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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:RT120128
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid RT120128 vom 07.03.2013 (ZH)
Datum:07.03.2013
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Rechtsöffnung
Schlagwörter : Unterhalt; Beschwerde; Gesuch; Gesuchsgegner; Partei; Unterhaltsbeiträge; Betreibung; Terrechtlich; Parteien; Verzug; Güterrechtlich; Urteil; Verzugs; Eheschutz; Forderung; öffnung; Obergericht; Rechtsöffnung; Vorinstanz; Verzugszins; Entscheid; Güterrechtliche; Zahlungsbefehl; Scheidungsurteil; Gericht; Verjährung; Auseinandergesetzt; Auseinandersetzung; Vertrete
Rechtsnorm: Art. 102 OR ; Art. 104 OR ; Art. 105 OR ; Art. 105 ZGB ; Art. 109 OR ; Art. 18 OR ; Art. 205 ZGB ; Art. 320 ZPO ; Art. 326 ZPO ; Art. 7 ZGB ; Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:136 II 149;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:Verena Bräm;
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: RT120128-O/U.doc

damit vereinigt Geschäfts-Nr.: RT120133

Mitwirkend: die Oberrichter Dr. R. Klopfer, Vorsitzender, lic. iur. M. Spahn und Dr. M. Kriech sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. S. Notz

Beschluss und Urteil vom 7. März 2013

in Sachen

  1. ,

    Gesuchsgegner und Beschwerdeführer vertreten durch Fürsprecher X.

    gegen

  2. ,

Gesuchstellerin und Beschwerdegegnerin vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y.

betreffend Rechtsöffnung

Beschwerde gegen ein Urteil des Einzelgerichts Audienz am Bezirksgericht Zürich vom 17. Juli 2012 (EB120733)

Erwägungen:

I.
  1. Am 11. Mai 2012 stellte die Gesuchstellerin ein Gesuch um definitive Rechtsöffnung für ausstehende Unterhaltsbeiträge über Fr. 111'612.10 nebst Zins zu 5 % seit 1. Juli 2006 zuzüglich Arrest-, Gerichts-, Zahlungsbefehlsund Zustellkosten von Fr. 1'658.- (Urk. 14 S. 1). Mit Urteil vom 17. Juli 2012 erteilte die Erstrichterin definitive Rechtsöffnung für Fr. 101'113.15 nebst Zins zu 5 % seit 2. April 2012 und wies das Begehren im Mehrbetrag ab (Urk. 14 S. 16).

  2. Dagegen erhob der Gesuchsgegner am 16. August 2012 Beschwerde mit folgenden Anträgen (Urk. 13):

    1. Es sei das Urteil des Einzelgerichts des Bezirksgerichts Zürich vom 17. Juli 2012 (Geschäfts-Nr. EB120733) aufzuheben und es sei das Rechtsöffnungsbegehren der Beschwerdegegnerin in der Betreibung Nr. des Betreibungsamtes C. , Zahlungsbefehl vom 2. April 2012, vollumfänglich abzuweisen.

    2. Eventualiter sei das Urteil des Einzelgerichts des Bezirksgerichts Zürich vom 17. Juli 2012 (Geschäfts-Nr. EB120733) abzuändern und der Beschwerdegegnerin in der Betreibung Nr. des Betreibungsamtes C. , Zahlungsbefehl vom 2. April 2012, Rechts- öffnung für Fr. 12'693.25 nebst Zins zu 5 % seit 2. April 2012 zu erteilen.

    3. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen (zuzügl. 8 % MWST) zu Lasten der Beschwerdegegnerin.

  3. Am 22. August 2012 wurde dem Gesuchsgegner Frist zur Leistung des Vorschusses angesetzt, der fristgerecht einging (Urk. 16-17). Die Gesuchstellerin erstattete die Beschwerdeantwort am 1. Oktober 2012 (Urk. 19) und beantragte die vollumfängliche Abweisung der Beschwerde, was mit Verfügung vom 9. Oktober 2012 der Gegenseite zur Kenntnis gebracht wurde (Urk. 22).

  4. Am 17. August 2012 hatte auch die Gesuchstellerin Beschwerde erhoben und die folgenden Anträge gestellt (Urk. 1 in Verfahren RT120133):

    1. Es sei das angefochtene Urteil dahingehend zu ändern, als der Verzugszins von 5 % auf dem Betrag von Fr. 101'113.15 ab 1. Juli 2006 (anstatt 2. April 2012) zuzusprechen sei.

    2. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beklagten.

  5. Ebenfalls am 22. August 2012 wurde der Gesuchstellerin Frist zur Leistung des Vorschusses angesetzt, der innert Frist einging (Urk. 4-5 in Verfahren RT120133). Der Gesuchsgegner reichte am 5. Oktober 2012 die Beschwerdeantwort ein und beantragte die Abweisung, was am 9. Oktober 2012 der Gegenpartei zur Kenntnis gebracht wurde (Urk. 8-9 in Verfahren RT120133).

II.
  1. Da sich die beiden Beschwerden gegen dasselbe Urteil richten und die angefochtenen Punkte in einem engen sachlichen Zusammenhang stehen, sind sie zu vereinigen und unter der vorliegenden Prozessnummer RT120128 weiterzuführen. Das Beschwerdeverfahren RT120133 ist als dadurch erledigt abzuschreiben und die Akten des Verfahrens RT120133 sind als Urk. 25/1-10 zu den Akten des vorliegenden Verfahrens zu nehmen.

  2. Mit der Beschwerde können unrichtige Rechtsanwendung und offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Es gilt das Rügeprinzip (Freiburghaus/Afheldt, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/ Leuenberger, ZPO Komm., 2. A. 2013, Art. 321 N 15), d.h. die Beschwerde füh- rende Partei hat im Einzelnen darzulegen, an welchen Mängeln (unrichtige Rechtsanwendung, offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts) der angefochtene Entscheid ihrer Ansicht nach leidet. Neue Anträge, neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel sind im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO).

  3. Gestützt auf verschiedene familienrechtliche Entscheide, welche vom Gerichtspräsidium Kulm, vom Gerichtspräsidium Lenzburg und vom Obergericht des Kantons Aargau zwischen dem 4. Juli 2001 und dem 27. Mai 2008 gefällt worden waren, verlangte die Gesuchstellerin definitive Rechtsöffnung für ausstehende Unterhaltsbeiträge für sich selbst, für die gemeinsame Tochter der Parteien sowie für das Pflegekind für die Zeit von Mai 2002 bis Dezember 2011 (Urk. 14 S. 2f.). Die Vorinstanz erachtete die vom Gesuchsgegner dagegen erhobenen Einwendungen (mangelnde Spezifizierung im Zahlungsbefehl, teilweise Tilgung und Verjährung) als nicht stichhaltig und erteilte Rechtsöffnung im Betrag von

    Fr. 101'113.15 nebst Zins zu 5 % seit 2. April 2012.

  4. Mangelnde Spezifizierung im Zahlungsbefehl

    1. Der Gesuchsgegner macht in der Beschwerde geltend, die Gesuchstellerin habe im Betreibungsbegehren nicht angegeben, auf welche Periode sich ihre Forderung beziehe. Wenn Rechtsöffnung für periodische Leistungen verlangt werde, so müsse im Betreibungsbegehren und im Zahlungsbefehl die Periode angegeben werden, für welche die Betreibung eingeleitet werde. Diese strenge Praxis sei nötig, weil dem Schuldner nicht zuzumuten sei, zunächst Rechtsvorschlag erheben zu müssen, damit er im Rechtsöffnungsverfahren erfahren könne, für welche periodischen Leistungen er nun betrieben werde. Die Vorinstanz habe dieses Argument als nicht stichhaltig abgetan, da es praxisgemäss genügen wür- de, wenn die Substantiierung der betriebenen Forderung im Rahmen der Rechts- öffnung erfolge. Diese Begründung überzeuge nicht. Das Rechtsöffnungsbegehren wäre aufgrund dieses formellen Mangels abzuweisen gewesen (Urk. 13 S. 3 f.).

    2. Nach Art. 67 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG ist im Betreibungsbegehren, in dem die Einleitung einer Betreibung auf Geldzahlung verlangt wird, die Forderungssumme in gesetzlicher Schweizerwährung anzugeben, wobei es genügt, wenn die Forderungssumme ziffernmässig bestimmt oder bestimmbar ist (BSK SchKG-I Staehelin, Art. 67 N 39). Gewisse Kantone verlangen bei Urteilen für periodische Leistungen, dass im Betreibungsbegehren und Zahlungsbefehl die Periode angegeben sein muss, für welche Betreibung eingeleitet wird. Andere Kantone verfolgen eine Praxis, wonach es genügt, wenn sich aus dem gesamten rechtzeitig eingebrachten Prozessstoff ergibt, für welche Periode die Betreibung eingeleitet wurde, auch wenn diese im Zahlungsbefehl nicht ausdrücklich bezeichnet ist (vgl. BSK SchKG-I Staehelin, Art. 80 N 39). Sowohl im Arrestbefehl vom 22. März 2012 als auch im Zahlungsbefehl vom 2. April 2012 waren die verschiedenen Forderungsurkunden einzeln aufgeführt mit dem Vermerk Unterhaltsausstände gemäss obgenannten Urteilen (Urk. 2/2, 2/3). Die in Betreibung gesetzte Forderung war für

      den Gesuchsgegner aufgrund der genannten Urkunden identifizierbar. Die Praxis der Erstinstanz, dass es genügt, die Substantiierung der betriebenen Forderung im Rahmen des Rechtsöffnungsgesuch vorzunehmen, ist nicht zu beanstanden. Eine unrichtige Rechtsanwendung liegt nicht vor.

  5. Tilgung der ausstehenden Unterhaltsbeiträge aus Eheschutzverfahren aufgrund der güterrechtlichen Auseinandersetzung

    1. Der Gesuchsgegner moniert, auch sein Einwand, dass die in Betreibung gesetzten Unterhaltsbeiträge gemäss den Eheschutzentscheiden von der güterrechtlichen Auseinandersetzung erfasst würden und damit untergegangen seien, habe die Vorinstanz unberücksichtigt gelassen. Laut der bundesgerichtlichen Praxis gemäss Entscheid 5A_803/2010 [vom 3. Dezember 2010] bedeute eine güterrechtliche Saldoklausel, dass sämtliche ehelichen und güterrechtlichen Forderungen zwischen den Parteien als getilgt gelten würden und nicht mehr eingefordert werden könnten. Da sowohl das Scheidungsurteil als auch die Willenserklärungen der Parteien diesbezüglich klar seien, bleibe entgegen der Ansicht der Vorinstanz kein Raum für eine Auslegung. Eine Saldoklausel erfasse naturgemäss sämtliche Forderungen, abgesehen von solchen, welche explizit ausgenommen würden. Dass die rückständigen Unterhaltsbeiträge anlässlich der Scheidungsverhandlung kein Thema gewesen seien, ändere nichts daran, dass diese in die güterrechtliche Auseinandersetzung einzubeziehen gewesen seien. Da die Gesuchstellerin dies nicht explizit eingebracht habe, sei der Natur der Saldoklausel entsprechend davon auszugehen, dass die ausstehenden Unterhaltsbeiträge durch die güterrechtliche Auseinandersetzung untergegangen seien. Für sämtliche Forderungen, welche aus dem Eheschutzverfahren herrührten, sei deshalb die Rechtsöffnung zu verweigern (Urk. 13 S. 4 ff.).

    2. Die Gesuchstellerin hält an ihrem vor Vorinstanz vertretenen Standpunkt fest. Die Berufung auf den berühmten Entscheid des Bundesgerichts gehe fehl. Der Gesuchsgegner sei wie die Gesuchstellerin auch nicht davon ausgegangen, dass mit der güterrechtlichen Per-Saldo-Regelung im erstinstanzlichen Scheidungsverfahren sämtliche unterhaltsrechtlichen Forderungen beglichen seien. Das zeige das Schreiben vom 5. Juni 2008, in dem der Gesuchsgegner das Vorhandensein eherechtlicher Unterhaltsansprüche lange nach Eintritt der PerSaldo-Klausel vom Grundsatz her anerkannt habe (Urk. 19 S. 4 ff.).

    3. Die Erstinstanz erwog im Wesentlichen, der vom Gesuchsgegner angerufene Bundesgerichtsentscheid 5A_803/2010 vom 3. Dezember 2010 besage, dass offene Unterhaltsleistungen unter den Begriff der gegenseitigen Schulden im Sinne von Art. 205 Abs. 3 ZGB zu subsumieren seien und daher bei der Auflö- sung des Güterstands in die güterrechtliche Abrechnung einbezogen werden müssten. Wenn sich die Parteien als güterrechtlich auseinandergesetzt erklärten, so bedeute dies nach dem allgemeinen Verständnis, dass kein Ehegatte vom andern mehr etwas fordern könne. Und weiter: Einzelne Willenserklärungen von Parteien seien nach Art. 18 Abs. 1 OR auszulegen. Massgebend sei dabei der Sinn, den die Parteien ihrer Willenserklärung im Zeitpunkt der Abgabe beigemessen hätten. Die Parteien hätten anlässlich der Scheidungsverhandlung vor Bezirksgericht Lenzburg erklärt, dass sie beim heutigen Besitzstand güterrechtlich auseinandergesetzt seien. Die rückständigen Unterhaltsbeiträge seien im Zusammenhang mit der güterrechtlichen Auseinandersetzung - soweit ersichtlich - kein Thema gewesen. Angesichts der Höhe der damaligen Ausstände in der Grössenordnung von rund Fr. 100'000.- (abzüglich bevorschusste Unterhaltsbeiträge) und der Tatsache, dass die Unterhaltsbeiträge in den Eheschutzverfahren wie auch im Scheidungsverfahren selbst stets den eigentlichen Hauptstreitpunkt bildeten, sei die Annahme, die Gesuchstellerin hätte dem Beklagten diese Schulden erlassen können, äusserst unwahrscheinlich. Auch sei im Zeitpunkt der Eröffnung des Scheidungsurteils vom 9. März 2007 vor Obergericht noch ein Beschwerdeverfahren hängig gewesen, das die Änderung der Unterhaltsbeiträge aus dem Eheschutz zum Gegenstand gehabt habe. Die Scheidungsverhandlung vor Bezirksgericht Lenzburg habe bereits am 13. Oktober 2006 stattgefunden. Der erstinstanzliche Entscheid betreffend Abänderung des Eheschutzes datiere hingegen vom 22. November 2006. Wenn die Parteien - wie der Gesuchsgegner heute behaupte - mit ihrer Erklärung, sie seien güterrechtlich auseinandergesetzt, auch die rückständigen Unterhaltsbeiträge gemäss den Eheschutzentscheiden gemeint hätten, so hätte die Gesuchstellerin den Entscheid vom 22. November 2006 gar nicht mehr anfechten müssen, da das Abänderungsverfahren infolge der

      Parteierklärungen betreffend güterrechtliche Auseinandersetzung gegenstandslos geworden wäre. Nachdem das Scheidungsurteil vom 7. März 2007 am 19. April 2007 (mit Ausnahme der nachehelichen Unterhaltsbeiträge) in Rechtskraft erwachsen sei, hätte zudem auch der Gesuchsgegner gegenüber dem Obergericht die Abschreibung des noch hängigen Rechtsmittelverfahrens beantragen können, ohne dabei Gefahr zu laufen, dass die Gesuchstellerin gegen das Scheidungsurteil ein ordentliches Rechtsmittel ergreifen würde. Schliesslich habe selbst das Obergericht Kenntnis vom Inhalt des Scheidungsurteils vom 9. März 2007 gehabt, nachdem die Gesuchstellerin dieses hinsichtlich der nachehelichen Unterhaltsbeiträge rechtzeitig angefochten habe. Trotzdem habe das Obergericht mit Urteil vom 4. Juli 2007 noch einen Entscheid in der Sache gefällt, obwohl das Abänderungsverfahren betreffend Eheschutz - folgte man der Argumentation des Gesuchsgegners - als gegenstandslos geworden hätte abgeschrieben werden müs- sen. Schliesslich sei auf ein Schreiben des damaligen und heutigen Rechtsvertreters des Gesuchsgegners vom 5. Juni 2008 betreffend offene Unterhaltsforderungen zwischen den Parteien hinzuweisen. In diesem Schreiben berufe sich Für- sprecher X. zwar auf die Verjährung, anerkenne jedoch, dass nach Anrechnung bereits geleisteter Unterhaltszahlungen noch ein Ausstand von Fr. 38'667.- bestehe. Da nach unbestrittenen Ausführungen der Gesuchstellerin der Rückstand für das ganze Jahr 2007 lediglich Fr. 12'684.- betrage, müsse der grösste Teil des im Schreiben erwähnten Ausstandes noch vor Rechtskraft des Scheidungsurteils entstanden sein. Trotzdem berufe sich der Rechtsvertreter darin mit keinem Wort darauf, dass die Unterhaltsforderungen aufgrund der güterrechtlichen Auseinandersetzung untergegangen seien (Urk. 14 S. 11 ff.).

    4. Dispositiv Ziff. 8 des Urteils des Gerichtspräsidiums Lenzburg vom 9. März 2007 lautet: Es wird festgestellt, dass die Parteien beim heutigen Besitzstand gü- terrechtlich auseinandergesetzt sind. (Urk. 2/10 S. 11). Die richterliche Feststellung, die Parteien seien güterrechtlich auseinandergesetzt, beruht auf der an der Hauptverhandlung von den Parteien abgegebenen Erklärungen, sie seien beim heutigen Besitzstand güterrechtlich auseinandergesetzt (Urk. 2/10 S. 9). Insofern stellt die richterliche Feststellung nichts anderes als die Genehmigung übereinstimmender Parteierklärungen dar, die nach den Bestimmungen des Obligationenrechts auszulegen sind (ZK-Lieber, Art. 7 ZGB N 130, BK-Schmid-Tschirren, Art. 7 ZGB N 80).

    5. Die Vorinstanz hat unter Hinweis auf Art. 18 OR einlässlich begründet, weshalb davon auszugehen ist, dass die Parteien - obwohl sie erklärt haben, sie seien güterrechtlich auseinandergesetzt - übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass die rückständigen Unterhaltsbeiträge aus den Eheschutzverfahren von diesen Erklärungen nicht umfasst waren: es kann auf die zutreffenden und oben im Wesentlichen wiedergegebenen Erwägungen im angefochtenen Urteil verwiesen werden (Urk. 14 S. 11f.). Aus dem Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 4. Juli 2007 betreffend Abänderung Eheschutzentscheid geht denn zweifelsfrei hervor, dass die Parteien auch nach der im Scheidungsverfahren abgegebenen Parteierklärung vom 13. Oktober 2006 noch der Meinung waren, die Gesuchstellerin habe aus der Ehezeit Unterhaltsbeiträge zu gut (Gesuchstellerin: Beschwerde an das Obergericht vom 7. Dezember 2006, Urk. 2/9 S. 6f.; Gesuchsgegner: Beschwerdeantwort an das Obergericht vom 18. Januar 2007, Urk. 2/9 S. 8). Damit ist urkundenmässig belegt, dass die Parteien die Erklärung, gü- terrechtlich auseinandergesetzt zu sein, nicht so verstanden haben, dass die Gesuchstellerin vom Gesuchsgegner keine ehelichen Unterhaltsbeiträge aus der Trennungszeit mehr zu fordern hat. Bezüglich dem Kindesunterhalt hätte der Richter einen solchen Verzicht denn auch überhaupt nicht genehmigen dürfen.

    6. Das Argument des Gesuchsgegners, aus dem Beschwerdeverfahren betreffend Trennungsunterhalt könnten keine Schlüsse zu seinen Lasten geschlossen werden, vielmehr hätte es dem Gericht oblegen, dieses abzuschreiben (Urk. 13

      S. 5), sticht nicht. Erstens ist nicht erstellt, dass das Gerichtspräsidium Kulm als Erstinstanz betreffend Änderung Eheschutz (Urk. 2/8) und das Obergericht des Kantons Aargau, 5. Kammer, als zweite Instanz (Urk. 2/9) vom Scheidungsurteil des Gerichtspräsidiums Lenzburg (Urk. 2/10) tatsächlich Kenntnis erlangten. Und zweitens müsste, falls eine Kenntnisnahme bzw. Orientierung erfolgt wäre, wohl eher davon ausgegangen werden, dass die zuständige 5. Kammer des Obergerichts Dispositiv Ziff. 8 des Scheidungsurteils auch nicht im Sinne eines Verzichts auf eheliche Unterhaltsforderungen verstanden hat.

    7. Der Gesuchsgegner macht zudem geltend, im Schreiben vom 5. Juni 2008 habe er nicht per se eine Unterhaltsforderung anerkannt, sondern lediglich einen unpräjudiziellen Vergleichsvorschlag gemacht (Urk. 13 S. 6). Das ist eine neue Behauptung und daher nicht zu hören.

    8. Nach dem Gesagten ist der Einwand, die Unterhaltsbeiträge gemäss den Eheschutzverfahren seien aufgrund der güterrechtlichen Auseinandersetzung getilgt und es dürfe für diese Forderungen keine Rechtsöffnung erteilt werden, zu verwerfen.

  6. Verjährung der ausstehenden Unterhaltsbeiträge aus Eheschutzverfahren zufolge gerichtlicher Trennung

    1. Der Gesuchsgegner kritisiert überdies, die Erstinstanz vertrete in Übereinstimmung mit den Basler Kommentatoren die Auffassung, dass die fünfjährige Verjährungsfrist betreffend die Unterhaltsforderungen aus dem Eheschutz erst nach Rechtskraft des Scheidungsurteils zu laufen beginne. Art. 134 Ziff. 3 OR sei jedoch nicht anwendbar, wenn die Parteien gerichtlich getrennt seien. So würden ebenfalls im Basler Kommentar Unterhaltsbeiträge des getrennt lebenden Ehegatten explizit als Beispiel für eine Forderung mit einer fünfjährigen Verjährungsfrist genannt. Die Vorinstanz selber führe die Lehrmeinung von [Verena] Bräm an, welche die von ihm vertretene Ansicht stütze (Urk. 13 S. 7 ff.).

    2. Die Gesuchstellerin verweist auf die Lehre, welche sich mehrheitlich dafür ausspreche, dass auch bei getrennter Ehe die Verjährung nicht zu laufen beginne (Urk. 19 S. 6f.).

    3. Die Verjährung beginnt nicht und steht still, falls sie begonnen hat: für Forderungen der Ehegatten gegeneinander, während der Dauer der Ehe (Art. 134 Abs. 1 Ziff. 3 OR). Die Vorinstanz hat eingehend dargelegt, dass aufgrund des klaren Wortlauts der Norm der Argumentation des Gesuchsgegners nicht zugestimmt werden könne. Desgleichen verwarf sie angesichts des klaren Wortlauts die Meinung der Zürcher Kommentatorin (Verena Bräm). Darauf kann verwiesen werden (Urk. 14 S. 14). Soweit ersichtlich, wurde die Frage bis anhin höchstrichterlich nicht geklärt. Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der Bestimmung. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, so muss nach der wahren Tragweite der Bestimmung gesucht werden, wobei alle Auslegungselemente zu berücksichtigen sind (Methodenpluralismus). Dabei kommt es namentlich auf den Zweck der Regelung, die dem Text zugrundeliegenden Wertungen sowie auf den Sinnzusammenhang an, in dem die Norm steht (BGE 136 II 149). Bei der genannten Bestimmung besteht indes kein sachlicher Grund, nicht auf den klaren Wortlaut abzustellen. Im Gegenteil: Sind die Eheleute mittels Eheschutzmassnahmen getrennt, könnte das - diesen Massnahmen unterliegende - Ziel der Wiederversöhnung durch die Notwendigkeit, die Verjährung durch Betreibung zu unterbrechen, beeinträchtigt werden (CR-Pichonnaz, N 5 zu Art. 134 CO). Auch erscheint es wesentlich praktikabler, für das Ende des Fristenstillstandes auf die Auflösung der Ehe (Rechtskraft im Scheidungspunkt) als auf den nicht immer einfach zu bestimmenden Trennungszeitpunkt abzustellen, zumal im Eheschutzverfahren nicht ohne weiteres ein Anspruch auf Feststellung des Trennungszeitpunktes besteht (ZR 102 [2003] Nr. 13) und die Aufnahme des Getrenntlebens keiner richterlicher Genehmigung bedarf. Es liegt daher keine unrichtige Rechtsanwendung durch die Erstinstanz vor.

  7. Nach dem Dargelegten erweisen sich die Vorbringen in der Beschwerde des Gesuchsgegners als unbegründet.

  8. Beginn des Verzugszinsenlaufs

    1. Die Vorinstanz erteilte Rechtsöffnung für Fr. 101'113.15 nebst Zins zu 5 % seit 2. April 2012 (Urk. 14 S. 15 = Urk. 25/2 S. 15).

    2. Die Gesuchstellerin beanstandet in ihrer Beschwerde die Festlegung des Beginns des Verzugszinsenlaufs. Die Vorinstanz habe erwogen, dass der Verzugszins unter Art. 105 Abs. 1 OR falle und daher erst ab Datum des Zahlungsbefehls ausgewiesen sei. Selbst wenn die Qualifikation anders ausfallen würde, so die Erstinstanz, könnte nicht anders entschieden werden, da der Gesuchsgegner in den vergangenen Jahren zahlreiche Teilzahlungen geleistet habe, die Gesuchstellerin es jedoch unterlassen habe, die Valutadaten der einzelnen Teilzahlungen zu bezeichnen. Die Gesuchstellerin moniert, die Verpflichtung zu Unterhaltszahlungen sei in allen hier massgebenden Urteilen als monatlich vorschüssig zahlbar bezeichnet. Bei einem derart bestimmten Termin handle es sich um einen Verfalltag im Sinne von Art. 102 Abs. 2 OR, was zur Folge habe, dass der Schuldner nach Ablauf des Termins in Verzug gerate. Dies entspreche auch der bundesgerichtlichen Praxis bei monatlich zahlbaren Unterhaltszahlungen gemäss Urteil 6B_509/2009 vom 3.12.2009. Gestützt auf die klare bundesgerichtliche Vorgabe sei vorliegend vom Eintritt der Verzugsfolgen am 1. eines jeden Unterhaltsmonats sowie der Wirkung der Verzugszinspflicht gemäss Art. 104 Abs. 1 OR auszugehen. Zudem entfalle ein Grossteil der von der Vorinstanz als rechtmässig anerkannten Forderung auf den Unterhaltszeitraum bis zum geltend gemachten Datum des mittleren Verfalls vom 1. Juli 2006 (Urk. 25/1 S. 2 ff.).

    3. Der Gesuchsgegner verweist in der Beschwerdeantwort auf einen Entscheid des Obergerichts, wonach gemäss Art. 105 Abs. 1 OR bei Rentenforderungen Verzugszinse erst ab Betreibungsanhebung gefordert werden könnten (Urteil RT110172 vom 18. Januar 2012 [= ZR 111/2012 Nr. 20]). Das Datum der Postaufgabe des Betreibungsbegehrens sei ihm nicht bekannt. Dies sei jedoch nicht von derart grosser Relevanz, wesentlich sei einzig, dass Zinsen nicht ab 1. Juli 2006, sondern erst ab ca. April 2012 verlangt werden könnten (Urk. 25/8 S. 2).

    4. Wie die Erstinstanz vertritt auch die erkennende Zivilkammer, dass familienrechtliche Unterhaltsbeiträge als Renten im Sinne von Art. 105 Abs. 1 OR zu qualifizieren sind, dies mit folgender, in ZR 111/2012 Nr. 79 publizierter Begründung eines Urteils vom 16. Mai 2012:

      b) Gemäss Art. 105 Abs. 1 OR sind Verzugszinse auf Zinsund Rentenschulden sowie bei Schulden aus Schenkungsversprechen nicht schon ab Verzugseintritt, sondern erst ab Datum der Betreibung oder Klageeinleitung geschuldet.

      Der Klägerin ist insofern beizupflichten, als unter Renten gemäss Art. 105 OR grundsätzlich nur diejenigen Beträge fallen, welche an die Stelle des Kapitals treten. Dies ist bei allgemein periodischen Leistungen wie Unterhaltsleistungen nicht der Fall (vgl. BK-Weber, Art. 97 - Art. 109 OR, Bern 2000, N 16 zu Art. 105 ZGB). Auch sind die im von ihr angeführten Entscheid des Bundesgerichts gemachten

      Erläuterungen zum Eintritt des Verzuges bei gerichtlich festgesetzten Unterhaltsbeiträgen zweifellos zutreffend. Allerdings ist der entsprechende Entscheid vorliegend insofern nicht einschlägig, als die Verzugsfolgen im Rahmen eines Schadenersatzes zu beurteilen waren (vgl. BGE 6B_509/2009 E. 2.1). Zudem wird verkannt, dass im Falle von Art. 105 OR die entsprechenden Verzugszinsen trotz bereits eingetretenen Verzugs erst zu einem späteren Zeitpunkt zu laufen beginnen. Es ist folglich irrelevant, ab welchem Zeitpunkt der Schuldner der fraglichen Forderung in Verzug war, solange dieser nur vor Anhebung der Betreibung resp. Klageeinleitung eintrat. Die Argumentation betreffend Verfalltag ist daher nicht stichhaltig (BGE 6B_509/2009 E 2.1, 2.3). Die Subsumtion familienrechtlicher Unterhaltsleistungen unter die Renten gemäss Art. 105 OR, wie dies von namhaften Autoren befürwortet wird (vgl. BK-Weber, Art. 97 - 109 OR, Bern 2000, N 17 zu Art. 105 ZBG mit Hinweisen), überzeugt auch aus folgenden Überlegungen: Mit der Einschränkung der allgemeinen Verzugszinspflicht zugunsten des Schuldners beabsichtigte der Gesetzgeber, unzumutbaren Belastungen des Schuldners entgegenzuwirken. Die sachliche Begründung für diese Ausnahmeregelung liegt darin, dass Renten an sich für den Unterhalt bestimmt sind und nicht gewinnbringend angelegt werden, mithin nicht für eine kapitalistische Verwendung bestimmt sind. Der Verzugszinsenlauf soll zudem nicht unüberblickbar werden (vgl. zum Ganzen BK-Weber, a.a.O, N 4 f, 10 zu Art. 105 OR). Sodann erscheint denn auch mit Blick auf die Natur der eherechtlichen Unterstützungspflicht eine mildere Behandlung des Schuldners gegenüber demjenigen eines synallagmatischen Vertragsverhältnisses gerechtfertigt, was ebenfalls für die Subsumtion unter die Spezialbestimmung spricht. Insgesamt erscheint es somit sachgerecht, familienrechtliche Unterhaltsbeiträge als Renten im Sinne von Art. 105 OR zu qualifizieren.

    5. Dieser publizierten Praxis folgend, liegt keine unrichtige Rechtsanwendung vor, weshalb sich die Rüge, es sei Verzugszins von 5 % ab 1. Juli 2006 (anstatt

      2. April 2012) zuzusprechen, als unbegründet erweist.

    6. Eine Korrektur in dem Sinne, dass der Verzugszins ab Anhebung der Betreibung statt ab Datum des Zahlungsbefehls zuzusprechen wäre (vgl. ZR

      111/2012 Nr. 20), hat zu unterbleiben, da das Datum der Postaufgabe des Betreibungsbegehrens nicht aktenkundig ist.

    7. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde der Gesuchstellerin ebenfalls abzuweisen.

III.

Ausgangsgemäss erscheint es angemessen, die Kosten dem Gesuchsgegner zu sieben Achteln und der Gesuchstellerin zu einem Achtel aufzuerlegen und mit den geleisteten Kostenvorschüssen zu verrechnen. Der Gesuchsgegner ist sodann zu verpflichten, der Gesuchstellerin eine reduzierte Parteientschädigung von drei Vierteln zu entrichten. Mit Verweis auf das Kreisschreiben der Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich über die Mehrwertsteuer vom 17. Mai 2006 ist kein Mehrwertsteuerzusatz zuzusprechen, da ein entsprechender Antrag fehlt (Urk. 19 S. 2).

Es wird beschlossen:

  1. Das Beschwerdeverfahren RT120133 wird mit dem vorliegenden Beschwerdeverfahren vereinigt, unter der Prozessnummer RT120128 weitergeführt und als dadurch erledigt abgeschrieben.

  2. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, je gegen Empfangsschein.

    Es wird erkannt:

  3. Die Beschwerde des Gesuchsgegners und die Beschwerde der Gesuchstellerin werden abgewiesen.

  4. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 2'000.- festgesetzt.

  5. Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden dem Gesuchsgegner zu 7/8 und der Gesuchstellerin zu 1/8 auferlegt und je mit den Kostenvorschüssen verrechnet. Im Mehrbetrag stellt die Obergerichtskasse Rechnung.

  6. Der Gesuchsgegner wird verpflichtet, der Gesuchstellerin für das Beschwerdeverfahren eine reduzierte Parteientschädigung von Fr. 1'350.- zu bezahlen.

  7. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, sowie an das Einzelgericht Audienz am Bezirksgericht Zürich, je gegen Empfangsschein.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.

  8. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

    Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 101'113.15.

    Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

    Zürich, 7. März 2013

    Obergericht des Kantons Zürich

    1. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. S. Notz versandt am: js

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