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Urteil Verwaltungsgericht (AG)

Kopfdaten
Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2012 26
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2012 26 vom 25.06.2012 (AG)
Datum:25.06.2012
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:AGVE - Archiv 2012 Verwaltungsgericht 176 26 Öffentlicher Auftrag; Contracting Holzschnitzelheizung mit Wärmeverbund Frage...
Schlagwörter: Wärme; Gemeinde; Konzession; Submission; Ausschreibung; Beschaffung; Contracting; Wärmeverb; Vergabe; Einwohnergemeinde; Contractor; Beschwerde; Betrieb; Sondernutzung; Auftrag; Anlage; Leistungen; Leistung; Gemeinwesen; Liefer; Schrieb; Verwaltungsgericht; Dienstleistung; Private; Sondernutzungskonzession; Heizzentrale; Preis; Holzschnitzel
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:125 I 209; 125 I 214; 135 II 49; 135 II 56; 135 II 57;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:Hans Rudolf Trüeb; Hans Rudolf Trüeb;
Entscheid
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26 Öffentlicher Auftrag; Contracting Holzschnitzelheizung mit Wärmever- bund
- Frage einer Ausschreibung nach Art. 2 Abs. 7 BGBM offen gelassen (Erw. 3.)
-
Verhältnis zwischen Konzessionserteilung und den Vorschriften des öffentlichen Beschaffungswesens (Erw. 4.1. und 4.2.)
-
Das streitige Contracting Holzschnitzelheizung mit Wärmerverbund untersteht den Vorschriften des öffentlichen Beschaffungswesens: Es erfüllt alle Merkmale eines öffentlichen Auftrags (Erw. 4.3.-4.6.); Vergleichbarkeit des konkreten Contractings mit Infrastruktur-Pu- blic-Private-Partnerships (PPP) (Erw. 4.7.).

Urteil des Verwaltungsgerichts, 3. Kammer, vom 25. Juni 2012 in Sachen A. gegen Einwohnergemeinde B. (WBE.2011.246).
Aus den Erwägungen

1. Dem vorliegenden Verfahren liegt folgender Sachverhalt zu- grunde: Die Gemeinde B. möchte den bestehenden Nahwärmeverbund, der mit einer Hackschnitzelfeuerung betrieben wird, vergrössern. Geplant ist die Erstellung eines Fernwärmeverbundes, der ein Vielfa- ches der bisher versorgten Liegenschaften mit Komfortwärme ver- sorgt. Die Wärme wird in einer neu zu erstellenden Heizzentrale mit einer Leistung von rund 4 MW erzeugt. Die Wärme wird primär mit Holzhackschnitzeln erzeugt, die Erzeugung der Spitzenlast erfolgt mit Heizöl. Von der bestehenden Infrastruktur des heutigen Nahwär- meverbundes sollen nur noch das Netz und die Unterstationen ver- wendet werden. Der alte Kessel und der Silo werden stillgelegt. Die neu zu erstellende Infrastruktur wie der Neubau der Heizzentrale mit Silo, das Fernwärmenetz mit den Tiefbauarbeiten und alle erforder- lichen Übergabestationen werden vom Contractor finanziert und gebaut. Für den Betrieb, den Unterhalt und die Wartung sämtlicher Anlagen ist der Contractor verantwortlich. Der Contractor stellt den
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Kunden die erforderliche Anschlussleistung zur Verfügung und liefert die benötigte Wärmeenergie. In der Folge schrieb die Einwohnergemeinde B. im Amtsblatt des Kantons Aargau vom (...) die Submission Contracting Holz- schnitzelheizung mit Wärmeverbund (Wärmelieferung an die Ein- wohnergemeinde B. aus einer Holzheizzentrale mit Wärmeverbund) öffentlich aus. Innert Eingabefrist reichten sechs Anbieter Angebote ein. Im März 2011 wurden die Anbieter informiert, dass der vorge- sehene Standort für die Heizzentrale vom Kanton voraussichtlich nicht bewilligt werde. Die Anbieter wurden deshalb aufgefordert, ein neues Angebot für das geänderte Projekt als Ergänzungsvariante einzureichen. Nach Eingang und Beurteilung der Offerten für die Ergänzungsvariante erteilte der Gemeinderat B. mit Beschluss vom 27. Juni 2011 den Zuschlag zur Erstellung des Wärmeverbundes B. an die C. AG, D.. Mit Schreiben vom 29. Juni 2011 wurde der Beschwerdeführerin die anderweitige Auftragsvergabe mitgeteilt. 2. Mit der Beschwerdeantwort stellt sich die Beschwerdegegnerin auf den Standpunkt, es gehe gar nicht um eine Beschaffung der Ge- meinde, sondern um die Erteilung einer Konzession. Das Submissi- onsdekret gelange daher gar nicht zur Anwendung. Dies müsse dazu führen, dass auf die Beschwerde nicht eingetreten werden könne. Die Beschwerdeführerin bestreitet diese Ausführungen. Wäh- rend des gesamten Vergabeverfahrens sei nie von einer Konzessi- onserteilung die Rede gewesen und auch die Gemeinde sei immer von einer Submission und einer Beschaffung ausgegangen. Bei den von der Gemeinde Zurzach beschafften Leistungen handle es sich um Bauleistungen (Bau der Heizzentrale), Lieferungen (Wärme) und Dienstleistungen (Contracting-Dienstleistungen), die dem Submissi- onsdekret unterstünden. Die angefochtene Verfügung stelle klar eine Zuschlagsverfügung im Sinne des Submissionsdekrets dar. Der Be- schaffungsgegenstand erfülle alle Anforderungen eines öffentlichen Auftrags. Die Leistungen zwischen Gemeinde und Zuschlagsemp- fänger stünden im Austauschverhältnis (Synallagma), die Leistungen des Zuschlagsempfängers erfolgten entgeltlich und die Gemeinde sei Nachfragerin sowie Abnehmerin der Leistungen. Die Vergabe unter-
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stehe deshalb dem öffentlichen Beschaffungsrecht und sei auch im offenen Verfahren nach Submissionsdekret erfolgt. 3. 3.1. Die Konzession ist die Verleihung des Rechts zur Ausübung ei- ner monopolisierten Tätigkeit oder zur Sondernutzung einer öffent- lichen Sache (Ulrich Häfelin / Georg Müller / Felix Uhlmann, Allge- meines Verwaltungsrecht, 6. Auflage, Zürich / St. Gallen 2010, Rz. 2591). Unterschieden werden die Monopolkonzession, welche die Berechtigung zur Ausübung einer monopolisierten wirtschaftli- chen Tätigkeit verleiht (Häfelin / Müller / Uhlmann, a. a. O., Rz. 2604) und die Sondernutzungskonzession, welche die Berechti- gung zur Sondernutzung einer öffentlichen Sache im Gemeinge- brauch verleiht (Häfelin / Müller / Uhlmann, a. a. O., Rz. 2607). Gemäss Art. 2 Abs. 7 BGBM hat die Übertragung der Nutzung kan- tonaler und kommunaler Monopole auf Private auf dem Weg der Ausschreibung zu erfolgen und darf Personen mit Niederlassung oder Sitz in der Schweiz nicht diskriminieren. 3.2. Sowohl der Anwendungsbereich von Art. 2 Abs. 7 BGBM als auch das Verhältnis zwischen der Konzessionserteilung und den Vor- schriften des öffentlichen Beschaffungswesens sind in der Praxis umstritten. Nach einem Gutachten der Wettbewerbskommission WEKO vom 22. Februar 2010 müssen Gemeinwesen Konzessionen zugunsten Privater für die Erstellung, den Betrieb und Unterhalt elektrischer Verteileranlagen gestützt auf Art. 2 Abs. 7 BGBM aus- schreiben. Mit solchen Sondernutzungskonzessionen verleihe das Gemeinwesen den Privaten das Recht, öffentlichen Grund und Bo- den exklusiv zu nutzen. Sondernutzungskonzessionen beruhten auf einem faktischen Monopol. Damit gemeint sei die Möglichkeit des Gemeinwesens, aufgrund seiner Hoheit über öffentliche Sachen Private von gewissen Tätigkeiten auszuschliessen. In grundsätzlicher Weise hält die WEKO fest, dass die Ausschreibungspflicht nach Art. 2 Abs. 7 BGBM nicht nur für die Übertragung der Nutzung rechtlicher, d. h. gesetzlich verankerter Monopole, sondern auch für Nutzungsübertragung faktischer Monopole auf Private gelte. Dies
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bedeute, dass auch die Erteilung oder Erneuerung von Konzessionen zugunsten Privater für den öffentlichen Plakataushang oder die Nutzung der Wasserkraft der Ausschreibungspflicht unterlägen (vgl. Medienmitteilung der WEKO vom 16. April 2010). Zum gegenteiligen Ergebnis kommt ein vom Verband Schwei- zerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) bei Hans Rudolf Trüeb (unter Mitarbeit von Daniel Zimmerli) in Auftrag gegebenes Rechts- gutachten vom 15. Juli 2010 betreffend Ausschreibungspflicht der Sondernutzungskonzession für elektrische Verteilnetze. Nach diesen Autoren schliesst das Bundesgesetz über die Stromversorgung vom 23. März 2007 (Stromversorgungsgesetz, StromVG; SR 734.7) aus, dass eine kantonale oder kommunale Sondernutzungskonzession gemäss Art. 2 Abs. 7 BGBM öffentlich ausgeschrieben werden könnte bzw. dürfte. Die Sondernutzungskonzession dürfe und könne nur dem nach Art. 5 StromVG bestimmten Netzbetreiber erteilt wer- den. Das StromVG gehe Art. 2 Abs. 7 BGBM im Bereich des Netz- betriebs als lex specialis vor und schliesse Wettbewerb bei der Er- teilung von Sondernutzungskonzessionen an Netzbetreiber aus. Hätte der Gesetzgeber eine Ausschreibungspflicht gewünscht, hätte er sie spezialgesetzlich im StromVG geregelt. Es liege daher seitens des StromVG ein qualifiziertes Schweigen vor. Eine Einführung des Wettbewerbs auf der Stufe der nachgelagerten Sondernutzung würde bedeuten, das Pferd beim Schwanz aufzuzäumen (vgl. Gutachten, Rz. 11). Die Einwohnergemeinde B. beheizt nach eigener Darstellung einzelne Gemeindeliegenschaften mit einer zentralen Befeuerungs- anlage (Holzschnitzel). Diese Anlage könne mit dem Fernwärme- projekt, wie es geplant sei, in keiner Weise gleichgesetzt werden. Die bisherige Anlage sei eine gemeindeeigene Anlage, mit der aus- schliesslich einzelne Gebäude beheizt würden, die im Eigentum der Einwohnergemeine B. ständen. Der Gemeinderat habe nunmehr den Anstoss dazu gegeben, eine Fernwärmeanlage zu realisieren, die der Allgemeinheit diene. Es gehöre mit Sicherheit nicht zu den öf- fentlichen Aufgaben einer aargauischen Einwohnergemeinde, ein derartiges Fernwärmeprojekt zu realisieren. Die Beschwerdeführerin könne sich denn auch keinesfalls auf irgendeine Bestimmung in der
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aargauischen Gesetzgebung berufen, die die Einwohnergemeinde verpflichten oder auch nur berechtigen würde, eine Fernwärmeanlage zu erstellen und zu betreiben. Hingegen sei es einem Gemeinderat unbenommen, die Initiative zu ergreifen und zur Realisierung eines derartigen Projekts Anstoss zu geben. Das StromVG gilt für Elektrizitätswerke, die mit 50 Hz Wech- selstrom betrieben werden (Art. 2 Abs. 1 StromVG). Die geplante Heizanlage mit Fernwärmeverbund fällt somit nicht in den Anwen- dungsbereich des StromVG. Die Gemeinde B. beansprucht indessen ein faktisches Monopol der Energieversorgung. Dritten sei die Be- nützung öffentlicher Strassen und Plätze für die Überspannung und Unterquerung mit elektrischen Leitungsdrähten zur Errichtung eines Verteilnetzes vorenthalten. Die Übertragung derartiger Nutzungs- rechte bedürfe einer Sondernutzungskonzession. Dies müsse in ana- loger Weise auch für das streitige Vorhaben eines Wärmeverbund- Werkes gelten. Diese Argumentation überzeugt nicht. Im Vordergrund steht nicht allein die Sondernutzung öffentlichen Grund und Bodens. Kernpunkt bilden vielmehr Bau, Betrieb und Unterhalt einer neuen Heizanlage sowie eines Wärmeverbundnetzes. Die elektrische Grundversorgung ist anderweitig sichergestellt, der Fernwärmever- bund stellt ein zusätzliches und neues Projekt dar. Die Frage, ob und wie die Konzessionserteilung nach Art. 2 Abs. 7 BGBM öffentlich auszuschreiben ist, kann letztlich jedoch - aufgrund der nachfolgen- den Erwägungen - offen bleiben. 4. 4.1. Das Bundesgericht hat sich in BGE 135 II 49 ff. (= Pra 98/2009, Nr. 75, S. 502 ff.) grundsätzlich zum Verhältnis zwischen der Kon- zessionserteilung und den Vorschriften des öffentlichen Beschaf- fungswesens geäussert. Gemäss den Erwägungen des Bundesgerichts blieben zahlreiche Fragen betreffend den Zusammenhang zwischen den Begriffen der öffentlichen Beschaffungen und der Konzessionen umstritten. Die Entwicklung der Praxis ihrerseits lasse oft immer weniger Raum für das, was klassische öffentliche Beschaffungen oder Konzessionen zu nennen sei, zugunsten komplexer rechtlicher
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und wirtschaftlicher Verhältnisse, in denen eine Vielzahl von Möglichkeiten denkbar seien. Die im Einzelfall zu wählende Lösung könne folglich nicht beanspruchen, die Gesamtheit dieser Fragen zu lösen. Aus den Kritiken der Lehre und der Entwicklung der Praxis ergebe sich jedoch, dass BGE 125 I 209 = Pra 89/2000, Nr. 149, präzisiert werden müsse, um zu vermeiden, dass Güter und Dienst- leistungen, die ihrer Natur nach normalerweise von den Gemeinwe- sen nur unter Beachtung der Bestimmungen über die öffentliche Be- schaffungen erworben werden dürften, aufgrund der strengen An- wendung einer Vorschrift, wonach die Konzession im Vordergrund stehe, den dem öffentlichen Beschaffungsrecht eigenen prozessualen Garantien entzogen würden. Mit anderen Worten dürfe ein schwei- zerisches Gemeinwesen nicht über die Erteilung einer Konzession das Vergaberecht umgehen. Es sei anzunehmen, dass dies vor allem der Fall sei, wenn das Gemeinwesen die Erteilung einer Konzession von Gegenleistungen von einer gewissen Wichtigkeit abhängig mache, die eindeutig zum Begriff der öffentlichen Beschaffung gehörten und von der Konzession trennbar seien. In einem solchen Fall sei es gerechtfertigt, den Erwerb solcher Leistungen den pro- zessualen Garantien des Vergaberechts zu unterstellen (vgl. BGE 135 II 56 = Pra 98/2009, Nr. 75, S. 514). Im konkreten Fall hatte das Bundesgericht bei einer Konzession für den Plakataushang auf öffentlichem Grund als Nebenleistung zulasten des Konzessionärs die Zurverfügungstellung von Fahrrädern zur Selbstausleihe zu beurteilen. Das Bundesgericht kam zum Schluss, das streitige Zurverfügungstellen von Fahrrädern zur Selbst- ausleihe unterstehe den Vorschriften des öffentlichen Beschaffungs- wesens: Für das Gemeinwesen sei es ein Mittel zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe, es könne von der Konzession losgelöst wer- den, es habe einen Preis, welcher der Verringerung des vom Sub- mittenten für die Monopolgebühr offerierten Betrags entspreche, und es könne, in Anbetracht seiner Eigenart und Bedeutung, nicht mit einer schlichten Nebenleistung einer Konzession verglichen werden (vgl. BGE 135 II 57 ff. = Pra 98/2009, Nr. 75, S. 515 ff.).

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4.2. Gestützt auf diese bundesgerichtliche Rechtsprechung ist im Folgenden zu prüfen, ob die Einwohnergemeinde B. die Anwendun- gen der Vorschriften des öffentlichen Beschaffungswesens mittels Erteilung einer Konzession umgehen will; dies trifft insbesondere dann zu, wenn Nebenleistungen von einer gewissen Bedeutung, welche sich von der Konzession loslösen lassen und klarerweise den Begriff der öffentlichen Beschaffung unterliegen, ohne Durchfüh- rung eines Vergabeverfahrens dem Konzessionär abverlangt werden. 4.3. 4.3.1. Die Gemeinde B. schrieb im Amtsblatt des Kantons Aargau vom (...) die Submission Contracting Holzschnitzelheizung mit Wärmeverbund öffentlich aus. Als Vergabestelle wurde die Ein- wohnergemeinde B. bezeichnet. Gegenstand und Umfang des Auf- trags wurden umschrieben mit "Wärmelieferung an die Einwohner- gemeinde B. aus einer Holzheizzentrale mit Wärmeverbund". Die Auftragsart wurde umschrieben mit Lieferauftrag. Als Verfahrensart war ein offenes Verfahren vorgesehen. Veröffentlicht wurden eben- falls folgende Zuschlagskriterien mit Gewichtung: Wirtschaftlichkeit (AKB, Jahresgrundbetrag und Energiepreis) 65 %, Referenzprojekte Contractor 15 %, Organisation Service/Interventionszeit/Notfallsze- nario 10 %, Unternehmensbewertung 5 % sowie technisches Anla- genkonzept/Innovation 5 %. Der Liefer- und Leistungsumfang des Contractors wird in Ziff. 3.2 der Ausschreibungsbedingungen wie folgt umschrieben: - Planung, Erstellung und Finanzierung der gesamten Wärmeer- zeugung inklusive Fernwärmenetz. Dies beinhaltet sämtliche Arbeiten zur Erstellung der Anlagen (Heizzentrale + Wärme- verbund) gemäss Beschreibung des Vorprojekts und allfällig weitere Arbeiten soweit für die Erstellung oder den Betrieb der Anlage erforderlich. Vom Liefer- und Leistungsumfang des Contractors ausgenommen sind lediglich Arbeiten, die in der Contracting-Ausschreibung oder im Vorprojekt explizit be- zeichnet sind.
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- Betrieb, Wartung, Bedienung, Instandhaltung der kompletten vom Contractor investierten oder übernommenen Wärmeerzeu- gungsanlage, der Wärmeleitungen bis und mit der Wärmeüber- gabestation. - Einkauf der Energieträger und Betriebsmittel und Verkauf der Wärmeenergie. - Erfassung der Wärmelieferungen je Wärmekunde mittels Mes- sungen (Wärmezähler), Verrechnung mit den Wärmekunden. - Kundenakquisition, Vertragserstellung, -bereinigung und -unter- zeichnung mit allen Wärmekunden (Wärmeliefervertrag, Dienstbarkeitsvertrag). - Erstellen der erforderlichen Dokumente und Unterlagen (Bau- gesuch, etc.); Einholen der erforderlichen Bewilligungen. - Auswertung der Effizienz der erstellten Anlage (Betriebsopti- mierung). - Abschliessen aller erforderlichen Versicherungen zur Realisie- rung des Bauvorhabens Wärmelieferungsvertrag. 4.3.2. Die Beschwerdeführerin weist zutreffend darauf hin, dass es sich bei diesen Contracting-Leistungen einerseits um Bauleistungen, andererseits aber auch um Lieferungen und Dienstleistungen handelt. Zu den Bauleistungen zählt der Bau der Heizzentrale mit Silo, des Fernwärmenetzes und der Übergabestationen. Unter den Begriff Lieferungen fällt die Lieferung von Wärme an private und öffentli- che Kunden im betreffenden Gebiet. Zu den Dienstleistungen zählen Planung, Engineering und Finanzierung des gesamten Projekts, Betrieb, Wartung, Bedienung und Instandhaltung der gesamten Anla- ge, Akquisition, Betreuung und Abrechnung gegenüber den Wärme- kunden. Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge bil- den nachgerade die klassischen Auftragsarten des öffentlichen Be- schaffungswesens (vgl. § 6 SubmD; Art. 6 IVöB). 4.4. Dass diese Angebote keinen "Preis" haben sollen, weshalb keine bereinigten Schlusssummen zu beurteilen seien und diese zwangsläufig bei den Unterlagen fehlten, ist nicht nachvollziehbar. Der Preis spielt in mehrfacher Hinsicht eine Rolle. Die Contracting-
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Ausschreibung enthält in Ziff. 3.7 Vorgaben zur Preisgestaltung. Diese Vorgaben umfassen den Anschlusskostenbeitrag (Gemeindeob- jekte: kein Anschlusskostenbeitrag), den Jahresgrundbetrag 1 zur De- ckung der Kapitalkosten, den Jahresgrundbetrag 2 zur Deckung der fixen Jahresbetriebskosten (Wartung, Betrieb) sowie den Ener- giepreis für die gelieferte Energie je Kilowattstunde zur Deckung der variablen Betriebskosten. Zu diesen Preisbestimmungen passt, dass Hauptzuschlagskriterium mit einer Gewichtung von 65 % gemäss Ausschreibung die Wirtschaftlichkeit bildet. Zu berücksichtigen sind überdies die Investitionskosten des Contractors, welche im "Vorprojekt" ursprünglich auf Fr. 9'250'000.00 geschätzt wurden und von der Beschwerdeführerin beispielsweise mit Fr. 7'181'200.00 (Ergänzungsvariante; bzw. Fr. 7'962'930.00 Grundvariante) veranschlagt werden (vgl. Offerten der Beschwerdeführerin). Dieser Betrag umfasst im Wesentlichen die Erstellung der Heizanlage, der Fernwärmeleitungen und der Haus- stationen sowie der Planung des Bauprojekts bis und mit Inbetrieb- nahme. Der Gemeinde steht das Recht zu, die Anlage zu jedem Zeit- punkt (zurück) zu kaufen. In den Ausschreibungsunterlagen hatten die Offerenten entsprechend ihren Investitionskosten den Sachzeit- wert bzw. Rückkaufswert anzugeben. Bei sofortigem Rückkauf wäre bei der Beschwerdeführerin ein Sachzeitwert von Fr. 7'181'200.00 (bzw. Fr. 7'962'930.00 Grundvariante) zu entrichten, nach 25 Jahren noch Fr. 1'903'018.00 (bzw. Fr. 2'221'657.40 Grundvariante) und nach 30 Jahren noch Fr. 1.00. Die Gemeinde könnte theoretisch so- bald der Contractor die Heizanlage samt Wärmeverbund erstellt hat, diese zum Preis der Investitionskosten (bei der Beschwerdeführerin Fr. 7'181'200.00 [Ergänzungsvariante]; bzw. Fr. 7'962'930.00 [Grund- variante]) (zurück) kaufen. Dies verdeutlicht, dass die Gemeinde B. damit insgesamt Bau-, Dienstleistungs- und Lieferaufträge vergeben hat bzw. einkauft, die angesichts des Investitionsvolumens fraglos dem Submissionsdekret unterstehen. 4.5. Klar ist auch, dass die Einwohnergemeinde B. die vom Con- tractor offerierten Leistungen nachfragt. Die Contracting-Ausschrei- bung bezweckt u. a. den Bezug der für die Gemeindeliegenschaften
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benötigten Wärme. Das ganze Projekt basiert darauf, dass in den Vergabeunterlagen konkret bezeichnete Objekte mit 100 % Wahr- scheinlichkeit an den Wärmeverbund angeschlossen werden und die Wärme vom Verbund beziehen. Zu den Objekten mit 100 % An- schlusswahrscheinlichkeit gehören u. a. sämtliche Gemeindeliegen- schaften, die bereits am bestehenden Wärmeverbund angeschlossen sind sowie weitere zusätzliche Gemeindeliegenschaften. Der Plan "Übersicht Anschlussobjekte und Fernwärmeleitungen" und die Objektliste zeigen dies klar auf. Die Gemeinde bestätigte im Einla- dungsschreiben zur Ausschreibung vom (...) ausserdem: "Die Ge- meinde leitet das Ausschreibungs- und Auswahlverfahren für einen Contractor. Gleichzeitig ist die Gemeinde Kunde für einen grösseren Anteil der Wärme, weshalb das Projekt im kantonalen Amtsblatt vom (...) öffentlich ausgeschrieben wird". Ebenso wurden im Rahmen der Angebotsbewertung beim Vergleich der Wärmegestehungsvollkosten die Kosten für die durch die Gemeinde bezogene Wärme explizit aufgeführt. Wie die Einwohnergemeinde B. vor diesem Hintergrund die Auffassung vertreten kann, von einem Wärmebezug durch die Gemeinde (für die Gemeindeliegenschaften) sei in der Ausschrei- bung nicht die Rede gewesen, ist nicht nachvollziehbar. Es mag zwar zutreffen, dass letztlich individuelle Wärmelieferungsverträge abzu- schliessen sein werden. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Contracting-Ausschreibung u. a. wesentlich den Bezug der für die Gemeindeliegenschaften benötigten Wärme bezweckt. Zu berück- sichtigen ist im Weiteren, dass (gemäss Contracting-Ausschreibung) die Verantwortlichen der Gemeinde B. bei den Wärmelieferverträgen die Verhandlungen mit den potenziellen Wärmekunden begleiten. Allfällige Abweichungen von den Wärmelieferverträgen seien mit der Gemeinde B. zu besprechen und nur nach deren Genehmigung und Einverständnis gültig. Wenn die Einwohnergemeinde mit dem Wärmeverbund nichts zu tun hat, wie sie sinngemäss argumentiert, würde sie sich kaum in die Preisverhandlungen einbringen. 4.6. Vor Augen zu halten ist im Übrigen, dass die Regelung über das öffentliche Beschaffungswesen den wesentlichen Zweck verfolgt, die Transparenz der Vergabeverfahren zu verbessern, um einen echten
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Wettbewerb unter den Anbietern zu gewährleisten und folglich eine sparsame Verwendung der öffentlichen Mittel zu ermöglichen. Das Ziel besteht mithin darin, dass der Staat bzw. das Gemeinwesen sich die benötigten Güter und Dienstleistungen auf dem freien Markt zu den bestmöglichen Bedingungen verschaffen kann, d. h. die öffent- lichen Gelder rationell ausgegeben werden. Es liegt also eine öf- fentliche Beschaffung vor, wenn der Staat sich gegen einen Preis, zu dessen Zahlung er sich verpflichtet, bei einer privaten Unternehmung ein Gut oder eine Dienstleistung besorgt (vgl. BGE 125 I 214 = Pra 89/2000, Nr. 149, S. 885). Diese Voraussetzungen einer öffentlichen Beschaffung sind vorliegend erfüllt. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwä- gungen enthält das zu beurteilende Contracting Wärmeverbund B. alle Merkmale eines öffentlichen Auftrags. In Anbetracht seiner Natur und seiner Bedeutung lässt sich dieser öffentliche Auftrag nicht als blosse Nebenleistung zur Konzession betrachten. Folglich besteht kein Grund, den Bau, Betrieb und Unterhalt der streitigen Heizzentrale mit Wärmeverbund den prozessualen Garantien des Vergaberechts zu entziehen. 4.7. Das vorliegende Contracting Wärmeverbund ist überdies ver- gleichbar mit sogenannten Infrastruktur-Public-Private-Partnerships (PPP). Darunter wird häufig ein auf lange Dauer angelegtes Geschäft zwischen dem Gemeinwesen und einer Privatunternehmung über die Errichtung und den Betrieb und den Unterhalt einer bestimmten baulichen Infrastruktur verstanden (vgl. Martin Beyeler, PPP auf dem Tischmacherhof: Grundsatzfragen und Vergaberecht, in: Jusletter 7. Januar 2008, S. 8). Derartige Infrastruktur PPP sind öffentliche Aufträge im Sinne des öffentlichen Vergaberechts, und ihre Vergabe hat nach dessen Regeln zu erfolgen (vgl. Beyeler, a. a. O., S. 9 mit Hinweisen). In der Literatur wird in diesem Zusammenhang von Build-Ope- rate-Transfer gesprochen. Ist das Geschäft so konstruiert, - dass der Private Eigentümer der fraglichen Baute wird (weil ihm das Grundstück gehört oder er gestützt auf ein Baurecht baut),
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- dass das Gemeinwesen ihm für die Gebrauchsüberlassung einen Mietzins bezahlt, - dass namentlich die gesamten Baukosten über diesen Zins ver- gütet werden, - dass das Vertragsverhältnis zur Absicherung dieser Baukosten- vergütung über eine fixe Dauer eingegangen wird bzw. bei vorzeitiger Auflösung entsprechende Kompensationszahlungen vorsieht und - dass möglicherweise die Baute am Vertragsende der Auftragge- berin anheimfällt ("Build-Operate-Transfer"), so liegt bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise ein gewöhnli- cher Bauauftrag vor, dessen Vergabe dem öffentlichen Vergaberecht unterstellt ist (vgl. Beyeler, a.a.O., S. 9 mit Hinweisen). Der vorliegende Fall entspricht im Wesentlichen diesem Ge- schäftskonstrukt. Der Contractor erstellt eine neue Heizzentrale, welche während der Vertragszeit in seinem Eigentum verbleibt. Der Vertrag gilt für die Dauer von 30 Jahren. Nach Ablauf der Vertrags- dauer gehen die Anlagen der Wärmeerzeugung für Fr. 1.00 in das Eigentum der Gemeinde über. Die Gemeinde behält sich ein jeder- zeitiges Rückkaufs- bzw. Vorkaufsrecht vor, wonach sie unter Be- zahlung der von der Nutzungsdauer abhängigen Sachzeitwerte die Contracting-Anlage zurück kaufen kann. Das Entgelt des Contractors - und damit auch die Finanzierung der Baukosten - besteht im Energiepreis sowie dem Jahresgrundbetrag 1 und 2, welche auch die Gemeinde für ihre Liegenschaften zu bezahlen hat. Lediglich beim eventuellen Anschlusskostenbeitrag werden die Gemeindeobjekte ausgenommen. 4.8. Angesichts dieses Ergebnisses braucht das widersprüchliche Verhalten der Einwohnergemeinde B. nicht vertieft überprüft zu werden. Es erstaunt immerhin, dass die Gemeinde B. im Amtsblatt vom (...) die Submission Contracting Holzschnitzelheizung mit Wärmeverbund im offenen Verfahren öffentlich ausgeschrieben hat. Bis zur Erstattung der Beschwerdeantwort war ausweislich der Akten von einer Konzessionserteilung nie die Rede. Der Ausschreibung im Amtsblatt wurde auch die ordentliche Rechtsmittelbelehrung der
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Beschwerde an das Verwaltungsgericht, wie sie in Submissions- streitigkeiten üblich ist, beigefügt. Die Gemeinde B. ging ursprüng- lich somit ebenfalls davon aus, dass es sich beim ausgeschriebenen Contracting um einen dem Submissionsdekret unterstehenden öffent- lichen Auftrag handelt. Angemerkt sei ausserdem, dass Contracting-Ausschreibungen regelmässig nach den Regeln des öffentlichen Submissionsrechts vergeben werden, wie die aktenkundigen Ausschreibungen der Ge- meinden Rekingen, Erlinsbach, Küttigen, Reinach sowie weiterer Gemeinden aus anderen Kantonen zeigen. Die E. AG, welche die Einwohnergemeinde B. im vorliegenden Vergabeverfahren unter- stützt hat, wies im Zusammenhang mit dem Holzschnitzelwärme- verbund F. ebenso darauf hin, dass die Ausschreibung nach der Sub- missionsverordnung erfolge. 5. Zusammenfassend untersteht die Vergabe Contracting Holz- schnitzelheizung mit Wärmeverbund der Gemeinde B. dem Sub- missionsrecht, und es sind die Bestimmungen des Submissionsde- krets zu beachten.
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