Zusammenfassung des Urteils PS220111: Obergericht des Kantons Zürich
Es handelt sich um einen Rechtsstreit bezüglich der provisorischen Eintragung von Pfandrechten zwischen A.________ und der Stockwerkeigentümergemeinschaft C.________. Die Gesuchstellerin beantragte die Eintragung von Pfandrechten auf Grundstück Nr. xx, was vom Einzelrichter am Bezirksgericht Gersau am 22. Januar 2018 genehmigt wurde. Der Gesuchsgegner erhob Berufung und argumentierte gegen die Eintragung der Pfandrechte. Das Kantonsgericht entschied, die Pfandsumme zu reduzieren und setzte eine Frist für die Klage auf definitive Eintragung. Die Gerichtskosten wurden den Parteien entsprechend der Entscheidung aufgeteilt. Der Gesuchsgegner wurde zur Zahlung einer reduzierten Parteientschädigung verpflichtet. Der Entscheid kann beim Bundesgericht angefochten werden.
Kanton: | ZH |
Fallnummer: | PS220111 |
Instanz: | Obergericht des Kantons Zürich |
Abteilung: | II. Zivilkammer |
Datum: | 29.08.2022 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Arrest |
Schlagwörter : | Arrest; SchKG; Entscheid; Forderung; Recht; Schweiz; Gläubiger; LugÜ; Entscheide; Betreibung; Arrestbefehl; Arrestgr; Schuldner; Kosten; Beschwerdegegner; Vorinstanz; Gericht; Raiffeisen; Raiffeisenbank; Kantons; Zivil; Verfügung; Konto; Forderungen; Horgen; Bezirksgericht; Frist; Entscheides |
Rechtsnorm: | Art. 107 ZPO ;Art. 169 StGB ;Art. 271 KG ;Art. 272 KG ;Art. 273 KG ;Art. 275 KG ;Art. 277 KG ;Art. 278 KG ;Art. 279 KG ;Art. 280 KG ;Art. 281 KG ;Art. 320 ZPO ;Art. 326 ZPO ;Art. 57 ZPO ;Art. 82 KG ;Art. 90 BGG ;Art. 92 KG ; |
Referenz BGE: | 131 III 625; 139 III 466; 140 III 385; 142 II 49; 147 III 491; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Geschäfts-Nr.: PS220111-O/U
Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichter lic. iur. et phil.
D. Glur und Oberrichterin lic. iur. A. Strähl sowie Gerichtsschreiberin MLaw M. Schnarwiler
Urteil vom 29. August 2022
in Sachen
,
Gesuchsteller und Beschwerdeführer,
gegen
,
Gesuchs- und Beschwerdegegner,
betreffend Arrest
Beschwerde gegen eine Verfügung des Einzelgerichtes des Bezirksgerichtes Horgen vom 27. Juni 2022 (EQ220003)
Erwägungen:
Prozessgeschichte
Der Gesuchsteller und Beschwerdeführer (fortan Beschwerdeführer) gelangte mit Arrestbegehren vom 23. Juni 2022 an das Einzelgericht des Bezirksgerichtes Horgen (fortan Vorinstanz) und stellte sinngemäss das Begehren, es sei gegen den Gesuchs- und Beschwerdegegner (fortan Beschwerdegegner) ein Arrestbefehl nach Art. 271 SchKG zu erlassen und es sei aufgrund von zwei Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Landgerichtes München vom 23. August 2021 und vom
28. März 2022 auf das Konto des Beschwerdegegners bei der Raiffeisenbank C. für Forderungen von Fr. 3'009.38 nebst 4.12% Zins seit 25. Mai 2021 sowie von Fr. 2'527.75 nebst 4.12% Zins seit 15. März 2022 Arrest zu legen (act. 1/2).
Mit Verfügung vom 27. Juni 2022 trat die Vorinstanz auf das Arrestgesuch nicht ein (act. 4 = act. 7 = act. 9, nachfolgend zitiert als act. 7).
Gegen diesen Entscheid erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 6. Juli 2022 (Datum Poststempel: 7. Juli 2022) rechtzeitig Beschwerde und stellte die folgenden Anträge (act. 8 S. 2 sinngemäss):
Das Bezirksgericht Horgen sei für zuständig zu erklären.
Dem Arrestgesuch sei antragsgemäss zu entsprechen.
Der Beschwerdeführer sei von den Kosten aus der Verfügung vom 27. Juni 2022 des Bezirksgerichtes Horgen zu befreien.
Es sei dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zuzusprechen.
Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 1–5). Mit Verfügung vom 12. Juli 2022 wurde dem Beschwerdeführer Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses in Höhe von Fr. 450.– sowie zur Bezeichnung eines Zustellungsdomizils in der Schweiz angesetzt (act. 11). Die Verfügung wurde dem Beschwerdeführer rechtshilfeweise am 30. Juli 2022 zugestellt (act. 12, letztes Blatt). Ein Vorschuss wurde innert Frist geleistet, aber in zu geringem Umfang von Fr. 446.20
(act. 13). Da es sich bei der Bezahlung des Kostenvorschusses um eine internationale Transaktion gehandelt hat, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer den geforderten Betrag von Fr. 450.– bezahlte, dieser aber um die Transaktionsgebühren geschmälert wurde. Unter diesen Umständen ist auf die Ansetzung einer Nachfrist zu verzichten. Die Bezeichnung einer Zustelladresse in der Schweiz erfolgte innert Frist nicht, weshalb die Zustellung dieses Entscheides wie ange- droht mittels Publikation im Amtsblatt des Kantons Zürich erfolgt. Das Verfahren erweist sich als spruchreif.
Prozessuale Vorbemerkungen
Gegen erstinstanzliche Endentscheide in Arrestsachen ist infolge des Ausschlusses der Berufung die Beschwerde nach Art. 319 ff. ZPO zulässig (Art. 319 lit. a ZPO i.V.m. Art. 309 lit. b Ziff. 6 ZPO). Mit der Beschwerde können die unrichtige Rechtsanwendung und die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden (Art. 320 ZPO). Die Beschwerde ist der Rechtsmittelinstanz innert Frist schriftlich und begründet einzureichen (Art. 321 Abs. 1 u. 2 ZPO; sog. Begründungslast). Noven sind im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen (Art. 326 Abs. 1 ZPO), es sei denn, erst der Entscheid der Vorinstanz gibt dazu Anlass (BGE 139 III 466 E. 3.4.) das Gesetz lässt Noven explizit zu (Art. 326 Abs. 2 ZPO). Unbeschränkt zulässig sind neue rechtliche Vorbringen, da das Recht von Amtes wegen anzuwenden ist (Art. 57 ZPO).
Örtliche Zuständigkeit der Vorinstanz
Die Vorinstanz trat auf das Arrestbegehren nicht ein, da sie sich als örtlich unzuständig erachtete. Dies bemängelt der Beschwerdeführer und macht die Zuständigkeit der Vorinstanz geltend.
Gestützt auf Art. 272 Abs. 2 SchKG ist für die Arrestlegung das Gericht am Betreibungsort am Ort, wo sich die Vermögensgegenstände befinden, zuständig. Der Betreibungsort ergibt sich aus Art. 46 ff. SchKG. Der ordentliche Betreibungsort befindet sich am schuldnerischen Woh- nort Sitz in der Schweiz. Als besonderen Betreibungsort für eine Arrestbetreibung (insbeson- dere bei ausländischem Schuldnerwohnsitz) sieht das Gesetz den Ort vor, an dem sich Vermögenswerte in der Schweiz befinden. Im Falle von Forderungen einschliesslich Bankguthaben wird aus Praktikabilitätsgründen die Belegenheit am Sitz des Drittschuldners, also der Bank bzw. deren geschäftsführenden Niederlassung in der Schweiz angenommen (z.B.: BGE 131 III 625 = Pra 101 [2012] Nr. 65, S. 452 E. 3.4; vgl. auch: BSK SchKG II-STOFFEL, 3. Aufl. 2021, Art. 272 N 44, m.w.H.).
Der Beschwerdeführer verlangte wie gezeigt die Verarrestierung eines schuldnerischen Bankkontos bei der Raiffeisenbank C. (act. 1/2). Die Vorinstanz erwog, der Hauptsitz der Raiffeisen Schweiz Genossenschaft befinde sich in St. Gallen, was sich aus dem Handelsregisterauszug ergebe und notorisch sei (u.H.a. act. 3). Forderungen bei Banken als Drittschuldner seien daher grundsätzlich an deren Sitz gemäss Handelsregisterauszug zu lokalisieren. Nur ausnahmsweise gölten Bankguthaben als am Sitz der Zweigniederlassung der Bank lokalisiert, wenn zweifelsfrei überwiegende Anknüpfungspunkte zu dieser bestünden. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Auf dem Kontobeleg sei lediglich ein Vermerk mit Raiffeisenbank C. zu finden (u.H.a.
act. 2/4) und der Beschwerdeführer äussere sich nicht zu dieser Fragestellung. Ein Anknüpfungsort in C. bestehe damit nicht, und mangels örtlicher Zuständigkeit sei auf das Gesuch nicht einzutreten (act. 7).
Dagegen trägt der Beschwerdeführer vor, in C. residiere nicht eine Zweigniederlassung der Raiffeisenbank. Vielmehr sei C. seit dem 24. Januar 2022 die Hauptniederlassung bzw. der Sitz der Bank, weshalb sich auch das Kreisgericht St. Gallen, welches er zuerst um Arrestlegung angerufen habe, am 14. Juni 2022 für unzuständig erklärt habe (act. 8).
Vor Vorinstanz reichte der Beschwerdeführer einen Auszug ein, aus welchem ersichtlich ist, dass der Beschwerdegegner offenbar über ein Konto bei der Raiffeisenbank in C. verfügt (act. 2/4). Aus dem Handelsregisterauszug des Handelsregisteramtes des Kantons Zürich ergibt sich, dass die 'Raiffeisenbank C. Genossenschaft' seit dem tt.mm.2021 (zuerst noch unter der Firma 'Genossenschaft zur Errichtung der Raiffeisenbank C. ) mit Sitz im C. im Handelsregister des Kantons Zürich eingetragen ist. Damit ist dem Beschwerdeführer zuzustimmen, dass die Raiffeisenbank C. als offenbare Drittschuldnerin ihren Sitz in C. hat, womit die sich aus der Bankkontobeziehung ergebende Forderung und damit der Belegenheitsort der schuldnerischen Vermögenswerte in C. zu lokalisieren ist.
Die Vorinstanz trat folglich zu Unrecht auf das Arrestbegehren nicht ein. Die Beschwerde ist gutzuheissen und der vorinstanzliche Entscheid ist aufzuheben.
Aus prozessökonomischen Gründen und mit Blick auf Art. 327 Abs. 3 lit. b ZPO rechtfertigt es sich, das Verfahren zur Prüfung der Arrestvoraussetzungen nicht an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die entsprechenden Voraussetzungen sind nachfolgend zu prüfen.
Arrest
Der Gläubiger kann für eine fällige Forderung, soweit diese nicht durch ein Pfand gedeckt ist, in der Schweiz gelegene Vermögensstücke des Schuldners mit Arrest belegen lassen (Art. 271 Abs. 1 Ingress SchKG), wenn ein Arrestgrund (Art. 271 Abs. 1 Ziff. 1–6 SchKG) vorliegt. Der Gläubiger hat vor Gericht das Vorliegen dieser Voraussetzungen ( Bestand Forderung, Arrestgrund, Vermögensgegenstände des Schuldners) im Rahmen seines Arrestgesuchs glaubhaft zu machen (Art. 272 SchKG). Glaubhaftmachen bedeutet, dass es genügt, dem Gericht aufgrund objektiver Anhaltspunkte den Eindruck einer gewissen Wahrscheinlichkeit des Vorhandenseins der in Frage stehenden Tatsache zu vermitteln, ohne dass dabei die Möglichkeit ausgeschlossen sein muss, dass die Verhältnisse sich auch anders gestalten könnten (BGE 142 II 49 E. 6.2).
Zum Arrestgrund:
2.1 Die Bestimmung von Art. 271 Abs. 1 SchKG zählt in Ziff. 1–6 abschliessend die möglichen Arrestgründe auf. Der Beschwerdeführer macht in seinem Arrestgesuch die Arrestgründe von Ziff. 4 und Ziff. 6 geltend (act. 1/2 Ziff. 7).
Gemäss Ziff. 6 kann Arrest gelegt werden, wenn der Gläubiger gegen den Schuldner einen definitiven Rechtsöffnungstitel besitzt. Der Beschwerdeführer machte vor Vorinstanz geltend, über zwei rechtskräftige und vollstreckbare Kostenfestsetzungsbeschlüsse deutscher Gerichte gegen den Beschwerdegegner zu verfügen (act. 1/2 Ziff. 6 f.; vgl. hiervor E. I./1.).
Deutschland ist ein Vertragsstaat des Übereinkommens vom 30. Oktober 2007 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (LugÜ; vgl. Anhang zum LugÜ, SR 0.275.12); entsprechend richtet sich die Vollstreckbarkeit der deutschen Entscheide nach dem LugÜ. Stützt sich ein Gläubiger als definitiven Rechtsöffnungstitel nach Ziff. 6 auf einen ausländischen Entscheid, der nach dem LugÜ zu vollstrecken ist, so hat das Gericht im Arrestverfahren gestützt auf Art. 271 Abs. 3 SchKG auch über dessen Vollstreckbarkeit zu entscheiden. Das SchKG setzt somit das Recht auf eine Sicherungsmassnahme gemäss Art. 47 Abs. 2 LugÜ um. Der Entscheid über die Vollstreckbarkeit hat entwe- der mit gesonderter Verfügung direkt im Dispositiv des Arrestbefehls zu erfolgen. Nicht zulässig ist es bei LugÜ-Entscheiden, im Rahmen des Arrestgrundes von Ziff. 6 nur vorfrageweise über dessen Vollstreckbarkeit zu entscheiden (BGE 147 III 491 = Pra 111 [2022] Nr. 34, S. 367
E. 6.2.1).
Die Vollstreckbarkeitserklärung eines LugÜ-Entscheides setzt nach Praxis der Kammer einen ausdrücklichen Exequatur-Antrag voraus, andernfalls dem Arrestbegehren gestützt auf Art. 271 Abs. 1 Ziff. 6 SchKG keine Folge gegeben werden kann (OGer ZH PS150133 vom 24. August 2015, E. II./5.1.2; OGer ZH PS140239 vom 18. Dezember 2014, E. II./4.3; z.B. auch: STAHELEIN,
in: Dasser/Oberhammer, Kommentar zum Lugano-Übereinkommen [LugÜ], 3. Aufl. 2021, Art. 47 N 23 u.a. mit Hinweis auf die geltende Dispositionsmaxime; vom Bundesgericht wurde die Frage jüngst noch offen gelassen, vgl. BGE 147 III 491 = Pra 111 [2022] Nr. 34, S. 367 E. 6.2.1).
Der Beschwerdeführer hat keinen Exequatur-Antrag gestellt. Daher fällt der Arrestgrund von Art. 271 Abs. 1 Ziff. 6 SchKG ausser Betracht.
Der Beschwerdeführ macht als weiteren Arrestgrund denjenigen von Art. 271 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG geltend:
Gestützt auf Art. 271 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG kann ein Gläubiger Vermögensgegenstände des Schuldners mit Arrest belegen lassen, wenn der Schuldner nicht in der Schweiz wohnt, kein anderer Arrestgrund gegeben ist und die Forderung einen genügenden Bezug zur Schweiz aufweist auf einer Schuldanerkennung im Sinne von Art. 82 Abs. 1 SchKG beruht. Im Gegensatz zu der Fassung, die vor der Gesetzesrevision in Kraft war, wird heute neben der Schuldanerkennung
und einem genügenden Bezug der Forderung zur Schweiz die weitere Möglichkeit des Ausländerarrests gestützt auf ein vollstreckbares gerichtliches Urteil nicht mehr explizit erwähnt. Nach Auffassung der Kammer hat in Anbetracht des Umstands, dass die Glaubhaftmachung einer (blossen) Schuldanerkennung genügt, indes auch ein vollstreckbares gerichtliches Urteil (bzw. die Glaubhaftmachung, dass ein solches vorliegt) nach wie vor unter Ziff. 4 zu fallen (OGer ZH PS150133 vom 24. August 2015, E. II./5.2.1; OGer ZH PS130190 vom 27. November 2013, E. 3.3; OGer ZH PS120035 vom 20. April 2012, E. II./4.4.1; vgl. auch: BSK SchKG II-STOFFEL, 3. Aufl. 2021, Art.
271 N 78a; STAEHELIN, in: Dasser/Oberhammer, Kommentar zum Lugano-Übereinkommen [LugÜ],
Aufl. 2021, Art. 47 N 25; BSK LugÜ-HOFFMANN/KUNZ, 4. Aufl. 2016, Art. 47 N 73).
Der Beschwerdeführer reichte der Vorinstanz je eine Ausfertigung der im Ursprungsland Deutschland vollstreckbaren (vgl. dazu jeweils S. 3 von act. 2/1 u. 2/2) Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Landgerichtes München I vom 23. August 2021 (act. 2/1) und vom 28. März 2022 (act. 2/2) sowie die entsprechenden Bescheinigungen vom 25. Mai 2022 im Sinne von Art. 54 LugÜ (act. 2/1–2, je letztes Blatt) ein.
Gestützt darauf erscheint glaubhaft, dass die Entscheide in der Schweiz vollstreckungsfähig sind und damit ein vollstreckbares gerichtliches Urteil vorliegt. Damit ist auch ein genügender Bezug zur Schweiz zu bejahen (BSK SchKG-II-Stoffel, a.a.O., Art. 271 N 94 i.V.m. N 85). Überdiesbedarf es für die Vollstreckbarkeitserklärung eines LugÜ-Entscheides in einem anderen LugÜ- Staat (neben dem hier nicht gegebenen) Vollstreckungsgesuch der in Art. 53 LugÜ aufgeführten Urkunden, namentlich einer Ausfertigung des Entscheides und die Bescheinigung nach Art. 54 LugÜ. Sind diese Förmlichkeiten erfüllt, ist die Entscheidung unverzüglich für vollstreckbar zu erklären, ohne dass eine Prüfung nach den Art. 34 und 35 (Anerkennungsverweigerungsgründe) erfolgen würde (vgl. Art. 38 ff., insb. Art. 31 LugÜ).
Soweit die geltend gemachten Arrestforderungen damit aus den im Arrestbegehren genannten Kostenfestsetzungsbeschlüssen hervorgehen, beruhen sie auf vollstreckbaren gerichtlichen Urteilen und der Arrestgrund von Art. 271 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG ist somit gegeben.
Zur Arrestforderung:
Der Beschwerdeführer verlangt die Arrestlegung für Forderungen von EUR 2'927.59 =
Fr. 3'009.38 zzgl. Zins zu 4.12% seit dem 25. Mai 2021 sowie EUR 2'459.03 = Fr. 2'527.72 zzgl. Zins zu 4.12% seit dem 15. März 2022 und nennt als Forderungsurkunden die bereits genannten Kostenfestsetzungsbeschlüsse (act. 1/2 Ziff. 5 u. 6).
Vorliegend wird in den eingereichten Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Landgerichtes München I ausdrücklich festgehalten, dass der Beschwerdegegner dem Beschwerdeführer EUR 2'927.59 zzgl. Zins zu 5% über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB ab 25. Mai 2021
(act. 2/1) sowie EUR 2'459.02 zzgl. Zins zu 5% über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB ab dem
15. März 2022 (act. 2/2) schuldet. Weiter ist in den Kostenfestsetzungsbeschlüssen vermerkt, dass die Entscheide dem Beschwerdegegner am 23. August 2021 (act. 2/1) bzw. am 4. April 2022
(act. 2/2) zugestellt worden sind. Gestützt auf die eingereichten Entscheide ist der Bestand und die Höhe der Forderungen glaubhaft; die Entscheide sind zudem im Ursprungsland vollstreckbar, womit auch die Fälligkeit der Forderungen gegeben ist (vgl. auch: BSK SchKG II-STOFFEL, 3. Aufl. 2021, Art. 272 N 8). Die sich aus den Entscheiden ergebenden Forderungen rechnete der Beschwerdeführer zu einem Umrechnungskurs von EUR 1 = Fr. 1.03 um (vgl. die Beilagen zu
act. 2/1 u. 2/2), wobei dieser Kurs dem Kurs zum Zeitpunkt des Arrestbegehrens entspricht und den geltend gemachten Forderungsbetrag in Schweizer Franken ergibt. Auch der verlangte Zins ergibt sich aus den Entscheiden. Dieser liegt gemäss Entscheiden wie gezeigt 5% über dem Basiszinssatz gemäss § 247 BGB, wobei der Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2016 konstant bei -0.88% liegt (vgl. www.basiszins.de, zuletzt besucht am 25. August 2022; vgl. auch act. 2/5), was einen aktuell geltenden Zinssatz für die Forderungen von 4.12% ergibt.
Damit sind die Arrestforderungen ebenfalls glaubhaft gemacht.
Zum Arrestgegenstand:
Bei den Arrestgegenständen muss es sich um in der Schweiz gelegene und dem Schuldner gehörende Vermögenswerte handeln (Art. 271 Abs. 1 SchKG). Mit Einreichen eines Zahlungsauftrages vom 26. August 2020 bezüglich eines auf den Beschwerdegegner lautenden Kontos bei der Raiffeisenbank C. hat der Beschwerdeführer glaubhaft gemacht, dass der Beschwerdegeg- ner über Vermögenswerte in der Schweiz verfügt, namentlich über Kontoguthaben bei der Raiffeisenbank C. mit der Konto Nummer 1 (act. 1 S. 10 f.; vgl. act. 2/4). Ein Arrestgegenstand ist damit gegeben.
Da sowohl die Arrestforderungen als auch der Arrestgrund und der Arrestgegenstand glaubhaft dargetan wurden, ist der Arrest antragsgemäss zu bewilligen.
Damit ist insgesamt in Gutheissung der Beschwerde der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und es ist im Sinne der obigen Erwägungen ein Arrestbefehl nach Massgabe des separaten Formulars Arrestbefehl zu erteilen.
Kosten- und Entschädigungsfolgen
Da der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde obsiegt und der Beschwerdegegner der Natur des Verfahrens nach nicht in das Beschwerdeverfahren einbezogen wurde, sind die Kosten dieses Verfahrens auf die Gerichtskasse zu nehmen (Art. 107 Abs. 2 ZPO). Mit der Aufhebung des erstinstanzlichen Entscheides sind auch die erstinstanzlichen Kosten aufzuheben.
Für den von der Kammer auszustellenden Arrestbefehl sind jedoch Kosten in der Höhe von Fr. 300.– zu erheben, die dem Beschwerdeführer aufzuerlegen sind (Art. 48 GebV SchKG). Diese Gebühr kann aus einem allfälligen Erlös der Arrestgegenstände vorweggenommen werden
(Art. 281 Abs. 2 SchKG).
Wird der Arrest bewilligt, hat der Gläubiger keinen Anspruch auf Entschädigung, da der Schuldner am Verfahren nicht mitgewirkt hat (KUKO SchKG-MEIER-DIETERLE, 2. Aufl. 2014;
Art. 272 N 23). Entsprechend steht dem Beschwerdeführer kein Entschädigungsanspruch gegen- über dem Beschwerdegegner zu. Eine Parteientschädigung aus der Staatskasse ist sodann mangels gesetzlicher Grundlage ebenfalls nicht zuzusprechen, zumal kein Fall vorliegt, in welchem der Staat materiell als Partei zu betrachten und deshalb gestützt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung die Zusprechung einer Parteientschädigung aus der Staatskasse ausnahmsweise zu prüfen wäre (BGE 140 III 385 E. 4.1; KUKO ZPO-SCHMID/JENT-SØRENSEN, 3. Aufl. 2021, Art. 107 N
13 ff.).
Es wird erkannt:
In Gutheissung der Beschwerde wird die Verfügung des Einzelgerichts des Bezirksgerichtes Horgen vom 27. Juni 2022 aufgehoben und es wird ein Arrestbefehl nach Massgabe des separaten Formulars Arrestbefehl erteilt.
Für das Beschwerdeverfahren werden keine Kosten erhoben.
Die Kosten des Arrestbefehls in der Höhe von Fr. 300.– werden dem Gesuchsteller und Beschwerdeführer auferlegt und aus dem von ihm für das Beschwerdeverfahren geleisteten Vorschuss von Fr. 446.20 bezogen. Im Mehrbetrag wird der Kostenvorschuss dem Gesuchsteller und Beschwerdeführer – unter Vorbehalt des Verrechnungsrechts des Staates – zurückerstattet.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
Schriftliche Mitteilung dieses Entscheides samt Arrestbefehl an den Beschwerdeführer mittels Mitteilung im Amtsblatt des Kantons Zürich und an das Betreibungsamt Thalwil-Rüschlikon- Kilchberg, sowie – unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten – an das Einzelgericht des Bezirksgerichtes Horgen, je gegen Empfangsschein.
Eine allfällige Einsprache gegen die Erteilung des Arrestbefehls (vgl. Ziff. 2 lit. a der Bemerkungen auf dem Formular Arrestbefehl) hat nicht bei der II. Zivilkammer des Obergerichts, sondern beim Einzelgericht des Bezirksgerichtes Horgen zu erfolgen.
Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).
Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.
Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit. Der Streitwert beträgt rund Fr. 5'500.–. Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw M. Schnarwiler versandt am:
31. August 2022
An das: Betreibungsamt Thalwil-Rüschlikon-Kilchberg
Schuldner: B. , geboren tt. Mai 1969, Staatsangehörigkeit: D. [Land in Europa], E. -strasse 2, … F. , Deutschland
Gläubiger: A. , geboren tt. Januar 1971, Staatsangehörigkeit: D. [Land in Europa], G. -strasse. 3, … H. , Deutschland
Vertreter: --
Forderungssumme: (1.) Fr. 3'009.38 nebst Zins zu 4.12 % seit 25. Mai 2021
(2.) Fr. 2'527.72 nebst Zins zu 4.12 % seit 15. März 2022
Forderungsurkunde und deren Datum:
Grund der Forderung:
(1.) Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichtes München I vom 23. August 2021,
Az.: 25 O 9320/20
(2.) Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichtes München I vom 28. März 2022, Az.: 25 O 9320/20
Arrestgrund: Art. 271 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG
Arrestgegenstände: Das Guthaben bei der Raiffeisenbank C. , lautend auf den Namen des Arrestschuldners, auf dem Konto mit der Kontonummer 1, alles soweit verarrestierbar bis zur Deckung der Arrestforderungen samt Zins und Kosten.
Der Gläubiger haftet gemäss Art. 273 Abs. 1 SchKG für jeden aus diesem Arrest erwachsenden Schaden, wenn später gerichtlich festgestellt wer- den sollte, dass kein Arrestgrund vorhanden war dass die Forderung nicht zu Recht bestand.
Kosten dieses Befehls: Fr. 300.–
Zürich, 29. August 2022
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
Die Gerichtsschreiberin:
MLaw M. Schnarwiler
Der Arrestschuldner hat sich bei Straffolge (Art. 169 StGB) jeder vom Betreibungsbeamten nicht bewilligten Verfügung über die Ar-
restgegenstände zu enthalten (Art. 275 und 96 SchKG).
Das Betreibungsamt ist berechtigt, die Arrestgegenstände in amtliche Verwahrung zu nehmen einem Dritten zu
übergeben.
Es kann sie jedoch dem Arrestschuldner zur freien Verfügung überlassen, sofern dieser entsprechende Sicherheit leistet durch Hinter-
legung, Solidarbürgschaft eine andere gleichwertige Sicherheit (Art. 277 SchKG).
Wer durch einen Arrest in seinen Rechten betroffen ist, kann in- nert zehn Tagen, nachdem er von dessen Anordnung Kenntnis
erhalten hat, beim Gericht Einsprache in deutscher Sprache erheben.
Das Gericht gibt den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme
und entscheidet ohne Verzug.
Der Einspracheentscheid kann mit Beschwerde nach der ZPO angefochten werden. Vor der Rechtsmittelinstanz können neue
Tatsachen geltend gemacht werden.
Einsprache und Beschwerde hemmen die Wirkungen des Arrestes nicht.
Unpfändbare Vermögenswerte (Art. 92 SchKG) dürfen auch nicht mit Arrest belegt werden. Die Art. 91-109 SchKG über die Pfän-
dung gelten sinngemäss für den Arrestvollzug (Art. 275 SchKG). Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen
jeder Art, die einen Erwerbsausfall Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Art. 92 SchKG unpfändbar sind, können so weit verar-
restiert werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
Hat der Gläubiger nicht schon vor der Bewilligung des Arrestes Betreibung eingeleitet Klage eingereicht, so muss er dies innert
zehn Tagen nach Zustellung der Arresturkunde tun.
Erhebt der Schuldner Rechtsvorschlag, so muss der Gläubiger in- nert zehn Tagen, nachdem ihm das Gläubigerdoppel des Zahlungs-
befehls zugestellt worden ist, Rechtsöffnung verlangen Klage auf Anerkennung seiner Forderung einreichen. Wird er im Rechts-
öffnungsverfahren abgewiesen, so muss er die Klage innert zehn Tagen nach Eröffnung des Entscheids einreichen.
Hat der Schuldner keinen Rechtsvorschlag erhoben, so muss der
Gläubiger innert 20 Tagen, nachdem ihm das Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls zugestellt worden ist, das Fortsetzungsbegehren stellen. Wird der Rechtsvorschlag nachträglich beseitigt, so beginnt die Frist mit der rechtskräftigen Beseitigung des Rechtsvorschlags. Die Betreibung wird, je nach der Person des Schuldners, auf dem Weg der Pfändung des Konkurses fortgesetzt.
Hat der Gläubiger seine Forderung ohne vorgängige Betreibung gerichtlich eingeklagt, so muss er die Betreibung innert zehn Tagen
nach Eröffnung des Entscheids einleiten. Die Fristen dieses Artikels laufen nicht:
während des Einspracheverfahrens und bei Weiterziehung des Einsprachenentscheides;
während des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung nach dem
Übereinkommen vom 30. Oktober 2007 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen und bei Weiterziehung des Entscheides über die Vollstreckbarerklärung.
die Fristen nach Art. 279 SchKG nicht einhält;
die Klage die Betreibung zurückzieht erlöschen lässt; oder
mit seiner Klage vom Gericht endgültig abgewiesen wird.
Werden nach Ausstellung des Arrestbefehls die Arrestgegenstände von einem andern Gläubiger gepfändet, bevor der Arrestgläubiger
selber das Pfändungsbegehren stellen kann, so nimmt der letztere von Rechtes wegen provisorisch an der Pfändung teil.
Der Gläubiger kann die vom Arreste herrührenden Kosten aus dem
Erlöse der Arrestgegenstände vorwegnehmen.
Im Übrigen begründet der Arrest kein Vorzugsrecht.
Obergericht des Kantons Zürich
II. Zivilkammer
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