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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:RB210029
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid RB210029 vom 11.05.2022 (ZH)
Datum:11.05.2022
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Forderung (Sicherheit für die Parteientschädigung)
Schlagwörter : Beschwerde; Partei; Beklagten; Parteien; Vorinstanz; Parteientschädigung; Recht; Bestätigung; Verfahren; Verfügung; Entscheid; Eingabe; Anhaltspunkt; Jahresrechnung; Sachverhalt; Gefährdung; Bundesgericht; Bringe; Erhebliche; Gericht; überschuldet; Kundenstamm; Anhaltspunkte; Erwägung; Tatsache; Beschluss; Frist; Begründung; Sicherheit; Missbräuchlich
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 111 ZPO ; Art. 2 ZGB ; Art. 320 ZPO ; Art. 321 ZPO ; Art. 326 ZPO ; Art. 57 ZPO ; Art. 755 OR ; Art. 9 BV ; Art. 93 BGG ; Art. 97 BGG ; Art. 99 ZPO ;
Referenz BGE:129 III 493; 134 I 83; 138 I 484; 138 III 374; 139 III 466; 141 III 28; 142 III 413;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: RB210029-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin Dr. D. Scherrer, Vorsitzende, Oberrichterin

Dr. L. Hunziker Schnider und Ersatzoberrichter Dr. M. Nietlispach sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. S. Notz

Urteil vom 11. Mai 2022

in Sachen

A. Switzerland AG,

Klägerin und Beschwerdeführerin

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X. ,

gegen

  1. B. ,

  2. C. ,

Beklagte und Beschwerdegegner

1 vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Y1. , 2 vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y2. ,

betreffend Forderung (Sicherheit für die Parteientschädigung)

Beschwerde gegen einen Beschluss des Bezirksgerichtes Meilen im or- dentlichen Verfahren vom 6. Oktober 2021 (CG210013-G)

Erwägungen:

I.

1. Die Parteien stehen seit 19. April 2021 vor Vorinstanz in einem Forderungs- streit über rund Fr. 2 Mio. Mit Eingaben vom 28. Mai 2021 reichten die Beklagten 1 und 2 je ein Gesuch um Sicherstellung der Parteientschädigung samt dazuge- hörendem Editionsbegehren ein (Urk. 11/16 und 11/19). Für den weiteren Pro- zessverlauf ist auf den angefochtenen Entscheid zu verweisen (Urk. 2 S. 2 f.). Am 6. Oktober 2021 fällte die Vorinstanz den folgenden Beschluss (Urk. 2

  1. 10 f.):

    1. Der Klägerin wird die mit Verfügung vom 21. Juli 2021 angesetzte Frist, um dem Gericht die Jahresrechnungen der Klägerin für die Jahre 2019 und 2020 sowie den Bescheid der kantonalen Steuer- verwaltung Zürich aus dem Jahr 2017 und/oder 2018 betreffend Bewertung des Kundenstamms der Klägerin einzureichen, abge- nommen.

    2. Der Klägerin wird eine Frist von 10 Tagen ab Zustellung dieses Beschlusses angesetzt, um für die Parteientschädigung der Be- klagten eine Sicherheit von (einstweilen) insgesamt CHF 59'682.– zu leisten.

      Die Sicherheit kann bei der Bezirksgerichtskasse in bar (Postkon- to 1/IBAN: CH2) oder durch Garantie einer in der Schweiz nieder- gelassenen Bank oder eines zum Geschäftsbetrieb in der Schweiz zugelassenen Versicherungsunternehmens geleistet werden.

    3. Die Kosten- und Entschädigungsfolgen werden dem Endent- scheid vorbehalten.

    4. [Schriftliche Mitteilung]

    5. [Beschwerde]

  1. Mit Eingabe vom 21. Oktober 2021 erhob die Klägerin und Beschwerdefüh- rerin (fortan Klägerin) Beschwerde mit folgenden Anträgen (Urk. 1 S. 3):

    1. Ziff. 2 des Beschlusses des Bezirksgerichts Meilen vom 6. Okto- ber 2021 im Verfahren CG210013-G sei aufzuheben und die An- träge der Beschwerdegegner, die Beschwerdeführerin auf Leis- tung einer angemessenen Parteientschädigung zu verpflichten, seien abzuweisen.

    1. Eventualiter sei Ziff. 2 des vorinstanzlichen Beschlusses aufzuhe- ben und an die Vorinstanz zur Neubeurteilung gemäss den Erwä- gungen des Obergerichts zurückzuweisen.

    2. Es sei der vorliegenden Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen.

    3. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdegegner.

  2. Je mit Eingabe vom 21. Oktober 2021 gelangten die Beklagten und Beschwerdegegner 1 und 2 (fortan Beklagte 1 und 2) an die angerufene Kammer mit dem Ersuchen, es sei ihnen vor Zustellung der Beschwerdeschrift und damit ein- hergehender Fristansetzung zur Einreichung der Beschwerdeantwort Gelegenheit zur Stellung eines Gesuchs um Sicherstellung der Parteientschädigung zu geben (Urk. 5, 8). Mit Verfügung vom 3. November 2021 wurde das Gesuch der Klägerin um Erteilung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen und Frist zur Leistung ei- nes Kostenvorschusses angesetzt (Urk. 12 S. 5). Letzterer ging innert Frist ein (Urk. 13). Mit Verfügung vom 20. Dezember 2021 wurden der Antrag des Beklag- ten 1 und der Antrag des Beklagten 2 um Fristansetzung zur Stellung eines Ge- suchs um Sicherstellung der Parteientschädigung für das Beschwerdeverfahren abgewiesen (Urk. 14). Mit weiterer Verfügung vom 21. Januar 2022 wurde den Beklagten 1 und 2 Frist für die Beschwerdeantwort angesetzt (Urk. 15), welche je am 7. Februar 2022 erstattet wurde (Urk. 16, 17). Mit Eingabe vom 8. Februar 2022 reichte die Klägerin ergänzende rechtliche Erwägungen ins Recht (Urk. 18). Mit Verfügung vom 10. Februar 2022 wurde den Parteien zu Urk. 16, 17 und 18 das rechtliche Gehör gewährt (Urk. 21). Die Beklagten 1 und 2 replizierten je mit Eingabe vom 24. Februar 2022 (Urk. 22, 23), die Klägerin mit Eingabe vom 25.

Februar 2022 (Urk. 24). Am 11. März 2022 reichten die Beklagten 1 und 2 erneut eine Stellungnahme ein (Urk. 26, 27). Diese Eingaben wurden den Parteien je- weils zur Kenntnis gebracht (Prot. II S. 8 ff.; Urk. 25/1-3, 28/1-2, 29/1-2). Weitere Eingaben sind nicht erfolgt.

II.

1. Mit der Beschwerde können unrichtige Rechtsanwendung und offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Dabei hat sich die beschwerdeführende Partei in ihrer schriftlichen Beschwer- debegründung (im Sinne einer Eintretensvoraussetzung) konkret mit den vor- instanzlichen Erwägungen auseinanderzusetzen, d.h. argumentativ auf die Be- gründung des angefochtenen Entscheids einzugehen und im Einzelnen aufzuzei- gen, inwiefern der angefochtene Entscheid als fehlerhaft zu betrachten ist bzw. worin ein Mangel im Sinne von Art. 320 ZPO liegt (Art. 321 Abs. 1 ZPO und dazu BGer 5A_247/2013 vom 15. Oktober 2013, E. 3; BGer 5D_65/2014 vom 9. Sep-

tember 2014, E. 5.4.1; BGer 5A_488/2015 vom 21. August 2015, E. 3.2, je m.Hinw. auf BGE 138 III 374 E. 4.3.1 S. 375). Was in der Beschwerde oder in der Beschwerdeantwort, für welche die formellen Anforderungen an die Begründung einer Beschwerde sinngemäss ebenfalls gelten (vgl. BGer 4A_580/2015 vom

11. April 2016, E. 2.2 m.w.Hinw. [betr. Berufungsantwort]), nicht oder nicht in ei- ner den gesetzlichen Begründungsanforderungen genügenden Weise bean- standet wird, braucht von der Rechtsmittelinstanz nicht überprüft zu werden und hat grundsätzlich Bestand, es sei denn, ein Mangel springe geradezu ins Auge. Insofern erfährt der Grundsatz iura novit curia (Art. 57 ZPO) im Beschwerdever- fahren eine Relativierung (BK ZPO I-Hurni, Art. 57 N 21 und N 39 ff.). In diesem Rahmen ist auf die Parteivorbringen einzugehen, soweit dies für die Entscheidfin- dung erforderlich ist (BGE 134 I 83 E. 4.1 S. 88 m.w.Hinw.; BGE 141 III 28

E. 3.2.4 S. 41).

  1. Neue Anträge, neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel (zum Nachweis des gerügten Mangels) sind im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO). Es herrscht grundsätzlich ein umfassendes Novenverbot sowohl für echte als auch unechte Noven (BGer 5A_872/2012 vom 22. Februar 2013, E. 3; BGer 5A_405/2011 vom 27. September 2011, E. 4.5.3 m.w.Hinw.). Diese Einschränkung gilt indessen nicht für Vorbringen, zu welchen erst der ange- fochtene Entscheid selber Anlass gibt (BGE 139 III 466 E. 3.4).

  2. Die Vorinstanz begründete ihren Entscheid zusammenfassend wie folgt: Die Beklagten würden eine Gefährdung im Sinne von Art. 99 Abs. 1 lit. d ZPO geltend machen, da die Bilanzposition Kundenstamm D. zu hoch bewertet und die Klägerin überschuldet sei. Gemäss Art. 99 Abs. 1 lit. d ZPO habe die klagende Partei auf Antrag der beklagten Partei Sicherheit für die Parteientschädigung zu leisten, wenn andere Gründe (als die in lit. a-c genannten) für eine erhebliche Ge- fährdung der Parteientschädigung bestünden. Bei dieser Bestimmung handle es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Vorausgesetzt werde eine erhebliche Gefährdung der Parteientschädigung, es sei jedoch nicht erforderlich, dass sich die klagende Partei bereits in Zahlungsschwierigkeiten befinde. In ihrer Jahres- rechnung für das Geschäftsjahr 2017/2018 weise die Klägerin neben dem Kun- denstamm D. - bei dem es sich nach Auffassung der Beklagten um einen rein immateriellen Wert handle, der mit Fr. 8'333'400.– bzw. nach Abschreibung mit Fr. 6'666'720.– verbucht sei - und einem Umlaufvermögen von

Fr. 3'713'365.53 kein liquides Anlagevermögen aus, sondern einen Reinverlust im Betrag von Fr. 588'019.69. Die Abschreibung bzw. Wertberichtigung des Kunden- stamms bestreite die Klägerin nicht. Anstelle der verlangten Jahresrechnungen 2019 und 2020 inklusive Revisionsberichte habe die Klägerin eine Bestätigung ih- rer Revisionsstelle vom 15. August 2021 eingereicht, wonach sie per 30. Juni 2021 über flüssige Mittel von mehr als Fr. 100'000.– verfügt habe, mit welchen sie einer Zahlung nachkommen könnte. Ohne Kenntnis der Passivseite der Bilanz der Klägerin könne aus dieser stichtagbezogenen Aussage nicht auf deren Bonität geschlossen werden. Auch gehe aus der Bestätigung nicht hervor, wie der Kun- denstamm D. bewertet worden sei. Insbesondere zur Abschreibung dieses Kundenstamms äussere sich die Klägerin nicht und vermöge die substantiierten Bedenken der Beklagten nicht zu entkräften. Die Bestätigung der Revisionsstelle unterliege auch nicht der Revisionshaftung i.S.v. Art. 755 OR, weshalb ihr nicht per se eine qualifizierte Glaubwürdigkeit zugeschrieben werden könne. Beim zu prüfenden Tatbestand werde nicht vorausgesetzt, dass sich die klagende Partei bereits in Zahlungsschwierigkeiten befinde. In einem Verfahren vor Arbeitsgericht Zürich habe die Klägerin in der betreffenden Klageantwort vom 26. März 2021 so- dann vorgebracht, dass sie gemäss dem Entwurf der Jahresrechnung 2019 überschuldet gewesen sei. Dem halte die Klägerin zwar entgegen, dass der Entwurf nicht mit der finalen Jahresrechnung 2019 übereinstimme und sie im heutigen Zeitpunkt nicht überschuldet sei. Sie erläutere freilich nicht, inwiefern der Entwurf von der finalen Fassung abweiche. Ferner hätten die Beklagten ein Schreiben von E. an F. [Kanzlei in London] vom 1. September 2021 aus einem in England hängigen Verfahren eingereicht, das die Überschuldung der Klägerin thematisiere. Die Klägerin bestreite die inhaltliche Korrektheit des Schreibens nicht. Gemäss besagtem Schreiben solle die Klägerin im Jahr 2020 zwei Mal kurz nacheinander für Fr. 1.– an ausländische Gesellschaften, namentlich am 23. Juli 2020 an die G. und am 10. August 2020 an eine in Dubai registrierte Ge- sellschaft, verkauft worden sein, da sie überschuldet gewesen sei. Dies werde von der Klägerin nicht bestritten und indiziere, dass auch im Jahr 2021 von einer finanziellen Schieflage der Klägerin auszugehen sei, was einen noch konkreteren Anhaltspunkt für eine erhebliche Gefährdung der Einbringlichkeit einer allenfalls zuzusprechenden Parteientschädigung darstelle. Neue Tatsachen, die diese An- haltspunkte widerlegen könnten, würden sich aus der von der Klägerin ins Recht gereichten Verfügung des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 1. Oktober 2021 nicht ergeben. Auch entfalte diese Verfügung keine Bindungswirkung für das hiesige Gericht. Dafür, dass das Sicherstellungsbegehren rechtsmissbräuch- lich sei, da es einzig der Ausforschung der Klägerin dienen solle, bringe die Klä- gerin keine stichhaltigen Anhaltspunkte vor. Die Sicherstellung sei daher geboten (Urk. 2 S. 3 ff.).

    1. Die Klägerin moniert, die Vorinstanz halte ihr vor, die behauptete Wertbe- richtigung des in der Jahresrechnung 2017/2018 erwähnten Kundenstamms nicht bestritten zu haben. Die Vorinstanz habe daraus gefolgert, eine dadurch hervor- gerufene Überschuldung sei damit glaubhaft gemacht, solange sie nicht durch neuere Tatsachen bzw. Belege entkräftet werde. Sie, die Klägerin, habe eine Bestätigung der Revisionsstelle vom 15. August 2021 betreffend das Vorhandensein von flüssigen Mitteln von mehr als Fr. 100'000.– per 30. Juni 2021 eingereicht. Wäre sie, die Klägerin, überschuldet, hätte sie unter Einhaltung der Vorschriften im Obligationenrecht den Richter benachrichtigt und wäre der Konkurs eröffnet worden (Urk. 1 S. 5). Die Beklagten weisen zutreffend darauf hin, dass aus einer

      fehlenden Benachrichtigung des Konkursgerichts nicht zwingend auf eine fehlen- de Überschuldung geschlossen werden könne (Urk. 16 S. 8, Urk. 17 S. 8). So- dann setzt sich die Klägerin nicht mit der vorinstanzlichen Erwägung auseinander, dass sich aus dem Hinweis in der Bestätigung, sämtliche Kapitalvorschriften ge- mäss OR seien eingehalten worden, keine Schlüsse über die finanzielle Lage der Klägerin ziehen liessen, solange nicht klar sei, wie die Einhaltung der Kapitalvor- schriften trotz einer dadurch sich abzeichnenden Überschuldung erreicht worden sei (Urk. 2 S. 7). Insoweit genügt sie der Rügepflicht nicht.

    2. Die Klägerin macht geltend, aus der Bestätigung der Revisionsstelle vom

      15. August 2021 ergebe sich klar und deutlich, dass sie einer Zahlung über Fr. 100'000.– vorbehaltlos nachkommen könnte, womit auf die Fähigkeit, eine

      Schuld in diesem Bereich fristgerecht und komplett zurückzuzahlen, geschlossen werden könne. Inwiefern betreffend die Fähigkeit zur Bezahlung einer allfälligen Parteientschädigung von Fr. 59'682.– weitere Informationen ausschlaggebend wären, sei nicht ersichtlich. Die inhaltliche Korrektheit der Bestätigung werde von den Beklagten nicht bestritten (Urk. 1 S. 5 f.). Mit den Beklagten ist dazu festzu- halten, dass von vorbehaltlosem Nachkommen nicht die Rede ist (Urk. 16 S. 7, Urk. 17 S. 8). Die Klägerin setzt sich wiederum nicht mit der entscheidrelevanten Erwägung auseinander, wonach aus der stichtagbezogenen Zahlungsbestätigung ohne Kenntnis der Passivseite der Bilanz der Klägerin nicht auf deren Bonität ge- schlossen werden könne und die einfache Bestätigung der Revisionsstelle nicht der Revisionshaftung i.S.v. Art. 755 OR unterliege, weshalb ihr nicht per se eine qualifizierte Glaubwürdigkeit zukomme (Urk. 2 S. 7). Auch diesbezüglich ist kein Beschwerdegrund dargetan.

    3. Die Klägerin beanstandet, selbst wenn nicht auf die Bestätigung abgestellt werden könnte, könne keine erhebliche Gefährdung der Parteientschädigung be- jaht werden. Der von der Vorinstanz angenommene Sachverhalt beziehe sich auf den Zeitraum 2017 bis 10. August 2020 und sei damit mindestens über ein Jahr alt. Offensichtlich gebe es die Klägerin immer noch und sie habe ihre Geschäfts- tätigkeit weiterentwickelt. Ohne konkrete Anhaltspunkte über die Weiterentwick- lung ab August 2020 könne nicht auf den heutigen, geschweige denn ihren zu-

      künftigen Zustand geschlossen werden. So oder anders habe sich die Vorinstanz auf einen offensichtlich falschen Sachverhalt abgestützt (Urk. 1 S. 6).

      Gemäss Art. 320 lit. b ZPO gilt für die Beschwerde hinsichtlich der Sachverhalts- feststellung eine beschränkte Kognition: Erforderlich ist eine qualifiziert fehlerhafte Feststellung des Sachverhalts. Offensichtlich unrichtig ist dabei – analog zu Art. 97 Abs. 1 BGG – gleichbedeutend mit willkürlich im Sinn von Art. 9 BV. Willkür liegt etwa dann vor, wenn die Vorinstanz ohne Begründung vom Ergebnis einer gerichtlichen Expertise abweicht oder eine von einer Partei behauptete und von der anderen Seite bestrittene rechtserhebliche Tatsache trotz Fehlens jeglicher Beweise als bewiesen erachtet (Freiburghaus/Afheldt, in: Sutter-Somm et al., ZPO Komm., Art. 320 N 5). Die Rüge des fehlerhaft festgestellten Sachverhalts bedarf einer qualifizierten Begründung. Es reicht nicht aus, in allgemeiner Form Kritik zu üben oder einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten oder die eigene Beweiswürdigung zu erläutern (vgl. BGer 9C_222/2016 vom 19. Dezember 2016, E. 1.2). Vielmehr ist im Einzelnen darzutun, inwiefern die Vorinstanz ihrem Entscheid den massgebli- chen Sachverhalt in schlechthin unhaltbarer, d.h. willkürlicher Weise zugrunde ge- legt hat (Blickenstorfer, DIKE-Komm-ZPO, Art. 320 N 16 m.w.Hinw.).

      Die Vorinstanz hat durchaus berücksichtigt, dass die Jahresrechnung 2017/2018 und die provisorische Jahresrechnung 2019 die Vergangenheit abbilden (Urk. 2

      S. 7). Sie hat bei ihrer Würdigung auch das Schreiben vom 1. September 2020 von E. an F. einbezogen. Sie hat gestützt auf den Umstand, dass die Klägerin - was unbestritten geblieben sei - gemäss besagtem Schreiben im Jahr 2020 zufolge Überschuldung zwei Mal kurz nacheinander für Fr. 1.– an ausländi- sche Gesellschaften verkauft worden sein solle, gefolgert, dies stelle einen noch konkreteren Anhaltspunkt für eine erhebliche Gefährdung der Parteientschädi- gung im Jahr 2021 dar (Urk. 2 S. 8 f.). Aus den dargelegten Gründen (stichtagbe- zogene Bestätigung ohne weitere aussagekräftige Angaben/Beweismittel zur Bo- nität) stellte die Vorinstanz nicht auf die Bestätigung der Revisionsstelle ab. Dies vermag die Klägerin im Beschwerdeverfahren nicht zu entkräften (E. 4.1, 4.2). Vor diesem Hintergrund kann nicht gesagt werden, dass die Beweiswürdigung der Vorinstanz bzw. deren Annahme, er erscheine glaubhaft, dass sich die Klägerin auch im Jahr 2021 in einer finanziellen Schieflage befinde, offensichtlich unhaltbar ist (Art. 320 lit. b ZPO). Bei der Beurteilung der Frage, ob eine erhebliche Gefähr- dung vorliegt, verfügt das Gericht über ein weites Ermessen (BGer 5A_221/2014 vom 10. September 2014, E. 3).

    4. Die Klägerin verweist weiter auf die Verfügung des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 1. Oktober 2021, welche dieselbe Frage zwischen teils den- selben Parteien zum Gegenstand hatte (Urk. 1 S. 6 f.). Das Handelsgericht wies das Begehren um Sicherstellung ab (Urk. 11/55/1). Die Vorinstanz hielt fest, dass diese Verfügung keine Bindungswirkung zeitige und sich daraus auch keine neu- en Tatsachen ergäben, welche die von der Vorinstanz angeführten Anhaltspunkte für eine erhebliche Gefährdung einer allfälligen Parteientschädigung zu widerle- gen vermöchten (Urk. 2 S. 9). Damit setzt sich die Klägerin nicht auseinander, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist.

    1. Die Klägerin hält die Begehren der Beklagten überdies für rechtsmiss- bräuchlich. Sie macht geltend, die Vorinstanz habe ihre Argumente mit Ausnahme der Editionsbegehren schlichtweg ausser Acht gelassen. Die Beklagten hätten ein Dokument aus einem englischen Verfahren der H. S.A. gegen I. AG, J. und A1. Holding Limited eingereicht. Im genannten Verfahren ver- suche die H. S.A., u.a. den Wert der Muttergesellschaft der Klägerin und damit auch der Klägerin selbst zu ermitteln. Die Beklagten würden unter dem Deckmantel eines Kautionsbegehrens mit allen Mitteln versuchen, an Geschäfts- zahlen der Klägerin zu gelangen (Urk. 1 S. 7).

      Die Vorinstanz erwog, die Klägerin bringe keine stichhaltigen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beantragung der Sicherheitsleistung durch die Beklagten offenbar nur der Ausforschung der Klägerin dienen solle und so rechtsmissbräuchlich wä- re. Damit hat sie den klägerischen Einwand, die Beklagten würden in blosser Aus- forschungsabsicht handeln, und mithin auch die hierzu vorgetragenen Behaup- tungen zu den Vorgängen im englischen Verfahren (Urk. 11/53 S. 3 f., Rz 9) als Begründung für ein rechtmissbräuchliches Verhalten der Beklagten verworfen, auch wenn sie dabei nicht ausdrücklich auf Letztere einging. Inwiefern aufgrund

      dieser und der weiteren in der Beschwerde bloss wiederholten Vorbringen entge- gen der vorinstanzlichen Ansicht eindeutig ein Sachverhalt vor[liegt], der unter Rechtsmissbrauch zu subsumieren ist, wird in der Beschwerde nicht rechtsgenü- gend dargelegt.

    2. Die Klägerin erachtet die Tatsache als befremdlich, dass der Beklagte 2 noch im Dezember 2020 behauptet habe, bei der Klägerin habe zu keinem Zeit- punkt ein Liquiditätsrisiko bestanden, und fünf Monate später ausführe, die Kläge- rin sei überschuldet (Urk. 1 S. 7). Die Beklagten entgegnen, es liege auf der Hand, dass der Beklagte 2 in seiner Klageschrift im arbeitsrechtlichen Verfahren betreffend Lohnforderungen von der Liquidität der Klägerin ausgegangen sei. Die Klägerin selbst habe geltend gemacht, gemäss Entwurf der Jahresrechnung 2019 überschuldet zu sein (Urk. 16 S. 10, Urk. 17 S. 11).

      Der offenbare Missbrauch eines Rechts findet keinen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 2 ZGB). Wann ein solcher Missbrauch vorliegt, ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu bestimmen, wobei die von der Lehre und Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen des Rechtsmissbrauchs zu beachten sind. Laut der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 2 Abs. 2 ZGB kann u.a. allgemein gesagt werden, dass die Geltendmachung eines Rechts missbräuchlich ist, wenn sie im Widerspruch zu einem früheren Verhalten steht und dadurch erweckte be- rechtigte Erwartungen enttäuscht (BGE 129 III 493 E. 5.1 mit Hinweisen). Zwar mag das Verhalten des Beklagten 2 in den beiden Verfahren widersprüchlich an- muten. Allerdings fehlen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das frühere Verhal- ten ein schutzwürdiges Vertrauen begründet hat, welches durch die neuen Hand- lungen enttäuscht worden wäre. Der Vorwurf des offenbaren Rechtsmissbrauchs ist daher unbegründet.

    3. Die Klägerin ist der Auffassung, die zahlreichen Editionsbegehren der Be- klagten würden beweisen, dass es sich um einen rechtsmissbräuchlichen Ver- such handle, sie auszuspionieren (Urk. 1 S. 7). Damit wiederholt die Klägerin bloss ihren Standpunkt vor Vorinstanz (vgl. Urk. 11/26 S. 9, Rz 30), ohne sich mit der entscheidrelevanten Erwägung auseinanderzusetzen, wonach sie dafür keine stichhaltigen Anhaltspunkte vorgebracht habe und es hierfür (insbesondere) nicht

genüge, dass die von den Beklagten gestellten Editionsbegehren über die zur Glaubhaftmachung der Gefährdung der Parteientschädigung erforderlichen Be- weisanträge hinausgegangen seien (Urk. 2 S. 9).

  1. In der Eingabe vom 25. Februar 2022 macht die Klägerin geltend, es sei ge- richtsnotorisch, dass sie im vorinstanzlichen Verfahren einen Gerichtskostenvor- schuss bezahlt und mittlerweile auch die Prozesskaution geleistet habe. Diese Tatsachen würden bestätigen, dass sie in der Lage sei, eine allfällig anfallende Parteientschädigung zu bezahlen (Urk. 24 S. 3). Aufgrund des umfassenden No- venverbots (E. II.2) ist dieses Vorbringen nicht zu berücksichtigen. Ohnehin ist auf die teils neuen Vorbringen in der genannten Eingabe nicht einzugehen. Das Rep- likrecht gewährt lediglich das Recht auf Wahrung des rechtlichen Gehörs im Hin- blick auf eine Stellungnahme der Gegenseite (BGE 138 I 484 E. 2). Die Bean- standungen am angefochtenen Entscheid haben die Parteien innert der Beschwerde- und Beschwerdeantwortfrist vollständig vorzutragen; ein allfälliger zweiter Schriftenwechsel oder die Ausübung des Replikrechts dienen nicht dazu, die bisherige Kritik zu vervollständigen oder gar neue vorzutragen (analog BGE 142 III 413 E. 2.2.4 betreffend Berufung).

  2. Am 8. Februar 2022 reichte die Klägerin zwei Bundesgerichtsurteile ins Recht (Urk. 20/1, 20/2), welche die Verfügung des Handelsgerichts vom 1. Okto- ber 2021 betreffen (Erw. 4.4). Unter dem Stichwort rechtliche Erwägungen führt die Klägerin aus, dem Bundesgerichtsurteil sei zu entnehmen, dass an das Glaubhaftmachen der Voraussetzungen gemäss Art. 99 Abs. 1 ZPO keine über- rissenen Anforderungen gestellt werden und auch nicht de facto das Beweismass des strikten Beweises angewendet wird, wenn bei Behauptungen des Antragstel- lers zur Vergangenheit nicht auf den heutigen Zeitpunkt geschlossen wird, selbst wenn der Antraggegner diese Behauptungen nicht detailliert bestritten hat. Dies bedeute, so die Klägerin, dass die Vorinstanz zu Unrecht die Voraussetzungen von Art. 99 Abs. 1 ZPO bejaht habe (Urk. 18 S. 2 f.).

    Den Bundesgerichtsurteilen 4A_565/2021 und 4A_567/2021, je vom 21. Dezem- ber 2021 (Urk. 20/2, 20/1), lassen sich derartige Ausführungen nicht entnehmen. Das Bundesgericht hält den betreffenden Beschwerdeführern in Erw. 3.2 vor,

    dass sie den von ihnen erhobenen Vorwurf, das Handelsgericht habe Art. 99 ZPO verletzt, indem es de facto das Beweismass des strikten Beweises angewandt habe, nicht überzeugend begründen würden. Inhaltlich hat sich das Bundesge- richt nicht zu Art. 99 Abs. 1 lit. d ZPO geäussert.

  3. Insgesamt erweisen sich die Vorbringen der Klägerin gegen den angefoch- tenen Beschluss als unbegründet. Konkrete Einwände gegen die Berechnung der Sicherheit der Parteientschädigung auf der Basis eines Streitwerts von

    Fr. 2'016'136.55 werden nicht vorgebracht, weshalb es dabei sein Bewenden hat.

  4. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen.

III.

Ausgangsgemäss sind die Gerichtskosten, welche auf Fr. 4'700.– festzusetzen sind (§ 2, § 4 Abs. 1, § 8 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 und 2 GebV OG), der Klägerin aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO) und mit dem geleisteten Kostenvorschuss zu verrechnen (Art. 111 Abs. 1 ZPO). Ferner ist die Klägerin antragsgemäss zu ver- pflichten, den Beklagten 1 und 2 eine angemessene Parteientschädigung zuzüg- lich Mehrwertsteuer zu bezahlen (Art. 106 ZPO). Im Streit stehen je Fr. 29'841.– (Urk. 2 S. 10). Die Rechtsschriften der Beklagten 1 und 2 sind zu weiten Teilen identisch, weshalb auf eine gewisse Zeitersparnis zu schliessen ist, was im Rah- men von Art. 4 Abs. 2 AnwGebV angemessen zu berücksichtigen ist. In Anwen- dung von § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1 und 2, § 9 und § 13 AnwGebV ist die Parteient- schädigung auf je Fr. 1'200.– zuzüglich 7.7 % Mehrwertsteuer festzulegen.

Es wird erkannt:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 4'700.– festgesetzt.

  3. Die Kosten für das zweitinstanzliche Verfahren werden der Klägerin aufer- legt und mit ihrem Kostenvorschuss verrechnet.

  4. Die Klägerin wird verpflichtet, dem Beklagten 1 und dem Beklagten 2 für das Beschwerdeverfahren je eine Parteientschädigung von Fr. 1'292.40 zu be- zahlen.

  5. Schriftliche Mitteilung an die Parteien sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmit- telfrist an die Vorinstanz zurück.

  6. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.

    Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert in der Hauptsache beträgt Fr. 2'016'136.55.

    Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG

    Zürich, 11. Mai 2022

    Obergericht des Kantons Zürich

    1. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. S. Notz versandt am:

jo

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