Kanton: | ZH |
Fallnummer: | SB190497 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Strafkammer |
Datum: | 14.01.2020 |
Rechtskraft: | Weiterzug ans Bundesgericht, 6B_311/2020 |
Leitsatz/Stichwort: | Qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz etc. |
Schlagwörter : | Schuldig; Beschuldigte; Beschuldigten; Schweiz; Landes; Urteil; Bungsmittel; Recht; Waffe; Betäubungsmittel; Vorinstanz; Verweisung; Berufung; Landesverweisung; Staat; Freiheitsstrafe; Verteidigung; Dispositiv; Kokain; Familie; Schreckschusspistole; Dispositivziffer; Waffen; Interesse; Geldstrafe; Staatsanwaltschaft; Bungsmittelgesetz; Busse |
Rechtsnorm: | Art. 13 BV ; Art. 135 StPO ; Art. 21 StGB ; Art. 34 StGB ; Art. 404 StPO ; Art. 426 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 45 StGB ; Art. 48a StGB ; Art. 51 StGB ; Art. 66a StGB ; Art. 8 EMRK ; |
Referenz BGE: | 129 IV 6; 139 I 16; 144 I 266; 144 II 1; |
Kommentar zugewiesen: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
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Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer
Geschäfts-Nr.: SB190497-O/U/cs
Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. Spiess, Präsident, Oberrichterin lic. iur. Haus Stebler und Ersatzoberrichterin lic. iur. Laufer sowie Gerichtsschreiber MLaw Orlando
Urteil vom 14. Januar 2020
in Sachen
Beschuldigter und Berufungskläger
amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X. ,
gegen
Anklägerin und Berufungsbeklagte
betreffend qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz etc.
Anklage:
Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft See / Oberland vom 4. März 2019 (Urk. 38) ist diesem Urteil beigeheftet.
Urteil der Vorinstanz:
(Urk. 61 S. 21)
Der Beschuldigte ist schuldig
des Verbrechens gegen das Bundesgesetz über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. c und lit. d BetmG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG,
des Vergehens gegen das Waffengesetz im Sinne von Art. 33 Abs. 1 lit. a WG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 lit. f, lit. g und Abs. 4 WG,
Art. 8 WG, Art. 9a WG, Art. 10 Abs. 2 WG, Art. 27 WG sowie mit Art. 6 WV, Art. 15 WV, Art. 21 Abs. 1 WV und Art. 48 WV, sowie
der mehrfachen Übertretung des Bundesgesetzes über die Betäu- bungsmittel und die psychotropen Stoffe im Sinne von Art. 19a Ziff. 1 BetmG.
Der Beschuldigte wird bestraft mit einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten, wovon 51 Tage durch Haft erstanden sind, sowie mit einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 30.- und einer Busse von Fr. 500.-.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe sowie der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt. Die Busse ist zu bezahlen.
Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen.
Der Beschuldigte wird im Sinne von Art. 66a StGB für 5 Jahre des Landes verwiesen.
Die Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem wird angeordnet.
Die folgenden mit Verfügung der Staatsanwaltschaft See / Oberland vom
12. August 2018 beschlagnahmten Betäubungsmittel und Betäubungsmittelutensilien werden eingezogen und vernichtet:
1 Portion Kokain in Plastik (4.4 Gramm), A011'737'896,
1 Feinwaage mit Kokainrückständen, A011'737'909,
1 Plastikschale mit Becher und Mischwerkzeug mit Rückständen von weissem Pulver, A011'737'998,
1 Minigrip Kokain (1.1 Gramm), A011'738'015,
Weisses Pulver (1.5 Gramm), A011'738'162,
1 Migros Papiertasche, A011'738'311,
1 Stoffsack grau, A011'738'344,
Diverse Portionen Kokain, A011'738'377,
Diverses Verpackungsmaterial, A011'738'446,
1 Beutel mit Streckmittel (704 Gramm), A011'738'480,
1 Beutel mit Streckmittel (111 Gramm), A011'738'491 und
1 Beutel mit Streckmittel (254 Gramm), A011'738'559.
Die folgenden mit Verfügung der Staatsanwaltschaft See / Oberland vom
12. August 2018 beschlagnahmten Gegenstände werden eingezogen und vernichtet:
Mobiltelefon Samsung, A011'737'545,
Mobiltelefon ZTE, A011'737'590,
Mobiltelefon Huawei, A011'737'625,
Tablet Samsung, A011'737'670, e) Munition, A011'737'807,
Mobiltelefon Wiko, A011'738'980,
1 Waffenkoffer, A011'739'712 und
1 Schreckschusspistole, A011'739'927.
Die mit Verfügung der Staatsanwaltschaft See / Oberland vom 12. August 2018 beschlagnahmte Barschaft (Asservat Nr. A011'738'957) im Betrag von Fr. 210.- wird zugunsten des Staates eingezogen.
Die folgenden mit Verfügung der Staatsanwaltschaft See / Oberland vom
12. August 2018 beschlagnahmten Gegenstände werden eingezogen und vernichtet:
Postmaterial, A011'737'863,
Pullover, A011'738'413 und
1 Beutel mit der Aufschrift beats, A011'738'548.
Die unter der Asservatennummer A011'736'779 bei der Kantonspolizei Zü- rich gelagerten Spuren (Fingernagelränder) werden vernichtet.
Die Gerichtsgebühr wird angesetzt auf:
Verlangt keine der Parteien eine schriftliche Begründung des Urteils, ermäs- sigt sich die Entscheidgebühr auf zwei Drittel.
Die Kosten der Untersuchung und des gerichtlichen Verfahrens, ausgenommen diejenigen der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt.
Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen; vorbehalten bleibt eine Nachforderung gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO.
[Mitteilungen]
[Rechtsmittel]
[Rechtsmittel betreffend Entschädigung amtliche Verteidigung]
Berufungsanträge:
Der Verteidigung des Beschuldigten:
(Urk. 64 S. 2; Urk. 76 S. 2)
Dispositiv-Ziffern 1 des Urteils vom 2. Juli 2019 des Bezirksgerichts Hinwil sei teilweise aufzuheben, namentlich sei der Beschuldigte hinsichtlich des Vergehens gegen das Waffengesetz freizusprechen (Dispositiv-Ziffer 1, 2. Spiegelstrich).
Dispositiv-Ziffer 2 des Urteils vom 2. Juli 2019 des Bezirksgerichts Hinwil sei aufzuheben und der Beschuldigte sei mit einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten und einer Busse von CHF 500.- zu bestrafen. Bei Gutheissung sei Dispositiv-Ziffer 3 des Urteils vom 2. Juli 2019 des Bezirksgerichts Hinwil entsprechend anzupassen bzw. der Satzteil sowie der Geldstrafe zu streichen.
Dispositiv-Ziffern 5 und 6 des Urteils vom 2. Juli 2019 des Bezirksgerichts Hinwil seien ersatzlos aufzuheben.
Alles unter Kostenund Entschädigungsfolge zuzüglich Mehrwertsteuer zu Lasen der Staatskasse, insbesondere sei die amtliche Verteidigung für ihre Aufwendungen im Berufungsverfahren zu entschädigen.
Der Staatsanwaltschaft See / Oberland: (schriftlich; Urk. 68)
Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.
Erwägungen:
Untersuchungsund erstinstanzliches Verfahren
Nach durchgeführter Untersuchung erhob die Staatsanwaltschaft See / Oberland (fortan Staatsanwaltschaft) am 4. März 2019 bei der Vorinstanz Anklage gegen den Beschuldigten wegen Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe etc. (Urk. 38). Zum erstinstanzlichen Verfahrensgang kann auf die Ausführungen im Urteil der Vorinstanz verwiesen werden (Urk. 61 S. 4).
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Hinwil vom 2. Juli 2019 wurde der Beschuldigte des Verbrechens gegen das Bundesgesetz über die Betäubungsmittel im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. c und d in Verbindung mit Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG, des Vergehens gegen das Waffengesetz im Sinne von Art. 33 Abs. 1 lit. a WG in Verbindung mit diversen Bestimmungen des Waffengesetzes und der Waffenverordnung sowie wegen mehrfacher Übertretung des Bundesgesetzes über die Betäubungsmittel im Sinne von Art. 19a Ziff. 1 BetmG schuldig gesprochen. Er wurde bestraft mit einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten, an welche 51 Tage erstandene Haft angerechnet wurden, sowie mit einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 30.- und einer Busse von Fr. 500.-. Der Vollzug der Freiheitsstrafe und der Geldstrafe wurden unter Ansetzung einer Probezeit von 2 Jahren aufgeschoben. Weiter wurde der Beschuldigte im Sinne von Art. 66a StGB für 5 Jahre des Landes verwiesen und die Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem wurde angeordnet. Schliesslich befand die Vorinstanz auch über verschiedene beschlagnahmte Betäubungsmittel und Betäubungsmittelutensilien und weitere beschlagnahmte Gegenstände und Barschaft. Sie ordnete schliesslich die Vernichtung von asservierten Spuren an (Urk. 61).
Berufungsverfahren
Dagegen liess der Beschuldigte mit Eingabe vom 11. Juli 2019 rechtzeitig Berufung anmelden (Urk. 55). Das begründete Urteil wurde dem Beschuldigten
resp. der Verteidigung am 9. Oktober und der Staatsanwaltschaft am 7. Oktober 2019 zugestellt (Urk. 59). Die Berufungserklärung erfolgte rechtzeitig und datiert vom 29. Oktober 2019 (Urk. 64). Darin beantragte die Verteidigung, Dispositivziffer 1 des angefochtenen Urteils teilweise aufzuheben, namentlich sei der Beschuldigte hinsichtlich des Vergehens gegen das Waffengesetz freizusprechen. Weiter sei der Beschuldigte in Aufhebung von Ziffer 2 des vorinstanzlichen Urteils mit einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten sowie einer Busse von Fr. 500.- zu bestrafen, es sei jedoch keine Geldstrafe auszusprechen. Ferner beantragte der Verteidiger die ersatzlose Aufhebung der Dispositivziffern 5 und 6 und damit den Verzicht auf das Aussprechen einer Landesverweisung. Dies unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten des Staates (Urk. 64 S. 2).
Mit Eingabe vom 4. November 2019 verzichtete die Staatsanwaltschaft auf Anschlussberufung und ersuchte um Dispensation von der Teilnahme an der Berufungsverhandlung, welches Gesuch von der hiesigen Strafkammer bewilligt wurde (Urk. 68). Die Berufungsverhandlung wurde sodann auf den 14. Januar 2020 angesetzt (Urk. 71).
Mit Schreiben vom 22. November 2019 reichte die Verteidigung Angaben und Unterlagen zu den finanziellen Verhältnissen des Beschuldigten ein (Urk. 72 und 73).
Am 14. Januar 2020 fand die Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Beschuldigten sowie seines Verteidigers statt (Prot. II S. 3 ff.).
Umfang der Berufung
Die Verteidigung wendet sich mit ihrer Berufung gegen die Verurteilung wegen Widerhandlung gegen das Waffengesetz (Dispositivziffern 1 al. 2) und akzeptiert den Schuldspruch betreffend Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie wegen mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes (Dispositivziffern 1 al. 1 und al. 3) (Prot. II S. 14; Urk. 64 S. 2; Urk. 76 S. 2).
Die von der Vorinstanz wegen mehrfachem Betäubungsmittelkonsum ausgesprochene Busse wurde vom Beschuldigten zwar akzeptiert, hat als Teil des
Strafpunkts (Dispositivziffer 2) jedoch als mitangefochten zu gelten. Dies gilt ebenso für die Gewährung des bedingten Strafvollzugs, nachdem die Aufhebung der Geldstrafe und somit auch die entsprechende Anpassung von Dispositivziffer 3 des vorinstanzlichen Urteils beantragt wurde. Angefochten sind sodann die Landesverweisung und die Ausschreibung im Schengen-System (Dispositivziffern 5 und 6). Hingegen blieben die Einziehungen (Dispositivziffern 7-10) sowie die Anordnung der Vernichtung von Spuren (Dispositivziffer 11) und die Kostenfestsetzung (Dispositivziffer 12) unangefochten. Folglich ist vorab mittels Beschluss festzustellen, dass das vorinstanzliche Urteil hinsichtlich der Dispositivziffern 1 al. 1 und al. 3 (Schuldspruch wegen Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz und mehrfache Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes) sowie Dispositivziffern 7-10 (Einziehungen), 11 (Anordnung der Vernichtung von Spuren) und 12 (Kostenfestsetzung) in Rechtskraft erwachsen ist (Art. 404 StPO).
Sachverhalt und rechtliche Würdigung
Der Beschuldigte ist geständig bezüglich des ihm in der Anklage unter dem Titel Verstoss gegen das Waffengesetz vorgeworfenen Sachverhalts und anerkennt auch die rechtliche Würdigung (Urk. D1 3/4 S. 7 ff., Prot. I S. 12 f., Prot. II S. 14 f.). Er beruft sich indessen auf einen Rechtsirrtum (Urk. 52 S. 2 f. und Prot. II
S. 15 f.), worauf nachfolgend näher einzugehen ist. Auf die Vorbringen der Verteidigung, wonach die Feststellungen der Vorinstanz bei der Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz richtig zu stellen seien, ist soweit nötig im Rahmen der Strafzumessung einzugehen (Urk. 76 S. 3).
Schuldausschlussgrund Irrtum über die Rechtswidrigkeit
Bei der im Zusammenhang mit den Betäubungsmitteldelikten vorgenommen Hausdurchsuchung stellte die Polizei im Keller des Beschuldigten und seiner Ehefrau eine Schreckschusspistole der Marke Reck Miami 2F sowie Munition des Kalibers 9mm sicher (Urk. 10/5 S. 3 und 9). Auf diese sind unbestrittener-
massen die Bestimmungen des Waffengesetzes anwendbar d.h. Schreckschusspistolen gelten in der Schweiz als Waffen (vgl. Art. 4 lit. f und g WG).
Die Vorinstanz hat die Voraussetzung für die Annahme eines Rechtsirrtums zutreffend wiedergegeben (Urk. 61 S. 6). Zur Verdeutlichung ist nochmals festzuhalten, dass ein Irrtum über die Rechtswidrigkeit als unvermeidbar zu werten ist, wenn der Täter nicht weiss und nicht wissen kann, dass er rechtswidrig handelt. Für die Unvermeidbarkeit sind die Kriterien massgebend, die die Praxis vor der Revision 2002 zur Beurteilung der damals vom Gesetz geforderten zureichenden Gründe entwickelt hat. Zureichend ist ein Grund nur dann, wenn dem Täter aus seinem Rechtsirrtum kein Vorwurf gemacht werden kann, weil er auf Tatsachen beruht, durch die sich auch ein gewissenhafter Mensch hätte in die Irre führen lassen (Jean-Richard in Trechsel/Pieth, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, Art. 21 N 6 mit Verweisen). Vermeidbar ist andererseits ein Verbotsirrtum regelmässig, wenn der Täter selbst an der Rechtmäs- sigkeit seines Verhaltens zweifelte oder hätte Zweifel haben müssen. Falls Anlass zu Zweifeln an der Rechtmässigkeit des Verhaltens besteht, wird eine gewissenhafte Überlegung verlangt oder es sind Erkundigungen einzuziehen und der Täter hat sich gegebenenfalls bei der zuständigen Behörde zuvor näher zu informieren. Hat der Täter von einer ihm objektiv gegebenen Gelegenheit, auf solche Weise die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens zu erkennen, keinen Gebrauch gemacht, obgleich dazu für ihn Anlass bestand, so handelt es sich um einen nach StGB Art. 21 vermeidbaren Rechtsirrtum. Diesfalls ist die Strafe nach StGB Art. 48a zu mildern (OFK/StGB-Donatsch, 20. Aufl. 2018, Art. 21 StGB N 6 f. mit Verweisen insbesondere auf das Urteil des Bundesgerichts 6B_782/2016 vom 27. September 2016, E. 3.4). Soweit die Entschuldbarkeit des geltend gemachten Verbotsirrtums zu verneinen ist, kann die Frage offen bleiben, ob der Täter sein Verhalten überhaupt für rechtmässig hielt (Urteil des Bundesgerichts 6B_746/2009 vom
22. Dezember 2009, E. 5.2. mit Hinweis auf BGE 129 IV 6 E. 4.1 S. 18).
Der Beschuldigte sagte in diesem Zusammenhang in der polizeilichen Einvernahme vom 9. August 2018 aus, er verfüge über eine Spielzeugwaffe, es sei so eine Schusswaffe für Gummigeschosse; diese benutze er für Silvester und so.
Diese habe er nicht gekauft, er habe sie von einem Freund in B. , wo er gearbeitet habe. Er habe sie geschenkt bekommen; da es nicht gefährlich sei, habe er sich nichts dabei gedacht und die Waffe einfach so gehabt seit langer Zeit, ca. seit 1,5 oder 2 Jahren (Urk. D1 3/1 S. 7 f.). In der Hafteinvernahme vom 10. August 2018 gab der Beschuldigte an, er habe gewusst, dass diese Pistole absolut unschädlich sei, die Kugeln seien klein und aus Gummi. Auf den Vorhalt, es sei trotzdem verboten, erklärte der Beschuldigte, dies habe er hundertprozentig nicht gewusst (Urk. D1 3/2 S. 4). Auf den Vorhalt in der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 22. Februar 2019, er habe sich des Vergehens gegen das Waffengesetz schuldig gemacht, indem er von einem Arbeitskollegen eine Schreckschusspistole erhalten und diese ohne Berechtigung respektive ohne Bewilligung von B. an seinen Wohnort in C. verbracht habe, erklärte der Beschuldigte erneut, es sei keine echte Pistole gewesen. Es sei nur darum gegangen, an Silvester und am 1. August damit zu schiessen, es sei für ihn keine echte Waffe gewesen. Er gebe zu, er habe sich geirrt, jetzt verstehe er das, aber damals habe er es nicht gewusst. Er wisse heute, dass es ein Fehler gewesen sei, wenn er sich die Pistole in den Gurt gesteckt hätte, hätte ein Polizist denken können, es sei eine echte Waffe. Damals habe er sich darüber keine Gedanken gemacht (Urk. D1 3/4 S. 6). Anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung erklärte der Beschuldigte erneut, er habe gewusst, dass es sich um eine Waffe handle, die absolut keinen Schaden verursachen könne. Zudem habe er das Gesetz, welches solche Pistolen verbiete, nicht gekannt. Er sei davon ausgegangen, dass es sich eher um Feuerwerk als um eine Waffe handle. Die Munition erzeuge nur einen Knall und sei nicht dazu bestimmt, jemandem Schaden zuzufügen. Die Waffe habe er von einem Kollegen erhalten, der nach D. zurückgegangen sei und ihm einen Sack mit verschiedenen Gegenständen überlassen habe, welche er nicht mehr benötigt habe, darunter Kleider und diese Pistole. Der Kollege habe ihm erklärt, dass es sich nicht um eine echte Pistole, sondern um eine ungefährliche Schreckschusspistole gehandelt habe. Die Pistole habe er ein einziges Mal an Silvester 2017 eingesetzt und damit bloss ein Mal auf dem Balkon geschossen. Es habe geknallt wie die Feuerwerke, die seine Nachbarn gezündet hätten (Prot. I S 13). Auch anlässlich der Berufungsverhandlung gab der Beschuldigte
an, er habe die Waffe von einem Kollegen bekommen, der die Schweiz verlassen und ihm gesagt habe, man könne damit an Silvester schiessen. Er gab weiter an, nicht daran gedacht zu haben, dass diese wie eine Waffe aussehe; er wisse, dass es (die Schreckschusspistole) etwas sei, das ihm Probleme bringen könnte bzw. Leute erschrecken könnte. Es sei sein Fehler, dass er sich nicht erkundigt habe (Prot. II S. 15).
Der Beschuldigte erkundigte sich offensichtlich bei seinem Kollegen, um was für eine Waffe es sich gehandelt hat. Somit war er sich bewusst, dass der Umgang mit Waffen grundsätzlich gesetzlich geregelt sein könnte. Aufgrund der Auskunft seines Kollegen stufte er diese als ungefährlich ein. Es mag durchaus sein, dass sich der Beschuldigte damit zufrieden gab und sich keine weiteren Gedanken machte, wie er angab. Mit der Vorinstanz ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die beim Beschuldigten aufgefundene Schreckschusspistole einer echten Pistole täuschend ähnlich sieht: So wird sie beispielsweise auf www.E. .de wie folgt beschrieben: Die Signal-Pistole hat durch ihre Grösse schon eine beachtliche Wirkung. Dazu kommt noch das Gewicht von 1,2 kg. Echter kann eine Waffe eigentlich nicht wirken. (vgl. Urk. 74). Es kann der Schlussfolgerung des erstinstanzlichen Gerichtes beigepflichtet werden, dass sich auch jedem Laien unweigerlich die Vermutung aufdrängen muss, dass bezüglich solcher Schreckschusspistolen gesetzliche Vorschriften bestehen könnten (Urk. 61 S. 6 f.). Somit wäre der Beschuldigte als potentiell zukünftiger Besitzer eines Gegenstandes, der mit einer Waffe optisch identisch ist, veranlasst und verpflichtet gewesen, sich bei der zuständigen Behörde oder einem offiziellen Händler über die Qualifikation als Waffe und den mit einem Erwerb oder Tragen verbundenen Pflichten im allgemeinen und ihn persönlich betreffend, zu informieren. Dies tat er jedoch nicht. Eine allfällige Auskunft seines Kollegen, dass es sich um eine ungefährliche Schreckschusspistole handle, vermag den Beschuldigten nicht zu entlasten, handelt es sich hierbei doch nicht um eine verbindliche Rechtsauskunft durch die zuständige staatliche Behörde, sondern um die Auskunft einer Privatperson, welche darüber hinaus ein Interesse hatte, diese Waffe loszuwerden, zumal er aus der Schweiz ausreiste und offensichtlich diese Waffe nicht ausführen wollte. Ferner gab der Beschuldigte auch in der Berufungsverhandlung zu erkennen, dass er an
der Legalität seines Tuns zweifelte. So gab er auf die Nachfrage, weshalb er die Schreckschusspistole nicht sichtbar in der Öffentlichkeit mit sich herumtragen würde, an, zu wissen, dass das (die Schreckschusspistole) etwas sein könnte, was ihm Probleme bringen bzw. er dadurch die Leute erschrecken könnte (Prot. II
S. 15). Folglich war der Irrtum vermeidbar und dem Beschuldigten kann kein schuldausschliessender Rechtsirrtum hinsichtlich der Frage, ob der Besitz und der Transport einer Schreckschusspistole ohne weiteres erlaubt ist, zugebilligt werden, wie auch die Vorinstanz schon korrekt mit zutreffender Begründung festhielt (Urk. 61 S. 7). Im Falle eines vermeidbaren Irrtums tritt eine obligatorische Strafmilderung ein, was bei der Strafzumessung zu berücksichtigen sein wird. Indessen ist - entgegen der Ansicht der Verteidigung (Urk. 76 S. 6) - nicht von einer Fahrlässigkeitstat auszugehen.
Der Beschuldigte ist somit im Sinne der Anklage auch des Vergehens gegen das Waffengesetz im Sinne von Art. 33 Abs. 1 lit. a WG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 lit. g und Abs. 4 WG, Art. 8 WG, Art. 9a WG, Art. 10 Abs. 2 WG, Art. 27 WG sowie mit Art. 6 WV, Art. 15 WV, Art. 21 Abs. 1 WV und Art. 48 WV schuldig zu sprechen. Die Verteidigung wies zutreffend darauf hin, dass es sich bei der sichergestellten Schreckschusspistole nicht um eine Druckluft- oder CO 2- Pistole i.S.v. Art. 4 Abs. 1 lit. f. WG handelt. Indessen verstiess der Beschuldigte - entgegen den Vorbringen des Verteidigers - auch gegen Art. 27 WG und Art. 48 WV, indem er die Schreckschusspistole von B. an seinen Wohnort brachte (Urk. 76 S. 6f.).
Strafzumessungsregeln
Die diesbezüglichen Ausführungen der Vorinstanz sind zutreffend und es kann darauf verwiesen werden (Urk. 61 S. 8 f .). Demnach ist zunächst die Einsatzstrafe für das schwerste Delikt, nämlich das Verbrechen gegen das Betäu- bungsmittelgesetz festzusetzen. Da der Beschuldigte weder vorbestraft ist, noch ein Zusammenhang mit den Betäubungsmitteldelikten besteht, ist sodann für die
Verstösse gegen das Waffengesetz eine separate Geldstrafe auszusprechen. Schliesslich ist für den Betäubungsmittelkonsum eine Busse festzusetzen.
Die Vorinstanz hat ebenfalls korrekt ausgeführt, dass das Gericht die Strafe ausgehend vom festgelegten Strafrahmen nach dem Verschulden des Täters bemisst, wobei es zwischen Tatund Täterkomponenten zu unterscheiden hat. Dabei hat es auch das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse, die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters sowie sein Verhalten nach der Tat zu berücksichtigen (Urk. 61 S. 8 f.).
Strafzumessung für das Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz
Die Vorinstanz hat den Strafrahmen gemäss Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG korrekt mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bis maximal zwanzig Jahre festgehalten. Desweitern hat sie die weiteren relevanten Faktoren bei der Tatkomponente aufgezeigt und das Verschulden nachvollziehbar als noch leicht bewertet. Sie setzte die Einsatzstrafe auf 23 Monate Freiheitsstrafe an und kam unter Berücksichtigung der Täterkomponenten, namentlich des Geständnisses des Beschuldigten, welches sie deutlich strafmildernd veranschlagte, auf eine Strafreduktion von sieben Monaten. Demzufolge resultierte eine Freiheitsstrafe von 16 Monaten, auf welche die erstandene Haft gemäss Art. 51 StGB richtigerweise angerechnet wurde (Urk. 61 S. 10 f.).
Die Verteidigung beantragt - wie schon vor Vorinstanz - mit der Berufung eine leicht mildere Bestrafung mit 15 Monaten Freiheitsstrafe für die Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (Urk. 64 S. 2; Urk. 76 S. 8). Die Differenz rührt daher, dass der Verteidiger eine Einsatzstrafe von 22 Monaten Freiheitsstrafe für angemessen erachtete und eine Strafreduktion um einen Drittel wegen des Geständnisses auf 15 Monate annahm. Im Unterschied zur Staatsanwaltschaft (Urk. 51 S. 5) und der Verteidigung (Urk. 52 S. 2), welche von einer in Umlauf gebrachten Drogenmenge von rund 36 Gramm reinem Kokain ausgingen, veranschlagte die Vorinstanz die Menge reinen Kokains, welche der Beschuldigte unbefugt besessen, aufbewahrt, erworben und veräussert habe, auf 51.9 Gramm. Dabei handelt es sich nur vermeintlich um einen Widerspruch, weil die Vorinstanz
zu Recht auch die Menge mitzählte, welche nach der Verhaftung des Beschuldigten bei der anschliessenden Hausdurchsuchung gefunden wurde (Urk. 10/4 und 10/5). Auch dieses Kokain beabsichtigte der Beschuldigte zumindest teilweise weiter zu verkaufen. Dass dieses ausschliesslich für den Eigenkonsum bestimmt war, wie die Verteidigung geltend macht (Urk. 76 S. 4), ist aufgrund der Vorgeschichte und des Umstandes, dass beim Beschuldigten nebst portionierten Minigrip mit Kokaingemisch auch Streckmittel beschlagnahmt wurden, lebensfremd.
Bezüglich der Tatkomponente ist somit von einer Menge von gut 50 Gramm reinem Kokain auszugehen, mit welchem der Beschuldigte zu tun hatte. Dieser verkaufte rund 36 Gramm davon über eine längere Zeitdauer von mehr als zwei Jahren in einer Vielzahl von Fällen. Mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte von sich aus Kontakt zu einem gewissen F. suchte, der ihm Drogenverkäufer vermittelte. Er streckte und portionierte das gekaufte Kokaingemisch selber und veräusserte es dann weiter und ist somit nicht auf der untersten Hierarchiestufe anzusiedeln. Weiter konsumierte der Beschuldigte zwar selber Kokain, handelte aber auch zur Verbesserung des Familieneinkommens, obwohl die Familie von den sozialen Behörden unterstützt wurde, weshalb - zumindest teilweise - von einem finanziellen Motiv auszugehen ist (Urk. 61 S. 10 f. mit Verweisen auf die einschlägigen Aktenstellen). Die Qualifikation des Verschuldens als noch leicht erweist sich angesichts des sehr weiten Strafrahmens als angemessen. Die von der Vorinstanz gewählte Einsatzstrafe von 23 Monaten ist eher streng, aber durchaus noch vertretbar, insbesondere, da sie anschliessend das Geständnis sehr wohlwollend berücksichtigte (vgl. Urk. 61 S. 11 und nachfolgend Ziff. 2.4.). Zugunsten des Beschuldigten ist im Berufungsverfahren von einer Einsatzstrafe von 21 Monaten auszugehen.
Mit der Vorinstanz kann festgehalten werden, dass sich aus dem Vorleben und den persönlichen Verhältnissen keine für die Strafzumessung bedeutenden Faktoren ergeben. Das Nachtatverhalten des Beschuldigten, sein Geständnis und die Mitarbeit bei der Identifikation des Drogenlieferanten sowie seine Einsicht und Reue wirken sich deutlich strafreduzierend aus. Eine Reduktion der Einsatzstrafe um rund einen Viertel, d.h. um 5 Monate, erweist sich als angemessen. So wur-
den ja auch Betäubungsmittel und Streckmittel beim Beschuldigten beschlagnahmt und ein Abnehmer des Beschuldigten hatte Kokaingemisch an einen Polizisten verkauft (Urk. D1/1 S. 2 und D1 10/5), sodass auch objektive Beweismittel vorhanden sind. Deshalb ist eine Reduktion von einem Drittel, wie von der Verteidigung geltend gemacht (Urk.76 S. 9), nicht angezeigt. Somit ist der Beschuldigte mit einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten zu bestrafen. In Anwendung von Art. 51 StGB sind die 51 Tage erstandene Untersuchungshaft anzurechnen.
Vergehen gegen das Waffengesetz
Die Vorinstanz hat die Kriterien, wann eine Freiheitsstrafe statt einer möglichen Geldstrafe auszufällen ist, zutreffend aufgeführt (Urk. 61 S. 11). Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb für den Besitz und den einmaligen Transport der Schreckschusspistole eine Freiheitsstrafe auszusprechen wäre. Der Strafrahmen reicht somit von drei bis zu 180 Tagessätzen Geldstrafe (Art. 34 Abs. 1 StGB).
Die Vorinstanz hat die massgeblichen Tatund Täterkomponenten zutreffend aufgeführt (Urk. 61 S. 12). Ins Gewicht fällt insbesondere, wie die Vorinstanz zu Recht erwog (Urk. 61 S. 12), dass der Beschuldigte die Schreckschusspistole nicht aus eigener Initiative angeschafft hat, sondern ihm diese von einem Kollegen, der gemäss Aussagen des Beschuldigten zum betreffenden Zeitpunkt beabsichtigte, die Schweiz zu verlassen, übergeben wurde (Prot. II S. 15). Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte die Schreckschusspistole nie sichtbar in der Öffentlichkeit mit sich herumgetragen hat. Ebenfalls hat er sie nicht eingesetzt, um Dritte in Angst und Schrecken zu versetzen bzw. zu bedrohen. Es lässt sich zudem auch nicht erstellen, dass der Beschuldigte die Schreckschusspistole zu diesem Zweck vom Kollegen übernommen hätte. Viel eher ist zugunsten des Beschuldigten davon auszugehen, dass er die Schreckschusspistole aus Leichtsinn entgegengenommen und zu sich nach Hause mitgenommen hat. Die objektive wie auch die subjektive Tatschwere ist somit als leicht zu qualifizieren. Zu ergänzen ist, dass dem aufgrund des vermeidbaren Rechtsirrtums anwendbaren Strafmilderungsgrund gemäss Art. 48a StGB (vgl. oben II.2.4 am Ende) mit dem milden Strafmass von 20 Tagessätzen bereits ausreichend Rechnung getragen wird.
Der Beschuldigte war bis vor vier Monaten über die Firma G. Personalberatung bei der H. AG im Stundenlohn tätig. Er erzielte dabei im Juni 2019 Fr. 1'074.15, im Juli Fr. 2'443.05 netto und im August 2019 Fr.1'655.60 sowie im September 2019 Fr. 1'774.15. Es bestand offenbar eine Lohnpfändung (Urk. 73/1-4). Anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung gab der Beschuldigte an, er habe bei der Gemeinde um Unterstützung nachsuchen müssen, diese verwalte nun seinen Lohn, bezahle seine Rechnungen (Krankenkasse und Miete) und überweise einen allfälligen Überschuss (Prot. I S. 10). Anlässlich der Berufungsverhandlung gab der Beschuldigte an, er sei auf Arbeitssuche und betreue zur Zeit während der berufsbedingten Abwesenheiten der Ehefrau den gemeinsamen Sohn. Er lebe von den Einkünften der Ehefrau, die zu 80 % als Reinigungskraft tätig sei (Prot. II S. 10).
Angesichts der bescheidenen Familieneinkünfte und der derzeitigen Arbeitslosigkeit des Beschuldigten erweist sich ein Tagessatz von Fr. 30.- nach wie vor als angemessen.
Mehrfache Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes
Die von der Vorinstanz ausgefällte Busse von Fr. 500.- und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen erweisen sich dem Verschulden und den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten nach wie vor als angemessen. Es kann auf die vorinstanzlichen Erwägungen verwiesen werden (Urk. 61 S. 13 f.). Die Höhe der Busse blieb denn auch in der Berufungserklärung unangefochten.
Zusammenfassung
Der Beschuldigte ist demzufolge mit einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten unter Anrechnung von 51 Tagen Haft, einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 30.- sowie mit einer Busse von Fr. 500.- unter Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen zu bestrafen.
Nachdem der Beschuldigte während mindestens drei Jahren regelmässig Kokain konsumierte, in den Monaten vor seiner Verhaftung sogar beinahe täglich (vgl. Anklagevorwurf der mehrfachen Übertretung nach Art. 19a Ziff. 1 des Betäu- bungsmittelgesetzes, Anklageschrift S. 5 und Prot. I S. 14), besteht eine gewisse Gefahr, dass er in Zukunft in schwierigen Situationen wieder mit dem Konsum beginnen könnte. Der Beschuldigte gab anlässlich der Schlusseinvernahme bei der Staatsanwaltschaft am 22. Februar 2019 und auch vor Vorinstanz jedoch an, er konsumiere seit seiner Verhaftung kein Kokain mehr und die Monate im Gefängnis seien eine prägende Erfahrung gewesen (Urk. D1 3/4 S. 4 Frage 23 und Prot. I S. 10 und 16). Der Verteidiger reichte anlässlich der vorinstanzlichen Verhandlung auch einen Beleg über einen Kokaintest vom 1. April 2019 ein, der negativ ausgefallen war (Urk. 53/7). In der Berufungsverhandlung erklärte der Beschuldigte, das letzte Mal vor seiner Verhaftung konsumiert zu haben (Prot. II
S. 13). Die Voraussetzungen für die Gewährung des bedingten Strafvollzugs sowohl für die auszufällende Freiheitsstrafe, als auch für die Geldstrafe sind beim Beschuldigten als Ersttäter gegeben. Die Gewährung des bedingten Strafvollzugs unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren durch die Vorinstanz blieb denn auch unangefochten und ist zu bestätigen.
1. Voraussetzungen der Anordnung bzw. des Absehens von einer Landes- verweisung
1.1.
Gemäss Art. 66a Abs. 1 StGB verweist das Gericht einen Ausländer, der
eine Katalogtat im Sinne Art. 66a Abs. 1 lit. a-o StGB begangen hat, unabhängig von der Höhe der Strafe für die Dauer von 5 bis 15 Jahren des Landes. Ein Verzicht auf eine Landesverweisung ist nur ausnahmsweise dann möglich, wenn diese für den Ausländer einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und die öffentlichen Interessen an einer Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen (Art. 66a Abs. 2 StGB). Gemäss Bundesgerichtsentscheid 6B_378/2018 vom 22. Mai 2019
ist die Landesverweisung zunächst nach schweizerischem Recht zu prüfen und erst in zweiter Linie, ob ein Staatsvertrag bzw. Völkerrecht einer Ausweisung entgegenstehe, wobei die Kriterien der EMRK regelmässig bereits bei der Härtefallbeurteilung zu prüfen seien (E. 2.1).
1.2.
Ein schwerer persönlicher Härtefall ist dann anzunehmen, wenn die Summe aller mit der Landesverweisung verbundenen Schwierigkeiten den Betroffenen derart hart trifft, dass ein Verlassen der Schweiz bei objektiver Betrachtung zu einem nicht hinnehmbaren Eingriff in seine Daseinsbedingungen führt. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sind alle potentiell härtefallbegründenden Aspekte zu bewerten. Relevant sind dabei die persönliche Situation des Beschuldigten in der Schweiz und die Bedingungen im Heimatstaat sowie die Tatschuld. Ein Härtefall ist jedoch nicht leichthin anzunehmen, da der Strafrichter bei Katalogtaten gemäss Art. 66a Abs. 1 StGB nur ausnahmsweise von der Landesverweisung absehen darf. Namentlich gehören zu den härtefallbegründenden Aspekten die Anwesenheitsdauer in der Schweiz, die familiären Verhältnisse, die Arbeitsund Ausbildungssituation, die Persönlichkeitsentwicklung, der Grad der Integration sowie die Resozialisierungschancen des Beschuldigten. Relevant sind dabei die persön- liche Situation des Beschuldigten in der Schweiz und die Bedingungen im Heimatstaat. Bei Dritten auftretende härtefallbegründende Aspekte sind nur zu berücksichtigen, wenn sie sich zumindest indirekt auch auf den Beschuldigten auswirken. Ob ein schwerer persönlicher Härtefall vorliegt, ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu eruieren (Busslinger/Übersax, Härtefallklausel und migrationsrechtliche Auswirkungen der Landesverweisung, in: plädoyer 5/16 S. 96ff., 97 und 101; Fiolka/Vetterli, Die Landesverweisung nach Art. 66a StGB, plädoyer 5/16 S. 85 und 87). Zudem sind die verfassungsrechtlichen und völkerrechtlichen Bestimmungen einzuhalten. Ein Härtefall ist unter diesem Gesichtspunkt dann anzunehmen, wenn die Landesverweisung einen Eingriff in das in Art. 13 der Bundesverfassung bzw. Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleistete Privatund Familienleben bedeuten würde, der von einer gewissen Tragweite ist (Urteile des Bundesgerichtes 6B_627/2018 vom 22. März 2019, E. 1.3.5. und 6B_907/2018 vom 23. November 2018, E. 2.3.).
1.3.
Der Umstand, dass ein ausländischer Verurteilter mit seiner Familie in der
Schweiz lebt, bedeutet für sich allein noch keinen schweren persönlichen Härtefall im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB, vielmehr müssen, damit ein schwerer persön- licher Härtefall angenommen werden kann, in der Regel weitere Kriterien hinzutreten, namentlich eine starke Verwurzelung in der Schweiz und/oder grosse Schwierigkeiten, sich im Heimatland privat und beruflich wieder zurechtzufinden. Insbesondere ist das in Art. 8 EMRK bzw. Art. 13 BV geschützte Recht auf Familienleben (nur dann) berührt, wenn eine staatliche Entfernungsoder Fernhaltemassnahme eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigt, ohne dass es dieser ohne weiteres möglich oder zumutbar wäre, ihr Familienleben andernorts zu pflegen. Zum geschützten Familienkreis gehört in erster Linie die Kernfamilie, d.h. die Gemeinschaft der Ehegatten mit ihren minderjährigen Kindern (Urteile des Bundesgerichts 6B_841/2019 vom 15. Oktober 2019 E.2.5.2.; 6B_627/2018 vom 22. März 2019, E.1.4.; 6B_907/2018 vom 23. November 2018
E. 2.3.1; 6B_659/2018 vom 20. September 2018, E. 3.4.; 6B_770/2018 vom
24. September 2018, E.2.1. und BGE 144 II 1 E. 6.1, S. 12f.). Unabhängig vom Vorliegen einer familiären Beziehung kann eine ausländerrechtliche Fernhaltemassnahme zwar das Recht auf Privatleben gemäss Art. 8 EMRK verletzen. Das Bundesgericht bejaht einen auf Art. 8 EMRK (Anspruch auf Privatleben) gestützten Anspruch aber vor allem bei Ausländern der zweiten Generation, die in der Schweiz aufgewachsen sind (BGE 139 I 16 E. 2.2.2. S. 20 f.).
Das Bundesgericht hat festgehalten, dass der Anspruch auf Achtung des Familienlebens nicht absolut gilt. Bei der Prüfung der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK zulässigen Eingriffsvoraussetzungen gelte der Kriterienkatalog gemäss EGMR (6B_1070/2018 vom 14. August 2019, Erw. 6.3.3 und 6B_131/2019 vom 27. September 2019, E. 2.5.2. und nachfolgendes Zitat aus 6B_48/2019 vom 9. August 2019 E. 2.5.).
Der EGMR anerkennt das Recht der Staaten, die Einwanderung und den Aufenthalt von NichtStaatsangehörigen auf ihrem Territorium zu regeln (Urteil 6B_627/2018 vom 22. März 2019 E. 1.4 mit Hinweis auf BGE 144 I 266 E. 3.2 S. 272). Die Staaten sind berechtigt, Delinquenten auszuweisen; berührt die Ausweisung indes Gewährleistungen von Art. 8 Ziff. 1 EMRK, ist der Eingriff nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK zu rechtfertigen (Urteil in Sachen I.M. c. Suisse, Ziff. 68). Nach diesem
Urteil haben sich die nationalen Instanzen von den im Urteil Üner c. Niederlande vom 18. Oktober 2006 (Req. 46410/99) resümierten Kriterien leiten zu lassen:
der Natur und Schwere der Straftat (la nature et la gravité de l'infraction commise par le requérant);
der Dauer des Aufenthalts im ausweisenden Staat (la durée du séjour de l'intéressé dans le pays dont il doit être expulsé);
die seit der Straftat abgelaufene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit (le laps de temps qui s'est écoulé depuis l'infraction, et la conduite du requérant pendant cette période);
die Nationalität der betroffenen Personen (la nationalité des divers personnes concernées);
seine familiäre Situation, die Dauer seiner Ehe, und andere Umstände, die ein tatsächliches Familienleben des Paares bezeugen (la situation familiale du requérant, et notamment, le cas échéant, la durée de son mariage, et d'autres facteurs témoignant de l'effectivité d'une vie familiale au sein d'un couple);
ob der Ehepartner bei der Familiengründung von der Straftat Kenntnis hatte (la question de savoir si le conjoint avait connaissance de l'infraction à l'époque de la création de la relation familiale);
ob in der Ehe Kinder geboren wurden und deren Alter (la question de savoir si des enfants sont
issus du mariage et, dans ce cas, leur âge);
die Schwere der vom Ehepartner im Zielland anzutreffenden Schwierigkeiten (la gravité des difficultés que le conjoint risque de rencontrer dans le pays vers lequel le requérant doit être éxpulsé);
das Interesse und das Wohl der Kinder, insbesondere die Schwere der von den Kindern im Zielland anzutreffenden Schwierigkeiten (l'intérêt et le bien-être des enfants, en particulier la gravité des difficultés que les enfants du requérant sont suceptibles de rencontrer dans le pays vers le-
quel l'intérêssé doit être éxpulsé);
die Solidität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen mit dem Gastland und mit dem Zielland (la solidité des liens sociaux, culturels et familiaux avec le pays hôte et avec le pays de destination) (Ziff. 69).
In Rechnung gestellt werden müssen ebenfalls die besonderen Umstände des Einzelfalls, beispielsweise die medizinischen Umstände oder die temporäre oder definitive Natur des Landesverbots (Doivent également être prises en compte, le cas échéant, les circonstances particulières entourant le cas d'espèce, comme par exemple les éléments d'ordre médical ou la nature temporaire ou définitive de l'interdiction de territoire) (Ziff. 70).
Die Gerichte müssen ihre Entscheide in hinreichend genauer Weise begründen (les juridictions internes doivent motiver leurs décisions de manière suffisamment circonstanciée; Ziff. 72).
1.4.
Steht fest, dass die Landesverweisung zu einer schweren persönlichen
Härte führen würde, sind sodann die privaten Interessen des Beschuldigten an einem Verbleib in der Schweiz den öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber zu stellen. Für das öffentliche Interesse wesentlich sind die Art und Schwere der begangenen Delikte, das Verschulden, d.h. die ausgesprochene Strafe sowie die vom Täter ausgehende Gefahr, d.h. die Legalprognose. Für das persönliche Interesse ist neben dem Umstand, wie lange die Person in der Schweiz lebte, insbesondere auch ihre berufliche und familiäre Bindung relevant. Je gravierender das Delikt, desto höher hat das persönliche Interesse an einem Verbleib zu sein, damit die Härtefallklausel zu einem ausnahmsweisen Verzicht auf eine Landesverweisung führt. Überwiegen die öffentlichen Interessen, muss die Landesverweisung ausgesprochen werden (Busslinger/Übersax, a.a.O S. 102
ff.). Bei Straftaten gegen das BetmG hat sich das Bundesgericht hinsichtlich der Ausweisung zwecks Verhinderung neuer Straftaten zur Gewährleistung der öf- fentlichen Sicherheit stets besonders streng gezeigt: Drogenhandel führt von Verfassungs wegen in der Regel zur Landesverweisung (6B_378/2018 E. 2.2., 6B_131/2019, E. 2.5.1). Auch nach der Praxis des EGMR, in welcher der Drogenhandel als Ausbreitung dieser Geissel der Menschheit (propagation de ce fléau) bezeichnet wird (Urteil 6B_242/2019 vom 18. März 2019 E. 1.3), überwiegt bei Betäubungsmitteldelikten regelmässig das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts, falls keine besonderen persönlichen oder familiären Bindungen im Aufenthaltsstaat bestehen (6B_131/2019 vom 27. September 2019,
E. 2.6. und weitere).
2. Beurteilung
2.1.
Die Vorinstanz hat den Beschuldigten gestützt auf Art. 66a Abs. 1
lit. o StGB für die Dauer von 5 Jahren aus dem Hoheitsgebiet der Schweiz verwiesen (Urk. 61 S. 15 ff.). Mit seiner Berufung liess dieser das Absehen von einer Landesverweisung beantragen (Urk. 64; Urk. 76 S. 2 sowie Prot. II S.5 ).
Der Beschuldigte hat sich vorliegend unter anderem des qualifizierten Tatbestandes des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG schuldig gemacht. Bei diesem Delikt handelt es sich um eine Katalogtat gemäss Art. 66a Abs. 1 lit. o StGB, was auch von der Verteidigung anerkannt wird. Im Weiteren ist der Beschuldigte Ausländer (Staatsangehöriger der Dominikanischen Republik) und führte die vorliegend zu beurteilende Tat überwiegend nach dem Inkrafttreten der Bestimmung betreffend die Landesverweisung (1. Oktober 2016) aus. Die Voraussetzungen für eine Landesverweisung sind damit grundsätzlich erfüllt.
2.2.
Es ist folglich zu prüfen, ob ein Härtefall gegeben ist oder ein Anspruch aus
Art. 8 Abs. 1 EMRK besteht. Dafür sind der Werdegang und die persönlichen und familiären Verhältnisse des Beschuldigten sowie die weiter relevanten Umstände näher zu beleuchten:
Der Beschuldigte wurde 1978 in der Dominikanischen Republik in I. , einer mittelgrossen Stadt mit 32'000 Einwohnern, geboren und wuchs dort auf. Er ging dort während 15 Jahren zur Schule und besuchte zwei Universitäten und studierte während einem Jahr Recht und wechselte anschliessend auf ein Ingenieurstudium. Einen Studienabschluss besitzt er jedoch nicht, weil er früh (d.h. mit 19 Jahren) Vater wurde und arbeiten musste. Seine letzte Stelle in seinem Heimatland hatte er bei der Zentralbank. Der Beschuldigte hat drei Geschwister und drei Halbgeschwister. Die Eltern und sein mittlerweile erwachsener Sohn sowie einige der Geschwister des Beschuldigten leben alle in D. ; zwei Halbgeschwister leben in J. , Spanien. Auch seine Tochter lebt in Spanien. Der Beschuldigte kam erst als Erwachsener am tt. Juni 2013 mit fast 35 Jahren in die Schweiz als er seine Jugendliebe, seine heutige Ehefrau, heiratete. Das Ehepaar lebt seit der Heirat zusammen und sie bekamen einen kleinen Sohn namens K. , der im mm.2019 vier Jahre alt geworden ist. Es ist davon auszugehen, dass die Ehefrau des Beschuldigten bei der Familiengründung noch keine Kenntnis von dessen Betäubungsmitteldelikten hatte. Zwar gab sie nach ihrer Verhaftung am 9. August 2018 an, der Beschuldigte sei seit drei oder vier Jahren in Betäubungsmitteldelikte verwickelt, er begann jedoch - gemäss Anklagesachverhalt - zumindest mit dem Verkauf von Kokain erst ab März 2016 d.h. nach der Geburt des jüngsten Sohnes. Beide Partner haben voreheliche Kinder. Der älteste Sohn des Beschuldigten hat ein Studium absolviert und arbeitet in der Dominikanischen Republik als Buchhalter; mit ihm pflegt er engen Kontakt per Internet und Telefon, obwohl er ihn seit seiner Einreise in die Schweiz nicht mehr persönlich gesehen hat, da er die Reisekosten nicht aufbringen konnte. Die Zweitgeborene ist elf Jahre alt und wohnt in Spanien, mit ihr besteht kein enger Kontakt, da sich gemäss Angaben des Beschuldigten das Verhältnis zur Kindsmutter schwierig gestalte, weil er sie finanziell nicht ausreichend habe unterstützen können. Die Ehefrau hat ebenfalls zwei Töchter, die ältere namens L. ist bereits volljährig und wohnt selbstän-
dig. Die jüngere Tochter M.
lebt im gleichen Haushalt mit der Mutter und
dem Beschuldigten und ist noch minderjährig; sie hat einen Schweizer Vater, der auch Unterhaltsbeiträge für sie bezahlt. Anlässlich der Befragung der Ehefrau des Beschuldigten bei der Kantonspolizei Zürich vom 6. Dezember 2018 (Einvernahme betr. verwaltungsrechtliche Amtshilfe Migrationsamt) gab diese an, die Tochter M. besuche die 3. Sek C in C. (Akten Migrationsamt Urk. 23/2 S. 332 Frage 16.). Der Beschuldigte sagte in der Befragung bei der Kantonspolizei Zürich vom 6. Dezember 2018 (Einvernahme betr. verwaltungsrechtliche Amtshilfe Migrationsamt) aus, die Tochter seiner Ehefrau aus früherer Ehe, M. , geboren am tt.mm.2002, habe kürzlich einen Lehrvertrag erhalten für eine Lehrstelle in einem Fitnesscenter; zur Zeit sei sie noch in der 3. Oberstufe (Urk. 23/2 S. 343). Der Beschuldigte hatte seit seiner Einreise im Jahr 2013 verschiedene Stellen bei der O. in der Logistik oder auf Baustellen, er war auch längere Zeit arbeitslos und beim RAV gemeldet. Als seine Frau einen Kurs besuchte, betreute er während mehreren Monaten den gemeinsamen Sohn. Seit seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft lebt der Beschuldigte wieder mit der Familie zusammen. Die Familie ist in C. , Gemeinde P. , wohnhaft. In der Untersuchung gab die Ehefrau des Beschuldigten an, sie hätten seit 2017 Probleme in der Beziehung; diese hatten offenbar mit dem Drogenhandel zu tun. Es bestehen nun wieder intakte familiäre Verhältnisse und der Beschuldigte hat sich seit der Entlassung wohl verhalten. Er konsumiert gemäss seinen eigenen Angaben kein Kokain mehr und geht - soweit sich die Gelegenheit bietet - einer geregelten Ar-
beit nach: Ab November 2018 arbeitete der Beschuldigte bei der H. AG
während 11 Monaten im Stundenlohn und erzielte unterschiedlich hohe Einkünfte von bisher maximal netto Fr. 4'000.-, je nachdem, wie oft er für Arbeitseinsätze aufgeboten wurde. Die letzten sechs Monate war er zu 100 % erwerbstätig. Seine Ehefrau verdient nur wenig neben der Betreuung des kleinen Sohnes, hat ihr Pensum nun aber auf 80 % erhöht. Für die Tochter M. aus früherer Ehe erhält sie Unterhaltsbeiträge vom Vater in der Höhe von Fr. 900.-. Die Familie wird soweit nötig zusätzlich von der Sozialbehörde unterstützt, welche den Lohn verwalte und die Rechnungen wie Miete und Krankenkassenprämien bezahle (vgl. zum Ganzen Prot. I S. 7 ff., Urk. D1 3/2 S. 8, Urk. D1 4/1 S. 7 ff. Fragen 58 - 61. und 77 f. sowie D1 4/2 S. 3 f., 8 und 10 Fragen 13, 19 f., 23 f. und 56 sowie 83 f. und Prot. II S. 6 ff.). Der Beschuldigte verbringt seine Freizeit mit der Familie und pflegt ansonsten nur noch Kontakt zu den Trauzeugen. Er scheint in der Schweiz beruflich noch nicht richtig Tritt gefasst zu haben und wenig gesellschaftlich integriert zu sein. Indessen bemühte sich der Beschuldigte in der Vergangenheit offensichtlich, soviel wie möglich an den Familienunterhalt beizutragen. Er sucht zur Zeit nach Arbeit. Da seine Ursprungsfamilie in der Dominikanischen Republik wohnt und ihn anfänglich unterstützen könnte und weil er bis vor rund sechs Jahren dort lebte und arbeitete, ist nicht erkennbar, dass die Resozialisierungschancen für den Beschuldigten in seinem Heimatland wesentlich ungünstiger sind als in der Schweiz. Die Erwägung der Vorinstanz, wonach durchaus möglich ist, dass die Chancen des Beschuldigten auf dem Arbeitsmarkt in der Dominikanischen Republik günstiger sind als hier in der Schweiz, scheint jedenfalls nicht abwegig (Urk. 61 S. 18). Der Beschuldigte kann sich offenbar auch vorstellen, später wieder in sein Heimatland zurückzukehren, wie er bei der Staatsanwaltschaft angab. Er gab jedoch an, zur Zeit sei eine Rückkehr undenkbar, er müsse für die Tochter M. seiner Frau da sein und für seinen kleinen Sohn (Urk. D1 3/4 Fragen 55 ff.). Die Vorinstanz weist zu Recht darauf hin, dass es für den Beschuldigten und seine Frau, die ebenfalls aus der Dominikanischen Republik stammt und 1993 in die Schweiz kam (Urk. D 1 4/2 S. 10 Frage 83 f.), sowie den kleinen Sohn, der noch nicht eingeschult ist respektive noch nicht den Kindergarten besucht, auch möglich wäre, ihre Beziehung ausserhalb der Schweiz zu pflegen. Indessen wäre es für die in der Schweiz geborene und aufgewachsene siebzehnjährige Tochter
M.
aus der früheren Ehe der Ehefrau eine einschneidende Veränderung,
wenn sie ihre gewohnte Umgebung verlassen, ihre Ausbildung abbrechen und ihren Lebensmittelpunkt nach D. verlegen müsste. Sie wird zwar in absehbarer Zeit volljährig, in der Regel dauert eine Ausbildung aber über das 18. Altersjahr hinaus; der Beschuldigte gab in der Berufungsverhandlung an, M. habe im letzten Sommer die Lehre angefangen; diese dauere 4 Jahre (Prot. II S. 12). Erfahrungsgemäss brauchen junge Menschen in dieser Zeit noch immer die Unterstützung und Fürsorge der Eltern. Ihr Vater lebt - gemäss den Angaben des Beschuldigten - in der Nähe der Familie; die Tochter M. pflegt Kontakt zu ihm (Prot. II S. 14). Es kann auf jeden Fall nicht gesagt werden, dass es für die in der Schweiz geborene Stieftochter M. , welche auch Schweizer Bürgerin ist, ohne weiteres möglich und zumutbar wäre, das Familienleben ausserhalb der Schweiz im Heimatland des Beschuldigten zu pflegen. Da die Stieftochter jedoch
einen guten Kontakt zu ihrem Vater pflegt, der - wie auch ihre ältere Schwester L. - in der Nähe wohnt, dürfte sie vermutlich auch von diesen zwei Bezugspersonen Unterstützung erhalten (Prot. II S. 14). Auf der anderen Seite scheint es angesichts des Umstandes, dass der Beschuldigte und seine Ehefrau vor der Eheschliessung auch über längere Zeit eine Fernbeziehung führten und der Beschuldigte zufolge seiner Heirat und Einreise in die Schweiz im Jahre 2013 in Kauf nahm, von seinem ältesten Sohn räumlich getrennt zu leben, nicht unzumutbar, dass der Beschuldigte vorerst für einige Zeit alleine in seiner Heimat lebt, bis die Tochter der Ehefrau auf eigenen Füssen stehen kann. Das Vorliegen eines schweren persönlichen Härtefalls ist daher zu verneinen, auch wenn es sich vorliegend um einen Grenzfall handeln dürfte.
2.3.
Bewirkt die Landesverweisung für den Beschuldigten keinen schweren
persönlichen Härtefall, erübrigt sich an sich eine Abwägung der privaten Interessen des Beschuldigten am Verbleib in der Schweiz und der öffentlichen Interessen an einer Landesverweisung. Es besteht diesfalls von vornherein kein Raum, um in Anwendung der Kannvorschrift von Art. 66a Abs. 2 StGB von einer Landesverweisung abzusehen. Der Vollständigkeit halber ist allerdings festzuhalten, dass der Beschuldigte ein starkes Interesse am Verbleib in der Schweiz hat; dies in erster Linie aufgrund der aufgezeigten familiären Verhältnisse, da seine Ehefrau und die beiden in der Schweiz geborenen minderjährigen Kinder, wovon eines vorehelich geboren und bald mündig ist, hier in der Schweiz ihren Lebensmittelpunkt haben und das Schweizer Bürgerrecht besitzen. Demgegenüber handelt es sich bei den heute zu beurteilenden Betäubungsmitteldelikten des Beschuldigten um eine qualifizierte Widerhandlung gemäss Art. 19 Abs. 2 BetmG und der Grenzwert von 18 Gramm reinem Kokain, bei welchem das Vorliegen eines schweren Falles bejaht wird, wurde deutlich überschritten. Das öffentliche Interesse an einer Ausweisung des Beschuldigten, der mit dem Anund Verkauf einer grösseren Menge von Kokain in Kauf nahm, die Gesundheit einer Vielzahl von Menschen ernsthaft in Gefahr zu bringen, ist daher erheblich. Indessen ist das Verschulden des Beschuldigten innerhalb des qualifizierten Tatbestandes als noch leicht zu gewichten, insbesondere ist zu beachten, dass dieser auch zur Finanzierung seines eigenen Konsums Kokain verkaufte. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass sich die - nur wenig über der geforderten Mindeststrafe von 12 Monaten liegende - heute auszufällende Freiheitsstrafe von 16 Monaten auch aufgrund des Nachtatverhaltens ergibt, insbesondere wegen des Geständnisses und der daraus resultierenden deutlichen Strafreduktion um 5 Monate gegenüber der verschuldensadäquaten Einsatzstrafe von 21 Monaten. Der Beschuldigte ist hingegen nicht vorbestraft, und es kann ihm grundsätzlich eine günstige Legalprognose gestellt werden (vgl. oben Ziff. IV). Dennoch ist festzuhalten, dass in Nachachtung der strengen Praxis des Bundesgerichtes das öffentliche Interesse gegenüber dem Interesse des Beschuldigten, in der Schweiz bleiben zu können, höher zu gewichten ist. Der Beschuldigte ist folglich in Anwendung von Art. 66a Abs. 1 lit. o StGB des Landes zu verweisen. Dabei erweist sich die von der Vorinstanz ausgesprochene Dauer von fünf Jahren als angemessen.
Die Vorinstanz ordnete in Dispositivziffer Ziffer 6 ihres Urteils die Ausschreibung der in Dispositivziffer 5 verhängten 5-jährigen Landesverweisung im SIS an (Urk. 61 S. 19).
Landesverweisungen gegenüber Ausländern aus Staaten, die nicht zum Schengen-Raum gehören, werden im Schengen-Informationssystem ausgeschrieben, wenn davon auszugehen ist, dass die Anwesenheit der betreffenden Person im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Drittstaatsangehörige wegen einer Straftat verurteilt worden ist, die mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist (Art. 24 Abs. 2 SIS-II-VO, vgl. Art. 96 Abs. 2 lit. a SDÜ). Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung setzt die Ausschreibung eine schwere Straftat, die Verurteilung zu einer Sanktion von über einem Jahr Freiheitsstrafe voraus (vgl. SB170246, Urteil vom 6. Dezember 2017, E. III.3.; SB180036, Urteil vom 3. Juli 2018, E. V.3; SB170394, Urteil vom 16. Oktober 2018, E. VI.6.1 sowie SB180400, Urteil vom 2. April 2019 E. IV.4.).
Es ist unbestritten, dass der Beschuldigte einem sogenannten Drittstaat angehört. Der Beschuldigte wird vorliegend unter anderem mit einer Freiheitsstrafe
von 15 Monaten bestraft wegen Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. c und d BetmG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG, wofür eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe vorgesehen ist. Es handelt sich folglich um eine schwere Straftat. Die Ausschreibung der Landesverweisung (Einreiseund Aufenthaltsverweigerung) im SIS ist deshalb anzuordnen.
Erstinstanzliche Kosten
Der vorinstanzliche Schuldspruch ist zu bestätigen, soweit er nicht schon in Rechtskraft erwachsen ist. Folglich erweist sich die vollumfängliche Kostenauflage gemäss Dispositivziffer 13 des vorinstanzlichen Urteils als angemessen. Diese ist, wie auch die Regelung betreffend die Kostenauflage der amtlichen Verteidigung (Dispositivziffer 14) inklusive Rückforderungsvorbehalt für diese Kosten, zu bestätigen (Art. 426 StPO).
Kostenund Entschädigungsfolgen im Berufungsverfahren
Die Kosten im Rechtsmittelverfahren tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens oder Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Der Beschuldigte unterliegt mit seinen Anträgen im Berufungsverfahren vollständig. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind dem Beschuldigten deshalb vollumfänglich aufzuerlegen. Dies jedoch mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung. Die Rückzahlungspflicht gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO ist vorzubehalten.
Die Gerichtsgebühr für das Berufungsverfahren ist auf Fr. 2'500.- festzusetzen. Für das Berufungsverfahren macht der amtliche Verteidiger, Rechtsanwalt lic. iur. X. , LL.M., Aufwendungen von Fr. 5'432.55 (inkl. Barauslagen und MwSt.; Urk. 78) geltend. Die geltend gemachten Aufwendungen erweisen sich angesichts des Aktenumfangs und der Komplexität des Falles als angemessen. Der amtliche Verteidiger ist insgesamt mit Fr. 5'500.- (inkl. MwSt.) aus der Gerichtskasse zu entschädigen.
Es wird beschlossen:
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Hinwil vom 2. Juli 2019 bezüglich der Dispositivziffern 1 al. 1 und al. 3 (Schuldspruch wegen Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz und mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes), 7-10 (Einziehungen), 11 (Anordnung der Vernichtung von Spuren) und 12 (Kostenfestsetzung) in Rechtskraft erwachsen ist.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.
Es wird erkannt:
Der Beschuldigte A.
ist ferner schuldig des Vergehens gegen das
Waffengesetz im Sinne von Art. 33 Abs. 1 lit. a WG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 lit. g und Abs. 4 WG, Art. 8 WG, Art. 9a WG, Art. 10 Abs. 2 WG,
Art. 27 WG sowie mit Art. 6 WV, Art. 15 WV, Art. 21 Abs. 1 WV und Art. 48 WV.
Der Beschuldigte wird bestraft mit 16 Monaten Freiheitsstrafe, wovon 51 Tage durch Untersuchungshaft erstanden sind, sowie mit einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 30.- und mit Fr. 500.- Busse.
Der Vollzug der Freiheitsstrafe Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre festgesetzt.
Die Busse ist zu bezahlen. Bezahlt der Beschuldigte die Busse schuldhaft nicht, so tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen.
Der Beschuldigte wird im Sinne von Art. 66a Abs. 1 lit. o StGB für 5 Jahre des Landes verwiesen.
Es wird die Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem angeordnet.
Das erstinstanzliche Kostendispositiv (Dispositivziffern 13 und 14) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr wird festgesetzt auf: Fr. 2'500.- ; die weiteren Kosten betragen:
Fr. 5'500.- amtliche Verteidigung.
Die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, werden dem Beschuldigten auferlegt. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen. Die Rückzahlungspflicht des Beschuldigten gemäss Art. 135 Abs. 4 StPO bleibt vorbehalten.
Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten (übergeben)
die Staatsanwaltschaft See / Oberland sowie in vollständiger Ausfertigung an
die amtliche Verteidigung im Doppel für sich und zuhanden des Beschuldigten
die Staatsanwaltschaft See / Oberland
und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an
die Vorinstanz
das Migrationsamt des Kantons Zürich
die KOST Zürich mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Bestimmung der Vernichtungsund Löschungsdaten
die Koordinationsstelle VOSTRA mit Formular A.
Rechtsmittel:
Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, vom Empfang der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.
Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Strafkammer Zürich, 14. Januar 2020
Der Präsident:
Oberrichter lic. iur. Spiess
Der Gerichtsschreiber:
MLaw Orlando
Zur Beachtung:
Der/die Verurteilte wird auf die Folgen der Nichtbewährung während der Probezeit aufmerksam gemacht:
Wurde der Vollzug einer Geldstrafe unter Ansetzung einer Probezeit aufgeschoben, muss sie vorerst nicht bezahlt werden. Bewährt sich der/die Verurteilte bis zum Ablauf der Probezeit, muss er/sie die Geldstrafe definitiv nicht mehr bezahlen (Art. 45 StGB); Analoges gilt für die bedingte Freiheitsstrafe.
Eine bedingte Strafe bzw. der bedingte Teil einer Strafe kann im Übrigen vollzogen werden (Art. 46 Abs. 1 bzw. Abs. 4 StGB),
wenn der/die Verurteilte während der Probezeit ein Verbrechen oder Vergehen begeht,
wenn der/die Verurteilte sich der Bewährungshilfe entzieht oder die Weisungen missachtet.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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