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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Zusammenfassung des Urteils RB200018: Obergericht des Kantons Zürich

In dem vorliegenden Fall ging es um eine Beschwerde gegen eine Verfügung des Bezirksgerichts Zürich bezüglich einer Erbteilung und der unentgeltlichen Rechtspflege. Die Beschwerdeführerin, X., forderte eine Entschädigung als unentgeltliche Rechtsbeiständin, die jedoch abgelehnt wurde. Es wurde festgestellt, dass X. bereits seit Januar 2019 als unentgeltliche Rechtsbeiständin des Beklagten 1 fungierte, jedoch formell nicht ernannt wurde. Die Beschwerde wurde daher gutgeheissen, die Entscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Die Gerichtskosten wurden dem Kanton Zürich nicht auferlegt, und X. erhielt eine Entschädigung von CHF 1'900.-.

Urteilsdetails des Kantongerichts RB200018

Kanton:ZH
Fallnummer:RB200018
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:I. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid RB200018 vom 15.09.2020 (ZH)
Datum:15.09.2020
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Erbteilung (Honorar unentgeltliche Rechtspflege)
Schlagwörter : Recht; Rechtsbeiständ; Rechtsbeiständin; Vorinstanz; Beklagten; Entschädigung; Entscheid; Verfügung; Rechtsbeistand; Gericht; Dispositiv-Ziffer; Urteil; Ernennung; Kanton; Verfahren; Bestellung; Rechtsvertretung; Rechtsanwältin; Begründung; Rechtspflege; Urteils; Gesuch; Beschwerdeverfahren; Parteien; Geschäfts-Nr; Sinne; Feststellung; ädigt
Rechtsnorm:Art. 106 ZPO ;Art. 110 ZPO ;Art. 122 ZPO ;Art. 29 BV ;Art. 320 ZPO ;Art. 321 ZPO ;Art. 324 ZPO ;Art. 326 ZPO ;Art. 327 ZPO ;Art. 404 OR ;Art. 5 BV ;Art. 52 ZPO ;Art. 57 ZPO ;Art. 9 BV ;Art. 93 BGG ;
Referenz BGE:136 I 184; 138 III 374; 139 III 466; 140 III 501;
Kommentar:
Niklaus Schmid, Schweizer, Praxis, Art. 354 OR, 2009

Entscheid des Kantongerichts RB200018

Obergericht des Kantons Zürich

I. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: RB200018-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin Dr. D. Scherrer, Vorsitzende, Oberrichterin

Dr. L. Hunziker Schnider und Oberrichter Dr. M. Kriech sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. S. Notz

Beschluss vom 15. September 2020

in Sachen

X. ,

Beschwerdeführerin

gegen

Kanton Zürich,

Beschwerdegegner

vertreten durch Bezirksgericht Zürich

betreffend Erbteilung (Honorar unentgeltliche Rechtspflege) Beschwerde gegen eine Verfügung des Bezirksgerichtes Zürich,

3. Abteilung, im ordentlichen Verfahren vom 20. Juli 2020 (CP110012-L)

Erwägungen:

1. Im zwischen der Klägerin A. und dem Beklagten 1 B. hängigen Erbteilungsverfahren fällte die Vorinstanz am

6. Dezember 2019 ihr Urteil (Urk. 5/4, Urk. 6/368). Die Gerichtskosten wurden der Klägerin (und zugleich Beklagten 2) zu zwei Dritteln und dem Beklagten 1 zu einem Drittel auferlegt (Dispositiv-Ziffer 16), und der Beklagte 1 wurde verpflichtet, der Klägerin die Kosten für das Schlichtungsverfahren im Umfang von Fr. 407.zu ersetzen. Im Übrigen wurden die Prozessentschädigungen wettgeschlagen (Dispositiv-Ziffern 18-19). Dispositiv-Ziffer 20 des Urteils lautet wie folgt: Die unentgeltlichen Rechtsbeiständinnen der Parteien werden mit separater Verfügung entschädigt. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin mit Eingabe vom 24. Februar 2020 Berufung erhoben, welche unter der Geschäfts-Nr. LB200010-O bei der Kammer anhängig ist (vgl. Urk. 376 im Verfahren LB200010-O). Dispositiv-Ziffer 20 des Urteils blieb unangefochten. Verlangt wurde hingegen die Neufestsetzung der Kostenund Entschädigungsfolgen (Dispositiv-Ziffern 15-19). Das Berufungsverfahren ist pendent.

  1. Mit Eingabe vom 6. Juli 2020 ersuchte Rechtsanwältin X.

    die

    Vorinstanz um Entschädigung als unentgeltliche Rechtsbeiständin des Beklagten

    1 für vier Honorarnoten in Höhe von insgesamt Fr. 34'015.10 (Urk. 5/11 = Urk. 6/377). Mit Verfügung vom 20. Juli 2020 (Urk. 2 = Urk. 6/378) wies die Vorinstanz das Ersuchen von Rechtsanwältin X. um Entschädigung als unentgeltliche Rechtsbeiständin mangels entsprechender Bestellung ab. Zur Begrün- dung wurde ausgeführt, auf Gesuch des Beklagten 1 sei Rechtsanwalt Y. (der mit Beschluss vom 30. Januar 2018 als unentgeltlicher Rechtsbeistand ernannt worden war) mit Verfügung vom 21. Dezember 2018 als bisheriger unentgeltlicher Rechtsbeistand des Beklagten 1 per 31. Dezember 2018 entlassen worden (Urk. 5/8 = Urk. 6/322). Als Folge davon sei die Vorladung für die Beweisverhandlung vom 8. Januar 2019 abgenommen worden (Urk. 6/321/1-2). Damals sei noch nicht festgestanden, wer künftig die Rechtsvertretung des Beklagten 1 übernehmen werde. Mit Eingabe vom 17. Januar 2019 habe Rechtsanwältin

    1. das Gericht über ihre Mandatierung informiert und habe eine entsprechende Vollmacht eingereicht (Urk. 5/9 = Urk. 6/329 f.). Ein Gesuch des Beklagten 1 um eine neue Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsvertreterin sei indes-

      sen ausgeblieben. Den Wunsch um Bestellung von Rechtsanwältin X. zu

      seiner unentgeltlichen Rechtsvertreterin habe er ebenso nicht angebracht. Mangels eines Gesuchs um neue Bestellung einer unentgeltlichen Rechtsvertretung sei Rechtsanwältin X. bis zur erstinstanzlichen Verfahrenserledigung nicht als unentgeltliche Rechtsbeiständin des Beklagten 1 bestellt worden. Sie könne von der Dispositiv-Ziffer 20 des Urteils vom 6. Dezember 2019 ungeachtet des Plurals nicht mitumfasst sein. Sodann fehle mangels der notwendigen Bestellung die Grundlage für eine Entschädigung als unentgeltliche Rechtsbeiständin.

  2. Gegen diese Verfügung erhob Rechtsanwältin X. mit Eingabe vom 29. Juli 2020 sowohl im Namen des Beklagten 1 als auch in eigenem Namen innert Frist (Urk. 1 i.V.m. Urk. 6/379) Beschwerde mit folgenden Rechtsbegehren (Urk. 1 S. 3):

    1. Die vorliegende Beschwerde sei gutzuheissen.

    1. Die Verfügung vom 20. Juli 2020 sei aufzuheben.

    2. Es sei festzustellen, dass Rechtsanwältin X. seit 17. Januar 2019 im Verfahren Geschäfts-Nr.CP110012-L/Z45 als unentgeltliche Rechtsbeiständin von B. eingesetzt ist.

    3. Es sei Rechtsanwältin X. als unentgeltliche Rechtsbeiständin von B.

      für das Verfahren Geschäfts-Nr. CP110012L/Z45 eine Entschädigung in der Höhe von CHF 34'015.10 (inkl. Auslagen und inkl. 7.7 % Mehrwertsteuer) zuzusprechen.

    4. Eventualiter sei die Sache mit klaren Anweisungen zur neuen Festsetzung der Entschädigung der Beschwerdeführerin 2 im Sinne der nachstehenden Begründung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

    5. Alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten des Staates. Der Beschwerdeführerin 2 sei insbesondere eine angemessene Parteibzw. Umtriebsentschädigung für das Verfahren vor dem Obergericht des Kantons Zürich zuzusprechen.

      Es wurden zwei Verfahren angelegt, das Verfahren RB200016 i.S. des Beklagten 1 und das vorliegende Verfahren RB200018 i.S. X. (fortan Beschwerdeführerin) je gegen den Kanton Zürich. Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (Urk. 6/1-380 in RB200016).

  3. Die Prozessvoraussetzungen sind erfüllt. Ein Entscheid betreffend die Festsetzung der Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistandes betrifft die Prozesskosten. Er stellt einen Kostenentscheid dar, der selbständig mit Beschwerde anfechtbar ist (Art. 319 lit. b Ziff. 1 i.V.m. Art. 110 ZPO; vgl. statt Vieler ZR 111 (2012) Nr. 53, E. 3; BK ZPO-Bühler, Art. 122 N 42 und N 74 m.w.Hinw.).

    Die Legitimation zur Beschwerde hängt von der angefochtenen Anordnung (Anfechtungsobjekt) ab. Zur Beschwerde gegen den Entschädigungsentscheid legitimiert ist primär der unentgeltliche Rechtsbeistand (ZR 111 (2012) Nr. 53, E. 3; BK ZPO-Bühler, Art. 122 N 46 m.w.Hinw.). Gegenpartei (Beschwerdegegner) ist der Staat. Auf die fristund formgerecht erhobene Beschwerde (vgl. Art. 321 Abs. 1 und 2 und Art. 142 f. ZPO sowie Urk. 1 i.V.m. Urk. 6/379) ist somit - unter Vorbehalt genügender Begründung (vgl. nachstehend) einzutreten. Die vorgängige Einholung einer vorinstanzlichen Stellungnahme erscheint entbehrlich (vgl. Art. 324 ZPO).

  4. Mit der Beschwerde können unrichtige Rechtsanwendung und offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Dabei hat sich die beschwerdeführende Partei in ihrer schriftlichen Beschwerdebegründung (im Sinne einer Eintretensvoraussetzung) konkret mit den vorinstanzlichen Erwägungen auseinanderzusetzen, d.h. argumentativ auf die Begründung des angefochtenen Entscheids einzugehen und im Einzelnen aufzuzeigen, inwiefern der angefochtene Entscheid als fehlerhaft zu betrachten ist bzw. worin ein Mangel im Sinne von Art. 320 ZPO liegt (Art. 321 Abs. 1 ZPO und dazu BGer 5A_247/2013 vom 15. Oktober 2013, E. 3; BGer 5D_65/2014 vom 9. September 2014, E. 5.4.1; BGer 5A_488/2015 vom 21. August 2015, E. 3.2, je m.Hinw. auf BGE 138 III 374 E. 4.3.1 S. 375). Was in der Beschwerde nicht nicht in einer den gesetzlichen Begründungsanforderungen genügenden Weise beanstandet wird, braucht von der Rechtsmittelinstanz nicht überprüft zu werden und hat grundsätzlich Bestand, es sei denn, ein Mangel springe geradezu ins Auge. Insofern erfährt der Grundsatz iura novit curia (Art. 57 ZPO) im Beschwerdeverfahren eine Relativierung (BK ZPO I-Hurni, Art. 57 N 21 und N 39 ff.).

    Neue Anträge, neue Tatsachenbehauptungen und neue Beweismittel sind im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO). Diese Einschränkung gilt indessen nicht für Vorbringen, zu welchen erst der angefochtene Entscheid selber Anlass gibt (BSK ZPO-Spühler, Art. 326 N 1; BGE 139 III 466, E. 3.4.).

  5. Die Beschwerdeführerin stellt im Beschwerdeverfahren neben dem Begehren auf Zusprechung einer Entschädigung neu ein Feststellungsbegehren, wonach festzustellen sei, dass sie am 17. Januar 2019 im Erbteilungsverfahren als unentgeltliche Rechtsbeiständin von B. eingesetzt worden sei.

Die Feststellungsklage ist gegenüber Leistungsklagen grundsätzlich subsidiär, d.h. es fehlt i.d.R. am schutzwürdigen Feststellungsinteresse (Füllemann, DIKE-Komm-ZPO, Art. 88 N 12; BSK ZPO-Weber, Art. 88 N 15). Wird ein Feststellungsbegehren mit einer Klage auf Leistung verbunden, so kommt jenem in der Regel keine selbständige Bedeutung zu. Vorliegend stellt die Einsetzung der Beschwerdeführerin als unentgeltliche Rechtsbeiständin notwendige Vorbedingung einer Entschädigung dar. Ob die Beschwerdeführerin als unentgeltliche Rechtsbeiständin des Beklagten 1 eingesetzt ist, bildet mit anderen Worten eine Vorfrage bzw. ein Begründungselement auf dem Weg zu einem Entscheid (Leistungsurteil) bezüglich der anbegehrten Entschädigung der Beschwerdeführerin als unentgeltliche Rechtsbeiständin. Daran ändert nichts, dass gerade die Frage der Einsetzung der Beschwerdeführerin als unentgeltliche Rechtsbeiständin des Beklagten 1 der vorliegend massgeblich umstrittene Punkt ist. Insoweit ist das Feststellungsbegehren überflüssig und im Sinne einer Vorfrage zu prüfen.

    1. Gemäss Art. 118 Abs. 1 lit. c ZPO ist der unentgeltliche Rechtsbeistand gerichtlich zu bestellen. Die Einsetzung zum unentgeltlichen Rechtsbeistand erfolgt durch Verfügung Beschluss. Das Gesetz gibt dem Gesuchsteller nur das Recht, in seinem Gesuch den gewünschten Rechtsbeistand zu bezeichnen (Art. 119 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Das Gericht ist nicht verpflichtet, dem Wunsch Rechnung zu tragen. Auch gestützt auf Art. 29 Abs. 3 BV besteht kein freies Wahlrecht des Verbeiständeten (BK ZPO-Bühler, Art. 118 N 67 m.w.Hinw.; ZK ZPO-Emmel, Art. 119 N 9 m.w.Hinw.). In der Praxis wird dem Antrag, den bereits

      mandatierten Anwalt als unentgeltlichen Rechtsbeistand zu bestellen, allerdings regelmässig entsprochen (BK ZPO-Bühler, Art. 118 N 69; BSK ZPORüegg/Rüegg, Art. 118 N 15). Die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes begründet ein öffentlich-rechtliches Verhältnis zwischen diesem und dem Staat, für dessen Auflösung Art. 404 OR nicht massgebend ist. Die vorzeitige Beendigung der unentgeltlichen Verbeiständung bedarf stets der Zustimmung des ernennenden Gerichts in Form eines Entscheides (BK ZPO-Spühler, Art. 118 N 72). Wird der unentgeltliche Rechtsbeistand auf entsprechendes Gesuch hin entlassen, ist er durch einen Nachfolger zu ersetzen (BSK ZPO-Rüegg/Rüegg, Art. 118 N 15).

    2. Die Beschwerdeführerin bringt vor (Urk. 1 S. 9 ff. Ziff. 2.3), die Vorinstanz verkenne, dass sie und der Beklagte 1 aufgrund von Dispositiv-Ziffer 1 der Verfügung vom 21. Dezember 2018 keine Veranlassung gehabt hätten, formell ihre Ernennung als unentgeltliche Rechtsbeiständin zu verlangen. Am 21. Dezember 2018 sei der Wechsel des unentgeltlichen Rechtsbeistandes bewilligt worden (Urk. 5/8 = Urk. 6/322). Der Wechsel impliziere, dass die neue Rechtsbeiständin in die bereits erteilte unentgeltliche Rechtspflege eintrete. Andernfalls hätte die Vorinstanz mit der Verfügung vom 21. Dezember 2018 lediglich Rechtsanwalt

      als unentgeltlichen Rechtsbeistand entlassen müssen. Die Vorinstanz

      handle überspitzt formalistisch, wenn sie behaupte, es hätte ein formeller Antrag auf Ernennung erfolgen müssen, weil sie explizit den Wechsel des unentgeltlichen Rechtsbeistandes gutgeheissen und damit den Eintritt der neuen Rechtsvertretung in die unentgeltliche Rechtspflege stillschweigend impliziert habe. Sie verletze damit Art. 29 Abs. 1 BV. Das ergebe sich auch daraus, dass der Beklagte 1 am

      8. Februar 2018 einen etwaigen Prozessgewinn bis zur Höhe von CHF 155'000.zur Deckung der Kosten, die dem Kanton Zürich für die Honorierung des unentgeltlichen Rechtsvertreters entstünden, abgetreten habe (Urk. 5/10 = Urk. 6/277). Der Beklagte 1 habe sodann einzig die Auswechslung seines unentgeltlichen Rechtsbeistandes beantragt, nicht aber auf die unentgeltliche Rechtsverbeistän- dung verzichtet. Für sämtliche Beteiligten sei klar gewesen, dass die neue Rechtsbeiständin als unentgeltliche Rechtsbeiständin in den Prozess eintreten werde. Der Beklagte 1 sei deswegen von der Vorinstanz auch nie aufgefordert

      worden, die neue unentgeltliche Rechtsbeiständin zu benennen, weil diese am

      17. Januar 2019 stillschweigend in die bereits erteilte unentgeltliche Rechtspflege eingetreten sei. Sie und der Beklagte 1 hätten nach Treu und Glauben aus der Formulierung der Vorinstanz nichts anderes schliessen dürfen, als dass die neue Rechtsbeiständin in die bereits erteilte unentgeltliche Rechtspflege eintreten werde. Sie habe am 17. Januar 2019 das Mandatsverhältnis bekannt gegeben (Urk. 5/9 = Urk. 6/329 f.) und sei entsprechend in die Position der unentgeltlichen Rechtsbeiständin eingetreten. Die formelle Ernennung sei spätestens mit dem Urteil vom 6. Dezember 2019 mit Dispositiv-Ziffer 20 erfolgt (Urk. 5/4 = Urk. 6/368), wonach die unentgeltlichen Rechtsbeiständinnen mit separater Verfügung entschädigt würden. Sie sei folglich ernannt worden und habe Anspruch auf angemessene Entschädigung, zumal der Beklagte 1 den etwaigen Prozessgewinn zur Bezahlung der Kosten abgetreten habe.

    3. Entsprechend den Ausführungen in Erwägung 7.1 kann der Beschwerdeführerin nicht darin gefolgt werden, das Wort Wechsel in der Verfügung vom

21. Dezember 2018 impliziere, dass die neue Rechtsbeiständin in die bereits erteilte unentgeltliche Rechtspflege eintrete. Da kein freies Wahlrecht des Verbeiständeten besteht, bedarf es einer formellen gerichtlichen Bestellung der unentgeltlichen Rechtsbeiständin. Es erscheint daher auch nicht als überspitzt formalistisch, wenn die Vorinstanz einen entsprechenden Antrag auf Ernennung verlangt. Eine Verletzung von Art. 29. Abs. 1 BV liegt darin nicht begründet, auch nicht unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beklagte 1 einen etwaigen Prozessgewinn bis zu einer bestimmten Höhe zur Deckung der Prozesskosten an den Kanton Zürich abgetreten hat. Der abgetretene Prozessgewinn ist zwar auch zur Deckung der Kosten bestimmt, die dem Kanton Zürich für die Honorierung der unentgeltlichen Rechtsvertretung dereinst entstehen sollten. Soweit keine entsprechenden Kosten entstehen, erfolgt aber auch keine Inanspruchnahme des abgetretenen Prozessgewinns. Hingegen stellt sich die Frage, ob ein Antrag auf Ernennung der Beschwerdeführerin zur unentgeltlichen Rechtsbeiständin des Beklagten 1 nicht zumindest implizite vorliegt und nur die formelle Bestellung unterblieben ist, welche nachzuholen wäre. Zu Recht macht die Beschwerdeführerin geltend, dass der Beklagte 1 nur eine Auswechslung des unentgeltlichen Rechtsvertreters beantragt und damit nicht auf eine unentgeltliche Rechtsvertretung verzichtet hat. Im Zeitpunkt der Bewilligung des Wechsels (21. Dezember 2018) stand nach Angaben der Vorinstanz einfach noch nicht fest, wer künftig die Rechtsvertretung übernehmen werde. Die Ernennung eines neuen unentgeltlichen Rechtsvertreters war daher im Zeitpunkt der Bewilligung des Wechsels noch nicht möglich. Nachdem die Beschwerdeführerin das Gericht am 17. Januar 2019 über ihre Mandatierung informiert und eine entsprechende Vollmacht eingereicht hatte, stand die künftige Rechtsvertretung jedoch fest. Diese Information konnte daher nicht anders denn als Antrag auf Ernennung zur unentgeltlichen Rechtsvertretung verstanden werden. Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 52 ZPO, Art. 9 BV) folgt, dass auch Prozesshandlungen der Parteien nach Treu und Glauben auszulegen sind, d.h. sie dürfen so verstanden werden, wie sie unter Berücksichtigung aller Umstände objektiv aufgefasst werden dürfen. Bei Unklarheit, Widersprüchlichkeit offensichtlicher Unvollständigkeit von Prozesshandlungen hätte das Gericht der Partei durch entsprechende Fragen Gelegenheit zur Klarstellung und Ergänzung zu geben (BK ZPO-Hurni, Art. 52 N 18 f. m.w.Hinw.; KUKO ZPO-Oberhammer, Art. 52 N 7a). Da die formelle Ernennung der Beschwerdeführerin zur unentgeltlichen Rechtsbeiständin bis heute unterblieben ist, muss sie daher rückwirkend auf den 17. Januar 2019 - nachgeholt werden.

    1. Nicht gefolgt werden kann der Beschwerdeführerin, dass die formelle Ernennung zur unentgeltlichen Rechtsbeiständin mit Dispositiv-Ziffer 20 des Urteils vom 6. Dezember 2019 erfolgt sei, wonach die unentgeltlichen Rechtsbeiständin- nen mit separater Verfügung entschädigt würden (Urk. 1 S. 12 Ziff. 2.3). Mit dieser Dispositiv-Ziffer wurden die Parteien einzig darauf hingewiesen, dass die Honorierung der unentgeltlichen Rechtsvertretung, wie das im Kanton Zürich im Zivilprozess üblich ist, separat - und nicht bereits mit dem Urteil erfolgen wird. Eine andere Bedeutung kommt ihr nicht zu. Aus dem benutzten Plural kann wie auch die Vorinstanz sinngemäss ausführt (vgl. oben Urk. 2 S. 2) jedenfalls keine Ernennung der Beschwerdeführerin zur unentgeltlichen Rechtsbeiständin abgeleitet werden. Hingegen zeigt diese Formulierung, dass auch die Vorinstanz davon ausgegangen ist, dass die Beschwerdeführerin als unentgeltliche Rechtsbeiständin des Beklagten 1 handelte, und sie wohl erst im Nachhinein bei der Behandlung

      des Entschädigungsgesuchs bemerkt hat, dass es an der notwendigen formellen Bestellung fehlt.

    2. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) und des Legalitätsprinzips (Art. 5 Abs. 1 BV) geltend macht, indem die Vorinstanz nicht begründet habe, weshalb DispositivZiffer 20 des Urteils vom 6. Dezember 2019 nicht gelten solle und ein vollstreckbares und rechtskräftiges Urteilsdispositiv nicht umgesetzt habe (Urk. 1 S. 13 Ziff. 2.4 ff.), kann ihr ebenso wenig gefolgt werden. Das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verlangt, dass die Begründung eines Entscheids so abgefasst ist, dass sich der Betroffene über dessen Tragweite Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In der Begründung müssen daher wenigstens kurz die wesentlichen Überlegungen genannt werden, von denen sich das Gericht hat leiten lassen und auf die sich sein Entscheid stützt (BGE 136 I 184 E. 2.2.1; 134 I 83 E. 4.1). Die Überlegungen, von denen sich die Vorinstanz mit Bezug auf Dispositiv-Ziffer 20 hat leiten lassen, hat sie, wenn auch knapp, dargelegt. Vorbringen der Beschwerdeführerin zum Verständnis von Dispositiv-Ziffer 20, mit denen sie sich hätte auseinandersetzen müssen, lagen der Vorinstanz nicht vor. Mit der eingereichten Kostennote der Beschwerdeführerin musste sie sich unter der Annahme der fehlenden Bestellung nicht auseinandersetzen. Die vorinstanzliche Begründung vermag daher den Anforderungen von Art. 29 Abs. 2 BV zu genügen. Die Beschwerdeführerin war denn auch in der Lage, den Entscheid sachgerecht anzufechten. Es kann ferner nicht gesagt werden, die Vorinstanz habe ein vollstreckbares und rechtskräftiges Urteil nicht umgesetzt und damit das Legalitätsprinzip verletzt. Dispositiv-Ziffer 20 des Urteils vom 6. Dezember 2019 stellt wie bereits erwogen (E. 8.1) lediglich eine Information an die Parteien dar und verpflichtet das Gericht höchstens zu einem Tätigwerden in einem separaten Verfahren. Die Verpflichtung zur Entschädigung der unentgeltlichen Rechtsvertretung selber ergibt sich aus dem Gesetz (Art. 122 ZPO). Ein Verstoss gegen Treu und Glauben (Urk. 1 S. 14 f. Ziff. 2.5 f.) ist diesbezüglich nicht auszumachen, und auch eine unrichtige Erhebung des rechtserheblichen Sachverhalts (Urk. 1 S. 15 Ziff. 2.7) eine Verletzung des Willkürverbots (Urk. 1 S. 16 f. Ziff. 2.9) sind nicht ersichtlich.

    3. Entgegen dem Dafürhalten der Beschwerdeführerin liegt auch keine Verletzung des Anspruchs auf unentgeltliche Rechtsverbeiständung gemäss Art. 29 Abs. 3 BV und Art. 117 ff. ZPO vor (Urk. 1 S. 16 Ziff. 2.8). Die angefochtene Verfügung stellt keine Entscheidung betreffend die Verweigerung den Entzug der unentgeltlichen Rechtspflege (sondern einen Kostenentscheid) dar. Bezüglich eines solchen Entscheides würde der Beschwerdeführerin die Beschwerdelegitimation fehlen, die diesfalls einzig der Partei, d.h. dem Beklagten 1 zustünde. Gegenstand der angefochtenen Verfügung bildet allein die Festsetzung der von der Beschwerdeführerin verlangten staatlichen Entschädigung.

  1. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass ein Gesuch der Beschwerdeführerin um Bestellung als unentgeltliche Rechtsbeiständin des Beklagten 1 nach Treu und Glauben seit dem 17. Januar 2019 vorliegt. Da die formelle Ernennung der Beschwerdeführerin zur unentgeltlichen Rechtsbeiständin bis heute unterblieben ist, muss sie rückwirkend auf den 17. Januar 2019 - nachgeholt werden. Alsdann wird die Beschwerdeführerin zu entschädigen sein. Die Beschwerde erweist sich damit als begründet. Sie ist gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben.

  2. Heisst die Beschwerdeinstanz die Beschwerde gut, fällt sie den neuen Entscheid selber, wenn die Sache spruchreif ist; andernfalls weist sie die Sache an die Vorinstanz zurück (Art. 327 Abs. 3 ZPO). Die Beschwerdeführerin fordert, als unentgeltliche Rechtsvertreterin des Beklagten 1 entschädigt zu werden. Dazu bedarf es vorab eines entsprechenden Ernennungsbeschlusses. Die Sache ist somit nicht spruchreif und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 327 Abs. 3 lit. a ZPO). Eine Rückweisung erscheint im Übrigen auch deshalb sachgerecht, weil die Vorinstanz die Anforderungen und den Verlauf des Verfahrens aus eigener Anschauung kennt und deshalb am besten in der Lage ist zu beurteilen, welcher Aufwand durch die Vertretung tatsächlich erbracht wurde und notwendig war. Da die Entschädigung durch den Kanton vom Prozessausgang abhängig ist, wird sie indes (unter Vorbehalt allfälliger Akonto-Zahlungen; vgl.

    § 23 Abs. 3 AnwGebV) erst nach Erledigung des noch hängigen Berufungsverfahrens (Geschäfts-Nr. LB200010-O) festgesetzt werden können.

  3. Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig (ZR 111 [2012] Nr. 53 E. 6; BGer 2C_1231/2013 vom 3. Januar 2014 E. 3.4 m.w.H.). Ausgangsgemäss hätte, nachdem die Beschwerdeführerin obsiegt, der Beschwerdegegner die Gerichtskosten zu tragen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Gemäss § 200 lit. a GOG werden dem Kanton in Zivilverfahren jedoch keine Gerichtskosten auferlegt. Für das Beschwerdeverfahren sind deshalb keine Kosten zu erheben.

Die Kostenfreiheit gemäss § 200 lit. a GOG gilt nach dem Wortlaut der Vorschrift nur für die Gerichtskosten, nicht auch für die Parteientschädigung (Hauser/Schweri/Lieber, GOG-Kommentar, § 200 N 4). Eine solche ist beantragt (Urk. 1 S. 3) und der obsiegenden Beschwerdeführerin aus der Gerichtskasse zuzusprechen (BGE 140 III 501 E. 4.3.2). Sie ist, ausgehend von einem Streitwert von Fr. 31'583.20.- (verlangte Entschädigung von Fr. 34'015.10 abzüglich Mehrwertsteuer; vgl. Urk. 5/11) in Anwendung von § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1, § 9 sowie

§ 13 Abs. 1 und 2 AnwGebV auf Fr. 1'900.- (inklusive 7,7% Mehrwertsteuer) festzusetzen.

Es wird beschlossen:

  1. Die Verfügung des Einzelgerichts am Bezirksgericht Zürich, 3. Abteilung, vom 20. Juli 2020 wird aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.

  2. Für das Beschwerdeverfahren werden keine Kosten erhoben.

  3. Die Beschwerdeführerin wird für das Beschwerdeverfahren mit Fr. 1'900.aus der Gerichtskasse entschädigt.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Beschwerdeführerin im Doppel für sich und den Beklagten 1, an den Beschwerdegegner unter Beilage eines Doppels von Urk. 1, Urk. 4, Urk. 5/2-4 und Urk. 5/6-12, je gegen Empfangsschein, sowie an die Obergerichtskasse.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist in die Akten des Berufungsverfahrens Geschäfts-Nr. LB200010-O.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.

    Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 31'583.20

    Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung. Hinsichtlich des Fristenlaufs gelten die Art. 44 ff. BGG.

    Zürich, 15. September 2020

    Obergericht des Kantons Zürich

    1. Zivilkammer

Die Gerichtsschreiberin:

lic. iur. S. Notz versandt am:

rl

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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