E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SB210181
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB210181 vom 05.07.2021 (ZH)
Datum:05.07.2021
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 6B_1213/2021
Leitsatz/Stichwort:Mehrfacher Diebstahl etc.
Schlagwörter : Schuldig; Beschuldigte; Asservat-Nr; Beschuldigten; Urteil; Landes; Landesverweis; Schweiz; Landesverweisung; Zürich; Berufung; Staatsanwalt; Kosten; Verteidigung; Amtlich; Privatklägerin; Amtliche; Staatsanwaltschaft; Schwer; Weitere; Verwiesen; Schadenersatz; Ausländer; Rechtskraft; Welche; Verwiesen; Person; Mehrfachen; Verfahren
Rechtsnorm: Art. 135 StPO ; Art. 144 StGB ; Art. 186 StGB ; Art. 22 StGB ; Art. 404 StPO ; Art. 424 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 55 StGB ; Art. 66a StGB ; Art. 8 EMRK ;
Referenz BGE:139 II 121; 144 II 1; 144 IV 332; 145 IV 364;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB210181-O/U/jv

Mitwirkend: die Oberrichter lic. iur. Ch. Prinz, Präsident, lic. iur. B. Amacker und Ersatzoberrichterin lic. iur. C. Brenn sowie die Gerichtsschreiberin lic. iur. S. Kümin Grell

Urteil vom 5. Juli 2021

in Sachen

Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland,

vertreten durch Leitenden Staatsanwalt lic. iur. R. Michel,

Anklägerin und I. Berufungsklägerin

gegen

A. ,

Beschuldigter und II. Berufungskläger

amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

betreffend mehrfacher Diebstahl etc.

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Zürich, 4. Abteilung, vom 14. Dezember 2020 (DG200142)

Anklage:

Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 1. Juli 2020 (Urk. 27) ist diesem Urteil beigeheftet.

Urteil der Vorinstanz:

(Urk. 65 S. 43 ff.)

Es wird beschlossen:

1. Das Verfahren betreffend Sachbeschädigungen und Hausfriedensbrüche wird hin- sichtlich den Dossiers 1, 2, 9, 12, 23 und 25 eingestellt.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A. ist schuldig

    • des mehrfachen (teilweise versuchten) Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB (teilweise in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB),

    • des mehrfachen geringfügigen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB in Verbindung mit Art. 172ter Abs. 1 StGB,

    • des mehrfachen (teilweise versuchten) Hausfriedensbruchs im Sinne von Art. 186 StGB (teilweise in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB),

    • der mehrfachen Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 StGB sowie

    • der mehrfachen geringfügigen Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 StGB in Verbindung mit Art. 172ter StGB.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit 24 Monaten Freiheitsstrafe (wovon bis und mit heute 285 Tage durch Untersuchungshaft sowie durch vorzeitigen Strafantritt er- standen sind) sowie einer Busse von Fr. 1'000.-.

  3. Die Freiheitsstrafe wird vollzogen. Die Busse ist zu bezahlen.

  4. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen.

  5. Von der Anordnung einer Landesverweisung wird abgesehen.

  6. Die Privatklägerin B.

    AG wird mit ihrem Schadenersatzbegehren auf den

    Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  7. Der Beschuldigte wird gemäss seiner Anerkennung verpflichtet, der Privatklägerin C. AG Schadenersatz in der Höhe von Fr. 481.95 sowie Fr. 50.- Genugtuung zu bezahlen.

  8. Die Privatklägerin D. AG wird mit ihrem Schadenersatzbegehren auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  9. Die Privatklägerin E. AG anstelle der Privatklägerin Genossenschaft F. wird mit ihrem Schadenersatzbegehren auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  10. Die Privatklägerin G. AG wird mit ihrem Schadenersatzbegehren auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  11. Die Privatklägerin H.

    Schweiz AG wird mit ihren Zivilforderungen auf den

    Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  12. Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin I. AG anstelle der Pri- vatklägerin H. Schweiz AG Schadenersatz in der Höhe von Fr. 6'677.60 zu bezahlen.

  13. Der mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 9. August 2019 be- schlagnahmte Schraubenzieher (Asservat-Nr. A012'251'751) wird eingezogen und der Lagerbehörde zur Vernichtung überlassen.

  14. Die folgenden, mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom

    9. August 2019 beschlagnahmten Gegenstände werden dem Beschuldigten nach Eintritt der Rechtskraft auf erstes Verlangen hin herausgegeben. Verlangt der Beschuldigte die Gegenstände nicht innert 30 Tagen ab Rechtskraft des Urteils her- aus, werden sie der zuständigen Lagerbehörde zur Vernichtung überlassen:

    • ein Paar Winterschuhe der Marke Victory (Asservat-Nr. A012'251'762);

    • ein Paar Winterschuhe der Marke Landrover (Asservat-Nr. A012'251'842);

    • ein Paar Sportschuhe der Marke Asics (Asservat-Nr. A012'251'795);

    • ein Mobiltelefon der Marke Huawei (Asservat-Nr. A12'500'640).

  15. Die folgenden, beim Forensischen Institut Zürich (FOR) sichergestellten Gegen- stände und Spurenträger werden nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheides vernichtet:

    • die Glasflasche (Asservat-Nr. A12'092'625);

    • den Kronkorken Coca Cola (Asservat-Nr. A12'092'636);

    • ein Handwerkzeug (Asservat-Nr. A013'604'687);

    • die DNA-Spuren Wattetupfer (Asservat-Nr. A012'092'761; A012'094'643; A012'092'772; A012'404'396; A012'119'801; A012'409'197; A013'378'853; A013'378'897; A013'604'643; A013'604'665; A013'604'698);

    • die DNA-Spur Gegenstände (Asservat-Nr. A012'980'799; A013'387'570);

    • die Mikrospuren Klebbandasservate (Asservat-Nr. A012'092'647; A12'404'410; A012'119'823; A012'092'567; A012'095'942; A012'095'953; A012'095'931; A012'409'233; A012'404'374; A013'604'712);

      - die Fotografien (Asservat-Nr. A012'092'614; A012'404'385; A012'119'787; A012'409'164; A013'604'632);

    • Werkzeug-/Schartenspuren (Asservat-Nr. A012'119'801; A012'409'211; A012'409'222; A013'604'654; A013'604'676)

    • ein Papier (Asservat-Nr. A012'975'370);

    • eine Baseballmütze (Asservat-Nr. A013'386'011);

    • eine Herrenjacke (Asservat-Nr. A013'604'961);

    • eine Herrenhose (Asservat-Nr. A013'604'972);

    • ein Paar Herrenschuhe der Marke Venice (Asservat-Nr. A013'604'983);

    • ein Paar Handschuhe (Asservat-Nr. A013'604'994);

    • ein Pullover (Asservat-Nr. A013'605'000).

  16. Sämtliches weitere beim Forensischen Institut Zürich (FOR) sichergestelltes Spu- renmaterial wird nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheides vernichtet.

  17. Die folgenden, bei der Kriminaltechnik der Kantonspolizei Aargau sichergestellten Gegenstände und Spurenträger werden nach Eintritt der Rechtskraft dieses Ent- scheides vernichtet:

    • eine Capri-Sun Verpackung (Spur-Nr. 1/12 CBMD);

    • ein Feuerzeug (Spur-Nr. 3/12 CBMD);

    • ein aufgerissenes Couvert (Spur-Nr. 4/12 CBMD);

    • die DNA-Spuren Wattestäbchen (Spur-Nr. 2/12 CBMD; 5/12 CBMD; 6/12 CBMD; 7/12 CBMD; 11/12 CBMD; 12/12 CBMD; 1/1 MVOA);

    • eine Schuhspur auf Folie (Spur-Nr. 8/12 CBMD; 9/12 CBMD; 10/12 CBMD).

  18. Rechtsanwalt lic. iur. X. wird für die amtliche Verteidigung des Beschuldigten mit Fr. 20'200.- (inkl. Mehrwertsteuer) aus der Gerichtskasse entschädigt.

  19. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:

    Fr. 4'000.-; die weiteren Kosten betragen: Fr. 2'500.- Gebühr Strafuntersuchung

    Fr. 20'200.- Entschädigung amtliche Verteidigung

    Allfällige weitere Kosten bleiben vorbehalten.

  20. Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, ausgenommen diejenigen der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt.

  21. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.

Berufungsanträge:

  1. Der Verteidigung des Beschuldigten: (Urk. 89 S. 6)

    1. Abweisung der Beschwerde der Staatsanwaltschaft

    2. Kosten auf die Staatskasse

  2. Der Staatsanwaltschaft: (Urk. 88 S. 1)

  1. Der Beschuldigte sei im Sinne von Art. 66a Abs. 1 lit. d StGB für die Dauer von 10 Jahren des Landes zu verweisen.

  2. Im Übrigen sei das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom

    14. Dezember 2020 in sämtlichen vom Beschuldigten angefochtenen Punk- ten zu bestätigen.

  3. Die Kosten des Verfahrens seien dem Beschuldigten aufzuerlegen.

    Erwägungen:

    1. Prozessuales
  1. Verfahrensgang

    1. Zum Verfahrensgang bis zum vorinstanzlichen Urteil kann zwecks Ver- meidung von unnötigen Wiederholungen auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Urk. 65 S. 6).

    2. Mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich, 4. Abteilung, vom 14. Dezember 2020, wurde der Beschuldigte gemäss dem eingangs wiedergegebenen Urteilsdispositiv schuldig gesprochen und bestraft. Das Urteilsdispositiv wurde den Parteien noch gleichentags eröffnet (Prot. I S. 37). Mit Eingabe vom 17. Dezember 2020 melde- te die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland Berufung an (Urk. 58). Der Beschuldigte tat dies mit Eingabe vom 22. Dezember 2020 (Urk. 59). Das begründe- te Urteil (Urk. 62) wurde dem Beschuldigten am 5. März 2021 und der Staatsan- waltschaft am 9. März 2021 zugestellt (Urk. 64). Mit Eingabe vom 21. März 2021 reichte die Staatsanwaltschaft rechtzeig die Berufung ein (Urk. 67). Dies tat ihr der Beschuldigte mit Eingabe vom 25. März 2021 gleich (Urk. 69).

    3. Mit Präsidialverfügung vom 26. März 2021 wurden den Parteien die gegen- seitigen Berufungserklärungen zugestellt und Frist angesetzt, um zu erklären, ob jeweils Anschlussberufung erhoben oder begründet ein Nichteintreten auf die Berufung beantragt werde (Urk. 71). Die Parteien liessen sich nicht vernehmen.

    4. Am 5. Juli 2021 fand die Berufungsverhandlung statt, zu welcher der Beschuldigte in Begleitung seines amtlichen Verteidigers, Rechtsanwalt lic. iur. X. , sowie Staatsanwalt lic. iur. Raphael Michel erschienen sind (Prot. II

      S. 6). Vorfragen waren keine zu entscheiden und - abgesehen von der Ein- vernahme des Beschuldigten (Urk. 87) - auch keine Beweise abzunehmen (vgl. Prot. II S. 7 f.). Jedoch liess der Beschuldigte seine Zweitberufung zurückziehen (Prot. II S. 7), wovon vorab mittels Beschlusses Vormerk zu nehmen ist. Das Ur- teil erging im Anschluss an die Berufungsverhandlung (Prot. II S. 11 ff.).

  2. Berufungsumfang

    1. In der Berufungserklärung vom 23. März 2021 beantragte die Staatsanwalt- schaft die Anordnung einer Landesverweisung und damit die Aufhebung von Ziffer 5 des vorinstanzlichen Entscheides (Urk. 67).

    2. Dementsprechend ist das vorinstanzliche Urteil in den Dispositiv-Ziffern 1 (Schuldspruch), 2 (Sanktion), 3 (Vollzug), 4 (Ersatzfreiheitsstrafe), 6. - 12. (Zivilforderungen), 13.-17. (Einziehungen, Beschlagnahmungen) sowie 18. - 21. (Kos- ten- und Entschädigungsfolgen) nicht angefochten und damit in Rechtskraft er- wachsen, was vorab mittels Beschlusses festzustellen ist (Art. 404 Abs. 1 StPO). Ebenso wenig angefochten wurde der dem Urteil vorangehende Beschluss betref- fend die Einstellung des Verfahrens hinsichtlich der Dossiers 1, 2, 9, 12, 23 und

      25.

    3. In Bezug auf die Frage der Landesverweisung (Dispositiv-Ziffer 5) steht das vorinstanzliche Urteil zwecks Überprüfung zur Disposition.

  1. Landesverweisung
    1. Die Staatsanwaltschaft hat eine Landesverweisung von 10 Jahren bean- tragt. Dies, weil der Beschuldigte Katalogtaten begangen habe, kein Härtefall vor- liege und selbst bei Annahme eines solchen das öffentliche Interesse an einer Landesverweisung das Interesse des Beschuldigten überwiege. Auch das FZA stehe der Landesverweisung nicht entgegen (Urk. 52 S. 7 f., Urk. 88 S. 2 ff.). In Bezug auf die Härtefallklausel führte der Staatsanwalt an der Berufungsverhand- lung zusammengefasst aus, es handle sich beim Beschuldigten um einen Serien- einbrecher, von dem auch künftig weitere Straftaten zu erwarten seien. Seine Fernhaltung vom Staatsgebiet der Schweiz sei von grosser Bedeutung für die öf- fentliche Sicherheit und den Schutz der Gesellschaft vor Straftaten (Urk. 88 S. 4).

      Es liege zudem keine enge Vater-Kind-Beziehung zum Sohn K.

      vor, lebe

      dieser doch bei einer Pflegefamilie und der Kontakt zum Beschuldigten bestehe nur aus einzelnen Besuchen. Dank moderner Kommunikationsmittel sowie gelegentlicher begleiteten Besuche ausserhalb der Schweiz könne der persönliche Kontakt problemlos aufrecht erhalten werden (Urk. 88 S. 4 f.).

    2. Die Verteidigung geht demgegenüber von einem Härtefall aus. Der Beschul- digte sei hierzulande aufgewachsen und habe auch bis zu seiner Auswanderung nach Deutschland im Jahre 2019 hier gelebt. Sein im Jahre 2014 geborener Sohn lebe in der Schweiz, und da er für diesen die wichtigste Bezugsperson sei, habe er ein gewichtiges Interesse am Verbleib in der Schweiz, damit er seinen Sohn besuchen könne. Der Beschuldigte unternehme im Rahmen seiner Möglichkeiten alles, um seinem Sohn ein guter und verantwortungsvoller Vater zu sein, während die Kindsmutter ihre Verantwortung nicht wahrnehme, resp. nicht wahrnehmen könne. Auch überwiege sein persönliches Interesse dasjenige des Staates, da seinem Sohn Besuche im Ausland nicht möglich seien (Urk. 53 S. 7, Urk. 89

      S. 3 ff.).

    3. Die Vorinstanz geht von einem persönlichen Härtefall aus, da der Beschul- digte in der Schweiz aufgewachsen sei, zu seiner italienischen Heimat keinen Bezug habe und eine Landesverweisung die Ausübung des Besuchsrechts ver- unmöglichen würde. Sodann überwiege sein Interesse dasjenige der Öffentlich- keit, weshalb von einer Landesverweisung abzusehen sei (Urk. 65 S. 28).

    4. Die Vorinstanz hat zutreffend ausgeführt, dass der Beschuldigte wegen Katalogtaten gemäss Art. 66a Abs. 1 StGB verurteilt wird und deshalb zwingend eine Landesverweisung auszusprechen ist. Als ebenso zutreffend erweisen sich die rechtlichen Erwägungen zu den Voraussetzungen des Härtefalls (Urk. 65

      S. 28). In materieller Hinsicht ist der Vorinstanz jedoch nicht zu folgen.

    5. Der Beschuldigte hat in der Schweiz keinen Wohnsitz. Er verfügt über kei- nen Aufenthaltstitel. Er lebte vor seiner Verhaftung im grenznahen J. /D. Da keine Einreisesperre bestand, durfte er die Schweiz besuchen. Er pflegte Kontak- te zu seinem hierzulande lebenden Sohn, mit welchem er ebenso wenig zusam- menlebte wie mit der Kindsmutter.

    6. Zwar trifft es zu, dass der Beschuldigte hierorts aufgewachsen ist, als Aus- länder der zweiten Generation gilt und für ihn eine Rückkehr nach Italien mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden wäre, da ihm seine Heimat mittlerweile fremd ist. Für die Beurteilung der Frage, ob ein Härtefall vorliegt, sind diese Grün- de jedoch ohne Belang. Abgesehen davon, dass Italien auch einen bedeutenden grenznahen deutschsprachigen Landesteil hat, in welchem auch für eine hierzu- lande sozialisierte Person eine Integration in den Arbeitsmarkt und das soziale Leben ohne weiteres möglich ist, hat die Landesverweisung nicht zwingend die Rückkehr in die Heimat der Eltern zur Folge. Der ausgewiesenen Person bleibt einzig der weitere Verbleib in der Schweiz versagt. Im Übrigen sind ausgewiesene Personen in der Wahl ihres zukünftigen Aufenthaltsorts im Rahmen der gesetzli- chen Bestimmungen frei. Dem Beschuldigten als Unionsbürger steht dabei eine Vielzahl von Möglichkeiten offen. Unter anderem auch der Aufenthalt im deut- schen Grenzgebiet, wo sich die Lebensumstände kaum von den hiesigen unter- scheiden. Nachdem der Beschuldigte vor seiner Inhaftierung im Ausland gelebt und gearbeitet hat, ist nicht einzusehen, inwiefern die Landesverweisung diesbe- züglich eine persönliche Härte nach sich ziehen könnte. Bei dieser Konstellation fällt der Beschuldigte nicht unter die Kategorie des typischen secondos.

      Abgesehen davon liegt ohnehin nicht bei jeder in der Schweiz aufgewachsenen Person ein Härtefall vor. Zwar durfte bereits unter der Bestimmung von aArt. 55 StGB bei einem in der Schweiz verwurzelten Ausländer mit kaum mehr Bezie- hungen zum Ausland, der durch eine Landesverweisung deshalb hart getroffen würde, diese nur mit Zurückhaltung ausgesprochen werden. Dies gilt besonders für secondos, die oftmals nur noch formell Ausländer sind (Bertossa, a.a.O.,

      N. 11 zu Art. 66a StGB), was am Ausländerstatus nichts ändert, in der Verhält- nismässigkeitsprüfung aber wesentlich ins Gewicht fallen kann (vgl. Urteil 2C_826/2018 vom 30. Januar 2019 E. 8.2.3). Diese, Ausländer der zweiten Gene- ration begünstigende, Praxis, ist mit Art. 66a Abs. 2 Satz 2 StGB Gesetz gewor- den: Dabei ist der besonderen Situation von Ausländern Rechnung zu tragen, die in der Schweiz geboren und aufgewachsen sind. (Urteil 6B_627/2018 vom 22.03.2019 E. 1.5). Strafgerichte haben gemäss dieser gesetzlichen Anweisung der besonderen Situation von Ausländern Rechnung zu tragen (BGE 144 IV 332

      E. 3.3.3 S. 341 f.; Urteile 6B_724/2018 vom 30. Oktober 2018 E. 2.3.3 und 6B_861/2018 vom 24. Oktober 2018 E. 2.3). Auf der anderen Seite hält die bun- desgerichtliche Rechtsprechung auch fest, dass es keinen generellen Ausschluss von Fernhaltemassnahmen bei Ausländern der zweiten Generation gibt (BSK StGB I Art. 66a N 123 mit Verweisen). Denn wie das Gesetz festhält, ist der be- sonderen Situation Rechnung zu tragen. Das heisst, es sind in jedem Falle die konkreten Umstände zu überprüfen und zu berücksichtigen. Falls bei hier gebore- nen Ausländern, welche lediglich noch formell Ausländer sind und die Landes- verweisung faktisch die Ausweisung in die Fremde zur Folge hätte, ist auf eine Ausweisung zu verzichten. Abzustellen ist somit nicht auf das formelle Kriterium des Geburts- und Lebensortes, sondern auf die Intensität der Beziehungen zur Schweiz und zur Heimat. Wobei der Begriff Heimat nicht mit dem Geburtsort der Eltern gleichzusetzen ist, sondern all diejenigen Orte ausserhalb der Schweiz meint, an denen eine Person legal leben darf. Im Falle von Unionsbürgern, also auch Italienern, ist dies die ganze Europäische Union.

    7. Im Lichte dieser Grundsätze zählt der Beschuldigte nicht zu den typischen Ausländern der zweiten Generation im Sinne von Migrantenkindern, welche hier- zulande aufgewachsen und sozialisiert worden sind und denen die Heimat ihrer Eltern und Drittländer, in denen sie legal leben dürften, fremd sind. Der Beschul- digte lebte vor der Inhaftierung in Deutschland und arbeitete bei seinem ehemali- gen Arbeitgeber, welcher im grenznahen Deutschland eine Zweigniederlassung besitzt. Ein Leben ausserhalb der Schweiz wird ihm somit auch nach der Entlas- sung aus dem Strafvollzug ohne weiteres möglich sein. Bei Lichte betrachtet zählt der Beschuldigte somit nicht zur Kategorie der secondos, sondern zu den Krimi- naltouristen. Die Landesverweisung ändert somit kaum etwas an der Lebenssitua- tion des Beschuldigten persönlich. Von einem Härtefall kann daher nicht einmal im Ansatz die Rede sein.

    8. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass ihn mit der Schweiz einiges verbindet. Er ist hierorts aufgewachsen und hat hier Angehörige, insbesondere einen Sohn. Er ist ledig, unterhält keine Partnerschaft und hat nie mit seinem Sohn zusammen gelebt. Somit greift auch der Schutz von Art. 8 EMRK nicht. Geschützter Familienkreis ist die Kernfamilie, d.h. die Gemeinschaft der Ehegatten mit ihren minderjährigen Kindern. Andere familiäre Verhältnisse fallen nur in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK, sofern eine genügend nahe, echte und tatsäch- lich gelebte Beziehung besteht. Hinweise für solche Beziehungen sind das Zu- sammenleben in einem gemeinsamen Haushalt, eine finanzielle Abhängigkeit, speziell enge familiäre Bindungen, regelmässige Kontakte oder die Übernahme von Verantwortung für eine andere Person (BGE 144 II 1 E. 6.1 S. 12 mit Hinwei- sen; Urteil 2C_786/2018 vom 27. Mai 2019 E. 3.2.2). Bei hinreichender Intensität sind auch Beziehungen zwischen nahen Verwandten wie Geschwistern oder Tan- ten und Nichten von Bedeutung, doch muss in diesem Fall zwischen der über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht verfügenden Person und dem um die Bewilligung nachsuchenden Ausländer ein über die üblichen familiären Beziehungen bzw. emotionalen Bindungen hinausgehendes, besonderes Abhängigkeitsverhältnis bestehen (BGE 144 II 1 E. 6.1 S. 12 f. mit Hinweisen; Urteil 2C_786/2018 vom 27. Mai 2019 E. 3.2.3; Urteil 6B_1070/2018 vom 14.08.2019 E. 6.3.2).

    9. Der Sohn K.

    ist am tt.mm.2014 in Zürich geboren. Gemäss Bericht

    des Kinderhauses L.

    vom 23. Dezember 2015 soll der Beschuldigte nach

    der Geburt regelmässigen Kontakt zu seinem Sohn gehabt haben (Urk. 54/1). Im Rahmen der persönlichen Befragung anlässlich der Berufungsverhandlung vom

    27. Januar 2017 im Verfahren SB160333 gab der Beschuldigte allerdings an, sei- nen Sohn während der bis dahin 655 Tage in Haft verbrachten Zeit einmal gese- hen zu haben (Beizugsakten SB160333, Prot. II S. 15, 22).

    Die Bezugsperson der sozialpädagogischen Pflegefamilie, Frau M. , beschrieb den Beschuldigten im Oktober 2020 als wichtige Bezugsperson seines Sohnes, welcher seine Rolle aktiv wahrnehme und die einzige und wichtigste Bezugsperson des Familiensystems sei, womit die Familie väterlicherseits ge- meint ist. Er übernehme seine väterlichen Pflichten voll und ganz nach seinen Möglichkeiten. Ein Landesverweis des Vaters würde gegen das Kindswohl spre- chen, da diese die Wiederaufnahme der Besuchsregel erschweren würde (Urk. 54/5). Diese Beurteilung findet sich auch in einem schriftlichen Bericht der

    Beiständin des Sohnes vom 13. Oktober 2020 zu Handen der Verteidigung (Urk. 54/9).

    1. Dem steht der Untersuchungsbericht der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich vom 17. Juli 2020 gegenüber, welcher im Zusammenhang mit der Thera- pie- und Massnahmenplanung des Sohnes erstellt wurde. Diesem lässt sich nicht entnehmen, dass der Beschuldigte als Vater eine aktive Rolle spielt. Einzig von einigen Besuchen im Jahre 2019 ist die Rede (Urk. 54/4).

    2. Es bleibt somit die Feststellung, dass sich regelmässige Kontakte des Beschuldigten zu seinem Sohn auf eine relativ kurze Phase im Jahre 2019 be- schränkten. Der Grund, dass es nicht zu intensiveren Kontakten kam, mag wohl in den Gefängnisaufenthalten des Beschuldigten liegen, ändert aber nichts daran, dass die Bindung zum Sohn noch nicht sehr lange intensiver ist. Der Beschuldigte legte zwar dar, dass er sich jeweils nach seinen Möglichkeiten um seinen Sohn

      gekümmert, resp. diesen besucht hat. Tatsache ist jedoch, dass K.

      bei

      Pflegefamilien und in Institutionen aufwächst. Entgegen den Vorbringen des Beschuldigten hat der Sohn seine primären Bezugspersonen daher in seiner je- weiligen Pflegefamilie. Bis heute kann somit nicht von einer gefestigten Vater- Kind-Beziehung gesprochen werden. Demzufolge hat der Beschuldigte in der Schweiz auch keinen geschützten Familienkern im Sinne der EMRK.

    3. Selbst nach der Entlassung des Beschuldigten wäre, auch ohne Landes- verweisung, nicht mit der Aufnahme des familiären Zusammenlebens zu rechnen, sondern es käme höchstens zu regelmässigen Besuchen. Die Landesverweisung hätte somit einzig zur Folge, dass diese Kontakte nicht physisch in der Schweiz stattfinden könnten. Kontakte in elektronischer Form und Besuche im Ausland sind uneingeschränkt möglich. Zudem ist nicht einzusehen, weshalb K. , zumal dieser nunmehr im schulpflichtigen Alter ist, nicht von einer erwachsenen Person

      - beispielsweise seiner Grossmutter oder Geschwistern des Beschuldigten - zu Besuchen ins grenznahe Ausland begleitet werden könnte.

    4. Sieht man den Grad des persönlichen Härtefalls, auf eine Kürzestformel heruntergebrochen, in der Differenz der Summe aller Vorzüge, derer eine Person durch die Landesverweisung verlustig zu gehen droht, und der Situation, welche eine Person nach ihrer Rückkehr, resp. Ausreise, antreffen wird, so fällt diese Differenz vorliegend kaum ins Gewicht, weder familiär, noch beruflich, noch wirt- schaftlich, noch sozial. Vielmehr wird der Beschuldigte sein Leben in Deutschland wie gewohnt weiterführen und den Kontakt zu seinem Sohn bei sich oder in elektronischer Form pflegen können.

    5. Im Übrigen ist festzuhalten, dass selbst wenn ein schwerer persönlicher Här- tefall im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB bejaht würde, die öffentlichen Interessen im vorliegenden Fall eines seit Jahren einschlägig delinquierenden und offensicht- lich unbelehrbaren Einbrechers die privaten Interessen des Beschuldigten am Verbleib in der Schweiz offensichtlich stark überwiegen. Den Vorbringen der Ver- teidigung, das Sicherheitsinteresse der Öffentlichkeit sei erheblich zu relativieren, da der Beschuldigte keinen Aufenthaltstitel mehr habe und nur noch im Rahmen des visumfreien Aufenthalts in die Schweiz einreisen könne (Urk. 89 S. 5), kann nicht gefolgt werden. So beging der Beschuldigte in der Schweiz doch einen grossen Teil der Einbrüche in der Zeit, in welcher er bereits in Deutschland lebte.

    6. Gemäss Art. 66a StGB ist die Landesverweisung für 5 bis 15 Jahre auszu- sprechen, wobei die Dauer verhältnismässig sein muss. Die Staatsanwaltschaft beantragt eine Dauer von 10 Jahren (Urk. 88 S. 1).

    Bei den vom Beschuldigten begangenen Delikten handelt es sich nicht mehr um Bagatellen und sein Verschulden ist bereits erheblich. Auf der anderen Seite han- delt es sich aber nicht um einen Fall schwerer Kriminalität gegen höchste Rechts- güter, was bei der Bemessung der Dauer der Landesverweisung entsprechend zu berücksichtigen ist. Angemessen erscheinen somit sieben Jahre.

      1. Da der Beschuldigte Unionsbürger ist, bleibt nachfolgend noch zu prüfen, ob die Landesverweisung gegen das Freizügigkeitsabkommen (FZA) verstösst. Die- ses räumt Staatsangehörigen der Mitgliedstatten der EU ein Recht auf Erwerbstä- tigkeit in der Schweiz ein. Dabei muss sich die Person aber rechtskonform im

        Sinne von Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA verhalten. Eine Einschränkung dieses Frei- zügigkeitsrechts darf nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit eingeschränkt werden. Mit Bezug auf die öffentliche Ordnung wird ei- ne Prüfung bezüglich einer schweren gegenwärtigen und zukünftigen Gefährdung verlangt. Ein geringes, aber tatsächlich vorhandenes Rückfallrisiko für eine aufenthaltsbeendende Massnahme im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA ge- nügt jedoch bereits. Mit dem Erfordernis der gegenwärtigen Gefährdung ist nicht gemeint, dass weitere Straftaten mit Gewissheit zu erwarten sind oder umgekehrt solche mit Sicherheit auszuschliessen sein müssten (Urteil 2C_108/2016 vom

        7. September 2016 E. 2.3). Allerdings sind Begrenzungen der Freizügigkeit im Sinne von Art. 5 Anhang I FZA einschränkend auszulegen; es kann etwa nicht le- diglich auf den ordre public verwiesen werden, ungeachtet einer Störung der so- zialen Ordnung, wie sie jede Straftat darstellt (BGE 139 II 121 E. 5.3 S. 125 f.). Zudem steht Art. 5 Anhang I FZA Massnahmen entgegen, die (allein) aus gene- ralpräventiven Gründen verfügt werden (Urteil 2C_406/2014 vom 2. Juli 2015

        E. 2.3). Zudem kommt eine Landesverweisung angesichts von Art. 5 Abs. 1 An- hang I FZA nur bei einer gewissen Schwere der Straftat in Betracht (Urteil 6B_126/2016 vom 18. Januar 2017 E. 2.3, nicht publ. in: BGE 143 IV 97,

        6B_378/2018 vom 22.05.2019 E. 4.4)

      2. Ob die öffentliche Ordnung und Sicherheit (weiterhin) gefährdet ist, folgt aus einer Prognose des künftigen Wohlverhaltens. Es ist nach Art und Ausmass der möglichen Rechtsgüterverletzung zu differenzieren: Je schwerer die Gefährdung, desto niedriger die Anforderungen an die in Kauf zu nehmende Rückfallgefahr. Ein geringes, aber tatsächlich vorhandenes Rückfallrisiko kann für eine aufent- haltsbeendende Massnahme im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA genügen, sofern dieses Risiko eine schwere Verletzung hoher Rechtsgüter wie z.B. die kör- perliche Unversehrtheit beschlägt (BGE 145 IV 364 E. 3.5.2 S. 371 f.; Urteile

        6B_1474/2019 vom 23. März 2020 E. 1.6.2; 6B_1146/2018 vom

        8. November 2019 E. 6.3.2 und 6.3.3, 6B_75/2020 vom 19.01.2021 E. 2.5.1).

      3. Bezüglich der Rückfallgefahr ist festzuhalten, dass der Beschuldigte seit Jahren - zwischen längeren Vollzugsphasen - regelmässig einschlägig delin-

    quierte (vgl. Urk. 66). Vor den hier relevanten Delikten hatte der Beschuldigte ge- rade erst eine mit Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 21. Januar 2017 ausgesprochene mehrjährige Freiheitsstrafe verbüsst (Urk. 66 S. 3). Mit der erneuten Delinquenz legte der Beschuldigte somit eine grosse Unbelehrbarkeit und Renitenz an den Tag, womit klar nicht mehr von ei- nem geringen Rückfallrisiko im Sinne der eben dargelegten Praxis auszugehen ist. Zudem handelt es sich bei den Eigentumsdelikten um hohe Rechtsgüter. Es liegt somit eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit im Sinne des Freizügigkeitsabkommens (FZA) vor. In diesem Zusammenhang sei auch in Erin- nerung gerufen, das selbst in Fällen der fakultativen Landesverweisung das FZA und dem Ausfällen von vergleichsweise milden Sanktionen die Gefährdung der öf- fentlichen Sicherheit als schwer im Sinne des FZA ausfallen kann (6B_235/2018 vom 1.11.2018). Der Landesverweisung steht somit vorliegend auch das FZA nicht im Wege. Die Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) kommt vorliegend nicht in Frage.

  2. Kosten- und Entschädigungsfolgen
  1. Die Verfahrenskosten sind auf Fr. 3'000.- zu veranschlagen (Art. 424 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 16 Abs. 1 und § 14 der Gebührenverordnung des Obergerichts). Der Rückzug des Beschuldigten erfolgte erst anlässlich der Beru- fungsverhandlung und kann daher nicht kostenreduzierend berücksichtigt werden.

  2. Die Kosten im Rechtsmittelverfahren tragen die Parteien nach Massgabe ih- res Obsiegens oder Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Ob eine Partei im Rechtsmittelverfahren als obsiegend oder unterliegend gilt, hängt davon ab, in welchem Ausmass ihre vor Beschwerdeinstanz bzw. Berufungsgericht gestellten Anträge gutgeheissen werden (THOMAS DOMEISEN, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, Bd. II, 2. Aufl. 2014, N. 6 zu Art. 428 StPO).

  3. Der Beschuldigte unterliegt mit seinen Anträgen im Berufungsverfahren weitgehend. Die Staatsanwaltschaft unterliegt lediglich bezüglich der Höhe der ausgesprochenen Landesverweisung. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind

    daher, mit Ausnahme der Kosten für die amtliche Verteidigung, dem Beschuldig- ten zu vier Fünfteln aufzuerlegen (Art. 428 Abs. 1 StPO). Die Kosten der amtli- chen Verteidigung für das Berufungsverfahren sind zu einem Fünftel definitiv und zu vier Fünfteln einstweilen auf die Gerichtskasse zu nehmen. Die Rückerstat- tungspflicht bleibt im Umfang von vier Fünfteln vorbehalten (Art. 135 Abs. 4 StPO).

  4. Der amtliche Verteidiger, Rechtsanwalt lic. iur. X. , reichte im Berufungsverfahren eine Honorarnote für seinen Aufwand sowie Barauslagen ein (Urk. 90). Der geltend gemachte Aufwand ist ausgewiesen und angemessen. Dem amtlichen Verteidiger ist somit eine Entschädigung von Fr. 3'731.80 (inkl. Mehrwertsteuer) aus der Gerichtskasse auszuzahlen.

Es wird beschlossen:

  1. Vom Rückzug der Zweitberufung des Beschuldigten wird Vormerk ge- nommen.

  2. Es wird festgestellt, dass das Urteil und der Beschluss des Bezirksgerichts Zürich, 4. Abteilung, vom 14. Dezember 2020 wie folgt in Rechtskraft er- wachsen sind:

    Es wird beschlossen:

    1. Das Verfahren betreffend Sachbeschädigungen und Hausfriedensbrüche wird hin- sichtlich den Dossiers 1, 2, 9, 12, 23 und 25 eingestellt.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte A. ist schuldig

    • des mehrfachen (teilweise versuchten) Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB (teilweise in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB),

    • des mehrfachen geringfügigen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB in Verbindung mit Art. 172ter Abs. 1 StGB,

    • des mehrfachen (teilweise versuchten) Hausfriedensbruchs im Sinne von Art. 186 StGB (teilweise in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB),

    • der mehrfachen Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 StGB sowie

    • der mehrfachen geringfügigen Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 StGB in Verbindung mit Art. 172ter StGB.

  2. Der Beschuldigte wird bestraft mit 24 Monaten Freiheitsstrafe (wovon bis und mit heute 285 Tage durch Untersuchungshaft sowie durch vorzeitigen Strafantritt erstan- den sind) sowie einer Busse von Fr. 1'000.-.

  3. Die Freiheitsstrafe wird vollzogen. Die Busse ist zu bezahlen.

  4. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen.

5. [ ]

  1. Die Privatklägerin B. AG wird mit ihrem Schadenersatzbegehren auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  2. Der Beschuldigte wird gemäss seiner Anerkennung verpflichtet, der Privatklägerin C. AG Schadenersatz in der Höhe von Fr. 481.95 sowie Fr. 50.- Genugtuung zu bezahlen.

  3. Die Privatklägerin D. AG wird mit ihrem Schadenersatzbegehren auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  4. Die Privatklägerin E. AG anstelle der Privatklägerin Genossenschaft F. wird mit ihrem Schadenersatzbegehren auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  5. Die Privatklägerin G. AG wird mit ihrem Schadenersatzbegehren auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  6. Die Privatklägerin H. Schweiz AG wird mit ihren Zivilforderungen auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  7. Der Beschuldigte wird verpflichtet, der Privatklägerin I. AG anstelle der Privat- klägerin H. Schweiz AG Schadenersatz in der Höhe von Fr. 6'677.60 zu bezah- len.

  8. Der mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 9. August 2019 beschlag- nahmte Schraubenzieher (Asservat-Nr. A012'251'751) wird eingezogen und der La- gerbehörde zur Vernichtung überlassen.

  9. Die folgenden, mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl vom 9. August 2019 beschlagnahmten Gegenstände werden dem Beschuldigten nach Eintritt der Rechtskraft auf erstes Verlangen hin herausgegeben. Verlangt der Beschuldigte die Gegenstände nicht innert 30 Tagen ab Rechtskraft des Urteils heraus, werden sie der zuständigen Lagerbehörde zur Vernichtung überlassen:

    • ein Paar Winterschuhe der Marke Victory (Asservat-Nr. A012'251'762);

    • ein Paar Winterschuhe der Marke Landrover (Asservat-Nr. A012'251'842);

    • ein Paar Sportschuhe der Marke Asics (Asservat-Nr. A012'251'795);

    • ein Mobiltelefon der Marke Huawei (Asservat-Nr. A12'500'640).

  10. Die folgenden, beim Forensischen Institut Zürich (FOR) sichergestellten Gegenstän- de und Spurenträger werden nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheides ver- nichtet:

    • die Glasflasche (Asservat-Nr. A12'092'625);

    • den Kronkorken Coca Cola (Asservat-Nr. A12'092'636);

    • ein Handwerkzeug (Asservat-Nr. A013'604'687);

    • die DNA-Spuren Wattetupfer (Asservat-Nr. A012'092'761; A012'094'643; A012'092'772; A012'404'396; A012'119'801; A012'409'197; A013'378'853; A013'378'897; A013'604'643; A013'604'665; A013'604'698);

    • die DNA-Spur Gegenstände (Asservat-Nr. A012'980'799; A013'387'570);

    • die Mikrospuren Klebbandasservate (Asservat-Nr. A012'092'647; A12'404'410; A012'119'823; A012'092'567; A012'095'942; A012'095'953; A012'095'931; A012'409'233; A012'404'374; A013'604'712);

      - die Fotografien (Asservat-Nr. A012'092'614; A012'404'385; A012'119'787; A012'409'164; A013'604'632);

    • Werkzeug-/Schartenspuren (Asservat-Nr. A012'119'801; A012'409'211; A012'409'222; A013'604'654; A013'604'676)

    • ein Papier (Asservat-Nr. A012'975'370);

    • eine Baseballmütze (Asservat-Nr. A013'386'011);

    • eine Herrenjacke (Asservat-Nr. A013'604'961);

    • eine Herrenhose (Asservat-Nr. A013'604'972);

    • ein Paar Herrenschuhe der Marke Venice (Asservat-Nr. A013'604'983);

    • ein Paar Handschuhe (Asservat-Nr. A013'604'994);

    • ein Pullover (Asservat-Nr. A013'605'000).

16 Sämtliches weitere beim Forensischen Institut Zürich (FOR) sichergestelltes Spuren- material wird nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheides vernichtet.

  1. Die folgenden, bei der Kriminaltechnik der Kantonspolizei Aargau sichergestellten Gegenstände und Spurenträger werden nach Eintritt der Rechtskraft dieses Ent- scheides vernichtet:

    • eine Capri-Sun Verpackung (Spur-Nr. 1/12 CBMD);

    • ein Feuerzeug (Spur-Nr. 3/12 CBMD);

    • ein aufgerissenes Couvert (Spur-Nr. 4/12 CBMD);

    • die DNA-Spuren Wattestäbchen (Spur-Nr. 2/12 CBMD; 5/12 CBMD; 6/12 CBMD; 7/12 CBMD; 11/12 CBMD; 12/12 CBMD; 1/1 MVOA);

    • eine Schuhspur auf Folie (Spur-Nr. 8/12 CBMD; 9/12 CBMD; 10/12 CBMD).

  2. Rechtsanwalt lic. iur. X. wird für die amtliche Verteidigung des Beschuldigten mit Fr. 20'200.- (inkl. Mehrwertsteuer) aus der Gerichtskasse entschädigt.

  3. Die Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:

    Fr. 4'000.- ; die weiteren Kosten betragen: Fr. 2'500.- Gebühr Strafuntersuchung

    Fr. 20'200.- Entschädigung amtliche Verteidigung Allfällige weitere Kosten bleiben vorbehalten.

  4. Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, ausgenommen diejenigen der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt.

  5. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.

  6. [Mitteilung]

  7. [Rechtsmittel]

3. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Der Beschuldigte wird im Sinne von Art. 66a StGB für 7 Jahre des Landes verwiesen.

  2. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf:

    Fr. 3'000.00 ; die weiteren Kosten betragen: Fr. 3'731.80 amtliche Verteidigung

  3. Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung werden dem Beschuldigten zu vier Fünfteln auferlegt und zu einem Fünftel auf die Gerichtskasse genommen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden zu einem Fünftel definitiv und zu vier Fünf- teln einstweilen auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten bleibt im Umfang von vier Fünfteln gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO vorbehalten.

  4. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)

    • die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland (übergeben)

    • die Privatklägerschaft (im Dispositiv-Auszug)

    • den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste

    • das Migrationsamt des Kantons Zürich sowie in vollständiger Ausfertigung an

    • die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälli- ger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

    • den Justizvollzug des Kantons Zürich, Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste

    • das Migrationsamt des Kantons Zürich

    • die Koordinationsstelle VOSTRA/DNA mit Formular A

    • die Kordinationsstelle VOSTRA/DNA mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Bestimmung der Vernichtungs- und Löschungsdaten

  5. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Straf- sachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundes- gerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichts- gesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

I. Strafkammer Zürich, 5. Juli 2021

Der Präsident:

lic. iur. Ch. Prinz

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. S. Kümin Grell

Wollen Sie werbefrei und mehr Einträge sehen? Hier geht es zur Registrierung.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.

SWISSRIGHTS verwendet Cookies, um Inhalte und Anzeigen zu personalisieren, Funktionen für soziale Medien anbieten zu können und die Zugriffe auf der Website nalysieren zu können. Weitere Informationen finden Sie hier: Datenschutz