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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:RU160039
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid RU160039 vom 01.07.2016 (ZH)
Datum:01.07.2016
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
Schlagwörter : Gesuch; Recht; Gesuchsteller; Unentgeltliche; Beschwerde; Rechtspflege; Unentgeltlichen; Schlichtungsverfahren; Vorinstanz; Generalversammlung; Verfahren; Rekurs; Aussichtslos; Ausschluss; Beschluss; Entscheid; Bundesgericht; Begehren; Gesuchstellers; Aufschiebende; Aussichtslosigkeit; Geschäft; Rekurses; Prozesschancen; Anspruch; Statuten; Anfechtung; Urteil; Beschwerdeverfahren
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 117 ZPO ; Art. 119 ZPO ; Art. 202 ZPO ; Art. 846 OR ; Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:131 I 113; 137 III 470;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

  1. Zivilkammer

    Geschäfts-Nr.: RU160039-O/U

    Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. A. Katzenstein, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. M. Stammbach und Ersatzrichter lic. iur. H. Meister sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. S. Bohli Roth

    Beschluss und Urteil vom 1. Juli 2016

    in Sachen

    1. ,

      Gesuchsteller und Beschwerdeführer,

      betreffend

      Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege

      Beschwerde gegen ein Urteil der 10. Abteilung des Bezirksgerichtes Zürich vom 31. Mai 2016 (ED160033)

      Erwägungen:
      1. Am 17. Mai 2016 stellte der Gesuchsteller beim Bezirksgericht Zürich (erneut) ein Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren, welches mit Urteil vom 31. Mai 2016 wegen Aussichtslosigkeit und mangels hinreichender Begründung abgewiesen wurde (act. 9).

      2. Gegen die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege erhob der Gesuchsteller rechtzeitig Beschwerde. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Gutheissung seines Gesuches. Eventualiter sei das Urteil aufzuheben und die Sache im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ferner sei ihm auch für das Rechtsmittelverfahren die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren und ein unentgeltlicher Rechtsbeistand zu bestellen (act. 10).

      3. Im Streit liegt der Ausschluss des Gesuchstellers aus der Baugenossenschaft B. durch den Vorstand bzw. auf Rekurs hin die Bestätigung dieses Beschlusses durch die Generalversammlung sowie die Wirkung eines solchen Rekurses (act. 2/5, vgl. auch Geschäfts-Nr.: RU160033).

        In seiner Begründung wirft der Gesuchsteller der Vorinstanz Willkür, unrichtige Rechtsanwendung und ein unfaires Verfahren vor. Es sei willkürlich, wenn sie einerseits ausführe, seine Klage ziele auf die Anfechtung des Beschlusses der Generalversammlung vom 12. Mai 2016 ab, und andererseits behaupte, er habe den anzufechtenden Ausschluss-Beschluss nicht genau bezeichnet. Indem sie annehme, sie müsse für das Schlichtungsverfahren die Prozesschancen evaluieren, wende sie weiter das Recht falsch an. Es liege in der Natur des Schlichtungsverfahrens, dass es keine Prozesschancen gebe. Die Vorinstanz stelle somit Anforderungen, die Art. 202 ZPO nicht vorsehe. Danach müssten nur Anträge gestellt werden, eine Begründungsund Substantiierungspflicht bestehe nicht. Auch die Anfechtung des Ausschlusses müsse nach gefestigter Lehre und Rechtsprechung nicht begründet werden, die Bestreitung genüge. Indem die Vorinstanz seine Begehren um unentgeltliche Rechtspflege standardmässig abweise, verweigere sie ihm schliesslich prozessuale Garantien nach Art. 6, 13 und 14 EMRK (act. 10).

      4. Nach Art. 117 ZPO hat eine Partei Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn die erforderlichen Mittel zur Begleichung der Prozesskosten neben dem notwendigen Lebensunterhalt für sich und die Familie nicht aufgebracht werden können und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Als aussichtslos gelten Begehren, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Dagegen gelten Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese. Durch das Kriterium der fehlenden Aussichtslosigkeit soll verhindert werden, dass eine Partei einen Prozess auf Staatskosten führt, den eine vermögende Person auf eigene Kosten vernünftigerweise nicht einleiten würde. Es gilt der Untersuchungsgrundsatz, der durch das Antragsprinzip sowie Offenlegungsund Mitwirkungspflichten eingeschränkt ist (KUKO ZPO-JentSørensen, 2. Aufl., Art. 117 N 33 f., Art. 119 N 10). Die Prozesschancen sind in vorläufiger und summarischer Prüfung der Sachund Rechtslage im Zeitpunkt der Gesuchstellung aufgrund des jeweiligen Aktenstandes zu beurteilen und abzuschätzen (Art. 119 Abs. 3 ZPO, BGE 131 I 113 E. 3.7.3).

      5. Hinsichtlich der Prozessarmut sind bei der Beurteilung von Gesuchen um unentgeltliche Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren sehr strenge Massstäbe anzulegen: Die in einem Schlichtungsverfahren entstehenden Kosten sind

    - anders als vor einer Gerichtsinstanz - beschränkt und können deshalb bereits

    bei einem relativ geringen Überschuss des Einkommens über den zivilprozessualen Notbedarf bestritten werden. Aber auch bei Berücksichtigung dieser hohen Anforderungen ergibt sich die Mittellosigkeit des Gesuchstellers ohne weiteres aus den vorinstanzlichen Akten: Dieser lebt von Sozialhilfe und erzielt weder ein Einkommen noch hat er namhaftes Vermögen (act. 2/2-3).

    6.a) Zur Voraussetzung der fehlenden Aussichtslosigkeit ist Folgendes festzuhalten: Nach Art. 846 Abs. 3 OR können die Statuten die Zuständigkeit für den Ausschluss eines Genossenschafters von der Generalversammlung an den Vorstand delegieren. Die Möglichkeit der Zuweisung der Ausschliessungskompetenz an den Vorstand ist somit im Gesetz explizit vorgesehen. Wird wie vorliegend von dieser Delegation Gebrauch gemacht, kommt dem Ausgeschlossenen zwingend ein Rekursrecht an die Generalversammlung zu. Dieses Verfahren regelt das Gesetz nicht abschliessend. Somit können die Statuten ergänzende Bestimmungen insbesondere auch über die Wirkung des Rekurses und die Rechtsstellung des Betroffenen aufstellen (BSK OR II-Schwarz, 4. Aufl., Art. 846 OR N 3; N 16 ff.; CHK-Courvoisier, 3. Aufl., Art. 846 OR N 6 ff.). Gemäss den Statuten der Baugenossenschaft kommt einem solchen Rekurs keine aufschiebende Wirkung zu (act. 2/5, vgl. auch Geschäfts-Nr.: RU160033).

    1. Sollte der Gesuchsteller weiterhin den statutarischen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung des Rekurses an die Generalversammlung beanstanden, so kann auf das oben genannte Geschäft Nr.: RU160033 verwiesen werden. In jenem Verfahren sind das Bezirksgericht und die Beschwerdeinstanz bereits eingehend auf die damals erhobenen Einwände des Gesuchstellers eingegangen und kamen zum Schluss, dass es der Genossenschaft frei steht, einem solchen Rekurs in ihren Statuten die aufschiebende Wirkung abzuerkennen. Diesbezüg- lich würden sich die Begehren des Gesuchstellers somit nach wie vor als aussichtslos erweisen.

    2. Dem Gesuchsteller ist sodann insoweit zuzustimmen, als es nicht überzeugt, wenn die Vorinstanz zunächst festhält, die Klage des Gesuchstellers ziele auf die Aufhebung des Beschlusses der Generalversammlung vom 12. Mai 2016 ab - was sich aus dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ergibt (act. 1 S. 1) -, um dann anzufügen, der Gesuchsteller habe den anzufechtenden Beschluss nicht bezeichnet (act. 9 S. 4). Diese Unstimmigkeit vermag aber am vorinstanzlichen Entscheid nichts zu ändern. Der Gesuchsteller geht fehl in der Annahme, für das Schlichtungsverfahren sei mit Blick auf die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege keine Einschätzung der Prozesschancen erforderlich. Ein entsprechendes Gesuch ist klar vom Schlichtungsgesuch nach Art. 202 ZPO und von der Anfechtung des Ausschlusses aus der Genossenschaft gemäss

      Art. 846 Abs. 3 OR zu unterscheiden. Der Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege besteht für jedes staatliche Verfahren, in das eine Person einbezogen wird oder das sie zur Wahrung ihrer Rechte bedarf, also auch für das Schlichtungsverfahren. Dabei müssen aber stets die Voraussetzungen der Bedürftigkeit und Nichtaussichtslosigkeit nach Art. 117 ZPO erfüllt sein (ZK ZPO-Emmel, 3. Aufl., Art. 117 N 1 und 3, N 13). Damit sich die Entscheidbehörde ein Bild über das Rechtsbegehren an sich und dessen Erfolgsaussichten machen kann, muss das Gesuch, soweit nach dem Verfahrensstand möglich und zumutbar, Angaben zum Anspruch und zum Sachverhalt enthalten. Zwar kommt dem Kriterium der fehlenden Aussichtslosigkeit im Schlichtungsverfahren als Vorstufe zum Erkenntnisverfahren mit dem Zweck, eine gütliche Einigung zu finden, in der Regel eine eingeschränkte Bedeutung zu. Dennoch ist auch hier eine zumindest kurze Sachdarstellung in groben Zügen vorauszusetzen (ZK ZPO-Emmel, Art. 119 N 8; Huber, DIKE-Komm-ZPO, 2. Aufl., Art. 119 N 6f.; BK ZPO-Bühler, Art. 117 N 260f.,

      Art. 119 N 101ff.). Der Gesuchsteller äussert sich nicht zur Sache. Er legt weder

      dar, was die Beschlüsse der Generalversammlung vom 12. Mai 2016 genau beinhalten noch, inwiefern sie mangelhaft sein oder in welchem Umfang sie aufgehoben bzw. abgeändert werden sollen. Somit kam er seiner Mitwirkungspflicht nicht nach.

    3. Der Gesuchsteller wendet schliesslich ein, die Vorinstanz weise seine Begehren um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege standardmässig ab und verletze dadurch die EMRK. Will er mit diesem Einwand geltend machen, die Vorinstanz habe bei der Abweisung seines Gesuches ihre Fragepflicht nicht rechtskonform ausgeübt und dadurch sein rechtliches Gehör verletzt, so hätte er seine Vorbringen konkretisieren müssen. Mit dem pauschalen Hinweis auf einen Verstoss gegen die EMRK zufolge Gehörsverletzung genügt er seiner Begrün- dungspflicht nicht.

    4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege, soweit es den Entzug der aufschiebenden Wirkung des Rekurses an die Generalversammlung gegen den Ausschluss eines Mitgliedes betrifft, als aussichtslos bezeichnet werden muss. Im Hinblick auf die Anfechtung der Generalversammlungsbeschlüsse unterlässt es der Gesuchsteller, seinen Anspruch

    bzw. die Geschehnisse auch nur rudimentär darzulegen, wodurch er seine Mitwirkungspflicht verletzt. Damit ist seinem Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Schlichtungsverfahren nicht stattzugeben. Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und ist abzuweisen.

    7.a) Im Verfahren um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege sind gemäss Art. 119 Abs. 6 ZPO im Grundsatz keine Gerichtskosten zu erheben. Nach Auffassung des Bundesgerichtes ist es nicht zu beanstanden, diese Bestimmung einzig auf das Gesuchsverfahren anzuwenden, nicht hingegen auf das kantonale Beschwerdeverfahren gegen einen die unentgeltliche Rechtspflege abweisenden oder entziehenden Entscheid der ersten Instanz (BGE 137 III 470 Erw. 6.5). Ausgangsgemäss wird der Gesuchsteller für das vorliegende Verfahren somit kostenpflichtig (Art. 106 Abs. 1 ZPO).

    b) Der Gesuchsteller verlangt auch für das Rechtsmittelverfahren die unentgeltliche Prozessführung. Aus der vorstehenden Erwägung erhellt, dass seine Beschwerde von Anfang an aussichtslos war, weshalb seinem Gesuch für das zweitinstanzliche Verfahren ebenfalls nicht entsprochen werden kann.

    Ebenso ist sein Gesuch um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes zufolge Aussichtslosigkeit abzuweisen. Im Übrigen ist das Erfordernis von Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO, wonach die Beigabe eines unentgeltlichen Vertreters zur Wahrung der Rechte notwendig ist, nicht erfüllt. Die Beschwerdeschrift zeigt, dass der Gesuchsteller durchaus in der Lage ist, seine Anliegen vorzubringen.

    Es wird beschlossen:
    1. Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes für das Beschwerdeverfahren wird abgewiesen.

    2. Mitteilung und Rechtsmittelbelehrung mit nachfolgendem Erkenntnis.

    Es wird erkannt:
    1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

    2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 300.-- festgesetzt und dem Gesuchsteller auferlegt.

    3. Für das Beschwerdeverfahren wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

    4. Schriftliche Mitteilung an den Gesuchsteller, an das Friedensrichteramt 11 und 12 der Stadt Zürich sowie an die Vorinstanz und an die Obergerichtskasse, je gegen Empfangsschein.

      Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

    5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

    Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert liegt unter Fr. 30'000.

    Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

    Obergericht des Kantons Zürich

    II. Zivilkammer

    Die Gerichtsschreiberin:

    versandt am:

    1. Juli 2016

lic. iur. S. Bohli Roth

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