Zusammenfassung des Urteils PS230042: Obergericht des Kantons Zürich
Die Gläubigerin, eine Gesellschaft, stellte einen Antrag auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines Urteils aus Italien gegen die Schuldnerin in der Schweiz. Der Antrag wurde vom Gericht genehmigt, und es wurde ein Arrestbefehl erlassen. Die Schuldnerin legte Einspruch gegen den Arrestbefehl ein und beantragte dessen Aufhebung. Das Gericht wies den Einspruch ab und verpflichtete die Schuldnerin, Gerichtskosten und eine Parteientschädigung zu zahlen. Die Schuldnerin legte daraufhin Berufung ein, die jedoch abgewiesen wurde. Die Gerichtskosten wurden der Schuldnerin auferlegt, und keine Parteientschädigung wurde zugesprochen.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PS230042 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 25.07.2023 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Arresteinsprache |
Schlagwörter : | Arrest; Schuldner; LugÜ; Schuldnerin; Recht; Entscheid; Urteil; Verfahren; LugÜ-; Arresteinsprache; Rechtsbehelf; Vollstreckbarkeit; Sistierung; Gesuch; Gesuchsgegnerin; Einsprache; Vorinstanz; Gläubiger; Auflage; Gläubigerin; SchKG; Vollstreckung; Rechtsmittel; Berufung; Urteils; Verfahrens; Parteien; Staat; Einzelgericht |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 126 ZPO ;Art. 271 KG ;Art. 273 KG ;Art. 278 KG ;Art. 312 ZPO ;Art. 320 ZPO ;Art. 321 ZPO ;Art. 326 ZPO ;Art. 327a ZPO ;Art. 98 BGG ; |
Referenz BGE: | 145 III 324; 147 III 491; |
Kommentar: | - |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PS230042-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. A. Strähl, Vorsitzende, Ersatzrichterin lic. iur.
N. Jeker und Ersatzrichter lic. iur. T. Engler sowie Gerichtsschreiberin MLaw J. Camelin-Nagel
Urteil vom 25. Juli 2023
in Sachen
,
Gesuchsgegnerin, Einsprecherin und Beschwerdeführerin vertreten durch Fürsprecher X. ,
gegen
S.R.L.,
Gesuchstellerin, Einsprache- und Beschwerdegegnerin
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Y1. , vertreten durch Rechtsanwältin MLaw Y2. ,
betreffend Arresteinsprache
Erwägungen:
Sachverhalt und Prozessgeschichte
Die Gesuchstellerin, Einsprache- und Beschwerdegegnerin B.
S.R.L. macht gegenüber der Gesuchsgegnerin, Einsprecherin und Beschwerdeführerin A. eine Forderung über Fr. 25'446.30 (entsprechend
USD 29'534.06 bzw. EUR 26'348.50 zum Tageskurs vom 19. September 2022) zuzüglich Zinsen geltend. Sie stätzt die Forderung auf ein Urteil des Tribunale di Genova vom 25. März 2022 (vgl. act. 1 S. 2, act. 3/7). Die Gesuchstellerin, Einsprache- und Beschwerdegegnerin wird daher nachfolgend als Gläubigerin bezeichnet, die Gesuchsgegnerin, Einsprecherin und Beschwerdeführerin als Schuldnerin.
Die Gläubigerin stellte mit Eingabe vom 19. September 2022 (Eingang beim Gericht: 21. September 2022) vor dem Einzelgericht des Bezirksgerichts Zürich das folgende Arrestbegehren (act. 1 S. 2):
1. Das in Italien gegen die Gesuchsgegnerin ergangene Urteil des Gerichts Genua ( Tribunale di Genova), Urteil Nr. 763/2022 vom 25. März 2022 (RG Nr. 5658/2020, Verzeichnis Nr. 794/2022) sei für das Gebiet der schweizerischen Eidgenossenschaft zu anerkennen und für vollstreckbar zu erklären.
25'446.30 (entspricht USD 29'534.06 bzw. EUR 26'348,50 zum Tageskurs
vom 19. September 2022) zzgl. von 1.25 % p.a. seit dem 17. Mai 2022 sowie der Kosten des vorliegenden Verfahrens, zu verarrestieren.
Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Gesuchsgegnerin.
Mit Entscheid vom 21. September 2022 erklärte das Einzelgericht Audienz des Bezirksgerichts Zürich das Urteil des Gerichts Genua (Tribunale di Genova) vom 25. März 2022 (Urteil-Nr. 763/2022, RG-Nr. 4648/2020, Verzeichnis-Nr. 794/2022) für vollstreckbar. Der Entscheid wurde den Parteien schriftlich eröffnet, der Schuldnerin auf dem Rechtshilfeweg (act. 27/6; vgl. auch act. 36 S. 3).
Ebenfalls am 21. September 2022 erliess das Einzelgericht Audienz gestätzt auf Art. 272 Abs. 1 Ziff. 6 SchKG den beantragten Arrestbefehl für die geltend gemachte Forderung der Gläubigerin (vgl. act. 4). Am 23. September 2022 vollzog das Betreibungsamt Zürich 1 den Arrestbefehl (Arrest-Nr. ..., act. 13).
Am 13. Oktober 2022 erhob die Schuldnerin Einsprache gegen den Arrestbefehl und beantragte dessen Aufhebung unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Gläubigerin (act. 6). Mit Eingabe vom 21. Oktober 2022 reichte die Schuldnerin ein weiteres Beweismittel zu den Akten (act. 9 f.), und am
Dezember 2022 (nach Erstreckung der dafür angesetzten Frist) Ergänzte sie die Begründung der Arresteinsprache (act. 19) und stellte folgende Anträge:
1. Der Arrestbefehl vom 21. September 2022 sei aufzuheben.
Das Betreibungsamt Zürich 1, Gessnerallee 50, 8001 Zürich, sei anzuweisen, den Arrest Nr. ... unverzüglich aufzuheben.
Das Urteil des Gerichts Genua vom 28. März 2021 [recte: 25. März 2022] Urteil Nr. 763 (2022, RG-Nr. 4648/2020, Verzeichnis-Nr. 794/2022) sei nicht als definitiver Rechtsöffnungstitel anzuerkennen.
Eventualiter wird beantragt, das Verfahren bis am 28.09.2023 zu sistieren;
Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zzgl. Auslagen und MwSt. zulasten der Einsprachegegnerin.
Die Gläubigerin nahm am 18. Januar 2023 Stellung zur Arresteinsprache und beantragte, diese sei vollumfänglich abzuweisen und der Arrest Nr. ... sei im vollen Umfang aufrecht zu erhalten, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Schuldnerin (act. 25 S. 2).
Die Schuldnerin reichte mit Eingabe vom 8. Februar 2023 eine weitere Stellungnahme zu den Akten und hielt die bereits zitierten Rechtsbegehren Ziff. 1, 2, 4 und 5 (vgl. vorstehend Ziff. 1 .5) aufrecht; die eventualiter geltend gemachte Sistierung des Verfahrens verlangte die Schuldnerin neu bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens in Italien (vgl. act. 32 S. 2).
Das Einzelgericht Audienz des Bezirksgerichts Zürich (nachfolgend auch: die Vorinstanz) erliess am 24. Februar 2023 den folgenden Entscheid (act. 33 = act. 36 = act. 38, nachfolgend zitiert als act. 36):
1. Das Gesuch um Sistierung des Verfahrens wird abgewiesen.
Die Einsprache gegen den Arrestbefehl vom 21. September 2022, Geschöfts-Nr. EQ220148-L; Arrest-Nr. ..., Betreibungsamt Zürich 1, wird abgewiesen.
Die Entscheidgebühr von Fr. 500 wird der Gesuchsgegnerin auferlegt.
Sie wird von der Gesuchstellerin bezogen, ist ihr aber von der Gesuchsgegnerin zu ersetzen.
Die Gesuchsgegnerin wird verpflichtet, der Gesuchstellerin eine Parteientschädigung von Fr. 1'800 zu bezahlen.
[5.-6 Mitteilung, Rechtsmittel]
Der Entscheid wurde beiden Parteien am 28. Februar 2023 zugestellt (vgl. act. 34/1-b).
Mit als Berufung bezeichneter Eingabe vom 9. März 2023 (Datum Poststempel) erhob die Schuldnerin ein Rechtsmittel gegen den Entscheid vom
Februar 2023. Sie stellte die folgenden Anträge (act. 37 S. 2):
1. Der Entscheid des Bezirksgerichts Zürich vom 24. Februar 2023 sei voll- umfänglich aufzuheben.
Nicht nur der Antrag auf Aussetzung des laufenden Vollstreckungsverfahrens sei aufrechtzuerhalten, sondern auch die Gründe für die Aussetzung des Anerkennungsverfahrens seien gemäss Art. 37 Abs. 1 und unbeschadet der Art. 33 Abs. 1 und Art. 36 erneut zu prüfen.
Der Arrestbefehl vom 21. September 2022 sei aufzuheben.
Das Betreibungsamt Zürich 1, Gessnerallee 50, 8001 Zürich, sei anzuweisen, den Arrest Nr. ... unverzüglich aufzuheben.
Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zzgl. Auslagen und MwSt. zulasten der Einsprachegegnerin und Berufungsbeklagte.
Mit Verfügung vom 14. März 2023 wurde der Schuldnerin Frist angesetzt, um für das Beschwerdeverfahren (zur Art des Rechtsmittels vgl. nachfolgend
Ziff. 2. 4) einen Kostenvorschuss von Fr. 750 zu bezahlen (act. 40). Die Schuld- nerin leistete den Vorschuss am 30. März 2023 fristgerecht (act. 42).
Mit Verfügung vom 27. April 2023 wurde den Parteien die Gerichtsbesetzung mitgeteilt (act. 43).
Es kann davon abgesehen werden, eine Beschwerdeantwort bzw. eine Vernehmlassung einzuholen (Art. 312 Abs. 1 ZPO). Das Verfahren ist spruchreif. Der Gläubigerin ist mit dem vorliegenden Entscheid noch das Doppel der Beschwerdeschrift zuzustellen.
Prozessuale Vorbemerkungen
Nach Art. 271 Abs. 1 Ziff. 6 SchKG kann ein Gläubiger, der gegen den Schuldner einen definitiven Rechtsöffnungstitel besitzt, Vermögensstücke des Schuldners in der Schweiz mit Arrest belegen lassen. Mit der Einführung dieses Arrestgrundes wurde in Verbindung mit Art. 271 Abs. 3 SchKG die Umsetzung von Art. 41 und Art. 47 sichergestellt. Als definitive Rechtsöffnungstitel nach der Bestimmung gelten insb. sog. Lugano-Urteile, d.h. Urteile aus Vertragsstaaten des Lug, die in dessen Anwendung ergangen sind und demnach nach den Anerkennungsvoraussetzungen des zu vollstrecken sind. Dabei entscheidet das Arrestgericht zusammen mit der Bewilligung des Arrests ausDrücklich im
Dispositiv in einem separaten Entscheid auch über die Vollstreckbarerklärung (vgl. Art. 271 Abs. 3 SchKG sowie BGE 147 III 491 = Pra 2022 Nr. 34
E. 6.2.1).
In der Folge gabelt sich bei Arresten gestützt auf Lug?-Urteile der Rechtsweg. Die Vollstreckbarerklärung (die auch als Exequatur bezeichnet wird) ist mittels des Rechtsbehelfs gemäss Art. 43 f. anzufechten. Im schweizerischen Recht wurde dieser Rechtsbehelf in Form der Beschwerde nach Art. 327a ZPO umgesetzt. Da die erstinstanzliche Vollstreckbarerklärung dem Entscheid erst den Charakter eines Arrestgrunds verleiht, kann und muss das (Nicht-
)Vorliegen dieses Arrestgrunds (und im Zusammenhang damit: das Fehlen einer Arrestforderung) im Rahmen des Lug?-Rechtsbehelfs gerägt werden. Die präfung von Arrestgrund und Arrestforderung erfolgt m.a.W. abschliessend in diesem Verfahren. Für Rügen, welche nicht Gegenstand des Rechtsbehelfsverfahrens sind, steht dagegen die Arresteinsprache zur Verfügung. Mit dieser können alle weiteren arrestspezifischen Voraussetzungen gepröft werden (BGE 147 III 491 = Pra 2022 Nr. 34 E. 6.2.2; vgl. auch SHK Lug?-Dasser/Oberhammer/STAEHELIN,
Auflage 2021, Art. 47 N 75 ff.; BSK Lug?-HOFMANN/KUNZ, 2. Auflage 2016, Art. 47 N 191 f.; vgl. bereits BOLLER, Neuere Rechtsprechung im Arrestrecht, AJP 2015 S. 1282 ff., S. 1297, sowie KUKO SchKG-MEIER-DIETERLE, 2. Auflage 2014,
Art. 278 N 17a ff.). Die beiden Rechtsbehelfe betreffen verschiedene Fragen; es besteht zwischen ihnen daher keine abhängigkeit (vgl. BOLLER, a.a.O., S. 1297
Der Lug?-Rechtsbehelf gegen die Vollstreckbarerklärung ist im Falle des Wohnsitzes des Schuldners in einem anderen Staat innert 2 Monaten ab seiner Zustellung anzuheben (Art. 43 Abs. 5 Lug?). Die Arresteinsprache ist dagegen innert 10 Tagen ab Kenntnis vom Arrest zu erheben (Art. 278 Abs. 1 SchKG).
Im vorliegenden Fall hat das Einzelgericht Audienz wie eingangs angeführt sowohl einen Arrestbefehl erlassen als auch (in einem separaten Entscheid) das von der Gläubigerin vorgelegte Urteil für vollstreckbar erklärt (vgl. vorne
Ziff. 1. 3-1. 4). Die Schuldnerin erhob die eingangs erwähnte Arresteinsprache, welche die Vorinstanz mit dem angefochtenen Entscheid abwies. Dieser Entscheid ist Gegenstand des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens.
Ob die Schuldnerin auch einen Rechtsbehelf (gestützt auf Art. 43 i.V.m. Art. 327a ZPO) gegen den Entscheid über die Vollstreckbarerklärung einlegte bzw. ob ihr dieser überhaupt bereits zugestellt wurde, wann die Frist für den Rechtsbehelf gegebenenfalls ausgeläst wurde und wann sie (allenfalls) verstrichen ist, ist nicht bekannt.
Die Schuldnerin wendet sich mit ihrem als Berufung bezeichneten Rechtsmittel gegen den Entscheid vom 24. Februar 2023, mit dem die Vorinstanz ihre Arresteinsprache abwies (act. 36, 37). Erstinstanzliche Arresteinspracheentscheide können mit Beschwerde nach der ZPO angefochten werden (Art. 278 Abs. 3 SchKG; vgl. auch Art. 309 lit. b Ziff. 6 ZPO sowie act. 36 S. 10). Das irrtümlich als Berufung bezeichnete Rechtsmittel (act. 37) ist als Beschwerde entgegenzunehmen. Mit dieser kann unrichtige Rechtsanwendung sowie offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO).
Die Beschwerde ist gemäss Art. 321 Abs. 1 ZPO zu begründen. Die Beschwerde führende Partei hat sich in der Begründung sachbezogen mit dem angefochtenen Entscheid und dessen Begründung auseinanderzusetzen und hat anzugeben, an welchen konkreten Mängeln der Entscheid ihrer Ansicht nach lei- det (vgl. OGer ZH PS200041 vom 18. Juni 2020, E. 2.3 mit Hinweisen).
Die Schuldnerin erhob die vorliegende Beschwerde innert Frist (vgl.
Art. 321 Abs. 1-2 sowie Art. 251 lit. a ZPO) schriftlich und begründet (vgl. Art. 321 Abs. 1 und 2 ZPO); auf die Beschwerde ist daher einzutreten.
Im Beschwerdeverfahren gegen einen Arresteinspracheentscheid können
? im Sinne einer Ausnahme (Art. 326 Abs. 2 ZPO) neue Tatsachen geltend gemacht werden (Art. 278 Abs. 3 SchKG). Gemeint sind sowohl echte als auch unechte Noven, wobei bei unechten Noven die Voraussetzungen von Art. 317
Abs. 1 ZPO analog anzuwenden sind (vgl. BGE 145 III 324 E. 6.6.4).
Sistierung des Verfahrens über die Arresteinsprache
Die Schuldnerin stellte vor der Vorinstanz wie eingangs angefährt einen Sistierungsantrag (act. 19 S. 2). Sie begründete diesen unter Hinweis auf das in Italien hängige Berufungsverfahren gegen den Entscheid des Tribunale de Genova vom 25. März 2022, wo der Verhandlungstermin am 20. Oktober 2022 wegen
überlastung auf den 28. September 2023 verschoben worden sei (act. 19 S. 3, act. 32 S. 3). Die Vorinstanz pröfte den Sistierungsantrag unter dem Aspekt von Art. 126 ZPO und verneinte die Zweckmässigkeit einer Sistierung (act. 36 S. 9). Im Beschwerdeverfahren hält die Schuldnerin sinngemäss am Antrag auf Sistierung des Einspracheverfahrens fest; sie begründet diesen unter Hinweis auf Art. 37 Abs. 1 (act. 37 S. 3).
Nach der erwähnten, von der Schuldnerin angerufenen Bestimmung kann das Gericht eines durch das gebundenen Staates, vor dem die Anerken- nung eines Urteils aus einem anderen Vertragsstaat verlangt wird, seine Entscheidung aussetzen, wenn gegen das Urteil ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt worden ist (Art. 37 Abs. 1 Lug?). Der Anwendungsbereich von Art. 37 ist allerdings auf die sog. Inzidentanerkennung gemäss Art. 33 Abs. 3 beschränkt. Gemeint wird damit die Konstellation, in welcher ein ausländischer Entscheid in einem inländischen Hauptverfahren vorfrageweise anerkannt werden soll, weil der inlündische Entscheid von der Anerkennung des ausländischen Entscheids abhängt (vgl. BSK Lug?-S CHULER/MARUGG , 2. Auflage 2016, Art. 37 N 3, Art. 33 N 31 f.). Das Arrestbzw. Arresteinspracheverfahren ist kein solches inlündisches (Haupt-)Verfahren (im Sinne eines Zivilprozesses, in welchem rechts- Kräftig über ZivilAnsprüche entschieden wird), sondern ein vollstreckungsrechtliches Verfahren, das sich einzig auf den Arrest bzw. auf dessen Aufhebung bezieht. Eine (auch vorfrageweise) überPrüfung der Vollstreckbarkeit des auslündischen Urteils ist dabei nach dem vorne Gesagten ausgeschlossen (vgl. Ziff. 2. 2). Art. 37 Abs. 1 ist im vorliegenden Verfahren daher nicht anwendbar.
Nach Art. 46 Abs. 1 kann das Gericht, das mit dem Rechtsbehelf nach Art. 43 f. befasst ist, sein Verfahren auf Antrag der Schuldnerin aussetzen, wenn gegen die Entscheidung im Ursprungsstaat ein ordentlicher Rechts-
behelf eingelegt worden ist. Damit soll vermieden werden, dass ein Entscheid vollstreckt wird, der noch nicht rechtsKräftig ist und der im Ursprungsstaat (unter Umständen) im Rechtsmittelverfahren aufgehoben wird; m.a.W., es sollen widersprächliche Entscheidungen in den Lug?-Staaten verhindert werden. Die Bestimmung bezieht sich einzig auf das Verfahren über den Rechtsbehelf gegen die Vollstreckbarerklärung (vgl. BSK Lug?-HOFMANN/KUNZ, 2. Auflage 2015, Art. 46
N 10; SHK Lug?-Dasser/Oberhammer/STAEHELIN/BOPP, 3. Auflage 2021, Art. 46 N 1). Ein innerstaatliches Verfahren über eine Arresteinsprache kann nicht nach dieser Bestimmung ausgesetzt bzw. sistiert werden.
Die Vorinstanz pröfte den Sistierungsbzw. Aussetzungsantrag der Schuldnerin wie erwähnt unter dem Aspekt von Art. 126 ZPO (act. 36 S. 9). Der Beschwerdeschrift ist zu entnehmen, dass die Schuldnerin eine Sistierung des Einspracheverfahrens für zweckmässig hält, weil sie das Urteil des Gerichts von Genua mit einem ordentlichen Rechtsbehelf einer Berufung angefochten habe (act. 37 S. 3).
Das ermöglicht in dieser Konstellation (Hängigkeit eines ordentlichen Rechtsbehelfs gegen das Urteil im Ursprungsstaat) nur dann eine Sistierung des Verfahrens im Vollstreckungsstaat, wenn im zweitgenannten Staat ein Rechtsbelelf gegen die Vollstreckbarerklärung erhoben wurde, d.h. wenn der Entscheid über die Vollstreckbarkeit des Urteils im Vollstreckungsstaat in der Schwebe ist. Im Arresteinspracheverfahren gegen einen Lug?-Arrest darf dagegen die (mit dem Exequatur festgestellte) Vollstreckbarkeit des Urteils (und damit der Arrestgrund) nicht hinterfragt werden. Steht in diesem Sinn fest, dass der Entscheid vollstreckbar ist, kann eine Sistierung des Einspracheverfahrens aufgrund der fehlenden Rechtskraft des Entscheids nicht infrage kommen. Der Begriff der Vollstreckbarkeit würde andernfalls seines Sinnes entleert. Eine Sistierung des Einspracheverfahrens ist daher nicht zweckmässig.
Der vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass es sich auch dann nicht anders verhält, wenn die Frist zur Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen das Exequatur gemäss Art. 43 Abs. 5 noch nicht verstrichen ist bzw. der Schuldnerin ein solcher noch offen steht: Eine Vollstreckung in das Vermögen der Schuldnerin
kann in diesem Fall nicht über sichernde Massnahmen hinausgehen (Art. 47 Abs. 3 Lug?). Ein Lug?-Arrest kann und muss aus diesem Grund auch ungeachtet der allenfalls Früheren Abweisung einer Arresteinsprache erst nach Ablauf der
Frist für die Erhebung des Rechtsbehelfs prosequiert werden (vgl. BSK SchKG II- REISER, 3. Auflage 2021, Art. 279 N 2a). Die Schuldnerin ist in diesem Fall mit an- deren Worten unabhängig vom Schicksal der Arresteinsprache vor der weiteren Vollstreckung in ihr Vermögen geschätzt, solange sie den Rechtsbehelf gegen das Exequatur noch erheben kann und während der Dauer eines Allfälligen solchen Verfahrens. In diesem kann die Schuldnerin sämtliche Rügen im Zusammenhang mit der Vollstreckbarkeit des Urteils vom 25. März 2022 vorbringen. Daher gibt es auch unter dieser prämisse keine Veranlassung für eine Sistierung des Einspracheverfahrens.
Prüfung der Beschwerde
Im vorliegenden Arresteinspracheverfahren sind nach den vorstehenden Ausführungen keine Rügen zum Arrestgrund im Sinne des Vorliegens eines vollstreckbaren Entscheids und zur darin zugesprochenen Arrestforderung zulässig insoweit sei auf das eingangs erwähnte Exequatur verwiesen (vorne Ziff. 1. 3) sondern nur weitere arrestspezifische Einwände (vgl. Ziff. 2. 2). Die Schuldnerin bringt keine solchen weiteren arrestspezifischen Einwände vor, insb. etwa keine Beanstandungen zu den vorinstanzlichen Feststellungen über die Arrestgegenstände bei der C. AG (vgl. act. 36 S. 8) zu anderen Arrestvoraussetzungen. Bereits dies führt zum Schluss, dass die Vorinstanz die Arresteinsprache zu Recht abwies.
Die Vorinstanz hielt der vollständigkeit halber fest, dass die Voraussetzungen der Vollstreckbarkeit nach Art. 38 Abs. 1 selbst wenn sie im vorliegenden Verfahren zu prüfen wären erfüllt seien (act. 36 S. 7). Der angefochtene Entscheid ist aus den folgenden Gründen auch insoweit nicht zu beanstan- den:
Die Gläubigerin reichte mit ihrem Begehren um Vollstreckbarerklärung und Anordnung eines Arrests neben einem Exemplar des Urteils vom 25. März
2022 eine Vollstreckbarkeitsbescheinigung des Gerichts von Genua nach Anhang V zu den Akten; die Bescheinigung datiert vom 6. Juli 2022 (act. 3/7-8).
Die Schuldnerin rägt beschwerdeweise zunächst, dass ihr die Vollstreckbarkeitsbescheinigung im Ursprungsstaat, d.h. in Italien, nicht ordnungsgemäss zugestellt worden sei. Sie habe keine Möglichkeit gehabt, vor dem Exequaturverfahren im Herkunftsstaat Widerspruch einzulegen. Die Schuldnerin verweist dazu auf einen Entscheid BGer No. 2006/20 vom 1. März 2006 (act. 37 S. 4).
Das System des sieht (im Zusammenhang mit der Vollstreckbarkeit von Urteilen aus Vertragsstaaten) im Vollstreckungsstaat ein einseitiges erstinstanzliches Exequaturverfahren ohne Anhürung der Schuldnerin vor sowie (wie erwähnt) ein zweitinstanzliches Rechtsbehelfsverfahren; erst in diesem wird der Schuldnerin das rechtliche Gehör Gewährt und werden etwaige Anerkennungshindernisse gepröft (vgl. Art. 41, 43 sowie BSK Lug?-H OFMANN/KUNZ, 2. Auflage 2016,
Art. 38 N 3, SHK Lug?-Dasser/Oberhammer/MARRO, 3. Auflage 2021, Art. 54
N 11). Eine Pflicht des Gerichts im Ursprungsstaat, die Schuldnerin nach dem Erlass des Urteils zur Vollstreckbarkeitsbescheinigung anzuhören, wäre in diesem System ein FremdKörper und ist im nicht vorgesehen. Dass das italie- nische Zivilprozessrecht so etwas verlangt, macht die Schuldnerin nicht geltend.
Was das erwähnte BGer-Zitat der Schuldnerin angeht (vgl. act. 37 S. 4), ist anzu- nehmen, dass die Schuldnerin sich auf BGer 4P.331/2005 vom 1. März 2006 bezieht (es handelt sich dabei soweit ersichtlich um den einzigen Entscheid des Bundesgerichts von diesem Datum, der Vollstreckungsfragen bei internationalen Zivilsachen betrifft). Der Entscheid bezieht sich auf die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen aus Lug?-Staaten, durch welche einstweilige auf eine Sicherheit gerichtete Massnahmen angeordnet werden, konkret auf einen sog. Freezing order englischen Rechts. Solche Anordnungen dürfen bzw. durften nach der damals massgeblichen Rechtsprechung nicht vollstreckt werden, wenn sie ohne Ladung des Schuldners ergangen waren ohne Zustellung an ihn vollstreckt werden sollten (vgl. BGer 4P.331/2005 vom 1. März 2006 E. 7.2). Für eine Vollstreckbarkeitsbescheinigung über einen Entscheid, der in einem kontra-
diktorischen Verfahren ergangen ist (act. 3/7), gelten diese Anforderungen nicht. Die Rüge der Schuldnerin geht damit fehl.
Im Zusammenhang mit dem bereits erwähnten Rechtsmittel, welches die Schuldnerin in Italien gegen das Urteil vom 25. März 2022 erhob (vgl. auch
act. 37 S. 4 sowie act. 6 und act. 19) hielt die Vorinstanz mit Verweis auf die Vorbringen der Gläubigerin fest, dass ein erstinstanzliches Urteil eines italienischen Gerichts nach der italienischen Zivilprozessordnung grundsätzlich vollstreckbar sei, es sei denn, das Gericht setze die Vollstreckbarkeit auf Antrag einer Partei aus (vgl. act. 36 S. 7 mit Verweis auf act. 25 S. 7 ff., und Art. 282 f. ZPO-IT). Die Schuldnerin habe nicht vorgebracht, in Italien um Aufschub der Vollstreckbarkeit ersucht zu haben (act. 36 S. 7 f.). Die Schuldnerin äussert sich beschwerdeweise nicht zu diesen Fragen. Es ist daher davon auszugehen, dass sie keinen entsprechenden Antrag stellte und dass das erwähnte Berufungsverfahren, welches die Schuldnerin anhob, an der Vollstreckbarkeit des Urteils nichts änderte.
Die Vorinstanz verwies schliesslich richtig auf das im Anwendungsbereich des massgebliche Verbot der r?vision au fond (act. 36 S. 8; vgl. Art. 36 und Art. 45 Abs. 2 Lug?; vgl. auch SHK Lug?- Dasser/Oberhammer/S TAEHELIN/BOPP, 3. Auflage 2021, Art. 45 N 7). Eine Nach- Prüfung der Entscheidung ist inhaltlich nur im engen Rahmen von Art. 34 f. zulässig (zum Ausnahmecharakter dieser Bestimmungen vgl. SHK Lug?- Dasser/Oberhammer/WALTER, 3. Auflage 2021, Art. 34 N 1).
Die Schuldnerin macht eine unrichtige Anwendung der zuständigkeitsbestimmungen der EuGVVO (Verordnung Nr. 1215/12 vom 12. Dezember 2012, sog. Br?sseler Ia-Verordnung) geltend (act. 37 S. 4). Die EuGVVO ist im Verhältnis von EU-Staaten massgeblich; für die Anerkennung und Vollstreckung in der Schweiz (als sog. Nur-Lug?-Staat) ist bei Urteilen aus anderen Lug?-Staaten stets das massgeblich. Dabei ist für die Anwendung der Art. 34 f. im Vollstreckungsstaat nicht massgeblich, ob sich die zuständigkeit des Gerichts im Ursprungsstaat aus dem (bzw. der EuGVVO) ergab aus nationalem Recht (auch: nationalem IPR; vgl. SHK Lug?-Dasser/Oberhammer/W ALTER,
3. Auflage 2021, Art. 32 N 5-7). Eine NachPrüfung der zuständigkeit des Gerichts
im Ursprungsstaat kann im Einzelnen nur bei zuständigkeiten nach den Abschnitten 3, 4 und 6 des Titels II des erfolgen (vgl. Art. 35 Abs. 1 Lug?); gemeint sind damit Versicherungs- und Verbrauchersachen sowie ausschliessliche Zustündigkeiten nach Art. 22 Lug?. Die Schuldnerin verdeutlicht nicht, dass eine solche zuständigkeitsvorschrift (und wenn ja, welche) verletzt wurde. Die Rüge wäre daher auch wenn sie im vorliegenden Verfahren gepröft würde unbe- Gründet.
Die Schuldnerin macht ferner geltend, das Urteil des Tribunale di Genua vom
25. März 2022 enthalte wesentliche Tatsachen- und Rechtsfehler. So würden z.B. Parteien erwähnt, die im Verfahren nicht betroffen seien, und es mangle dem Entscheid an ausreichenden Beweisen für die massgeblichen Kausalzusammenhänge. Die Schuldnerin erwähnt eine Maklertätigkeit der Gläubigerin und nennt Defi- nitionen, die fehlerhaft analysiert worden seien. Ferner bezieht sie sich auf eine ihrer Ansicht nach zweideutige Vertragsklausel und macht geltend, der genaue Forderungsbetrag hätte durch zusätzliche Ermittlungen festgestellt werden mössen, da er von den Vertragsparteien nicht festgelegt worden sei (act. 37 S. 2, 4 f.; vgl. auch bereits act. 6 und act. 19). Mit diesen Vorbringen zeigt die Schuldnerin keine Umstände auf, welche der Anerkennung und Vollstreckung des Urteils vom
25. März 2022 nach Art. 34 f. entgegen gehalten werden könnten.
Die Schuldnerin verweist schliesslich auf die Dauer des italienischen Berufungsverfahrens (vgl. vorne Ziff. 3. 1). Die Verfahrensdauer mag für die Schuld- nerin belastend sein, aber sie ändert nichts an den Feststellungen über die Arrestvoraussetzungen. Für einen Allfälligen Schaden, welchen die Schuldnerin infolge eines (unter Umständen) ungerechtfertigten Arrests erleidet, ist die Schuld- nerin auf die Klage nach Art. 273 SchKG zu verweisen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vorinstanz die Arrestvoraussetzungen zu Recht bejahte. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
Kosten- und Entschädigungsfolgen
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die erst- und die zweitinstanzlichen Prozesskosten der Schuldnerin aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Die Bemessung der Prozesskosten für das erstinstanzliche Verfahren wurde nicht beanstandet. Es bleibt damit beim erstinstanzlichen Kostendispositiv.
In Anwendung von Art. 48 i.V.m. Art. 61 Abs. 1 GebV SchKG ist die Entscheidgebühr für das Beschwerdeverfahren auf Fr. 750 festzusetzen und aus dem von der Schuldnerin geleisteten Vorschuss zu beziehen. Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen. Der Schuldnerin nicht, weil sie unterliegt, der Gläubigerin nicht, da ihr sie hatte keine Beschwerdeantwort zu erstatten keine relevanten Umtriebe entstanden sind, die zu entschädigen wären.
Es wird erkannt:
Die Beschwerde wird abgewiesen. Der Entscheid des Bezirksgerichts Zürich, Einzelgericht Audienz, vom 24. Februar 2023 (Geschäfts-Nr. EQ220178-L) wird bestätigt.
Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf Fr. 750 festgesetzt, der Beschwerdeführerin auferlegt und mit dem geleisteten Vorschuss verrech- net.
Für das Beschwerdeverfahren werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Beschwerdegegnerin unter Beilage eines Doppels der Beschwerdeschrift samt Beilagenverzeichnis (act. 37), an das Bezirksgericht Zürich sowie an das Betreibungsamt Zürich 1, je gegen Empfangsschein.
Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an die Vorinstanz zurück.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-
richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Entscheid über vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG. Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt Fr. 25'446.30.
Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw J. Camelin-Nagel versandt am:
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