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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:SB170337
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Strafkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid SB170337 vom 16.03.2018 (ZH)
Datum:16.03.2018
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:mehrfachen Betrug
Schlagwörter : Schuldig; Beschuldigte; Beschuldigten; Ehemann; Akten; Familie; Wirtschaftlich; Konten; Wirtschaftliche; Hilfe; Aktennotiz; Konto; Berufung; Urteil; Recht; Sozialhilfe; Kinder; Einkommen; Terthur; Sozialbehörde; Staatsanwaltschaft; Verteidigung; Selbstdeklaration; Liegenden; Aktennotizen; Gesuch; Winterthur; Vorliegen; Formular
Rechtsnorm: Art. 11 StGB ; Art. 135 StPO ; Art. 141 StPO ; Art. 146 StGB ; Art. 148a StGB ; Art. 2 StGB ; Art. 301 StPO ; Art. 302 StPO ; Art. 357 StPO ; Art. 399 StPO ; Art. 426 StPO ; Art. 428 StPO ; Art. 43 ATSG ; Art. 7 StPO ; Art. 8 EMRK ; Art. 90 StPO ; Art. 96 UVG ;
Referenz BGE:138 IV 169; 140 IV 11; 143 I 377;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Geschäfts-Nr.: SB170337-O/U/ad-hb

Mitwirkend: die Oberrichter Dr. Bussmann, Präsident, Oberrichter lic. iur. Ruggli und Oberrichterin lic. iur. Schärer sowie die Gerichtsschreiberin MLaw Höchli

Urteil vom 16. März 2018

in Sachen

A. ,

Beschuldigte und Berufungsklägerin

amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt lic. iur. X.

gegen

Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland, Anklägerin und Berufungsbeklagte

betreffend mehrfachen Betrug

Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes Winterthur, Einzelgericht Strafsachen, vom 8. Mai 2017 (GG160089)

Anklage:

Der Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 12. September 2016 (Urk. 42) ist diesem Urteil beigeheftet.

Urteil der Vorinstanz :

  1. Die Beschuldigte A. ist schuldig des mehrfachen Betrugs im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB.

  2. Die Beschuldigte wird bestraft mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 30.-, wovon 35 Tagessätze als durch Haft geleistet gelten, teilweise als Zusatzstrafe zu den mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Win-

    terthur / Unterland vom 27. Mai 2009 und mit Strafbefehl des Kreispräsidenten Rheinwald vom 18. November 2009 ausgefällten Strafen.

  3. Der Vollzug der Geldstrafe wird aufgeschoben und die Probezeit auf 3 Jahre festgesetzt.

  4. Die Privatklägerin Gemeinde B. wird mit ihrem Schadenersatzbegehren auf den Weg des Zivilprozesses verwiesen.

  5. Die Entscheidgebühr wird angesetzt auf:

    Fr. 1'800.00 ; die weiteren Kosten betragen:

    Allfällige weitere Kosten bleiben vorbehalten.

    Wird keine schriftliche Begründung dieses Urteils verlangt, ermässigt sich die Entscheidgebühr auf zwei Drittel.

  6. Die Kosten des Vorverfahrens (Gebühr Vorverfahren sowie Auslagen Polizei) und des gerichtlichen Verfahrens einschliesslich derjenigen des amtli-

chen Verteidigers werden der Beschuldigten zu 5/6 auferlegt. Die restlichen Kosten von 1/6 einschliesslich 1/6 der Kosten der amtlichen Verteidigung werden auf die Gerichtskasse genommen. Die Kosten der amtlichen Verteidigung werden indessen einstweilen auf die Gerichtskasse genommen.

Art. 135 Abs. 4 StPO bleibt vorbehalten.

Berufungsanträge:

  1. Der Verteidigung der Beschuldigten A. : (Urk. 99 S. 1)

    Die Beschuldigte sei vollumfänglich vom Vorwurf des mehrfachen Betrugs im Sinne von Art. 146 Abs. 1 StGB freizusprechen und sämtliche Verfahrenskosten seien auf die Staatskasse zu nehmen und der Beschuldigten sei eine angemessene Entschädigung und Genugtuung zuzusprechen.

  2. Des Vertreters der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterla nd: (Urk. 94, schriftlich)

Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils.

Erwägungen:

I.

    1. Mit Urteil vom 8. Mai 2017 sprach das Bezirksgericht Winterthur, Einzelgericht in Strafsachen, die Beschuldigte des mehrfachen Betrugs im Sinne von

      Art. 146 Abs. 1 StGB schuldig und bestrafte sie teilweise als Zusatzstrafe zu zwei

      Strafbefehlen aus dem Jahr 2009 mit einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 30.-, entschied über die Schadenersatzansprüche der Privatklägerin und regelte die Kostenfolgen des Verfahrens (Urk. 88 S. 56 ff.).

    2. Gegen das mündlich eröffnete Urteil (Prot. I S. 35) liess die Beschuldigte rechtzeitig Berufung anmelden (Urk. 82; Art. 399 Abs. 1 StPO). Am 10. August 2017 versandte die Vorinstanz das begründete Urteil an die Parteien (vgl. Urk. 86) und übermittelte in der Folge die Anmeldung der Berufung zusammen mit den Akten dem Obergericht (Urk. 87).

    1. Am 1. September 2017 (Datum des Poststempels) reichte die Beschuldigte der erkennenden Kammer rechtzeitig die schriftliche Berufungserklärung ein (Urk. 86; Urk. 90; Art. 399 Abs. 3 i.V.m. Art. 90 StPO). Die Staatsanwaltschaft beantragte unter dem 13. September 2017 die Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils, verzichtete auf Beweisanträge und weitere Fristansetzungen zur Stellungnahme (Urk. 94). Die Privatklägerin äusserte sich innert der ihr mit Präsidialverfü- gung vom 7. September 2017 (Urk. 92) angesetzten Frist nicht und verzichtete damit auf eine Anschlussberufung.

    2. Am 21. September 2017 ging das von der Beschuldigten ausgefüllte Datenerfassungsblatt samt Beilagen beim Gericht ein (Urk. 95 f.).

3.2 Die Berufungsverhandlung fand heute zusammen mit derjenigen gegen den mitangeklagten Ehemann der Beschuldigten, C. , in Anwesenheit der Beschuldigten statt (Prot. II S. 3 ff.).

II.

1. Die Beschuldigte beantragt im Berufungsverfahren einen vollumfänglichen Freispruch. Ihre Berufung richtet sich dementsprechend gegen die Dispositivziffern 1 (Schuldspruch), 2 und 3 (Strafe und Vollzug) sowie 6 (Kostenauflage) des vorinstanzlichen Entscheides (Urk. 90). Nicht angefochten und in Rechtskraft erwachsen ist der vorinstanzliche Entscheid damit hinsichtlich des Teilfreispruchs (Begründung Ziff. III.5.6 letzter Absatz; Ziff. III.5.9 2. Absatz und Ziff. IV.2.2.2) sowie der Dispositivziffern 4 (Schadenersatz) und 5 (Kostenfestsetzung), was vorab festzustellen ist.

2.1 Gegenstand einer näheren Prüfung im Berufungsverfahren ist folglich noch der Anklagevorwurf betrügerischen Verhaltens im Zusammenhang mit den Gutschriften auf den auf D. lautenden Konten bei der E. (Nr. 1 [recte: Nr. 1']) und der F. (Nr. 2), die die Vorinstanz als sachverhaltsmässig erstellt erachtete und in rechtlicher Hinsicht als mehrfachen Betrug würdigte. Die Anklage wirft der Beschuldigten insoweit vor, diese beiden auf ihren Sohn D. lautenden Konten und darauf eingegangenen Zahlungen der Invalidenversicherung (Fr. 143.40), der G. AG (Fr. 1'259.20, Fr. 317.40, Fr. 9.70, Fr. 28.70,

Fr. 36.40 und Fr. 79.70), von H. (Fr. 1'054.30) der SVA Zürich (Fr. 1'704.-),

der I. (Fr. 593.35), der J. (Fr. 500.-) und der K. (Fr. 453.-) gegenüber den Sozialhilfebehörden in gleichmassgeblichem Zusammenwirken mit ihrem Ehemann bewusst verschwiegen und sie auch in der Steuererklärung nicht deklariert zu haben (die Auftraggeber der Zahlungen werden in der Anklage offensichtlich irrtümlich unter dem Titel Begünstigte aufgeführt). Hätten die Fürsorgebehörde von diesen Einkünften gewusst, hätten sie diese mit den an sie und ihren Ehemann ausgerichteten Unterstützungsbeiträgen verrechnet und ihre Leistungen in entsprechendem Umfang gekürzt, so dass ihr in entsprechendem Umfang ein Schaden entstanden sei. Die Beschuldigte habe dabei wie ihr Ehemann gewusst, zumal sie mehrfach darauf hingewiesen worden sei und dies unterschriftlich bestätigt habe, dass sie diese Kontos und die Zahlungseingänge unverzüglich und fortlaufend der Sozialberatung der Gemeinde B. hätten melden müssen. Sie hätten dies im Bestreben unterlassen, dennoch den vollen Unterstützungsbeitrag zu erwirken, da sie gewusst hätten, dass ihnen diese Unterstützung im entsprechenden Umfang gekürzt worden wäre, hätten sie die genannten Einkünfte ordentlich gemeldet. Sie hätten damit gerechnet, dass die zuständige Für- sorgebehörde und die L. AG aufgrund der Vielzahl von Sozialhilfebezügern, des grossen administrativen Aufwandes und der überdies beschränkten Auskunftsmöglichkeiten keine gezielten Nachforschungen tätigen und damit nicht merken würden, dass die Beschuldigte und ihr Ehemann neben der Sozialhilfe weitere Einkünfte erzielten. Tatsächlich hätten die Sozialhilfebehörden in der Folge teilweise erst durch Zufall und teilweise gar nicht von den betreffenden Einkünften erfahren (Urk. 42).

      1. Die Beschuldigte gestand sowohl in der Untersuchung als auch vor Vorinstanz ein, dass ihr bekannt gewesen sei, dass sie im Rahmen des von ihr und ihrem Ehemann gestellten Gesuchs um wirtschaftliche Hilfe dazu verpflichtet gewesen seien, sämtliche Einnahmen, Sparguthaben, Wertsachen und Motorfahrzeuge anzugeben. Ferner sei es richtig, dass sie im Beschluss vom 25. November 2008 darauf aufmerksam gemacht worden seien, dass sie alle Veränderungen in den angegebenen Einkommens, Vermögensund Familienverhältnissen unaufgefordert der Sozialbehörde mitteilen müsse (Urk. 17/1 S. 2 f.; Prot. I S. 10, 12 f.). Es treffe sodann auch zu, dass sie die auf D. lautenden Konten bei der E. (Nr. 1) und der F. (Nr. 2) und die darauf eingegangenen Zahlungen gegenüber den Sozialen Diensten B. nicht deklariert habe. Allerdings habe Frau M. immer betont, dass sie nur das angeben müsse, was sie betreffe. Sie habe nicht gewusst, dass sie die Konten der Kinder auch angeben müsse (Urk. 17/1 S. 3; Urk. 17/3 S. 3; Prot. I S. 11 f., 22, 25 ff., 30). Die Frau von der L. AG, welche mit ihnen im November 2013 das Formular Selbstdeklaration ausgefüllt habe, habe ihnen (ebenfalls) gesagt, sie müssten keine Konten angeben, die nicht auf ihren Ehemann lauteten (Urk. 17/1 S. 3). Dabei blieb sie auch in der Berufungsverhandlung (Prot. II S. 18).

      2. Die Verteidigung argumentiert, die vorhandenen Beweise seien unverwertbar, eventualiter seien sie so zu würdigen, dass zumindest dem Grundsatz in dubio pro reo folgend davon auszugehen sei, dass der Anklagesachverhalt nicht er-

stellt sei. Ferner erfülle das Verhalten der Beschuldigten den Tatbestand des Betrugs weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht (Urk. 99 S. 3 ff.).

3.1 Die Vorinstanz hat die Grundsätze der Sachverhaltserstellung und der Beweiswürdigung zutreffend dargelegt. Es kann insoweit auf das angefochtene Urteil verwiesen werden (Urk. 88 S. 11 f.). Ergänzend ist einzig darauf hinzuweisen, dass die vollständigen Sozialhilfedossiers des Beschuldigten und seiner Ehefrau nicht vorliegen und Zeugenaussagen der seitens der Gemeinde B. und der L. AG mit den Dossiers befassten Personen fehlen. Unter welchen Umständen und auf welcher Basis der Beschuldigten und ihrer Familie wirtschaftliche Hilfe geleistet wurde, lässt sich aufgrund der Akten deshalb nur bruchstückhaft rekonstruieren, was sich strafprozessual jedoch nicht zuungunsten der Beschuldigten auswirken darf.

      1. Die Vorinstanz stützt ihren Entscheid auf die Aussagen der Beschuldigten, ihres mitangeklagten Ehemanns, die von der Gemeinde B. eingereichten Unterlagen mit Ausnahme des durch die N. GmbH erstellten Abschlussberichts der Überwachung des Beschuldigten, auf Bankunterlagen und die Fahrzeugauskunft des Strassenverkehrsamtes (Urk. 88 S. 12 E. 4.1). Die Verteidigung stellt die Verwertbarkeit dieser Beweismittel unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Urteil 61838/10 vom 18. Oktober 2016 auch im Berufungsverfahren in Frage. Das Urteil betrifft die Streitsache Vukota-Bojic gegen die Schweiz. Die Versicherte war im Auftrage des Unfallversicherers von einem Privatdetektiv überwacht worden. Darin erblickte der EGMR eine Verletzung von Art. 8 EMRK. Die Observation einer Person durch ein öffentliches Organ stelle einen Eingriff in das Grundrecht auf Privatsphäre gemäss Art. 8 EMRK dar, für welchen das schweizerische Recht mit Art. 28 Abs. 2 und Art. 43 ATSG in Verbindung mit Art. 96 UVG keine ausreichend klare Rechtsgrundlage (vgl. zu den Voraussetzungen einer solchen BGE 143 I 377 E. 3.3) biete.

      2. In der Sozialhilfe findet sich in § 18 SHG eine spezialgesetzliche Grundlage, die es den Fürsorgebehörden ermöglicht auch ohne Zustimmung der betroffenen Person Auskünfte bei Dritten einzuholen, wenn Zweifel an der Richtigkeit oder

        Vollständigkeit der Angaben oder Unterlagen bestehen. Dass betroffene Personen observiert werden dürfen, ergibt sich daraus jedoch nicht, weshalb davon auszugehen ist, dass auch § 18 SHG keine ausreichend klare Rechtsgrundlage für eine Überwachung darstellt und die im Auftrag der Sozialen Dienste B. erfolgte Observation (primär) des Ehemanns der Beschuldigten durch die

        N. GmbH widerrechtlich war. Das im Rahmen der widerrechtlichen Obser-

        vation durch die N. GmbH gesammelte Material ist gemäss Art. 141 Abs. 2 StPO im vorliegenden Verfahren nicht verwertbar. Dabei handelt es sich nebst dem Abschlussbericht der Überwachung (Urk. 2/4) auch um den Mietvertrag für Garagen und Abstellplätze betreffend den Einstellplatz Nr. in der Liegenschaft O. -Strasse in B. (Urk. 2/3 [8]; vgl. Urk. 2/4 S. 4) und die Motorfahrzeugversicherungs-Police Nr. vom 2. Juli 2013 (Urk. 2/3 [9]); vgl. Urk. 2/4 S. 7). Zum erwähnten Mietvertrag führte die N. GmbH die Observation des den Sozialbehörden bekannten Motorfahrzeugs des Ehemanns der Beschuldigten auf dem Aussenparkplatz Nr. am Wohnort der Familie verbunden mit Abklärungen bei der Vermieterin der Familie (Urk. 2/4 S. 4). Die MotorfahrzeugversicherungsPolice machte die N. GmbH zwar bei der den Sozialbehörden bekannten Versicherung der Familie erhältlich, allerdings erst, nachdem sie sich mittels der von der Vermieterin erhaltenen Schlüssel Zugang zur Garage verschafft und dort einen gegenüber den Sozialbehörden nicht deklarierten Audi A8 versehen mit den auf den Ehemann der Beschuldigten eingelösten polizeilichen Kennzeichen auf dem Einstellplatz Nr. vorgefunden hatte (Urk. 2/4 S. 6).

      3. Ob bzw. inwieweit die vom Statthalteramt und der Staatsanwaltschaft im Rahmen des auf die widerrechtliche Observation folgenden Strafverfahrens erhobene Beweise verwertbar sind (vgl. Art. 141 Abs. 4 StPO), kann an sich offen bleiben. Die Beschuldigte ist - wie zu zeigen sein wird - aus materiellen Gründen ohnehin freizusprechen (vgl. E. II.5). Der Vollständigkeit halber ist immerhin festzuhalten, dass sich die vom Statthalteramt getroffenen Beweismassnahmen (Editionen, Befragungen) allein aufgrund der den Sozialen Diensten aus der eigenen Tätigkeit bekannten Umstände, wie etwa die Geschäftsverbindungen zur E. und P. , die Kreditaufnahme bei der Q. Group und den Gebrauch oder Kauf eines teuer erscheinenden Fahrzeuges (vgl. Urk. 20/5, Aktennotizen vom

12. Februar 2010, 29. März 2010, 9. März 2009) aufdrängten. Die Überweisung des Verfahrens an die Staatsanwaltschaft erfolgte dann gestützt auf die Erkenntnisse aus den durch das Statthalteramt in Übereinstimmung mit der Strafprozessordnung erhobenen Beweise unter Berücksichtigung der Angaben der Gemeinde B. darüber, wann ihr was bekannt geworden war (vgl. Urk. 40/1), worauf die Staatsanwaltschaft unter Einhaltung der strafprozessualen Regeln weitere Beweiserhebungen (Hausdurchsuchung, Editionen [einschliesslich F. aufgrund des Ergebnisses der Hausdurchsuchung; vgl. Urk. 28/1, Urk. 33/3 Blatt 4], Befragungen etc.) tätigte, die aufgrund der bisherigen Erkenntnisse auf der Hand lagen. Nach den konkreten Umständen des Einzelfalls wären die durch das Statthalteramt und die Staatsanwaltschaft erhobenen Folgebeweise damit im Sinn eines hypothetischen Ermittlungsverlaufs zumindest mit einer grossen Wahrscheinlichkeit auch ohne die Erkenntnisse aus der widerrechtlichen Observation durch die N. GmbH erlangt worden (vgl. BGE 138 IV 169 E. 3.3.3), allerdings - wie die Verteidigung richtig bemerkt (Urk. 99 S. 4) - nur sofern unabhängig vom Ergebnis der widerrechtlichen Observation ein für die Eröffnung der Strafuntersuchung genügender Anfangsverdacht überhaupt bestand. Und insoweit ist festzuhalten, dass sich aus den bei den Akten liegenden Aktennotizen der Sozialen Dienste B. (Urk. 20/4 f.) ergibt, dass wiederholt Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen waren, wonach die Familie der Beschuldigten über ihre Verhältnisse als Sozialhilfeempfänger lebe (vgl. Aktennotizen vom 11. Dezember 2009 und vom 18. November 2010) und sich der Behörde selber immer wieder die Frage aufdrängen, wie die Familie gewisse, durch die wirtschaftliche Hilfe nicht gedeckte Ausgabenpositionen finanzierte (Aktennotizen vom 4. Dezember 2009, 20. Januar 2010 und 29. März 2010; vgl. auch Aktennotiz vom 7. April 2011). Am 8. April 2010 hatten sich bei einer Kontrolle der Kontoauszüge des

P. -Kontos der Beschuldigten ferner nicht belegte Eingänge (diese waren später Gegenstand der Anklage) gezeigt. Damit bestanden unabhängig von der unzulässigen Observation Anhaltspunkte, die die Begehung einer Straftat zumindest als möglich erscheinen liessen und die Eröffnung eines Verfahrens durch das Statthalteramt wohl gerechtfertigt hätte (Art. 357 StPO; Art. 7 StPO; Art. 301 Abs. 2 StPO; Art. 302 StPO; vgl. BSK StPO-RIEDO/BONER, Art. 300 N. 4 f.). Die

Frage, ob unabhängig vom Ergebnis der widerrechtlichen Observation ein für die Eröffnung eines Strafverfahrens genügender Anfangsverdacht gegen die Beschuldigte bestand, muss aber - wie eingangs festgehalten - nicht abschliessend beantwortet werden, weil sie aus folgenden Gründen ohnehin freizusprechen ist:

    1. Des Betruges macht sich schuldig, wer in der Absicht sich oder einen andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt (Art. 146 StGB). Trifft den Täter gegenüber dem Geschädigten eine qualifizierte Rechtspflicht zum Handeln im Sinne einer Garantenpflicht kann das Delikt auch durch Unterlassung begangen werden (Art. 11 StGB). Da die im Sozialhilferecht vorgesehenen gesetzlichen Meldepflichten eine solche aber nicht begründen, ist Sozialhilfebetrug durch blosses Verschweigen der veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht möglich (BGE 140 IV 11; BGE 6B_793/2015 E. 3.1). Vielmehr setzt die Erfüllung des Tatbestandes in diesen Fällen ein Verhalten voraus, dem ein von der Wirklichkeit abweichender positiver Erklärungswert hinsichtlich sozialhilferechtlich relevanter Tatsachen zukommt. Namentlich müssen zum Leistungsbezug weitere Handlungen hinzutreten, welchen objektiv die Erklärung beizumessen ist, es habe sich an den Anspruchsvoraussetzungen nichts geändert, wie etwa ein Schweigen auf ausdrückliches Nachfragen (vgl. BGE 140 IV 11).

    2. Gestützt auf die Bankunterlagen (Urk. 30/6) steht fest, dass der Ehemann der Beschuldigten am 10. Juli 2006 für den gemeinsamen Sohn D. das Jugendsparkonto Nr. 1' eröffnete und sich als Bevollmächtigten eine E. Kundenkarte mit PIN-Code, welche Bargeldbezüge, Abfrage von Kontoinformationen und die Erteilung von Zahlungsaufträge ermöglichte, ausstellen liess. Das auf

D. lautende Konto Nr. 2 bei der F. wurde gemäss den verwertbaren Kontounterlagen (Urk. 28/4 f.) am 25. Januar 2008 von der Beschuldigten eröffnet. Sie und ihr Ehemann als Bevollmächtigter verfügten je über eine Einzelzeichnungsberechtigung für das Konto. Am 29. Oktober 2008 unterzeichnete die Beschuldigte ihr bei der Gemeinde B. unter Verwendung eines Formulars gestellte Gesuch um wirtschaftliche Hilfe (Urk. 2/1). In diesem waren das Einkommen und das Vermögen des Gesuchstellers und seines Ehepartners einzutragen, wobei unter dem Titel Vermögen nach dem in Franken anzugebenden Wert von Barschaft, Sparguthaben, Wertschriften, anderen Guthaben und Motorfahrzeugen etc. gefragt wurde. Ein Abschnitt, in welchem explizit nach Einkommenund Vermögen minderjähriger Kinder gefragt wurde und/oder eine Rubrik, in welche (sämtliche) vorhandene Bankund Postkonten einzutragen waren, fehlte im verwendeten Formular. Die Beschuldigte und ihr Ehemann brachten bei der Zeile Einkommen Taggelder von ALV, IV, Unfallversicherung oder Krankenkasse eine (in der vorliegenden Kopie schlecht lesbare) Bemerkung an und vermerkten als Vermögen einen PW. Die Rubrik Barschaft liessen sie offen. Die weiteren Rubriken, insbesondere die Rubrik Sparguthaben, versahen sie mit einem Strich, verneinten sie also sinngemäss. Ferner bestätigten sie mit ihrer Unterschrift u.a. den vorgedruckten Vermerk, wonach sie unter Hinweise auf mögliche Straffolgen wahrheitsgetreue Angaben gemacht hätten. Mit Beschluss der Sozialbehörden vom 25. November 2008 wurde der Familie mit den vier Kindern, D. ,

R. , S. und T. in der Folge ab 1. Dezember 2008 wirtschaftliche Hilfe gewährt, wobei der Ehemann der Beschuldigten als Gesuchsteller genannt wurde (Urk. 2/2). Die Gewährung der wirtschaftlichen Hilfe erfolgte unter Hinweis darauf, dass alle zur Beurteilung notwendigen Unterlagen eingereicht worden seien (Urk. 2/2). Welche Unterlagen von der Beschuldigten und ihrem Ehemann im Einzelnen im Sinn von notwendigen Unterlagen verlangt worden waren, geht weder aus dem Beschluss noch aus den vorliegenden Aktennotizen der Behörde (Urk. 20/4 f.) hervor. Hinsichtlich der finanziellen Situation der Familie wird darin aber jedenfalls festgehalten, dass die Leistungen der IV für die Tochter S. der Beschuldigten als Einkommen angerechnet würden, sie über das Privatkonto Nr. 3 bei der E. Winterthur mit einem Minussaldo per 30. September 2008 von Fr. 282.05 und einen Ford Mondeo mit einem Wert von ca. Fr. 4'621.00 verfüge. Die auf D. lautenden Konten werden nicht erwähnt. Daraus folgt zwar nicht zwingend, dass diese im Verlauf der offensichtlich erfolgten Kontakte zwischen der Familie und den Sozialbehörden vom Beschuldigten und/oder seine Ehefrau nicht erwähnt wurden. Die Beschuldigte räumte vor Vorinstanz jedoch

ein, die Kinderkonten nie angegeben zu haben. Zusammengefasst ist gestützt auf die mit den Akten übereinstimmenden Aussagen der Beschuldigten davon auszugehen, dass die Eheleute im Zusammenhang mit ihrem Gesuch um Gewährung wirtschaftlicher Hilfe Ende 2008 die damals vorhandenen Konten D. s nicht deklarierten. Allerdings wurde weder im von der Gemeinde zur Verfügung gestellten Formular für den Antrag um wirtschaftliche Hilfe eine Aufstellung aller von der Familie gehaltenen Bankund Postkonten verlangt, noch ist eine entsprechende anderweitige Aufforderung im Vorfeld der Bewilligung des Gesuchs vom 25. November 2008 dokumentiert. In der Erklärung der Beschuldigten und ihres Ehemannes, über ein Konto bei der E. zu verfügen, lag vor diesem Hintergrund objektiv nicht auch die implizite Behauptung, die Kinder der Familie verfügten nicht über eigene Bankund/oder Postkonten. Abgesehen davon kann bei der gegebenen Ausgangslage auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Beschuldigte und ihr Ehemann tatsächlich davon ausgingen, Kinderkonten müssten generell nicht deklariert werden. Selbst wenn man aber in der Angabe des E. - Kontos die positive Erklärung sehen würde, dass die Familie nicht über weitere Konten verfüge, betraf die Erklärung jedenfalls keine leistungsrelevanten Tatsachen. Der Saldo des auf D. lautenden E. -Kontos belief sich per

29. Oktober 2008 (Gesuch um wirtschaftliche Hilfe) bzw. 25. November 2008 (Bewilligung des Gesuchs um wirtschaftliche Hilfe) nämlich auf Fr. 5.95

(Urk. 30/6), derjenige des Kontos bei der F. auf Fr. 0.- (Urk. 28/5) und war

damit auch kumuliert als Vermögen von D. bzw. als Teil des Familienvermögens bei der Bemessung der wirtschaftlichen Hilfe sozialhilferechtlich von vornherein unerheblich (Vermögensfreibeträge). Davon geht offensichtlich auch die Anklage aus, wirft sie dem Beschuldigten und seiner Ehefrau doch einzig vor, Einkünfte betrügerisch verschwiegen zu haben.

      1. In ihrem Gesuch um wirtschaftliche Hilfe vom 29. Oktober 2008 (Urk. 2/1) hatten die Beschuldigte und ihr Ehemann u.a. auch bestätigt, die Pflichten gemäss abgegebenem Merkblatt einzuhalten und insbesondere Veränderungen in den Einkommensund Vermögensund familiären Verhältnisse sofort und unaufgefordert zu melden. Im Beschluss der Sozialbehörden vom 25. November 2008 wurden die Beschuldigte und ihr Ehemann erneut u.a. dazu angehalten, sämtliche

        Veränderungen in der finanziellen und persönlichen Situation umgehend der Sozialbehörde zu melden. Damit waren sie unmissverständlich dazu aufgefordert, jedenfalls ihnen wirtschaftlich zustehende Zusatzeinkünfte zu melden. Die Vorstellung, Kinderkonten müssten nicht deklariert werden, relativierte diese Pflicht nicht und vermag daher die von der Beschuldigten vor Vorinstanz (in Übereinstimmung mit den übrigen Akten) implizit eingestandene Nichtdeklaration der inkriminierten Zahlungseingänge (Prot. I S. 12 f., 22 ff.) nicht zu erklären. Vielmehr liegt die Annahme nahe, dass die Beschuldigte und ihr Ehemann, sozialhilferechtlich potentiell anrechenbare Zahlungen auf die gemäss ihrer subjektiven Überzeugung nicht deklarationspflichtige Konten D. s überweisen liessen, um die Einkünfte gegenüber den Fürsorgebehörden erfolgreich verheimlichen zu können. Dass es sich bei keiner der inkriminierten und im Berufungsverfahren noch relevanten Zahlungen auf die Konten von D. um solche handelte, die diesem wirtschaftlich zustanden, ergibt sich aus den in den Bankunterlagen vermerkten Angaben zum jeweiligen Zahlungszweck (Urk. 28/5; Urk. 30/6) und den Aussagen der Beschuldigten und ihres Ehemannes (BG Winterthur, Geschäfts-Nr. GG 160090, Prot. I S. 21). Aus dem Umstand, dass die Beschuldigte und ihr Ehemann die Voraussetzungen für das (vermeintlich) erfolgreiche Verheimlichen der Zahlungseingänge aktiv schufen, folgt jedoch nicht zwingend, dass die unterlassene Meldung der Gutschrift gegenüber den Fürsorgebehörden mehr als ein blosses Verschweigen darstellte und sich diese auf sozialhilferechtlich relevante Umstände bezog. Vielmehr müssten der Beschuldigten nach dem Erwogenen eigene oder ihr zurechenbare Verhaltensweisen ihres Ehemanns gegenüber den Fürsorgebehörden nachgewiesen werden können, denen objektiv die Erklärung beizumessen ist, es habe sich an den Anspruchsvoraussetzungen nichts geän- dert, wie etwa ein Schweigen auf ausdrückliches Nachfragen. Dieser Nachweis kann aufgrund des vorliegenden Untersuchungsergebnisses nicht erbracht werden. Das aus folgenden Gründen:

      2. Gemäss den vorliegenden Aktennotizen (Urk. 20/5) hatte die Beschuldigte nach dem 1. Dezember 2008 Kontakt mit den Sozialbehörden, ohne dass es dabei allerdings zu dokumentierten Fragen zu den aktuellen Einkommensund Vermögensverhältnissen gekommen wäre. Am tt.mm.2009 kam das fünfte Kind

        der Familie, U. , zur Welt (vgl. Urk. 20/5, Aktennotiz vom 4. Mai 2009), was zu einer ab 1. August 2009 dokumentierten Neuberechnung der wirtschaftlichen Hilfe für die Familie führte (Urk. 2/3). Dass die Beschuldigte und ihr Ehemann in diesem Zusammenhang zu einer Deklaration ihrer aktuellen Einkommensund Vermögensverhältnisse aufgefordert worden wären und falls ja, welchen Inhalt diese Aufforderung hatte, ergibt sich aus den Akten (vgl. insbesondere auch Urk. 20/5) jedoch nicht.

      3. Per Ende August 2009 verlor der Ehemann der Beschuldigten seine Aufenthaltsberechtigung in der Schweiz, hielt sich aber weiter mit einem N-Ausweis für Asylsuchende im Land und bei seiner Familie auf. Er wurde in der Folge neu allein als Asylsuchender und damit auf der Basis des Asylgesetzes und der Asylfür- sorgeverordnung, durch die L. AG unterstützt, während die Beschuldigte und die fünf gemeinsamen Kinder weiterhin wirtschaftliche Hilfe gemäss Sozialhilfegesetz und Sozialhilfeverordnung bezogen und dabei von den Sozialen Diensten B. betreut wurden (Urk. 1 S. 2; Urk. 2/3 [3-5]; Urk. 22/1; Urk. 22/3; vgl. auch Urk. 20/4 [12-18]). Die Beschuldigte hatte gemäss den vorliegenden Unterlagen (Urk. 20/5) deshalb weiterhin Kontakt mit den Sozialbehörden. Wie sich aus der Aktennotiz vom 18. November 2009 ergibt wurde ihr dabei im Hinblick auf die mit Beschluss vom 25. November 2008 auf den 31. Dezember 2009 terminierte Revision eine Liste mit benötigten Unterlagen vorgelegt (Urk. 20/5). Welche Unterlagen von der Beschuldigten im Einzelnen verlangt worden waren, ergibt sich aus den Akten jedoch nicht. Am 11. Januar 2010 nahm die Sozialbehörde

        B. von der Überprüfung des Sozialhilfedossiers der Beschuldigten Kenntnis

        und stellte fest, dass weiterhin Anspruch auf die Ausrichtung wirtschaftlicher Hilfe bestehe, aufgrund der Verletzung der Auskunftspflicht der Grundbedarf aber für sechs Monate um 10% gekürzt und eine Strafanzeige vorbehalten werde. Weiter wurden der Beschuldigten diverse Auflagen gemacht und die nächste ordentliche Revision per Ende 2010 vorgesehen (Urk. 20/6). Im Februar 2010 forderte die Behörde im Zusammenhang mit der Erstellung der Steuererklärung sämtliche Kontoauszüge per 31. Dezember 2009 von der Beschuldigten ein (Urk. 20/5, Aktennotiz vom 13. Februar 2010). Weiter waren die finanziellen Verhältnisse der Familie gemäss den Aktennotizen (Urk. 20/5) laufend ein Thema der Gespräche

        und wurden von der Beschuldigten wiederholt Belege verlangt, wobei diese Aufforderungen immer im Zusammenhang mit grundsätzlich bekannten Vorgän- gen/Konten der Beschuldigten bei der E. /P. bzw. Begehren um Kostenübernahmen durch die Beschuldigte standen und der Klärung der Details dienen sollten. Ob und falls ja, welche Auskünfte von der Beschuldigten darüber hinaus im Sinn einer (umfassenden) Selbstdeklaration aktiv verlangt wurden, ergibt sich aus den Aktennotizen und den weiteren Akten dagegen nicht. Am 7. Februar 2011 brachte die Beschuldigte gemäss der einschlägigen Aktennotiz die Bankauszüge der beiden E. -und P. -Konten für die Revision vorbei und wurde dabei aufgefordert, die detaillierten Auszüge April-Dezember 2010 nachzureichen. Sodann waren gemäss den vorliegenden Aktennotizen auch im Jahr 2011 die finanziellen Verhältnisse der Familie immer wieder ein Thema der Gespräche und wurden von der Beschuldigten wiederholt Belege verlangt, wobei diese Aufforderungen soweit ersichtlich erneut immer im Zusammenhang mit grundsätzlich bekannten Vorgängen/Konten der Beschuldigten bei der

        E. /P. bzw. Begehren um Kostenübernahmen durch die Beschuldigte

        standen und der Klärung der Details dienen sollten. Am 16. März 2012 erfolgte gemäss Aktennotiz (Urk. 20/5) die nächste ordentliche Revision. Wozu die Beschuldigte in diesem Zusammenhang aufgefordert wurde, lässt sich den Akten nicht entnehmen. Die weiteren Kontakte unterschieden sich inhaltlich nicht von denjenigen in den Jahren zuvor. Zusammengefasst ist festzuhalten, dass die Beschuldigte gemäss den vorliegenden Akten nie nach in der Vergangenheit erzielten Einkünften gefragt wurde. Die Gespräche bezogen sich auf die Gegenwart, soweit nicht konkrete Eingänge auf den bekannten Konten zu Nachfragen Anlass gaben. Kontoauszüge wurden zwar immer wieder einmal verlangt. Allerdings bezogen sich die Aufforderungen immer auf die bekannten Konten; etwas anderes lässt sich den Aktennotizen jedenfalls rechtsgenügend nicht entnehmen. Kam die Beschuldigte den Aufforderungen nach, war damit vor diesem Hintergrund nicht die implizite Erklärung verbunden, über keine weiteren Konten zu verfügen. Selbst wenn aber in ihrem Verhalten eine entsprechende implizite Erklärung gesehen würde, hätte sie damit nur eine Aussage über vorhandene Vermögenswerte und nicht über (in der Vergangenheit) generiertes Einkommen gemacht, also lediglich

        Vermögen aktiv verheimlicht. Auf den nicht deklarierten Konten D. s befanden sich aber zu keinem Zeitpunkt Summen, die die Vermögensfreigrenzen

        D. s (Fr. 2'000.-) bzw. der ganzen Familie (Fr. 10'000.-) überstiegen und damit die Bemessung der wirtschaftlichen Hilfe beeinflusst hätten.

      4. Was die Selbstdeklaration gegenüber der L. AG im November/Dezember 2013 betrifft (Urk. 2/5), ist zunächst festzuhalten, dass diese den Ehemann der Beschuldigten bzw. die Bemessung seiner wirtschaftlichen Hilfe als Asylsuchender betraf, wobei die Beschuldigte gemäss ihren Aussagen beim Ausfüllen des entsprechenden Formulars dabei war. Die Selbstdeklaration erfolgte zunächst mittels eines vom Ehemann der Beschuldigten allein unterzeichneten Formulars, in welchem auch über das Einkommen Rechenschaft abzulegen war, vergangenheitsbezogen allerdings einzig insoweit, als unter dem Titel Arbeitslosigkeit der letzte Monatslohn anzugeben und allfällige Lohnausweise der letzten drei Monate vorzulegen waren. Nach gelegentlichen, unregelmässigen Einkünften und insbesondere solchen in der Vergangenheit wurde nicht gefragt. Wenn der Ehemann der Beschuldigten unter Beteiligung der Beschuldigten die Rubriken zum Einkommen offenliess, erklärte er damit vor diesem Hintergrund nur, dass er in den letzten drei Monaten vor der Selbstdeklaration, gegenwärtig und auf absehbare Zeit kein Einkommen aus Arbeitserwerb, Arbeitslosengeld, Rente o.ä. beziehe. Über vereinzelte Zahlungen Dritter, welche teilweise mehrere Jahre zurücklagen, machte er damit keine Aussagen. Dass das Formular ferner die Rubrik Alle Bankund Postscheckkonti aller unterstützten Personen (inkl. Kinder) und in den schriftlichen Erläuterungen zur Selbstdeklaration der Hinweis, dass auch eigene Mittel von minderjährigen Kindern wahrheitsgemäss und vollständig zu deklarieren seien, enthielt, trifft sodann zwar zu. Allerdings wurde der Ehemann der Beschuldigten von der L. AG allein unterstützt; von der L. AG unterstützte Kinder gab es in seinem Fall nicht. Es ist folglich davon auszugehen, dass der Hinweis auf Konten unterstützter Kinder bzw. auf eigene Mittel minderjähriger Kinder für ihn - jedenfalls ohne ausdrücklichen zusätzlichen Hinweis - nicht einschlägig war. Mit seiner Auskunft machte er dazu folglich objektiv auch keine Angaben. Anzufügen ist im Übrigen, dass der Kontostand des E. - Kontos im Zeitpunkt der Selbstdeklaration gegenüber der L. AG Fr. 120.45

(Urk. 30/6), derjenige des F. -Kontos Fr. 7.15 (Urk. 28/5) betrug und damit auch kumuliert weit unter dem Vermögensfreibetrag von Fr. 2'000.- für D. bzw. Fr. 10'000.- für die ganze Familie lag. Selbst wenn man der Tatsache, dass der Ehemann der Beschuldigten unter ihrer Mitwirkung bei der Selbstdeklaration keine Konten aufführte also in dem Sinn einen positiven Erklärungswert beimessen würde, dass er damit die Nichtexistenz der Kinderkonten implizit behauptet habe, hätte sich diese Erklärung nicht auf Tatsachen bezogen, die den Leistungsbezug hätten beeinflussen können. Davon geht, wie bereits erwogen, auch die Anklage aus, die der Beschuldigten ein betrügerisches Verheimlichen von Vermögen nicht vorwirft. Am 12. Dezember 2013 unterzeichnete die Beschuldigte schliesslich das Formular Rechtsmittelbelehrung zur Selbstdeklaration als Ehefrau des Gesuchstellers bestätigte damit, dass die vorgenannten Fragen wahrheitsgemäss beantwortet worden seien. Die Annahme, dass am 12. Dezember 2013 vor bzw. im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Formulars Rechtsmittelbelehrung zur Selbstdeklaration ein Gespräch mit der für die Betreuung des Beschuldigten zuständigen Person bei der L. AG stattfand, in welcher die am 21. November 2013 vom Beschuldigten unterzeichnete Selbstdeklaration thematisiert und allenfalls auch seitens der Behörden vermutete Lücken besprochen wurden, liegt auf der Hand. Aktenkundig ist ein solches Gespräch aber wiederum nicht.

4.4 Der Beschuldigte ist folglich vom Vorwurf des Betrugs im Sinne von Art. 146 StGB freizusprechen. Eine allfällige Widerhandlung im Sinn von § 48a des Sozialhilfegesetzes wäre verjährt. Weitere Ausführungen dazu erübrigen sich. Die Bestimmung, welche den unrechtmässigen Bezug von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe unter Strafe stellt (Art. 148a StGB) trat sodann erst per 1. Oktober 2016 und damit nach den inkriminierten Handlungen der Beschuldigten in Kraft; sie ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar (Art. 2 StGB).

III.

1. Die Kosten der Untersuchung sowie beider gerichtlichen Verfahren sind auf die Staatskasse zu nehmen und der Beschuldigten eine Genugtuung für die erlittene Untersuchungshaft von 35 Tagen (Urk. 35/1; Urk. 35/15) auszurichten

(Art. 426 StPO; Art. 428 StPO; 429 StPO).

2.1 Der amtliche Verteidiger der Beschuldigten ist für seine Bemühungen im Berufungsverfahren mit Fr. 5'360.- zu entschädigen.

      1. Die Genugtuung für die erlittene Untersuchungshaft ist auf Fr. 7'000.- festzusetzen. Es sind entgegen der Verteidigung (vgl. Urk. 99 S. 9) keine Umstände ersichtlich, die es angezeigt erscheinen lassen würden, vom Grundbetrag von

        Fr. 200.- pro Tag erlittener Haft gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung abzuweichen. Im Mehrbetrag ist das Genugtuungsbegehren der Beschuldigten folglich abzuweisen.

      2. Die Beschuldigte war im Zeitpunkt ihrer Inhaftierung arbeitslos (Urk. 17/3

S. 3). Dafür, dass sie während der Dauer der Untersuchungshaft eine Arbeitsstelle gefunden hätte und sie folglich durch die Inhaftierung einen Schaden im Umfang eines Monatslohns in der Höhe von Fr. 4'000.- brutto erlitt (Urk. 99 S. 8; Prot. II S. 21), fehlen jegliche Anhaltspunkte. Die Beschuldigte belässt es insoweit bei einer blossen (unsubstantiierten) Behauptung. Unsubstantiiert und unbelegt bleibt auch die Höhe des behaupteten Ausfalls der Arbeitslosenentschädigung (Urk. 99 S. 8). Ihre Schadenersatzforderung ist daher abzuweisen.

Es wird beschlossen:

  1. Es wird festgestellt, dass das Urteil des Bezirksgerichts Winterthur vom

    8. Mai 2017 bezüglich des Teilfreispruchs (Begründung Ziff. III.5.6 letzter Absatz; Ziff. III.5.9 2. Absatz und Ziff. IV.2.2.2) sowie der Dispositivziffern 4 (Schadenersatz) und 5 (Kostenfestsetzung) in Rechtskraft erwachsen ist.

  2. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung mit nachfolgendem Urteil.

Es wird erkannt:

  1. Die Beschuldigte wird auch im Übrigen vom Vorwurf des mehrfachen Betrugs im Sinne von Art. 146 StGB freigesprochen.

  2. Die zweitinstanzliche Gerichtsgebühr fällt ausser Ansatz. Die weiteren Kosten betragen:

    Fr. 5'360.- ; amtliche Verteidigung.

  3. Die Kosten der Untersuchung und beider gerichtlicher Verfahren, einschliesslich derjenigen der amtlichen Verteidigung, werden auf die Gerichtskasse genommen.

  4. Der Beschuldigten werden Fr. 7'000.- als Genugtuung aus der Gerichtskasse zugesprochen. Die Schadenersatzund die weitergehende Genugtuungsforderung werden abgewiesen.

  5. Mündliche Eröffnung und schriftliche Mitteilung im Dispositiv an

    • die Verteidigung für sich und zuhanden der Beschuldigten (übergeben)

    • die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland

    • die Privatklägerschaft Gemeinde B.

      sowie in vollständiger Ausfertigung an

    • die Verteidigung für sich und zuhanden der Beschuldigten

    • die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland

    • die Privatklägerschaft Gemeinde B.

      und nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. Erledigung allfälliger Rechtsmittel an

    • die Vorinstanz

    • das Migrationsamt des Kantons Zürich, Berninastrasse 45, Postfach, 8090 Zürich

    • die Koordinationsstelle VOSTRA zur Entfernung der Daten gemäss Art.

      12 Abs. 1 lit. d VOSTRA mittels Kopie von Urk. 91

      - die KOST Zürich mit dem Formular Löschung des DNA-Profils und Vernichtung des ED-Materials zwecks Löschung des DNA-Profils

    • die Kantonspolizei Zürich, KDM-ZD, mit separatem Schreiben (§ 54a Abs. 1 PolG).

  6. Rechtsmittel:

Gegen diesen Entscheid kann bund esrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Die Beschwerde ist innert 30 Tagen, von der Zustellung der vollständigen, begründeten Ausfertigung an gerechnet, bei der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes (1000 Lausanne 14) in der in Art. 42 des Bundesgerichtsgesetzes vorgeschriebenen Weise schriftlich einzureichen.

Die Beschwerdelegitimation und die weiteren Beschwerdevoraussetzungen richten sich nach den massgeblichen Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Strafkammer

Zürich, 16. März 2018

Der Präsident:

Oberrichter Dr. Bussmann

Die Gerichtsschreiberin:

MLaw Höchli

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