszone mit der öffentlich aufgelegten Fläche im Gebiet A, für welche nach ursprünglicher Absicht eine zweigeschossige Wohnzone vorgesehen war, deckungsgleich ist, muss von einer neuen Planung ausgegangen werden, welche vor der Beschlussfassung hätte öffentlich aufgelegt werden müssen. Der Wechsel von der zweigeschossigen Wohnzone zur Landhauszone führt zu anderen Überbauungsmöglichkeiten. Zudem existierte eine Landhauszone in der Bauund Zonenordnung (BZR) der Gemeinde bislang nicht.

9.3 Selbst wenn die Einzonung in die Landhauszone als Änderung der öffentlich aufgelegten Einzonung angesehen werden könnte, hätte dies nicht von einer nochmaligen öffentlichen Auflage entbunden. Denn bei wesentlichen Änderungen nach der öffentlichen Auflage - sei es aufgrund der gütlichen Erledigung von Einsprachen (vgl. die in § 62 Abs. 2 PBG vorgesehene Wiederholung des Einspracheverfahrens für betroffene Dritte) oder aus anderen Gründen - ist eine erneute öffentliche Auflage während 30 Tagen bei einem unbestimmten Kreis von Betroffenen unumgänglich. Nachträglich beschlossene Änderungen im Sinn von § 63 Absatz 2 PBG, die den betroffenen Grundeigentümern innert drei Arbeitstagen seit dem Tag der Beschlussfassung mit dem Rechtsmittelhinweis mitzuteilen sind, können, so ist daraus zu folgern, nur unerhebliche Anpassungen zum Gegenstand haben. Dass die Einführung einer neuen Bauzonenart nicht als unerhebliche nachträgliche Anpassung im Sinn von § 63 Absatz 2 PBG bezeichnet werden kann, steht ausser Frage.

9.4 Die öffentliche Auflage dient verschiedenen Zwecken: Sie gewährleistet den Rechtsschutz von betroffenen Grundeigentümern, garantiert die Wahrung des rechtlichen Gehörs und stellt mit Blick auf eine aktive Beteiligung der Bevölkerung (vgl. Art. 33 Abs. 2 und 3 des Raumplanungsgesetzes [RPG]) Publizität her, sodass jedermann von einer Planungsvorlage Kenntnis erlangen kann. Damit wird auch der demokratischen Willensbildung im Sinn von Artikel 34 der Bundesverfassung, welcher die politischen Rechte der Stimmbürgerschaft verfassungsrechtlich garantiert, und den Mitwirkungsrechten der Bevölkerung im Planungsverfahren im Sinn von Artikel 4 RPG Rechnung getragen (Bernhard Waldmann/Peter Hänni, Handkommentar RPG, Bern 2006, N 8 zu Art. 33; Heinz Aemisegger/Stephan Haag, Kommentar RPG, Zürich 1999, Rz. 10 zu Art. 33; EJPD/BRP, Erläuterungen zum Bundesgesetz über die Raumplanung, Bern 1981, N 6 zu Art. 33).

9.5 Weil im Luzerner Ortsplanungsverfahren in der ersten Phase der Rechtsschutz nicht von der politischen Willensbildung abgekoppelt ist, hat - abgesehen von hier nicht weiter interessierenden Fällen - eine öffentliche Auflage vor der Beschlussfassung des kommunalen Planungsträgers zu erfolgen. Ansonsten würde insbesondere den Beschwerdeführern die Möglichkeit vorenthalten, dass ihre im Rahmen einer Einsprache vorgebrachten Argumente im Hinblick auf eine gütliche Lösung (§ 62 Abs. 1 PBG) diskutiert oder dann durch den Einwohnerrat behandelt werden. Zudem ginge ihnen im Ergebnis eine Rechtsmittelinstanz verloren (vgl. Urteil V 07 6 des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 20. Februar 2008, E. 4f.bb). Es ist durchaus anzunehmen, dass die Schaffung einer Landhauszone, um gute Steuerzahler in die Gemeinde zu bringen, in der Bevölkerung zu reden gegeben hätte. Darauf lassen auch die Diskussionen im Einwohnerrat schliessen. Auch können die gegen die zweigeschossige Wohnzone im Gebiet A eingereichten Einsprachen nicht als Einsprachen gegen die Landhauszone betrachtet und als solche - noch dazu ohne jegliche Begründung - abgewiesen werden. Infolgedessen stellt die fehlende öffentliche Auflage eine Verletzung des rechtlichen Gehörs sowie der planungsrechtlichen Informationsund Mitwirkungsrechte der Bevölkerung dar. Diese formellen Mängel können im Rahmen des vorliegenden Genehmigungsverfahrens nicht geheilt werden. Der erstmalige Entscheid über die Einwände gegen eine umstrittene Einzonung darf nicht ins Beschwerdeverfahren verlagert werden. Die Genehmigungsbehörde hat das der Gemeinde gestützt auf Artikel 2 Absatz 3 RPG zustehende Planungsermessen zu beachten. Der kommunale Planungsträger ist deshalb in seinem Entscheid - insbesondere über Einwände im Rahmen von Einsprachen - freier als der Regierungsrat bei der Beurteilung von Beschwerden. Es ist folglich vorliegend unabdingbar, dass zuerst der Einwohnerrat als zuständiger Planungsträger der Gemeinde das nach den §§ 61ff. PBG korrekt durchzuführende Verfahren auf kommunaler Ebene abschliesst und in Kenntnis aller sachbezüglichen Einwände über die Planung befindet. Dabei kann der Einwohnerrat sehr wohl politisch entscheiden und braucht seine Gründe nur beschränkt offen zu legen. Vorliegend wäre jedoch - wie gesagt - zuerst das Ortsplanungsverfahren (inkl. Vorprüfung) für die Landhauszone im Gebiet A sowie für die Artikel 4 Absatz 1c und Artikel 9a BZR durchzuführen. (Regierungsrat, 22. April 2008, Nr. 459)

Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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