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Urteil Appellationsgericht (BS)

Kopfdaten
Kanton:BS
Fallnummer:BES.2019.261 (AG.2020.692)
Instanz:Appellationsgericht
Abteilung:
Appellationsgericht Entscheid BES.2019.261 (AG.2020.692) vom 05.10.2020 (BS)
Datum:05.10.2020
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Öffentlichkeitsfahndung (Internetfahndung) mit unverpixelten Fotos
Schlagwörter: Person; Schwer; Beschwerde; öffentlich; Beschwerdeführer; Öffentlichkeit; Staatsanwalt; Werden; Staatsanwaltschaft; Liegen; Öffentlichkeitsfahndung; Vorliegen; Vorliegend; Tatverdacht; Verpixelt; Verfahren; Fahndung; Verpixelte; AaO; Personen; Medien; Bewilligt; öffentliche; Gewalt; Interesse; Stellt; Publikation; Bewilligte; Stehen
Rechtsnorm: Art. 10 BV ; Art. 10 EMRK ; Art. 10 StPO ; Art. 11 EMRK ; Art. 113 StPO ; Art. 13 BV ; Art. 134 StGB ; Art. 16 BV ; Art. 196 StPO ; Art. 197 StPO ; Art. 210 StPO ; Art. 211 StPO ; Art. 22 BV ; Art. 260 StGB ; Art. 29 BV ; Art. 309 StPO ; Art. 32 BV ; Art. 36 BV ; Art. 384 StPO ; Art. 393 StPO ; Art. 396 StPO ; Art. 42 BGG ; Art. 429 StPO ; Art. 48 BGG ; Art. 6 EMRK ; Art. 7 BV ; Art. 73 StPO ; Art. 74 StPO ; Art. 8 EMRK ;
Referenz BGE:132 I 256; 143 I 147; 145 IV 42;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Appellationsgericht

des Kantons Basel-Stadt

Dreiergericht



BES.2019.261


ENTSCHEID


vom 5. Oktober 2020



Mitwirkende


lic. iur. Gabriella Matefi, lic. iur. Christian Hoenen, lic. iur. Lieselotte Henz

und Gerichtsschreiber Dr. Peter Bucher




Beteiligte


A____ Beschwerdeführer

[ ]

vertreten durch [ ], Advokat,

[ ]

gegen


Staatsanwaltschaft Basel-Stadt Beschwerdegegnerin

Binningerstrasse21, 4001Basel



Gegenstand


Beschwerde gegen einen Entscheid der Staatsanwaltschaft

vom 28. November 2019


betreffend Öffentlichkeitsfahndung (Internetfahndung) mit unverpixelten Fotos



Sachverhalt

Die rechtsextreme Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) und weitere Organisationen veranstalteten am 24. November 2018 auf dem Messeplatz eine polizeilich bewilligte Standkundgebung gegen den Migrationspakt der UNO. Die JUSO und weitere Parteien und Organisationen veranstalteten gleichentags als Gegendemonstration eine ebenfalls polizeilich bewilligte Standkundgebung in der Dreirosenanlage. Für denselben Tag polizeilich bewilligt wurden weitere Anlässe, so eine Kundgebung der LGBTI, eine Kundgebung der UNIA sowie als Grossanlässe der Weihnachtsmarkt und der Stadtlauf. Im Internet wurde indessen auch zu einer unbewilligten Gegendemonstration gegen die Standkundgebung der PNOS auf dem Messeplatz aufgerufen, welchem Aufruf mehrere Hundert Personen Folge leisteten. Die Polizei versuchte mit einem Grossaufgebot, ein direktes Aufeinandertreffen des linken und des rechten Lagers zu verhindern. Es kam zu Ausschreitungen mit Gewalttätigkeiten an Personen, Sachen sowie gegen die Polizei. Der öffentliche Tram- und Busverkehr wurde umgeleitet und teilweise eingestellt. Die Einsatzkräfte zeichneten das Geschehen teilweise auf Video auf.

Die Kriminalpolizei der Staatsanwaltschaft konnte in der Folge als mutmassliche Delinquierende rund 35 Erwachsene und 2 Jugendliche identifizieren. Bei 20 Personen gelang die Identifikation nicht. Am 3. Oktober 2019 ordnete die Staatsanwaltschaft die Publikation der Fotos von 20 Tatverdächtigen im Internet an. Dabei sollte nach dem Dreistufenmodell der Schweizerischen Staatsanwältekonferenz (SSK) vorgegangen werden: 1. Ankündigung der Veröffentlichung von Fotos mittels Medienmitteilung und Ansetzung einer Frist, sich zu stellen; 2. Publikation gepixelter Bilder der Tatverdächtigen; 3. Veröffentlichung der unverpixelten Bilder. Bilder von allfällig identifizierten Personen sollten unverzüglich gelöscht werden. Dementsprechend forderte die Staatsanwaltschaft mit einer ersten Medienmitteilung vom 6. November 2019 unter Hinweis auf die von ihr und der Jugendanwaltschaft geführten Verfahren wegen Verdachts des Angriffs, des Landfriedensbruchs, der Körperverletzung, der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, der Nötigung sowie der Störung des öffentlichen Verkehrs "diejenigen Personen, welche an den gewalttätigen Auseinandersetzungen beteiligt waren" auf, "sich bei der Kriminalpolizei der Staatsanwaltschaft zu melden. Sofern die Gesuchten nicht ermittelt werden können, werden in einer zweiten Phase die verpixelten Fotos der Tatverdächtigen zu Fahndungszwecken veröffentlicht. In einem dritten Schritt werden die Fotos der mutmasslichen Täter vollumfänglich publiziert". Die Basler Zeitung (BaZ) berichtete darüber unter dem Titel: "Linken Gewalttätern droht der Online-Pranger".

Die Staatsanwaltschaft nahm in ihrer zweiten Medienmitteilung vom 14. November 2019 Bezug auf die erste Medienmitteilung und führte weiter aus: "Da sich bis anhin niemand gemeldet hat, erfolgt eine Veröffentlichung der verpixelten Fotos. Als nächstes werden die ungepixelten Fotos zu Fahndungszwecken vollumfänglich von denjenigen Personen publiziert, welche sich nicht gemeldet haben. Fotos von gesuchten Personen, die aufgrund von Dritthinweisen oder eigener Meldung identifiziert werden konnten, werden nicht veröffentlicht." Veröffentlicht hat die Staatsanwaltschaft auf ihrer Internetseite insoweit verpixelte Fotos der Gesuchten, als das Gesichtsfeld weitgehend (Augen, Nase, Ober- und teilweise Unterlippe) schwarz abgedeckt ist. Die BaZ berichtete darüber und publizierte die verpixelten Fotos ebenfalls.

Unter Bezugnahme auf die beiden vorangegangenen Medienmitteilungen führte die Staatsanwaltschaft mit dritter Medienmitteilung vom 28. November 2019 aus: "Da sich bis anhin niemand gemeldet hat, werden die Fotos der gesuchten Personen, gestützt auf das Dreistufenmodell der SSK, zu Fahndungszwecken veröffentlicht." Veröffentlicht wurden auf der Internetseite der Staatsanwaltschaft nun die unverpixelten Fotos. Die BaZ berichtete darüber und publizierte die unverpixelten Fotos ebenfalls, in der Online-Ausgabe unter dem Titel "Wanted" und in der Printausgabe unter dem Titel "Krawallbrüder".

A____ hat sich am 2. Dezember 2019 bei der Staatsanwaltschaft gemeldet und angegeben, er sei die gesuchte Person B____. Die Staatsanwaltschaft hat seine Identität abgeklärt und dann auf ihrer Internetseite sein Foto umgehend gelöscht.

Am 9. Dezember 2019 erhob A____, vertreten durch Advokat [...], beim Appellationsgericht Beschwerde und stellte die Anträge, es sei festzustellen, dass die durch die Staatsanwaltschaft mit dem Zeugenaufruf vom 28. November 2019 (10.30 Uhr) erfolgte Veröffentlichung eines unverpixelten Fotos der Person B____, bei welcher es sich entweder um den Beschwerdeführer oder eine diesem sehr ähnlich sehende Person handle, unzulässig gewesen sei; unter o/e-Kostenfolge, eventualiter unter Bewilligung der amtlichen Verteidigung.

Die Staatsanwaltschaft hat mit Medienmitteilung vom 23. Dezember 2019 bekannt gegeben, im Rahmen der Öffentlichkeitsfahndung seien 5 Personen ermittelt worden, wovon sich 3 selbst gemeldet hätten und 2 aufgrund von Hinweisen Dritter hätten identifiziert werden können. Weitere Hinweise seien in Abklärung, die Fahndung werde weitergeführt, die Öffentlichkeitsfahndung dagegen aufgehoben. Die Staatsanwaltschaft hat die Fotos von ihrer Internetseite entfernt und die Medien gebeten, ebenso zu verfahren und die Bilder nicht mehr zu verwenden.

Mit Stellungnahme vom 20. Januar 2020 beantragt die Staatsanwaltschaft, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen; unter o/e Kostenfolge. Der Beschwerdeführer hält mit Replik vom 15. Mai 2020 an seinen Anträgen fest, ebenso im Wesentlichen mit weiterer Eingabe vom 20. August 2020, womit er die Ankündigung des Abschlusses der Untersuchung der Staatsanwaltschaft vom 14.August 2020 aufgelegt hat; am Gesuch um unentgeltliche amtliche Verteidigung hat er indessen nicht festgehalten. Letztere Eingabe wurde der Staatsanwaltschaft zur Kenntnisnahme zugestellt.

Der vorliegende Entscheid ist aufgrund der Akten ergangen. Die Einzelheiten des Sachverhalts und der Standpunkte ergeben sich, soweit sie für den Entscheid von Bedeutung sind, aus den nachfolgenden Erwägungen.

Erwägungen

1.

1.1 Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Staatsanwaltschaft können mit Beschwerde bei der Beschwerdeinstanz angefochten werden (Art.393 Abs.1 lit.a der Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO, SR 312.0]). Die Öffentlichkeitsfahndung gemäss Art. 211 StPO figuriert unter dem Titel der Zwangsmassnahmen (Art. 197 ff. StPO). Vorliegend fusst die Publikation der Fotos im Internet in Anwendung des Dreistufenmodells auf dem eingangs erwähnten Entscheid der Staatsanwaltschaft vom 3. Oktober 2019. Gegen die Anordnung und auch gegen die Durchführung von Zwangsmassnahmen ist die Beschwerde zulässig, insbesondere auch gegen Fahndungen im Sinn von Art. 210 f. StPO (Guidon, in: Basler Kommentar StPO, 2. Auflage 2014, Art. 393 N 10; Weder, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2. Auflage, Zürich 2014, Art. 211 N 19; Simona Künzli, Internetfahndung, Zürcher Studien zum Verfahrensrecht 2017, S. 130), mithin also auch gegen die vorliegend konkret angefochtene Publikation unverpixelter Fotos im Rahmen der auf Art. 211 StPO gestützten Öffentlichkeitsfahndung: Es handelt sich dabei im Sinne der Praxis um eine gegen aussen wirksame Handlung der Staatsanwaltschaft, welche auf den Verfahrensgang, also die Einleitung und die Durchführung des Verfahrens gerichtet und prozessrechtlich geregelt ist (Guidon, a.a.O., Art. 393 StPO N 6). Tatsächlich hat die Staatsanwaltschaft umgehend ein Verfahren gegen den Beschwerdeführer eröffnet, nachdem er sich gemeldet hatte.

1.2 Es stellt sich die Frage nach dem rechtlich geschützten Interesse des Beschwerdeführers (Art.382 Abs.1 StPO). Wie bereits erwähnt, hat er sich der Staatsanwaltschaft gestellt, worauf sie das Foto der Person B____ vom Internet heruntergenommen hat.

1.2.1 (Auch) in diesem Zusammenhang beruft sich der Beschwerdeführer zunächst auf die Unschuldsvermutung. Auf der veröffentlichten, unverpixelten Foto der gesuchten Person B____ handle es sich entweder um den Beschwerdeführer oder um eine diesem sehr ähnlich sehende Person, was für die vorliegende Beschwerde von untergeordneter Bedeutung sei, da der Beschwerdeführer in beiden Fällen ähnlich beschwert sei. Da der Beschwerdeführer zudem eine Verletzung des nemo tenetur Prinzips (niemand ist verpflichtet, sich selber zu belasten) sowie von Art. 74 Abs. 3 StPO (bei der Orientierung der Öffentlichkeit sind der Grundsatz der Unschuldsvermutung und die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zu beachten) geltend macht, kann ihm soweit gefolgt werden: Von ihm kann nicht verlangt werden, sich als Täter zu bezichtigen, bloss um im vorliegenden Verfahren als Beschwerdeführer legitimiert zu sein. Von der Veröffentlichung des Fotos der Person B____ ist er auch dann berührt, wenn er diese Person nicht selber ist, sondern ihr bloss sehr ähnlich sieht. Somit ist in Nachachtung dieser Grundsätze nachfolgend die Begrifflichkeit des Beschwerdeführers zu übernehmen und die Person B____ nicht mit dem Beschwerdeführer gleichzusetzen.

1.2.2 Die Staatsanwaltschaft hat die Foto der Person B____ am 2. Dezember 2019 vom Internet heruntergenommen und die Medien aufgefordert, ebenso zu verfahren und die Fotos nicht mehr zu verwenden. Ein aktuelles Rechtsschutzinteresse, etwa an der Entfernung des Fotos, besteht insoweit nicht mehr. Der Beschwerdeführer macht folgerichtig ein Interesse an der Feststellung geltend, die Veröffentlichung des unverpixelten Fotos sei unzulässig. Ein solches Feststellungsinteresse ist zu bejahen, zumal das Foto erst vom Internet entfernt wurde, nachdem sich der Beschwerdeführer zu erkennen gegeben hatte, woraufhin gegen ihn ein Verfahren eröffnet wurde, und zumal sich eine solche Publikation jederzeit wiederholen könnte, ohne dass sie bei allfälliger Rechtswidrigkeit rechtzeitig verhindert werden könnte. Das Feststellungsinteresse ist vorliegend grundsätzlicher Natur, wie der Beschwerdeführer zutreffend festhält. Gemäss Künzli (a.a.O., S. 130) kann die Feststellung einer unzulässigen Öffentlichkeitsfahndung aber auch zu Schadenersatz- und Genugtuungsansprüchen gemäss Art. 429 und 431 StPO führen; solche Ansprüche werden vorliegend indessen nicht geltend gemacht. Für den vorliegenden Fall zu kurz greifen die Kommentatoren Ziegler/Keller (in: Basler Kommentar StPO, 2. Auflage 2014, Art. 383 N 2 Fn 9), wonach bei Aufhebung einer Zwangsmassnahme während des Rechtsmittelverfahrens das Rechtsmittel abzuschreiben wäre, wenn die nachträgliche Rechtmässigkeitskontrolle im Entschädigungsverfahren stattfinden kann, denn im Kontext von Art. 429 ff. StPO stellen sich in der Regel kaum jene grundsätzlichen Fragen in solcher Konsequenz, welche dem notwendigen grund- und verfahrensrechtlichen Fokus vorgängig der Veröffentlichung unverpixelter Bilder entspricht. Vielmehr ist nach der bundesgerichtlichen Praxis auf das aktuelle praktische Rechtsschutzinteresse zu verzichten, wenn sich die mit der Beschwerde aufgeworfene Frage jederzeit und unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen könnte, an ihrer Beantwortung wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung ein hinreichendes öffentliches Interesse besteht und eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre (BGer 6B_729/2018vom 26. September 2018 E. 1.2 m.w.H.). Dies ist vorliegend der Fall. Der Beschwerdeführer ist überdies, sei es als Person B____, sei es als dieser sehr ähnlich sehende Person von der Publikation des unverpixelten Bildes (und der Weiterverbreitung in den Medien) sowie der damit zusammenhängenden Eröffnung eines Verfahrens gegen ihn selber von der Veröffentlichung der Foto mehr als die Allgemeinheit berührt. Er hat ein schützenswertes Feststellungsinteresse. Auch die Feststellung von Rechtswidrigkeit kann eine Genugtuung für den Rechtssuchenden darstellen.

1.3 Die Staatsanwaltschaft stellt sich auf den Standpunkt, auf die Beschwerde sei zufolge Verspätung nicht einzutreten. Die 10-tägige Beschwerdefrist gemäss Art. 396 Abs. 1 StPO habe bereits mit der ersten Medienmitteilung vom 6. November 2019, spätestens aber mit der Veröffentlichung der verpixelten Fotos am 14. November 2019 zu laufen begonnen, die Beschwerde datiere jedoch vom 2. Dezember 2019. Der Beschwerdeführer weist indessen zu Recht darauf hin, dass die Frist mit der tatsächlichen Kenntnisnahme durch den Adressaten zu laufen beginnt (Art. 384 StPO; Guidon, a.a.O., Art. 396 StPO N 1). Gestützt auf den nemo tenetur Grundsatz war der Beschwerdeführer nicht verpflichtet, sich in Anbetracht des verpixelten Fotos selber zu belasten und sich bei der Staatsanwaltschaft zu melden, sondern er durfte die Veröffentlichung des unverpixelten Fotos abwarten um beurteilen zu können, ob es sich bei der darauf abgebildeten Person mit einer gewissen Deutlichkeit um ihn selber oder eine ihm sehr ähnlich aussehende Person handelt oder nicht. Am 29. November 2019 wurde das unverpixelte Bild der Person B____ veröffentlicht, wogegen der Beschwerdeführer am 2. Dezember 2019 und somit rechtzeitig Beschwerde erhoben hat.

1.4 Der Beschwerdeführer macht als Beschwerdegründe geltend, die Veröffentlichung des Fotos verstosse gegen die Unschuldsvermutung gemäss Art. 10 Abs. 2 (recte: 1) StPO, Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK, weil sie eine Vorverurteilung enthalte. Eingegriffen werde auch in das Recht auf Privatsphäre sowie auf informationelle Selbstbestimmung gemäss Art. 13 BV und Art. 8 EMRK. Verletzt seien zudem die Bestimmungen von Art. 74 StPO, insbesondere Abs. 3 sowie von Art. 197 StPO, insbesondere Abs. 1 lit. d. Tangiert werde auch der Grundsatz nemo tenetur gemäss Art. 113 StPO und damit der Anspruch auf ein faires Verfahren gemäss Art.29 BV und Art. 6 EMRK. Schliesslich würden die Grundrechte auf Meinungsäusserung (Art. 16 Abs. 2 BV und Art. 10 EMRK) und auf Versammlung (Art. 22 BV und Art. 11 EMRK) beschnitten, namentlich wegen des "chilling effect". Replicando macht der Beschwerdeführer ferner eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts in Bezug auf den der Person B____ vorgehaltenen Sachverhalt geltend. Dies sind grundsätzlich zulässige Beschwerdegründe. Soweit sich hinsichtlich einzelner Beschwerdegründe Einschränkungen bezüglich der Legitimation des Beschwerdeführers ergeben, wird nachfolgend an geeigneter Stelle darauf einzugehen sein.

1.5 Auf die nach Art.396 Abs.1StPO frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist folglich einzutreten. Die Kognition des Beschwerdegerichts ist frei und somit nicht auf Willkür beschränkt (Art.393 Abs.2 StPO). Zuständiges Beschwerdegericht ist in der Regel das Appellationsgericht als Einzelgericht. In Fällen von besonderer Tragweite kann die Verfahrensleitung anordnen, dass das Dreiergericht entscheidet (§§88 Abs.1 und 93 Abs.1 Ziff.1 des Gerichtsorganisationsgesetzes [GOG, SG154.100]). Ein solcher Fall liegt hier vor.

2.

Zunächst sind die geltend gemachten Grund- und Verfahrensrechte, auf welche sich der Beschwerdeführer beruft, im Einzelnen darzustellen.

2.1 Die Unschuldsvermutung gemäss Art. 6 Ziff. 2 EMRK, Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 10 Abs. 1 StPO besteht darin, dass jede Person bis zu ihrer rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig gilt. Art. 74 Abs. 3 StPO statuiert für die Orientierung der Öffentlichkeit ausdrücklich, dass der Grundsatz der Unschuldsvermutung der Betroffenen zu beachten ist.

Der Beschwerdeführer macht geltend, die mit dem Zeugenaufruf erfolgte Veröffentlichung des unverpixelten Fotos der Person B____ verstosse gegen die Unschuldsvermutung, weil sie eine - wenn nicht direktvorsätzliche, so doch zumindest eventualvorsätzliche - Vorverurteilung enthalte. Die Staatsanwaltschaft habe nämlich am 6.November 2019 die Veröffentlichung der Fotos zunächst in verpixelter und dann in unverpixelter Form angekündigt und am 14. November 2019 das verpixelte Bild des Beschwerdeführers veröffentlicht. Die BaZ habe schon über die Medienmitteilung vom 6. November 2019 sowie über den Zeugenaufruf vom 14. November 2019 an prominenter Stelle und jeweils in vorverurteilender Art und Weise unter Publikation der verpixelten Bilder berichtet ("Linken Gewalttätern droht der Online-Pranger", "gewalttätige Demonstranten"). Am 28. November 2019 habe die Beschwerdegegnerin einen erneuten Zeugenaufruf "Öffentlichkeitsfahndung (unverpixelte Fotos)" unter Beilage aller unverpixelten Fotos in einer PDF-Datei abgesetzt. Darunter habe sich auch das unverpixelte Foto der "Person B____" befunden. Wiederum habe die BaZ sowohl in ihrer Online-Ausgabe vom 28. November 2019 sowie in ihrer Print-Ausgabe vom 29. November 2019 unter Veröffentlichung sämtlicher unverpixelter Fotos berichtet, darunter auch das Foto der Person B____. Sie habe "Krawallbrüder am Pranger" getitelt. Der Artikel habe sich auf der Titelseite der Rubrik "Basel Stadt Land Region" gefunden und eine ganze Zeitungsseite gefüllt. Das Foto der Person B____ habe sich dabei direkt unter dem Titel unter dem Wort "Krawallbrüder" befunden. Wahrheitswidrig werde unter anderem behauptet, dass "[v]or einem Jahr [ ] auf dem Messeplatz viele aufgeladene Männer an einer bewilligten Kundgebung der rechtsextremen Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) zu massiver Gewalt [gegriffen hätten]". Ferner werde insinuiert, dass die gesuchten Personen "dem schwarzen Block" angehören würden. Der Artikel sei überdies - wie zu erwarten gewesen sei - mit den nur allzu bekannten wutbürgerlichen Leserkommentaren versehen worden, die solche Artikel nach sich zögen. Sie belegten, wie stark sich die durch die Veröffentlichung unverpixelter Fotos erfolgte Vorverurteilung in der Volksseele festsetze: Die auf den Fotos abgebildeten Personen würden als u.a. "Feiglinge", "Beteiligte der Chaoten und Randaliererliga" und "gewaltbereite Chaoten" verunglimpft und vorverurteilt: "Selber schuld!" "Kein Zweifel, das sind Linksextreme." "Herrlich und auch traurig dass dies bereits der Höhepunkt der Bestrafung bedeutet." "Ist bewiesen das jemand straffällig ist, dann gehört ab einer gewissen Verbrechensstufe wie z.B. Gewalttaten der Persönlichkeitsschutz ausser Kraft gesetzt." Gleichzeitig werde dem Ruf nach harten Strafen das Wort geredet: "Findet sie und bestraft sie hart!" Es würden "härtere Strafen für die Chaoten" gefordert. Man müsse "gesetzestreue Härte zeigen - ohne Weichspülprogramm!" Einmal werde sogar direkt auf Person B____ Bezug genommen: "Person B____ sieht so normal aus, einfach ein normaler Hipster mit Bart. Es schaudert mich, dass solche Linksextremen unter uns sind und niemand weiss, was ihre Gesinnung ist." Dennoch werde immerhin von einem Kommentierenden die Problematik der Veröffentlichung unverpixelter Fotos auf den Punkt gebracht: "Super, da gibt es einen Typen, der sieht mir echt zum Verwechseln ähnlich. Ich bin recht schockiert... Danke viel Mal, ... Ich war garantiert nie bei der PNOS, aber auch nie an einer Gegen-Demo. Was, wenn ich jetzt in Verruf komme?" All dies habe sich nicht nur ohne faires Verfahren ergeben, ohne Richterspruch, ohne Möglichkeit, sich erklären zu können, sondern möglicherweise sogar auch ohne sich überhaupt strafbar gemacht zu haben. Der Beschwerdeführer sei Familienvater dreier Kinder und er sei in der Kinder- und Jugendarbeit tätig. Sein Strafregister sei bis auf ein hier nicht einschlägiges Verkehrsdelikt vor 10 Jahren blank. Nach der Veröffentlichung der Fotos habe er Anrufe vom Schulleiter, von Eltern und Kindern erhalten, die ihren Unglauben kundgetan hätten.

Die Verteidigung wirft zu Recht die Frage auf, ob die Staatsanwaltschaft die richtige Passivlegitimierte sei oder ob nicht eher die BaZ auf zivilrechtlichem Weg ins Recht zu fassen wäre (Beschwerde Ziff. 22 ff.): Die Titel und Texte der BaZ weisen in der Tat vorverurteilende Züge auf, die in den eingangs zitierten Pressemitteilungen der Staatsanwaltschaft so nicht zu finden sind. Abgesehen von der Kostenintensität des zivilrechtlichen gegenüber dem strafprozessrechtlichen Vorgehen macht die Verteidigung indessen geltend, eine vorverurteilende Veröffentlichung von Fotos könnte damit in Zukunft nicht verhindert werden; sie verlangt justiziable Vorgaben seitens der Rechtsprechung. Die Staatsanwaltschaft sei Mittäterin, denn ihr Tatbeitrag sei conditio sine qua non für die vorverurteilende Berichterstattung, welche sich auch aus der schrittweisen Veröffentlichung gemäss dem Dreistufenmodell ergebe (Beschwerde Ziff. 27). Zudem werde in den drei Medienmitteilungen der Staatsanwaltschaft nicht zwischen den 20 nicht identifizierten Personen differenziert, sondern gegen alle richte sich der Verdacht des Angriffs, des Landfriedensbruchs, der Körperverletzung, der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, der Nötigung sowie der Störung des öffentlichen Verkehrs. Beim Beschwerdeführer fehle ein hinreichender Tatverdacht bezüglich Landfriedensbruch, Körperverletzung, Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, Nötigung und Störung des öffentlichen Verkehrs, und bezüglich Angriff fehle es an der objektiven Strafbarkeitsbedingung einer Körperverletzung (Beschwerde Ziff. 29).

Auf diese Aspekte wird nachfolgend in geeigneter Weise einzugehen sein.

2.2 Der Beschwerdeführer macht weiter einen Eingriff in das Recht auf Privatsphäre sowie auf informationelle Selbstbestimmung gemäss Art. 13 BV und Art. 8 EMRK geltend. Gemäss diesen Bestimmungen hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihres Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs. Art. 13 Abs. 2 BV bestimmt, dass jede Person Anspruch auf Schutz vor Missbrauch ihrer persönlichen Daten hat, worunter auch das Recht am eigenen Bild fällt. Art. 13 BV überschneidet sich teilweise mit dem in Art. 10 Abs. 2 BV verankerten Recht auf persönliche Freiheit, weshalb die Schutznormen parallel zu prüfen sind; Art. 8 EMRK unterscheidet nicht zwischen dem Recht auf Privatsphäre und persönlicher Freiheit (Künzli, a.a.O. S. 58 f.). Auch wer sich in der Öffentlichkeit aufhält, kann sich auf sein Recht auf Privatsphäre berufen. Das Begehen einer Straftat ist ein typischer Fall für das Interesse einer Person am "Recht, allein gelassen zu werden". Privatpersonen müssen nicht hinnehmen, dass sie durch staatliche Organe in Wort, Bild oder Ton aufgezeichnet werden. Das bei der Internetfahndung verwendete Foto- und Videomaterial fällt in den Schutzbereich dieser Normen, ebenso polizeiliche Erkennungsmassnahmen (Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 9. Aufl., Zürich 2016, Rz. 390a; Breitenmoser, in: St. Galler Kommentar, 3. Aufl. 2014, Art. 13 BV N 18, 20; Kiener/Kälin/Wyttenbach, Grundrechte, 3. Aufl., Bern 2018, S. 185; Künzli, a.a.O. S. 49 f.; vgl. BGE 145 IV 42 E. 4.2; BGer 6B_908/2018 vom 7. Oktober 2019 E. 3.1.1), so auch die vorliegend angefochtene Publikation der Foto von Person B____. Art. 74 Abs. 3 StPO statuiert für die Orientierung der Öffentlichkeit im Strafverfahren ausdrücklich, dass die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zu beachten sind. Auch darauf wird einzugehen sein.

2.3 Weiter rügt der Beschwerdeführer einen Eingriff in die Grundrechte auf Meinungsäusserung (Art. 16 Abs. 2 BV und Art. 10 EMRK) und auf Versammlung (Art. 22 BV und Art. 11 EMRK), namentlich wegen des "chilling effect". Der Beschwerdeführer beruft sich auf BGE 143 I 147. Gegenstand dieses Präjudizes ist eine im Luzerner Polizeigesetz vorgesehene, anteilsmässige Kostentragungspflicht der an der Gewaltausübung beteiligten Personen von maximal Fr. 30'000.- für die Kosten eines Polizeieinsatzes. Besprochen hat das Bundesgericht insbesondere die grundsätzliche Abschreckungswirkung einer solchen Regelung, also den "chilling effect", sowie das Äquivalenzprinzip. Zunächst verweist das Bundesgericht in Erwägung 3.2 dieses Urteils aber darauf, dass es die Grundzüge der Meinungs- und Versammlungsfreiheit für Kundgebungen auf öffentlichem Grund in BGE 132 I 256 E.3 S. 258 ff. (mit Hinweisen) so zusammengefasst habe: "Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit erhalten im Zusammenhang mit Demonstrationen einen über reine Abwehrrechte hinausgehenden Charakter und weisen ein gewisses Leistungselement auf. Die angesprochenen Grundrechte gebieten in Grenzen, dass für Kundgebungen öffentlicher Grund zur Verfügung gestellt wird. Ferner sind die Behörden verpflichtet, durch geeignete Massnahmen wie etwa durch Gewährung eines ausreichenden Polizeischutzes dafür zu sorgen, dass öffentliche Kundgebungen tatsächlich stattfinden können und nicht durch gegnerische Kreise gestört oder verhindert werden. Demonstrationen können einer Bewilligungspflicht unterstellt werden. Im Bewilligungsverfahren darf die Behörde die gegen eine Kundgebung sprechenden polizeilichen Gründe, die zweckmässige Nutzung des öffentlichen Grunds im Interesse der Allgemeinheit und der Anwohner und die mit einer Kundgebung verursachte Beeinträchtigung von Freiheitsrechten unbeteiligter Dritter mitberücksichtigen. Zu den polizeilichen Gründen zählen namentlich die Aufrechterhaltung der Sicherheit und die Abwendung unmittelbarer Gefahren von Ausschreitungen, Krawallen und Gewalttätigkeiten sowie Übergriffen und Straftaten jeglicher Art. Die öffentliche Ordnung lässt keinen Raum für Meinungskundgebungen, die mit rechtswidrigen Handlungen (wie z.B. Sachbeschädigungen) verbunden sind oder einen gewalttätigen Zweck verfolgen. In den grundrechtlichen Schutzbereich fallen dementsprechend nur (ursprünglich) friedliche Versammlungen. Im Bewilligungsverfahren ist dem ideellen Gehalt der Meinungs- und Versammlungsfreiheit Rechnung zu tragen. Die verschiedenen Interessen sind nach objektiven Gesichtspunkten gegeneinander abzuwägen und zu gewichten. Eine dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit genügende Gestaltung kann die Anordnung von Auflagen und Bedingungen sowie eine entsprechende verhältnismässige Mitwirkung der Veranstalter erfordern [...]. In diesem Sinne besteht gestützt auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit grundsätzlich ein bedingter Anspruch, öffentlichen Grund für Kundgebungen mit Appellwirkung zu benützen. Art.22 BV schützt nach dem Gesagten nur friedliche Versammlungen."

Ausgangspunkt ist vorliegend die angekündigte, durch die Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit geschützte und polizeilich bewilligte Standkundgebung der PNOS auf dem Messeplatz. Die Behörden waren somit verpflichtet, durch geeignete Massnahmen wie etwa durch Gewährung eines ausreichenden Polizeischutzes dafür zu sorgen, dass diese öffentliche Kundgebung tatsächlich würde stattfinden können und nicht durch gegnerische Kreise gestört oder verhindert würde. In Nachachtung dessen wollte die Polizei mit ihrem Grossaufgebot die ungestörte Durchführung der Standkundgebung der PNOS gewährleisten.

Um auch der Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit des politisch entgegengesetzten, also linken Lagers Rechnung zu tragen, hat die Polizei auch die Standkundgebung der JUSO bewilligt, dies naheliegenderweise aus Sicherheitsgründen an einer anderen Lokalität, nämlich in der Dreirosenanlage. Dieser Gegenkundgebung schlossen sich die meisten grösseren Parteien und weitere Organisationen an. Somit bestand für alle Interessierten eine polizeilich bewilligte und eigens dazu vorgesehene Möglichkeit, ihre der politischen Haltung der PNOS gegenüber kritische Meinung an einer Gegenkundgebung zu äussern. Dem Polizeirapport vom 6.Dezember 2018 ist jedoch zu entnehmen, dass in bekannten linksextremen oder antifaschistischen Internetforen zur Versammlung auf dem Messeplatz, mithin dem Kundgebungsplatz der PNOS aufgerufen wurde, um "dieser rechten Hetze keinen Platz zu lassen". Die Standkundgebung der PNOS auf dem Messeplatz sollte verhindert werden. In den sozialen Medien wurde dazu aufgerufen, "im Rücken der Nazis diesen den Tag zu vermiesen. Treffpunkt Messeplatz." Die von der Polizei befürchteten, von dieser unbewilligten Gegenkundgebung ausgehenden Ausschreitungen fanden dann tatsächlich statt (vgl. Polizeirapport vom 24. November 2018).

Bis hierhin ist festzuhalten, dass diese unbewilligte Gegenkundgebung direkt darauf angelegt war, die bewilligte und grundrechtlich geschützte Kundgebung der PNOS zu stören und zu verhindern, und zwar zumindest implizit auch mit Gewalt ("den Nazis den Tag vermiesen"; "keinen Platz lassen"). Dass um Bewilligung für diese Gegenkundgebung auch nur nachgesucht worden wäre, ergibt sich aus den Akten nicht. Mit der somit unbewilligten Gegenkundgebung sollte also die der PNOS zustehende Meinungs- und Versammlungsfreiheit beschnitten werden. Demgegenüber bestand eine Handlungsalternative durchaus, um auf legale Weise eine PNOS-kritische Haltung kundzutun, hatte die JUSO doch eigens hierfür eine Gegenkundgebung organisiert, die polizeilich bewilligt und damit auch grundrechtlich und polizeilich geschützt war. Bei dieser Ausgangslage besteht gestützt auf die zitierte bundesgerichtliche Rechtsprechung (vgl. auch Kiener/Kälin/Wyttenbach, a.a.O., S. 263 f.) kein Raum dafür, die illegale Gegenkundgebung auf dem Messeplatz dem Schutzbereich der Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu unterstellen, denn diese illegale Gegenveranstaltung hat sich gegen eine grundrechtlich geschützte Veranstaltung und damit gegen dieselben Grundrechte gerichtet, auf welche sich nun der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren selber berufen will (vgl. auch Art. 36 BV, wonach Einschränkungen von Grundrechten u.a. durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein können). Die unbewilligte Gegenkundgebung war von Beginn weg zumindest implizit auf Gewalt ausgerichtet, und solche Gewalt fand erwartungsgemäss statt. Wie erwähnt, hätte für die Interessierten mit der bewilligten Gegenveranstaltung der JUSO eine valable Handlungsalternative bestanden. Der Beschwerdeführer kann sich auf diese Grundrechte somit nicht berufen.

Dieser Befund bestätigt sich mit den weiteren Ausführungen des Bundesgerichts (a.a.O.): "Art. 22 BV schützt nach dem Gesagten nur friedliche Versammlungen. Entwickelt sich bei einer anfänglich friedlichen Versammlung Gewalt in einem Ausmass, dass die meinungsbildende Komponente völlig in den Hintergrund tritt, kann der Schutz des Grundrechts entfallen. Kleinere Gruppen, die am Rand einer Versammlung randalieren, können den Grundrechtsschutz für die Versammlung als Ganzes hingegen nicht beseitigen [ ]. Der Umstand, dass es an einer ursprünglich friedlichen Kundgebung zu Gewaltausübung kommt, lässt den Grundrechtsschutz somit nicht von vorneherein dahinfallen". Vorliegend war es, wie dargelegt, umgekehrt. Die fragliche, unbewilligte Kundgebung war im Grundsatz zumindest implizit auch auf Gewalt ausgelegt, und von Beginn weg wurde tatsächlich Gewalt ausgeübt. Eine friedliche und polizeilich bewilligte Alternative wäre mit der Gegenveranstaltung der JUSO zur Verfügung gestanden. Wie nachfolgend (Ziff. 4) dargestellt wird, ist insbesondere die Person B____ auf den Standbildern des Videos dabei zu sehen, wie sie selber tätlich an einer Attacke auf einen Teilnehmer der Veranstaltung der PNOS mitwirkt. Der Beschwerdeführer kann sich auf diesen Grundrechtsschutz somit nicht berufen.

Auf die Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit ist in diesem Sinne nicht weiter einzugehen. Gleichwohl wird in anderem Zusammenhang auf den "chilling effect" zurückzukommen sein (Ziff. 5.4).

2.4 Der Beschwerdeführer macht sodann eine Verletzung des Grundsatzes nemo tenetur gemäss Art. 113 StPO und damit des Anspruchs auf ein faires Verfahren gemäss Art. 29 BV und Art. 6 EMRK geltend. Der nemo tenetur Grundsatz ist Ausfluss des in Art. 29 BV verankerten Anspruchs auf "gerechte Behandlung" sowie des in Art. 6 EMRK verankerten Anspruchs auf "faires Verfahren" und wird in Art. 113 Abs.1 StPO konkretisiert. Demnach muss sich die beschuldigte Person "nicht selbst belasten. Sie hat namentlich das Recht, die Aussage und die Mitwirkung im Strafverfahren zu verweigern. Sie muss sich aber den gesetzlich vorgesehenen Zwangsmassnahmen unterziehen." Die Publikation verpixelter und die Ankündigung der Veröffentlichung unverpixelter Fotos wird mitunter als Zwang zur Selbstbelastung bezeichnet (Künzli, a.a.O. S. 140). Der nemo tenetur Grundsatz beansprucht jedoch keine absolute Geltung (Künzli, a.a.O. S. 138). Vielmehr gelten in Lehre und Praxis Zwangsmassnahmen als mit dem nemo tenetur Grundsatz prinzipiell und unter gewissen Voraussetzungen vereinbar (Künzli, a.a.O. S. 140 ff.), was bereits aus dem soeben zitierten Wortlaut von Art. 113 Abs. 1 letzter Satz StPO hervorgeht. Darauf wird zurückzukommen sein.

2.5 Replicando macht der Beschwerdeführer schliesslich eine unrichtige Feststellung des Sachverhalts in Bezug auf die der Person B____ vorgehaltenen Verfehlungen geltend, und dies vertieft er mit der Eingabe vom 20. August 2020 (act. 10). Darauf wird zurückzukommen sein (Ziff. 4).

3.

In Frage stehen mit der Publikation unverpixelter Fotos einhergehende Beschränkungen von Verfahrens-, Individual- und Grundrechten. Gemäss Art. 36 BV bedürfen Einschränkungen von Grundrechten einer gesetzlichen Grundlage und müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein. Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein. Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar (Häfelin/Haller/Keller/ Thurnherr, a.a.O., Rz. 302 ff.; Weder, a.a.O., Art. 211 N 4).

Zunächst ist auf die gesetzlichen Grundlagen einzugehen.

3.1 Rechtsgrundlage der Öffentlichkeitsfahndung ist unter der Marginalie "Mithilfe der Öffentlichkeit" zunächst Art. 211 Abs. 1 StPO (in der Beschwerdeschrift nicht erwähnt), wonach die Öffentlichkeit zur Mithilfe bei der Fahndung aufgefordert werden kann. Dieser Grundsatz wird durch weitere Bestimmungen konkretisiert. Systematisch findet sich Art. 211 StPO zusammen mit Art. 210 StPO unter der Überschrift "Fahndung", welche unter dem Titel der Zwangsmassnahmen (Art. 196 ff.) figuriert. Unter den Begriff der Zwangsmassnahmen fallen laut Art. 196 StPO Verfahrenshandlungen der Strafbehörden, die in Grundrechte der Betroffenen eingreifen und die dazu dienen, (lit. a) Beweise zu sichern und (lit. b) die Anwesenheit von Personen im Verfahren sicherzustellen [ ]. Grundsätzlich können gemäss Art. 197 Abs. 1 StPO Zwangsmassnahmen nur ergriffen werden, wenn (lit. a) sie gesetzlich vorgesehen sind, (lit. b) ein hinreichender Tatverdacht vorliegt, (lit. c) die damit angestrebten Ziele nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden können und (lit. d) die Bedeutung der Straftat die Zwangsmassnahme rechtfertigt. Laut Art. 197 Abs. 2 StPO sind Zwangsmassnahmen, die in die Grundrechte nicht beschuldigter Personen eingreifen, besonders zurückhaltend einzusetzen. Im Unterschied zu Art. 36 BV findet das öffentliche Interesse keine explizite Erwähnung, weil diesem das Strafverfahren per se dient (Weber, in: Basler Kommentar StPO, 2. Auflage 2014, Art. 197 N 3). Als Grundsatz für die Fahndung hält Art. 210 Abs. 1 StPO fest, dass Staatsanwaltschaft, Übertretungsstrafbehörden und Gerichte zur Ermittlung des Aufenthaltsortes Personen ausschreiben können, deren Aufenthalt unbekannt und deren Anwesenheit im Verfahren erforderlich ist. Zur Mithilfe bei der Fahndung kann wie erwähnt gestützt auf Art. 211 Abs. 1 StPO die Öffentlichkeit aufgefordert werden. Grundsätzlich sind die Strafbehörden zwar an die in Art. 73 StPO verankerte Geheimhaltungspflicht gebunden. Ausnahme davon ist die in Art. 74 StPO verankerte Orientierung der Öffentlichkeit. Gemäss dessen Abs. 1 lit. a kann die Öffentlichkeit über hängige Verfahren orientiert werden, wenn dies erforderlich ist, damit die Bevölkerung bei der Aufklärung von Straftaten oder bei der Fahndung nach Verdächtigen mitwirkt. Dabei sind laut Art. 74 Abs. 3 StPO der Grundsatz der Unschuldsvermutung und die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zu beachten. Unter den allgemeinen Begriff der Öffentlichkeitsfahndung fällt der Einbezug der Bevölkerung in die Fahndung nach Personen, Sachen oder Vermögenswerten unter Benützung der Medien, einschliesslich des Internets (Rüegger, in: Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 211 StPO N 3).

Eine formellgesetzliche Grundlage (auch im Sinn von Art. 197 Abs. 1 lit. a StPO) für die Öffentlichkeitsfahndung ist in Art. 211 StPO somit vorhanden, umso mehr, als sie durch die weiteren genannten Regelungen konkretisiert wird. Dass dabei in die Grundrechte und Verfahrensgarantien beschuldigter, aber auch nicht beschuldigter Personen eingegriffen werden kann, ergibt sich direkt aus Art. 196 StPO, Art. 197 Abs. 2 StPO und indirekt aus Art. 74 Abs. 3 StPO. Das öffentliche Interesse besteht zuvorderst in der Strafverfolgung. Die StPO konkretisiert den Verhältnismässigkeitsgrundsatz namentlich in Form von Anforderungen an den Tatverdacht, die Bedeutung der Straftat, das erfolglose Ausschöpfen milderer Mittel und mit ausdrücklichen Hinweisen auf die Grundrechte.

3.2 Die Staatsanwaltschaft stützt ihr Vorgehen ausdrücklich auch auf das in der Empfehlung zur "Öffentlichkeitsfahndung bei Ausschreitungen und Krawallen" der SSK vom 21. November 2013 verankerte Dreistufenmodell (act. 4).

3.2.1 Einleitend vermerkt diese Empfehlung SSK, dass bei der Fahndung nach Art.211 StPO das Verfahrensinteresse im Vordergrund stehe und nicht etwa (wie bei Art. 74 StPO) auch das Interesse der Öffentlichkeit an einer Mitteilung. Den Begriff der Öffentlichkeitsfahndung definiert die Empfehlung unter Verweis auf den Basler Kommentar (Rüegger, a.a.O., Art. 211 StPO N 3) als Einbezug der Bevölkerung in die Fahndung nach Personen, Sachen oder Vermögenswerten unter Benützung der Medien, einschliesslich des Internets. Auch bei der Voraussetzung einer "gewissen Schwere der zu untersuchenden Straftat" stützt sich die Empfehlung auf den Basler Kommentar (Rüegger, a.a.O., Art. 211 StPO N 9 und 27 f.). Danach ist es "nicht nur bei Kapitalverbrechen (namentlich Tötungsdelikten) möglich, eine Öffentlichkeitsfahndung anzuordnen, sondern es muss sich grundsätzlich um ein gravierendes Delikt im Bereich der Verbrechenstatbestände oder von schwerwiegenden Vergehen handeln, an deren Aufklärung ein erhebliches öffentliches Interesse besteht. Bei Krawallen und Ausschreitungen wird aufgrund der konkreten Gefährdung einer grossen Zahl von Personen die Öffentlichkeitsfahndung ebenfalls als zulässig erachtet; dies obschon es teilweise 'nur' zu weniger schwerwiegenden Delikten kommt, wie etwa einfachen Körperverletzungen, Sachbeschädigungen, Landfriedensbruch, Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte etc.". Weiter setzt die Empfehlung einen dringenden Tatverdacht voraus sowie den Umstand, dass "eine Person bei der Tat abgebildet" sein muss. Sodann müssen "alle polizeilichen Ermittlungs- und Fahndungsmassnahmen ausgeschöpft sein: Die Öffentlichkeitsfahndung setzt voraus, dass die bisherigen Fahndungsmittel nicht zum Erfolg führten oder voraussichtlich nicht zum Erfolg führen können. Es müssen somit alle Fahndungsmittel der Polizei ausgeschöpft worden sein, wie etwa Rechtshilfeersuchen an andere Kantonspolizei, Intranet, Social Media etc. Erst wenn diese nicht zum Erfolg geführt haben, darf die Öffentlichkeit zur Mithilfe aufgefordert werden." Die Anordnung dazu soll von der Staatsanwaltschaft ausgehen und nach dem Dreistufenmodell erfolgen, welches wie folgt beschrieben wird: "Die Veröffentlichung erfolgt in der Regel in einem Dreistufenmodell. Als erstes wird die Veröffentlichung öffentlich angekündigt. Als zweiter Schritt werden die Bilder (möglichst ohne Darstellung der Person bei der Tathandlung) verpixelt ins Internet gestellt. Nur wenn dies zu keinen Ergebnissen führt, werden die Aufnahmen in einem dritten Schritt unverpixelt veröffentlicht. Jede der drei Stufen dauert eine Woche (Hinweis: Bei Kapitaldelikten erfolgt aufgrund zeitlicher Dringlichkeit die sofortige Fahndung und nicht das oben genannte dreistufige Vorgehen.)." Wird Bildmaterial veröffentlicht, so sollen eingehende Hinweise auf mutmassliche Täterschaft sofort bearbeitet werden können und die umgehende Entfernung der Bilder aus dem Internet sichergestellt sein. Hierzu soll die Polizei eine 24-Stunden-Erreichbarkeit sicherstellen und sollen die übrigen Schweizer Polizeikorps orientiert werden, damit auch die in einem anderen Kanton eingehenden Hinweise dem verfahrensführenden Kanton übermittelt werden.

3.2.2 Es stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis diese Empfehlung SSK zur gesetzlichen Regelung steht. Der Beschwerdeführer macht geltend, die SSK sei nicht zur Gesetzgebung befugt und schliesst auf ungenügende Bestimmtheit der formellgesetzlichen Grundlagen. Wie vorstehend dargestellt (Ziff. 3.1), besteht indessen in Art. 211 StPO mit den weiteren konkretisierenden gesetzlichen Bestimmungen der StPO eine genügende formellgesetzliche Grundlage für die Öffentlichkeitsfahndung. Die Verteidigung erwähnt in ihrer Beschwerdeschrift Art. 211 StPO nicht. Es liegt in der Natur gesetzlicher Bestimmungen als generell-abstrakte Normen, dass sie der Auslegung zugänglich sind und gegebenenfalls auch bedürfen.

3.2.2.1 Art. 211 StPO selber enthält keine Beschränkung des Anwendungsbereichs der Öffentlichkeitsfahndung auf bestimmte Delikte oder Deliktskategorien. Die Verteidigung fordert demgegenüber eine Beschränkung auf die in Art. 260bis StGB gelisteten Katalogtaten, zu welchen Vorbereitungshandlungen strafbar erklärt werden (Beschwerde Rz. 52), mithin also Schwerstverbrechen. Direkt anwendbar ist indessen Art. 197 Abs. 1 lit. d StPO, wonach die Zwangsmassnahme zulässig ist, wenn sie "die Bedeutung der Straftat rechtfertigt." Eine derart starke Einschränkung, wie die Verteidigung sie fordert, ergibt sich daraus nicht. Vielmehr legt die Formulierung die Anwendung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes nahe. Abgestellt wird notabene auf die "Bedeutung der Straftat", also auf die Tat selber, nicht auf bestimmte Straftatbestände oder Kategorien von solchen. Die Zulässigkeit der Öffentlichkeitsfahndung ist also in einer Einzelfallprüfung am Eingriff in die betroffenen Grund- und Verfahrensrechte zu messen.

Ungeachtet des Erfordernisses der Einzelfallprüfung scheint in Lehre und Praxis insoweit Einigkeit zu herrschen, bereits auf generell-abstrakter Ebene eine gewisse Deliktsschwere zu fordern (vgl. Weder, a.a.O., Art. 211 N 8; Entscheid Anklagekammer St. Gallen AK.2015.275 vom 3. November 2015), was in der Empfehlung der SSK, gestützt auf den Basler Kommentar (a.a.O.) in die Formulierung mündet, eine "gewisse Schwere der zu untersuchenden Straftat" vorauszusetzen. Wie bereits erwähnt, verstehen sich darunter laut Empfehlung "schwerwiegende Vergehen, an deren Aufklärung ein erhebliches öffentliches Interesse besteht. Bei Krawallen und Ausschreitungen wird aufgrund der konkreten Gefährdung einer grossen Zahl von Personen die Öffentlichkeitsfahndung ebenfalls als zulässig erachtet; dies obschon es teilweise 'nur' zu weniger schwerwiegenden Delikten kommt, wie etwa einfachen Körperverletzungen, Sachbeschädigungen, Landfriedensbruch, Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte etc." Auch der Bundesrat will nicht nur auf den abstrakten Deliktstypus, sondern auf den "konkreten Unrechtsgehalt" abstellen und erblickt in Art. 211 StPO eine genügende gesetzliche Grundlage für die Internetfahndung, weshalb kein weiterer Regelungsbedarf bestehe (vgl. Künzli, a.a.O., S. 35 f. m.w.H.). Im Rahmen der Interessenabwägung ist neben der objektiven Tatschwere zu berücksichtigen, ob der Beschuldigte eher die Rolle des Mitläufers oder eines Anführers gespielt hat (Rüegger, a.a.O., Art. 211 StPO N 29). Bereits bei der Anforderung an die Deliktsschwere also sollen das hohe öffentliche Interesse an der Aufklärung sowie die dabei typischerweise auftretenden Schwierigkeiten berücksichtigt werden, was insoweit sachlich gerechtfertigt erscheint. Dies gilt insbesondere für den Einbezug von für Krawalle typischen Delikten, ist doch dabei das Potenzial an für die Ordnungskräfte unkontrollierbaren Gewalttätigkeiten besonders gross und sind gleichzeitig die Möglichkeiten der Ordnungskräfte, einzuschreiten, häufig beschränkt, um nicht weitere Eskalation zu riskieren.

Bei allen diesen Ansätzen ist nicht zu übersehen, dass die zu fordernde Schwere der Tat bzw. des Delikts als Element des öffentlichen Interesses in einem gewissen Konnex zur zu fordernden Intensität des Tatverdachts (ebenfalls als Element des öffentlichen Interesses) steht (Entscheid Anklagekammer St. Gallen AK.2015.275 vom 3.November 2015 Ziff. 4.2): Je schwerer die Tat oder das Delikt, desto weniger dringend braucht der Tatverdacht zu sein und umgekehrt. Beidem steht sodann, gleichfalls in Abhängigkeit, die Schwere des konkreten Grundrechtseingriffs gegenüber. Diese Abhängigkeiten widerspiegeln sich augenscheinlich in der Empfehlung SSK, welche Krawalle und dergleichen im Fokus hat, mithin nicht allzuschwere Deliktstypen, weil damit regelmässig ein hohes Aufklärungsinteresse einher geht. Im Gegenzug werden aber sehr hohe Anforderungen an die Intensität des Tatverdachts gestellt. Darauf wird zurückzukommen sein (Ziff. 3.2.2.3).

3.2.2.2 Abzulehnen ist die Lesart des Gesetzestextes durch Künzli (a.a.O., S. 70, 79, 94 ff.) insoweit, als bei der Öffentlichkeitsfahndung gemäss Art. 211 StPO sämtliche Voraussetzungen von Art. 210 Abs. 2 StPO erfüllt sein müssten und insbesondere auch ein Haftgrund, also Flucht-, Kollusions- oder Wiederholungsgefahr vorliegen müsste. Vielmehr zielt Art. 210 Abs. 2 StPO ausdrücklich auf eine Fahndung zwecks Verhaftung und Zuführung ab, und dem massiven und spezifischen Grundrechtseingriff bei einer Verhaftung, nämlich der Aufhebung der Bewegungsfreiheit, entspricht auch das Erfordernis von Haftgründen für die Anordnung von Untersuchungs- oder Sicherheitshaft. Dies sind indes Zwangsmassnahmen, deren Stossrichtung in eine andere Richtung gehen als jene der Öffentlichkeitsfahndung und folglich davon zu unterscheiden sind. Dass die Mithilfe der Öffentlichkeit stets auf Verhaftung und Zuführung (sowie anschliessende Haftanordnung) gerichtet wäre, ergibt sich aus Art.211 StPO indessen nicht, was aber zu erwarten wäre, sollte dies die Intention des Gesetzgebers sein (so auch Weder, a.a.O., Art. 211 N 2). Vielmehr ist davon auszugehen, dass Art. 211 StPO systematisch auf den Grundnormen für die Zwangsmassnahmen (Art. 196 f. StPO), für die Fahndung (Art. 210 Abs. 1 StPO) und für den Einbezug der Öffentlichkeit (Art. 74 StPO) aufbaut, wie auch Künzli - allerdings in Bezug auf die Intensität des Tatverdachts - zu erkennen scheint (a.a.O., S.73 ff.). Die Anforderungen an die Deliktsschwere und auch an die Intensität des Tatverdachts leiten sich also nicht aus Art. 210 Abs. 2 StPO ab, sondern aus den übrigen genannten Bestimmungen, insbesondere Art. 197 Abs. 1 lit. d StPO. Dies schliesst gegebenenfalls eine Öffentlichkeitsfahndung zwecks Verhaftung und Zuführung selbstredend nicht aus, wobei erst dann kumulativ die Voraussetzungen sowohl von Art. 211 als auch 210 Abs. 2 StPO erfüllt sein müssten.

3.2.2.3 Weiter setzt die Empfehlung SSK einen dringenden Tatverdacht voraus sowie den Umstand, dass "eine Person bei der Tat abgebildet" sein muss. Diese Formulierung kommt einem Pleonasmus nahe, wird doch die Abbildung einer Person bei der Tat in den meisten Fällen zugleich einen dringenden Tatverdacht begründen. Die Verteidigung setzt die Latte indessen tiefer und verlangt gestützt auf Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO bloss einen begründeten Tatverdacht. Diese Intensität verlangt das Gesetz etwa, um ein staatsanwaltliches Untersuchungsverfahren zu eröffnen (Art. 309 StPO). Auch für Künzli (a.a.O., S. 73) macht das Abstellen auf die Grundnorm von Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO mit dem Erfordernis des begründeten Tatverdachts "mehr Sinn", als einen dringenden Tatverdacht zu verlangen; dass für die Öffentlichkeitsfahndung nichts aus Art. 210 Abs. 2 StPO abzuleiten ist, wurde soeben dargestellt. Die Staatsanwaltschaft stützt ihr Vorgehen zwar grundsätzlich auf die Empfehlung SSK und somit auf dringenden Tatverdacht, erwähnt aber gleichwohl auch den begründeten Tatverdacht als erforderliche Grundlage (vgl. Vernehmlassung Ziff. 3.4).

Es ist festzuhalten, dass sich aus der StPO primär kein Erfordernis eines dringenden Tatverdachts für die Öffentlichkeitsfahndung ergibt, sondern ein begründeter Tatverdacht gemäss Art. 197 Abs. 1 lit. b StPO der Ausgangspunkt der Überlegungen bildet. Wie bereits erwähnt (Ziff. 3.2.2.1), steht die erforderliche Intensität des Tatverdachts aber in Relation zur Tatschwere bzw. dem fraglichen Delikt als Elemente des öffentlichen Interesses auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite auch zu den fraglichen Eingriffen in die Individual- bzw. Grundrechte (vgl. Weder, a.a.O., Art. 211 N 9 ff.). Steht etwa ein Schwerstverbrechen zur Diskussion, wird ein begründeter Tatverdacht für die öffentliche Fahndung genügen. Vorliegend stehen indessen Taten geringerer Schwere, insbesondere Landfriedensbruch sowie Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte in Frage, und überdies auf der anderen Seite mit der Publikation des Fotos ein erheblicher Grundrechtseingriff, was die Anforderungen an die Intensität des Tatverdachts in die Höhe schnellen lässt. In diesem Sinn ist vorliegend und im Einklang mit den Empfehlungen SSK durchaus ein dringender Tatverdacht zu fordern. Im Rahmen der konkreten Interessenabwägung wird das Verhältnis zwischen konkreter Tatschwere, Tatverdacht und den weiteren öffentlichen Interessen einerseits sowie den Individualinteressen zu ermitteln sein.

3.2.2.4 Sodann müssen laut Empfehlung SSK "alle polizeilichen Ermittlungs- und Fahndungsmassnahmen ausgeschöpft sein: Die Öffentlichkeitsfahndung setzt voraus, dass die bisherigen Fahndungsmittel nicht zum Erfolg führten oder voraussichtlich nicht zum Erfolg führen können. Es müssen somit alle Fahndungsmittel der Polizei ausgeschöpft worden sein, wie etwa Rechtshilfeersuchen an andere Kantonspolizeien, Intranet, Social Media etc. Erst wenn diese nicht zum Erfolg geführt haben, darf die Öffentlichkeit zur Mithilfe aufgefordert werden." Präzisiert wird damit das Element der Erforderlichkeit bei der Interessenabwägung, mithin die (auch in Art. 197 Abs. 1 lit. c StPO verankerte) Forderung nach dem Einsatz des mildesten Mittels bei einem Grundrechtseingriff. Diese Präzisierung ist nicht zu beanstanden.

3.2.2.5 Die Anordnung dazu soll laut Empfehlung SSK von der Staatsanwaltschaft ausgehen und nach dem Dreistufenmodell erfolgen, welches wie folgt beschrieben wird: "Die Veröffentlichung erfolgt in der Regel in einem Dreistufenmodell. Als erstes wird die Veröffentlichung öffentlich angekündigt. Als zweiter Schritt werden die Bilder (möglichst ohne Darstellung der Person bei der Tathandlung) verpixelt ins Internet gestellt. Nur wenn dies zu keinen Ergebnissen führt, werden die Aufnahmen in einem dritten Schritt unverpixelt veröffentlicht. Jede der drei Stufen dauert eine Woche (Hinweis: Bei Kapitaldelikten erfolgt aufgrund zeitlicher Dringlichkeit die sofortige Fahndung und nicht das oben genannte dreistufige Vorgehen.)." Hierzu wird die Rüge erhoben, das Dreistufenmodell verstosse gegen das nemo tenetur Prinzip, indem eine Person sich selber anzeigen muss, um die Veröffentlichung seines Bildes zu verhindern. Dem ist entgegen zu halten, dass grundsätzlich und bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen die direkte Publikation eines unverpixelten Bildes statthaft ist (wie die Empfehlung SSK für Kapitaldelikte ausdrücklich und zutreffend festhält) und vor diesem Hintergrund das schrittweise Vorgehen im Dreistufenmodell wiederum eine Anwendung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes im Sinne eines milderen Mittels darstellt. Auch hier erhellt, dass sich diese Verhältnismässigkeitsüberlegungen bereits auf generell-abstrakter Ebene deshalb aufdrängen, weil die Empfehlung SSK die eher milden Deliktstypen, die bei Krawallen und dergleichen im Vordergrund stehen, im Fokus hat.

Dem ist anzufügen, dass es grundsätzlich im Wesen der Fahndung liegt, nach Personen zu forschen zwecks Aufklärung von Tat und Täterschaft, also auch einer bis anhin unbekannten Identität einer Person, welche dann mittels Signalement, Bildern etc. ausgeschrieben wird (Rüegger/Scherer, in: Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, Art. 210 StPO N 1, 2ff., 32). Schon aus der Begriffsdefinition in Art. 196 lit. b StPO ergibt sich ja, dass Zwangsmassnahmen in die Grundrechte der Betroffenen eingreifen und dazu dienen, die Anwesenheit von Personen im Verfahren sicherzustellen.

3.2.2.6 Wird Bildmaterial veröffentlicht, so sollen laut Empfehlung SSK eingehende Hinweise auf mutmassliche Täterschaft sofort bearbeitet werden können und die umgehende Entfernung der Bilder aus dem Internet sichergestellt sein. Hierzu soll die Polizei eine 24-Stunden-Erreichbarkeit sicherstellen und sollen die übrigen Schweizer Polizeikorps orientiert werden, damit auch die in einem anderen Kanton eingehenden Hinweise dem verfahrensführenden Kanton übermittelt werden. Auch diese Regelung dient augenscheinlich dem Zweck, den mit der Publikation einhergehenden Grundrechtseingriff - diesmal in zeitlicher Hinsicht - im Sinne der Erforderlichkeit zu minimieren und so das mildeste Mittel sicherzustellen.

3.2.3 Bis hierhin ist festzuhalten, dass die Empfehlung SSK durchwegs gesetzeskonforme Präzisierungen enthält, welche als landesweit angestrebte Praxis verstanden werden können. In keinem Punkt wird der gesetzliche Rahmen unzulässigerweise zulasten von Grund- oder Verfahrensrechten ausgedehnt (vgl. dazu auch nachstehend Ziff. 5), im Gegenteil enthält die Empfehlung SSK eher den Grund- und Individualrechtsschutz stärkende Elemente. Die Empfehlung SSK ist insoweit im Licht der verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorgaben nicht zu beanstanden.

3.2.4 An dieser Stelle ist festzuhalten, dass sich die Staatsanwaltschaft an die Empfehlung SSK gehalten hat, was auch die Verteidigung (bis auf den vorgehaltenen Sachverhalt; dazu nachfolgend Ziff. 4) nicht bestreitet: In Frage kommen Landfriedensbruch und andere für Krawalle und dergleichen typische Delikte, der dringende Tatverdacht ergibt sich aus der Videosequenz, die Bilder wurden zuerst den übrigen schweizerischen Polizeikorps zwecks Fahndung zugestellt, das Dreistufenmodell wurde angewendet, und nachdem sich der Beschwerdeführer gemeldet hatte und die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen ihn eröffnet hatte, wurden die Bilder im Internet gelöscht und die Medien gebeten, ebenso zu verfahren.

4.

4.1 Die Staatsanwaltschaft hält laut ihrer Vernehmlassung dem Beschwerdeführer konkret die Delikte des Angriffs (Art. 134 Abs. 1 StGB), des Landfriedensbruchs (Art. 260 Abs. 1 StGB) und der qualifizierten Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte (Art. 285 Ziff. 1 und 2 StGB) vor. Gegen den Beschwerdeführer wurde gemäss den Akten das Verfahren danebst auch wegen Körperverletzung, Störung des öffentlichen Verkehrs und Tätlichkeiten eröffnet. Die Verteidigung schliesst demgegenüber lediglich auf eine Tätlichkeit als der Person B____ vorwerfbare Handlung. Laut der von der Verteidigung am 20. August 2020 aufgelegten Ankündigung des Abschlusses der Untersuchung der Staatsanwaltschaft vom 14. August 2020 fasst diese nun eine Anklageerhebung wegen Landfriedensbruchs und Teilnahme an nicht bewilligter Versammlung ins Auge, um andererseits das Verfahren wegen mehrfachen Angriffs, mehrfacher, teilweiser versuchter einfacher Körperverletzung, evtl.Tätlichkeiten sowie Sachbeschädigung einzustellen; von qualifizierter Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte ist demgegenüber weder bezüglich bevorstehender Anklage noch bezüglich geplanter Einstellung die Rede. Die Verteidigung schliesst daraus, dass die Staatsanwaltschaft ihre in der Replik im vorliegenden Verfahren vorgetragene Kritik berücksichtigt habe. Ob dem so ist, kann offenbleiben. An dieser Stelle ist jedenfalls festzuhalten, dass nicht gestützt auf die Aktenlage zum Zeitpunkt des bevorstehenden Abschlusses der Untersuchung, mithin gestützt auf das Untersuchungsergebnis zu beurteilen ist, ob die Untersuchungshandlung der Öffentlichkeitsfahndung rechtmässig angeordnet wurde und dafür ein (hier: dringender) Tatverdacht bestand, sondern gestützt auf die Aktenlage zum Zeitpunkt der Anordnung dieser Untersuchungshandlung. Davon scheint auch die Verteidigung zumindest implizit auszugehen (act. 10).

4.2 Im vorliegenden Beschwerdeverfahren kann und darf der Sachverhalt weder abschliessend festgestellt noch abschliessend rechtlich gewürdigt werden. Vielmehr stellt sich nach dem vorstehend Gesagten vorliegend die Frage nach dem dringenden Tatverdacht zum Zeitpunkt der Anordnung der Öffentlichkeitsfahndung. Das Gericht hat denn das Video auch nicht visioniert, zumal Standbilder daraus bei den Akten liegen. Darauf ist zu erkennen, dass sich die Person B____ mit anderen Teilnehmenden an der unbewilligten Demonstration auf dem Messeplatz aufhält. Weiter ist zu sehen, dass sich die Person B____ am Übergriff auf das Opfer C____, einem PNOS Kundgebungsteilnehmer, beteiligt. Bei diesem Angriff nähern sich mindestens 3 Personen dem Opfer, zwei davon von vorne, dabei verpasst eine Person dem Opfer einen Faustschlag ins Gesicht. Person B____ nähert sich dem Opfer von hinten und kickt ihm in die Kniekehle. Der Kick und der Faustschlag bringen das Opfer zum Taumeln. Laut Aussagen von C____ wurde er nicht verletzt. Insoweit würde die von der Verteidigung replicando vertretene Auffassung zutreffen, dass bezüglich des schwersten in Frage stehenden Delikts, dem Angriff (Strafdrohung 5 Jahre Freiheitsstrafe; somit ein Verbrechen) mangels objektiver Strafbarkeitsbedingung (Körperverletzung) kein dringender Tatverdacht gegeben ist. Zu beachten ist indessen, dass C____ zusammen mit zwei Kollegen, D____ und E____, aus der Ostschweiz mit dem Zug angereist war, um an der PNOS Kundgebung teilzunehmen. Die drei Personen wurden zunächst am Anfang des Messeplatzes (von der Clarastrasse her gesehen) angegriffen, wobei E____ und D____ Knie- und Kopfverletzungen erlitten haben, welche dringenden Tatverdacht auf Körperverletzung, mithin also auch auf Angriff begründen. In der Mitte des Messeplatzes wurden dieselben drei Personen dann erneut körperlich angegangen, D____ ging erneut zu Boden und C____ wurde wie dargestellt gekickt und mit Faustschlag traktiert. Ob diese beiden Episoden, die örtlich und zeitlich sehr nahe beieinander liegen, die selben drei Opfer betreffen und laut den Aussagen der Opfer mit mindestens einem Angreifer, der beide Male dabei war, wirklich als zwei voneinander unabhängige Übergriffe gewertet werden können, wie die Verteidigung beliebt machen will, muss im vorliegenden Beschwerdeverfahren offen bleiben, da wie gesagt die Beweiswürdigung und die rechtliche Würdigung dem Sachgericht vorbehalten bleiben; dies gilt auch unter der Prämisse, dass die Staatsanwaltschaft nunmehr die Anklage wegen Angriffs fallen lassen zu wollen scheint. Selbst wenn der Tatverdacht bezüglich Angriff aber offen gelassen wird, ergibt sich aus dem vorliegenden Bildmaterial ein dringender Tatverdacht zumindest auf Landfriedensbruch (Art. 260 StGB) - entgegen der Auffassung der Verteidigung ist die Person B____ auf mehreren fotografischen Aufnahmen deutlich als Teil der Menschenmenge zu erkennen - und auf Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte aus einem zusammengerotteten Haufen (Art. 285 Ziff. 1 und 2 StGB); das gilt auch unter der Prämisse, dass die Staatsanwaltschaft nunmehr die diesbezügliche Anklage im angekündigten Abschluss der Untersuchung überhaupt nicht erwähnt. Dass die Person B____ Teil der unbewilligten Gegendemonstration war, ergibt sich aus dem Bildmaterial. Dass die Person B____ nicht bloss Mitläufer war, ergibt sich aus seiner ebenso auf Video festgehaltenen Beteiligung an der Attacke auf C____ und auch aus dem Bildmaterial, welches belegt, dass die Person B____ zwischenzeitlich das Tenue gewechselt hat - die schwarze Jacke wird auf einmal über und nicht mehr unter der grünen Jacke getragen -, augenscheinlich, um weniger gut erkannt zu werden. Person B____ agiert aus der anonymen Masse heraus und wird gegen Personen gewalttätig, welches Verhalten besonders verwerflich erscheint und im Zusammenhang mit Krawallen genau im Fokus der Empfehlung SSK steht. Dass aus der unbewilligten Gegenveranstaltung heraus mit Steinen und Flaschen auf die Polizei geworfen wurde, ergibt sich aus den Polizeirapporten sowie aus den Depositionen der Polizistinnen und Polizisten. Dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme auf Anraten der Verteidigung keine Angaben zu den Tatvorwürfen gemacht hat, ist weder be- noch entlastend. Die Bedeutung der Straftat und der konkrete Unrechtsgehalt des Verhaltens von Person B____ entsprechen bezüglich Deliktsschwere im Zusammenhang mit der Intensität des Tatverdachts - die Person B____ ist bei der Tat abgebildet - in jedem Fall den dargestellten gesetzlichen Vorgaben und jenen der Empfehlung SSK (vgl. Entscheid Anklagekammer St. Gallen AK.2015.275 vom 3. November 2015 Ziff. 4.2). Dies gilt angesichts des auf Video festgehaltenen tatsächlichen Verhaltens von Person B____ auch dann, wenn schliesslich die Staatsanwaltschaft die Anklage auf Landfriedensbruch beschränken sollte.

5.

Damit ist auf die gerügte Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Beschwerdeführers einzugehen. Dass die Publikation des Fotos von Person B____ den Schutzbereich berührt, wurde vorstehend unter Ziff. 2.2 dargestellt. Publiziert wurde das Bild der Person B____ als Standbild aus dem Video, also quasi als Portrait aus dem Geschehen heraus. Wenn das Foto auch nicht allzu scharf ist, so wird sich die darauf abgebildete Person wohl recht deutlich wiedererkennen. Der Beschwerdeführer macht geltend, [...] hätten ihn darauf erkannt. Wie bereits festgehalten (Ziff. 2.2), fällt die Publikation dieses Fotos in den Schutzbereich der Persönlichkeitsrechte.

Der Beschwerdeführer führt zwar, wie eingangs erwähnt, Beschwerde als Person B____ oder eine ihr sehr ähnlich sehende Person. Er macht demgegenüber "für die Zwecke" des vorliegenden Beschwerdeverfahrens dennoch auch geltend, die Person B____ zu sein, was angesichts des Spannungsverhältnisses zwischen Beschwerdelegitimation und nemo tenetur Grundsatz nicht zu beanstanden ist (Beschwerde Ziff. 34, 36).

5.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, Gesichtsfotos würden zum (unantastbaren) Kernbereich des Persönlichkeitsrechts gehören (Beschwerde Ziff. 26).

Dass Gesichtsfotos in den unantastbaren Kerngehalt der Persönlichkeitsrechte (Privatsphäre, informationelle Selbstbestimmung; vorstehend Ziff. 2.2) fallen würden, ist nicht nachvollziehbar; andernfalls wären Fahndungsfotos generell verboten, was sich so weder aus Verfassung noch aus Gesetz ergibt. Es ist nicht ersichtlich, dass etwa die Menschenwürde im Sinne von Art. 7 BV, das Folterverbot oder die Todesstrafe berührt wären (Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 9. Aufl., Zürich etc. 2016, N 324, 335d, 378 f.; Kiener/Kälin/Wyttenbach, Grundrechte, 3. Aufl., Bern 2018, S. 160 f.). Das publizierte Foto zeigt die Person porträtiert und in herbst-winterlicher Kleidung, insoweit also völlig unverfänglich. Der Kerngehalt der Persönlichkeitsrechte von Person B____ wird nicht angetastet.

5.2 Auf die gesetzliche Grundlage für die Publikation des Fotos im Rahmen der Öffentlichkeitsfahndung wurde bereits eingegangen, auch das öffentliche Interesse der Strafverfolgung wurde bereits erwähnt. Anzufügen bleibt das öffentliche Interesse am Schutz der Grundrechte Dritter. Schutzobjekt in diesem Sinn ist die Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit der Teilnehmenden an der polizeilich bewilligten PNOS Kundgebung auf dem Messeplatz, in welche die Person B____ eingegriffen hat, indem sie an der unbewilligten Gegendemonstration teilgenommen hat sowie indem sie zusammen mit zwei weiteren Tätern aus der Menge der unbewilligten Gegendemonstration heraus das Opfer tätlich angegangen ist, indem die Person B____ dem Opfer in die Kniekehle gekickt hat, während einer der anderen Täter ihm einen Faustschlag verabreicht hat. Dass die Publikation geeignet war, um die Identität der Person B____ zu ermitteln, ergibt sich aus dem Umstand, dass sich der Beschwerdeführer gemeldet hat (als der Person B____ zumindest sehr ähnlich sehende Person) und gegen ihn ein Verfahren eröffnet worden ist. Erforderlich war die Publikation, weil mildere Massnahmen nicht gefruchtet hatten, wobei insbesondere auf die Anwendung der Empfehlungen der SSK (vorstehend Ziff. 3.2) zu verweisen ist mit dem erfolglosen Ausschöpfen anderer Fahndungsmöglichkeiten und der Anwendung des Dreistufenmodells. Erforderlich war die Publikation eines Standbildes auch in dem Sinn, als eine Beschreibung von Person B____ in Worten dem Fahndungszweck nicht ausreichend Genüge getan hätte; anders wäre allenfalls zu entscheiden, wäre das gesamte Video publiziert worden (vgl. Künzli, a.a.O., S. 85 f.).

5.3 Nicht alle in den Medienmitteilungen genannten Delikte können der Person B____ mit dringlichem Tatverdacht im Sinne einer Abbildung bei der Tat vorgehalten werden, sondern nur, aber immerhin zumindest Landfriedensbruch und allenfalls Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte. Das Verfahren gegen den Beschwerdeführer wird indessen tatsächlich auch wegen der anderen erwähnten Delikte geführt und dabei handelt es sich ausschliesslich um solche, die typischerweise bei Krawallen der vorliegenden Art in Frage stehen. Wenn nun in der Kommunikation der Staatsanwaltschaft diese Delikte generalisiert all jenen ca. 20 Personen vorgehalten werden, von denen Fotos publiziert wurden, so ergibt sich daraus entgegen der Auffassung der Verteidigung im vorliegenden Fall keine überschiessende Beschwer für den Beschwerdeführer. Zu bedenken ist nämlich, dass eine weitergehende Individualisierung, also eine präzisere Zuordnung der exakten Tatvorwürfe zu den einzelnen Personenfotos, die sich dann wohl daran orientieren müsste, welche Person bei welcher Tat abgebildet ist, eher noch stärker in die Interessen des Beschwerdeführers oder auch in die Unschuldsvermutung eingreifen würde als die vorliegend gepflegte, diesbezüglich generalisierende Kommunikation, welche die bei Krawallen typischerweise auftretenden (und vorliegend insgesamt tatsächlich zu beklagenden) Delikte auflistet. Diese Kommunikation der Staatsanwaltschaft ist damit im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden. Anders wäre bei unterschiedlicheren Deliktstypen zu entscheiden und/oder möglicherweise bei einer geringeren Anzahl Tatverdächtiger.

5.4

5.4.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei Familienvater [...]er Kinder und [...] tätig. Bis auf ein hier nicht einschlägiges Verkehrsdelikt vor 10 Jahren sei sein Strafregister blank. Nach der Publikation des Fotos in der BaZ habe der Beschwerdeführer Anrufe von [...], [...], [...], Freunden und Nachbarn erhalten, die ihren Unglauben über den Konnex des dem Beschwerdeführer ähnlich sehenden Bildes und dem in der Zeitung abgedruckten Textinhalt geäussert hätten. Der mit der Publikation des Fotos einhergehende, stigmatisierende Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Beschwerdeführers ist somit als schwer zu werten und sein fiktives Interesse, dass dieses Bild nicht hätte veröffentlicht werden sollen, hoch.

Zu beurteilen ist an dieser Stelle die Verhältnismässigkeit des Vorgehens allein der Staatsanwaltschaft bei der Publikation des Fotos; auf die überschiessende Berichterstattung der Zeitung ist weiter hinten einzugehen (Ziff. 8).

5.4.2 Vorliegend rechtfertigen die Schwere der Tat, das öffentliche Strafverfolgungsinteresse sowie der Schutz der Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit der PNOS den Eingriff: Zu Dritt wird ein PNOS-Anhänger attackiert, einer der Angreifer schlägt ihm mit der Faust ins Gesicht, sodass er taumelt, und die Person B____ beteiligt sich an dieser Attacke, indem er von hinten auf das Opfer zuschreitet und ihm dann seitlich einen Kick in die Kniekehle verpasst, was ebenfalls geeignet gewesen wäre, das Opfer aus dem Gleichgewicht und zum Stürzen zu bringen. Wenn sich auch der dringende Tatverdacht im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht hinsichtlich aller in Frage stehenden Delikte, aber immerhin zumindest bezüglich Landfriedensbruch sowie allenfalls Gewalt und Drohung gegenüber Behörden und Beamten bestätigen lässt (die übrigen Tatbestände können bezüglich der Intensität des Tatverdachts offen gelassen werden) und selbst dann, wenn sich die Anklage entsprechend der Ankündigung des Abschlusses der Untersuchung auf Landfriedensbruch und Teilnahme an nicht bewilligter Versammlung fokussieren sollte, so rechtfertigt das Vorgehen der Person B____ - im Rahmen einer unbewilligten Kundgebung gemeinsam verübte Gewalt an politisch missliebigen Personen, die ihrerseits aber an einer polizeilich bewilligten und grundrechtlich geschützten Kundgebung teilnehmen - im vorliegenden konkreten Fall die Publikation von dessen Foto mit den damit einhergehenden Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte. Abgesehen vom Eingriff in die Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit Dritter besteht die Gefährlichkeit der Tat insbesondere darin, dass sie aus der Masse heraus verübt und von dieser auch gedeckt wird, sodass damit einerseits die Stimmung weiter aufgeheizt und die Lage noch weniger kontrollierbar wird, und andererseits die regelmässig in Minderzahl agierenden Ordnungskräfte auch nicht bei jeder solchen Ausschreitung eingreifen können, ohne eine weitere, gefährliche Eskalation zu provozieren.

5.4.3 Aus dem Verhalten der Person B____ resultiert insbesondere auch ein verpönter "chilling effect" (BGE 143 I 147 E. 3), wie ihn der Beschwerdeführer anruft, worauf er sich selber aber nicht berufen kann (vorstehend Ziff. 2.3), immerhin insoweit und gleichsam als Drittwirkung, als politisch Interessierte davon abgehalten werden können, an einer bewilligten Kundgebung teilzunehmen, weil sie sonst befürchten müssen, aus einer unbewilligten Demonstration heraus unkontrolliert derart traktiert zu werden, wie es unter anderem vorliegend den drei aus der Ostschweiz angereisten PNOS-Kundgebungsteilnehmern widerfahren ist. An jenem 24. November 2018 musste gar die gesamte, polizeilich bewilligte PNOS Kundgebung zunächst vom Messeplatz an einen anderen Ort verlegt und schliesslich aufgelöst werden, weil die Polizei trotz Grossaufgebot die Sicherheit von deren Teilnehmenden nicht mehr zu gewährleisten im Stande war. Auf dieses Ergebnis war die unbewilligte Gegenkundgebung auch explizit angelegt. Es besteht indessen ein erhebliches rechtsstaatliches Interesse am Schutz der Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit.

5.5 Insgesamt ist das öffentliche Interesse an der Publikation des Fotos von Person B____ zwecks Identifikation höher zu gewichten als dessen Interesse am Schutz seiner Persönlichkeit im Rahmen des Eingriffs. Zu Ungunsten der gesuchten Person fällt besonders sein Tatbeitrag ins Gewicht: Die Staatsanwaltschaft unterstreicht wiederholt und zu Recht die Gewaltausschreitungen gegen Personen und Sachen aus einer zusammengerotteten Menge heraus, woran sich die Person B____ aktiv beteiligt hat. Der im Rahmen der Öffentlichkeitsfahndung mit der Publikation des Fotos einhergegangene Eingriff in die Persönlichkeitsrechte erscheint damit verhältnismässig und rechtmässig.

6.

Auf den Aspekt der Unschuldsvermutung wurde vorstehend und wird nachstehend an geeigneter Stelle eingegangen, etwa im Zusammenhang mit der gesetzlichen Grundlage, die Anforderungen an den Tatverdacht, die Empfehlungen SSK und die Berichterstattung der BaZ. An dieser Stelle ist nochmals zu erwähnen, dass bei der Orientierung der Öffentlichkeit zwecks Aufklärung von Straftaten und Fahndung nach Verdächtigen gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. a StPO der Grundsatz der Unschuldsvermutung zu beachten ist (Ziff. 3.1), ein Eingriff darein also grundsätzlich möglich ist. Die Unschuldsvermutung gilt nicht absolut. Zwangsmassnahmen stehen, selbst wenn sie tief in die Rechte der beschuldigten Person eingreifen, der Unschuldsvermutung nicht absolut entgegen, ansonsten überhaupt nie eine Strafuntersuchung eingeleitet werden könnte. Angeknüpft wird dabei zumeist an den Tatverdacht (Künzli, a.a.O., S.113 f.). Erfolgt der öffentliche Fahndungsaufruf wie vorliegend ohne Namensnennung und zur Eruierung einer unbekannten Täterschaft, ist die Unschuldsvermutung verhältnismässig weniger tangiert (Weder, a.a.O., Art. 211 N 9). Sofern die Öffentlichkeitsfahndung eine strafähnliche Wirkung zeigt, muss dies im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung beurteilt werden (Künzli, a.a.O., S. 120).

Dass eine Vorverurteilung und damit eine Verletzung der Unschuldsvermutung stattgefunden habe, erschliesst sich nach Auffassung der Verteidigung aus der Eröffnung des Untersuchungsverfahrens gegen den Beschwerdeführer und daraus, dass ihn sein persönliches Umfeld darauf angesprochen habe. Indessen ergibt sich aus der Eröffnung eines Verfahrens kein Hinweis auf eine Vorverurteilung, sondern ist dies die erwünschte Folge der Öffentlichkeitsfahndung mit den vorliegend sehr hohen Anforderungen an die Intensität des Tatverdachts, bei welcher der Täter bei der Tat abgebildet sein muss, sowie der grossen Ähnlichkeit des Beschwerdeführers mit der Person B____. Analoges gilt auch für das Echo aus seiner sozialen Umgebung, wobei hier auch die überschiessende Berichterstattung der Zeitung mit hineinspielen mag. Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft allein indessen ist für den vorliegenden Pilotfall nicht zu beanstanden, insbesondere auch nicht die Wortwahl der Staatsanwaltschaft in den Medienmitteilungen (eingangs zitiert), da sie keine vorverurteilenden oder sonstwie überschiessenden Elemente enthält. Auf die gerügte, überschiessende Berichterstattung der Zeitung (vorstehend Ziff. 2.1) wird nachstehend eingegangen (Ziff. 8.2). Im Lichte der Unschuldsvermutung kritisiert die Verteidigung die Haltung der Staatsanwaltschaft in der vorliegenden Vernehmlassung allerdings zu Recht, wenn sie ausführt, die Person B____ werde in der Zeitung "zu Recht" als "Krawallbruder" bezeichnet. Die mit der vorliegenden Beschwerde angefochtene Öffentlichkeitsfahndung beschlägt dies hingegen nicht.

Mit der angefochtenen Publikation des Fotos von Person B____ liegt immerhin eine strafähnliche Wirkung der Öffentlichkeitsfahndung vor, indem eine noch nicht einmal beschuldigte Person im Ergebnis von der Zeitung an den Pranger gestellt wird. Zur Verhältnismässigkeit des Vorgehens der Staatsanwaltschaft ist allerdings auf das vorstehend Gesagte zur Verhältnismässigkeit des Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte (Ziff. 5.4) zu verweisen, welche Ausführungen mutatis mutandis auch hier gelten (vgl. Entscheid Anklagekammer St. Gallen AK.2015.275 vom 3. November 2015 Ziff. 7.5). Auf die überschiessende Berichterstattung der Zeitung und die Inkongruenz zwischen der Person B____ und dem Beschwerdeführer wird nachstehend eingegangen (Ziff. 8).

7.

7.1 Die Publikation verpixelter und die Ankündigung der Veröffentlichung unverpixelter Fotos wird mitunter als Zwang zur Selbstbelastung bezeichnet, insbesondere auch bei Anwendung des Dreistufenmodells (Künzli, a.a.O. S. 139 f.). Wie vorstehend unter Ziff. 2.4 erwähnt, muss sich die beschuldigte Person gemäss Art. 113 Abs. 1 StPO wohl nicht selber belasten, sich aber immerhin "den gesetzlich vorgesehenen Zwangsmassnahmen unterziehen". Auch der nemo tenetur Grundsatz gilt also nicht uneingeschränkt. Vielmehr gehen die Zwangsmassnahmen und damit auch die Öffentlichkeitsfahndung dem nemo tenetur Grundsatz laut dem Buchstaben des Gesetzes grundsätzlich vor. Der beschuldigten Person kommt dabei eine passiv-duldende Rolle zu und sie muss auch dulden, dass die Ergebnisse gegen sie verwendet werden (Marc Engler, in: Basler Kommentar, 2. Auflage 2014, Art. 113 StPO N 8). Die Staatsanwaltschaft stellt sich unter Verweis auf den Entscheid Anklagekammer St. Gallen AK.2015.275 vom 3. November 2015 zutreffend auf den Standpunkt, dass der Zweck von Zwangsmassnahmen gerade darin besteht, gegen betroffene Personen rechtmässig Mittel zur Anwendung zu bringen, die diese freiwillig nicht dulden würden. Damit kann durchaus auch eine gewisse stigmatisierende Wirkung einhergehen, die zwar nicht beabsichtigt, bei der Anwendung von Zwangsmassnahmen aber auch nicht gänzlich zu vermeiden ist. Zwangsmassnahmen gehen regelmässig mit Individual- und Grundrechtseingriffen einher (Untersuchungshaft, körperliche und andere Durchsuchungen, Beschlagnahmen etc.). Die Öffentlichkeitsfahndung mit der Möglichkeit der Publikation von Bildaufnahmen von Personen bildet davon keine Ausnahme. Einwenden lässt sich vorliegend allerdings und auch der Beschwerdeführer pocht zunächst darauf, dass die gesuchte Person zufolge unbekannter Identität noch gar nicht beschuldigte Person nach Art. 113 StPO ist. Dazu präzisiert indessen Art. 74 Abs. 1 lit. a StPO, dass "die Bevölkerung bei der Aufklärung von Straftaten oder bei der Fahndung nach Verdächtigen" mitwirken soll. Der formelle Status der beschuldigten Person im Strafverfahren wird für den Einbezug der Öffentlichkeit also nicht verlangt, wohl aber wiederum die Verhältnismässigkeit (Art. 74 Abs. 1 StPO: "wenn dies erforderlich ist") sowie die Beachtung der Unschuldsvermutung und der Persönlichkeitsrechte (Art. 74 Abs. 3 StPO). Indem nun die Empfehlung SSK einen dringenden Tatverdacht voraussetzt und überdies verlangt, dass die gesuchte Person "bei der Tat abgebildet" sein muss, wird die verdächtige Person sehr nahe an den Status der beschuldigten Person herangerückt; man könnte gleichsam von einer potenziell beschuldigten Person sprechen. Dies zu vermeiden würde bedeuten, die Anforderungen an die Intensität des Tatverdachts tiefer anzusetzen, was erst recht nicht im Interesse der (potenziell) Beschuldigten Person liegen kann. Andererseits ist an dieser Stelle wiederum darauf hinzuweisen, dass bei der Anwendung von Zwangsmassnahmen gar in die Grundrechte nicht beschuldigter Personen eingegriffen werden kann, was allerdings besonders zurückhaltend zu geschehen hat (Art. 197 Abs. 2 StPO; nachstehend Ziff. 8.3).

7.2 Es stellt sich die Frage nach der Abgrenzung zwischen erlaubtem und missbräuchlichem Zwang bei Zwangsmassnahmen im Lichte des nemo tenetur Prinzips. Während die ältere Lehre und Praxis darauf abgestellt hatten (bzw. teilweise nach wie vor darauf abstellen), ob die betroffene Person bloss passiv Zwangsmassnahmen über sich ergehen lassen oder aber dazu gezwungen werden sollte, aktiv an seiner eigenen Überführung mitwirken zu müssen - was zu Inkohärenzen und auch zu Friktionen der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu jener des EGMR geführt hat (Andreas Noll, Fernwirkung des strafprozessualen Nemo-tenetur-Satzes in andere Rechtsgebiete, in: forumpoenale, Sonderheft 2020 "Kuckuckseier im Strafprozess", S. 177 ff. [181 f.]; Dominique Ott, Der Grundsatz "nemo tenetur se ipsum accusare", Zürcher Studien zum Strafrecht, Zürich 2012, S. 192 ff.; Künzli, a.a.O., S. 141 ff.), ist nach neuerer Auffassung eine Abwägung vorzunehmen, die im Wesentlichen auf eine Verhältnismässigkeitsprüfung hinausläuft; zu fragen ist, ob das öffentliche Interesse den Einsatz von Zwang zu rechtfertigen vermag (Künzli, a.a.O., S. 147 ff.). Angesichts des hohen Strafverfolgungsinteresses und der (etwa im Vergleich zu körperlichen Zwangsmassnahmen) geringen Eingriffsintensität erscheint die Fahndung nach der Identität im Lichte der neueren Praxis auch bei direkter Publikation eines Fotos gerechtfertigt, dies erst recht bei Anwendung des milderen Mittels des Dreistufenmodells mit vorheriger Ankündigung (Künzli, a.a.O., S. 152). Auch im Lichte des Anspruchs auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 3 EMRK) beschränkt die Öffentlichkeitsfahndung im Sinne einer Gesamtbetrachtung nicht die Möglichkeit adäquater Mitwirkung des Beschuldigten im Verfahren, sondern ermöglicht überhaupt erst seine Mitwirkung und schafft einzig die Aussicht auf kein Verfahren aus der Welt, was zulässig ist (Künzli, a.a.O., S. 155). Dass der dringende Tatverdacht nicht in jedem Fall zu einer Verurteilung führt, erhellt aus AGE SB.2016.133 vom 10. November 2017. In jenem Fall ist eine Person, die in einer Öffentlichkeitsfahndung im Anschluss an das Fussballspiel FC Basel - Schalke 04 ermittelt worden war, dann doch von der Anklage des Landfriedensbruchs sowie der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte freigesprochen worden. Hinsichtlich der konkreten Verhältnismässigkeitsprüfung ist auf das vorstehend zum Eingriff in die Persönlichkeitsrechte Gesagte mutatis mutandis zu verweisen (Ziff. 5.4). Die vorliegende Öffentlichkeitsfahndung erscheint also im Lichte des nemo tenetur Grundsatzes zulässig.

8.

8.1 Die Prangerstrafe ist in der hiesigen Rechtsordnung verpönt und daher im Strafgesetzbuch nicht vorgesehen. Die Öffentlichkeitsfahndung ist demgegenüber gesetzlich ausdrücklich verankert. Eingedenk dieses Spannungsverhältnisses wird im Gesetz selber zur Abgrenzung wiederholt und mit Nachdruck auf die Beachtung der Grundrechte und auf die Unschuldsvermutung verwiesen. Damit erscheint die Prangerstrafe formell von der Öffentlichkeitsfahndung in genügendem Masse abgegrenzt. In den vorliegenden Medienmitteilungen hat die Staatsanwaltschaft dem Rechnung getragen, mithin von Tatverdächtigen und mutmasslichen Tätern, nicht von Verurteilten gesprochen und die Bilder in der Fahndung nur als letztes mögliches Mittel veröffentlicht und sie auch wieder vom Netz genommen, nachdem sich der Beschwerdeführer gemeldet hatte. Den von Künzli (a.a.O., S. 121) gestützt auf die gesetzlichen Vorgaben formulierten Anforderungen an eine vorurteilsfreie Kommunikation der Staatsanwaltschaft hat diese damit entsprochen.

8.2 Es ist indessen nicht zu übersehen, dass die Medienberichterstattung der BaZ mit der Veröffentlichung des Fotos und der erwähnten Betitelung mit "Krawallbrüder" usw. einer Vorverurteilung mit Prangerstrafe der, wie die Verteidigung zu Recht rügt, noch gar nicht verurteilten Personen (vorliegend die B____) zumindest nahe kommt. Wie soeben ausgeführt, ist es zwar tatsächlich schon vorgekommen, dass eine Person, die in einer Öffentlichkeitsfahndung ermittelt worden war, dann doch von der Anklage des Landfriedensbruchs sowie der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte freigesprochen worden ist (AGE SB.2016.133 vom 10. November 2017). Angesichts der vorstehend dargestellten hohen Anforderungen hinsichtlich des dringenden Tatverdachts mit Abbildung der gesuchten Person bei der Tat dürfte ein solches Szenario aber selten sein. Wenn auch vorliegend die Staatsanwaltschaft mit ihren Medienmitteilungen dem Buchstaben des Gesetzes treu geblieben sein mag und bei der Wortwahl der Unschuldsvermutung im Sinne von Art. 74 Abs. 3 StPO Rechnung getragen hat, so war dies offenbar zuwenig, um die BaZ an im Ergebnis vorverurteilender Berichterstattung zu hindern. Auch wenn die BaZ für ihr Handeln grundsätzlich selber verantwortlich ist, wird künftig das Vorgehen der Staatsanwaltschaft also auch daran zu messen sein, ob sie mit geeigneter Kommunikation solcher vorverurteilenden und der Prangerstrafe nahe kommender Berichterstattung in den Medien ex ante besser entgegenwirken kann. Ex post lässt sich für den vorliegenden Fall festhalten, dass im Anschluss an die erste Medienmitteilung der Staatsanwaltschaft die Zeitung bereits grenzwertig "Linken Gewalttätern droht der Online-Pranger" getitelt hat (vgl. auch Beschwerde Ziff. 27), was für die Staatsanwaltschaft bereits im vorliegenden Pilotfall hätte Anlass sein können und bei allfälligen künftigen Öffentlichkeitsfahndungen möglicherweise wird sein müssen, die Medien im Rahmen ihrer Pressemitteilungen besser in die Unschuldsvermutung mit einzubinden. Auch in Berücksichtigung des "chilling effect" (worauf sich im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer allerdings nicht berufen kann) ist grundsätzlich mit aller Sorgfalt zu verhindern, dass unbeteiligte Dritte am Internetpranger landen. Vorverurteilende Berichterstattung in den Medien auf eine erste Medienmitteilung hin kann künftig also durchaus ernsthafter Anlass für die Staatsanwalt sein, gegebenenfalls standardisierte und vorformulierte zweite und dritte Medienmitteilungen zu überprüfen und proaktiv weiterer zu befürchtender überschiessender Berichterstattung anzupassen sowie die Medienmitteilungen zu verdeutlichen. Ein grundsätzliches Hindernis für die Öffentlichkeitsfahndung der Behörden bildet solche überschiessende Berichterstattung der Medien aber nicht und die von der Staatsanwaltschaft für den vorliegenden Fall korrekt durchgeführte Öffentlichkeitsfahndung wird damit auch nicht unzulässig. Ob andererseits die Medien bei der Öffentlichkeitsfahndung allenfalls auch auf (straf-)rechtlicher Ebene noch besser in elementare Grundsätze wie die Unschuldsvermutung einbezogen werden sollten (vgl. zur Medienfreiheit etwa Kiener/Kälin/Wyttenbach, a.a.O., S. 160 f.), ist eine Frage, die dem Gesetzgeber vorbehalten und worauf hier nicht weiter einzugehen ist.

8.3 Dass die Bilder "viral" gehen und "ewig" auf dem Internet bleiben können, ist der geltenden gesetzlichen Regelung und der gegebenen Kommunikationslandschaft inhärent und hinzunehmen. Um einer Verletzung der Unschuldsvermutung entgegen zu wirken, die sich bei solcher Sachlage intensiver zulasten der betroffenen Person auswirken kann als früher bei Verbreitung von Bildern bloss auf Papier, gelten gemäss den Empfehlungen SSK zu Recht sehr hohe Anforderungen an die Intensität des Tatverdachts mit Abbildung der gesuchten Person bei der Tat. Die Differenz zwischen solchem sehr dringenden Tatverdacht und rechtskräftiger Verurteilung eines Täters besteht gleichsam in der Möglichkeit, dass, wie sich die Verteidigung vorliegend ausdrückt, die mit der Öffentlichkeitsfahndung ausgeschriebene Person nicht nur der Täter, sondern auch eine dem Beschwerdeführer sehr ähnlich sehende Person sein kann. Diese Restunsicherheit erscheint aber bei den gegebenen Vorkehren gering und ist im öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung und vorliegend auch dem Grundrechtsschutz Dritter sowie unter der Figur eines Sonderopfers hinzunehmen. In diesem Sinn wurde die Zwangsmassnahme vorliegend im Sinn von Art. 197 Abs. 2 StPO besonders zurückhaltend eingesetzt. Auch bei der Fahndung ohne Foto und/oder ohne Internet und/oder ohne Öffentlichkeit ist es niemals ausgeschlossen, dass die Strafverfolgungsbehörde nicht des Täters habhaft wird, sondern einer ihm sehr ähnlich sehenden Person. Allenfalls können Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche nach Art. 429 StPO in Frage kommen (vgl. Künzli, a.a.O., S. 120).

9.

Zusammenfassend erweist sich die vorliegende Öffentlichkeitsfahndung als zulässig, womit die Beschwerde abzuweisen ist. Damit wird der Beschwerdeführer für das vorliegende Verfahren kostenpflichtig. Die Gebühr ist auf CHF 1000.- festzusetzen. Vom ursprünglichen Antrag auf amtliche Verteidigung hat der Beschwerdeführer Abstand genommen.

Demgemäss erkennt das Appellationsgericht (Dreiergericht):

://: Die Beschwerde wird abgewiesen.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Verfahrens mit einer Gebühr von CHF 1000.-.

Mitteilung an:

- Beschwerdeführer

- Staatsanwaltschaft Basel-Stadt

APPELLATIONSGERICHT BASEL-STADT

Der Präsident Der Gerichtsschreiber

lic. iur. Christian Hoenen Dr. Peter Bucher

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Entscheid kann unter den Voraussetzungen von Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG) innert 30 Tagen seit schriftlicher Eröffnung Beschwerde in Strafsachen erhoben werden. Die Beschwerdeschrift muss spätestens am letzten Tag der Frist beim Bundesgericht (1000 Lausanne 14) eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen Post oder einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung der Schweiz im Ausland übergeben werden (Art. 48 Abs. 1 BGG). Für die Anforderungen an den Inhalt der Beschwerdeschrift wird auf Art. 42 BGG verwiesen. Über die Zulässigkeit des Rechtsmittels entscheidet das Bundesgericht.




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