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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:PS210128
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PS210128 vom 08.10.2021 (ZH)
Datum:08.10.2021
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets
Schlagwörter : Beschwerde; Führe; Beschwerdeführerin; Konkurs; Vorinstanz; Vermögen; Rechts; Entscheid; Durchgriff; Vermögens; Anerkennung; Gemeinschuldner; Vermögenswerte; Ausländische; Gericht; Schweiz; Konkursdekret; Limited; Voraussetzung; Zürich; Beweis; Verfügung; Konkursdekrets; Ausländischen; Verfahren; Urteil; Durchgriffs; Gemeinschuldners
Rechtsnorm: Art. 106 ZPO ; Art. 16 IPRG ; Art. 166 IPRG ; Art. 167 IPRG ; Art. 168 ZPO ; Art. 174 KG ; Art. 321 ZPO ; Art. 326 ZPO ; Art. 335 ZPO ; Art. 339 ZPO ; Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:128 III 346; 129 III 626; 140 III 456;
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:
Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer

Geschäfts-Nr.: PS210128-O/U

Mitwirkend: Oberrichterin lic. iur. E. Lichti Aschwanden, Vorsitzende, Oberrichterin lic. iur. R. Bantli Keller und Oberrichter Dr. M. Sarbach sowie Gerichtsschreiber MLaw B. Lakic

Urteil vom 8. Oktober 2021

in Sachen

A. Bank (Public Joint-Stock Company), Gesuchstellerin und Beschwerdeführerin,

vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. X. ,

betreffend

Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets (B. )
Beschwerde gegen eine Verfügung des Konkursgerichtes des Bezirksge- richtes Zürich vom 5. Juli 2021 (EK210680)

Erwägungen:

I.
  1. Mit Urteil vom 16. Juni 2020 des neunten Arbitrageberufungsgerichts von C. [Ort] wurde über B. mit Wohnsitz in C. (nachfolgend Ge- meinschuldner) der Konkurs eröffnet (act. 3/9; nachfolgend Konkursdekret). Als Konkursverwalter wurde D. ernannt. Mit Entscheid vom 20. Januar 2021 beschloss das Arbitragegericht von C. , dass die Forderungen der Beschwerdeführerin gegen den Gemeinschuldner in der Höhe von

    RUB 2'587'517'769.65 als Schuld und in der Höhe von RUB 569'359'141.71 als Pönale in die Insolvenztabelle einzutragen seien (act. 3/8).

  2. Mit Eingabe vom 15. April 2021 stellte die Beschwerdeführerin bei der Vorinstanz als Konkursgericht ein Gesuch um Anerkennung des oberwähnten Konkursdekrets und um Eröffnung des Sekundär-Konkurses (Mini-Konkurses) über das in der Schweiz gelegene Vermögen des Gemeinschuldners (act. 1). Da- raufhin wurde der Beschwerdeführerin Frist angesetzt, um für die Gerichtskosten einen Vorschuss von CHF 5'000.- zu leisten (act. 4); dieser ging fristgerecht ein (act. 6). Mit Verfügung vom 11. Mai 2021 forderte die Vorinstanz die Beschwerde- führerin auf, einen allfälligen Haftungsdurchgriff auf die E. Limited mit Sitz auf der F. [Königreich] glaubhaft zu machen, zumal sich Vermögenswerte der Gesellschaft auf Konten bei der G. AG befänden. Ausserdem wurde der Beschwerdeführerin Frist angesetzt, um die Kosten eines allfälligen Hilfskonkurs- verfahrens mit einem weiteren Vorschuss von CHF 5'000.- sicherzustellen

    (act. 7). Nach Leistung des Vorschusses reichte die Beschwerdeführerin mit Ein- gabe vom 7. Juni 2021 innert erstreckter Frist eine Stellungnahme und weitere Beweismittel ein (act. 11, act. 12/28-30). Mit Verfügung vom 5. Juli 2021 trat die Vorinstanz auf das Gesuch nicht ein (act. 13 = act. 17 = act. 19; fortan act. 17).

      1. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 14. Juli 2021 fristgerecht Beschwerde bei der Kammer mit folgenden Anträgen (act. 18; zur Rechtzeitigkeit act. 14):

        1. Es sei die Verfügung vom 5. Juli 2021 des Bezirksgerichts Zürich im Verfahren Nr. EK210680 aufzuheben.

        1. Es sei das Konkursdekret des neunten Arbitrageberufungsgerichts von C. vom 16. Juni 2020 anzuerkennen und in der Schweiz ein Se- kundärkonkursverfahren (Mini-Konkurs) über B. zu eröffnen.

        2. Eventualiter: Es sei das Verfahren zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen (zuzüglich Mehrwert- steuer) zulasten der Staatskasse.

    1. Mit Verfügung vom 21. Juli 2021 wurde ein Kostenvorschuss für das Beschwerdeverfahren eingeholt und die Prozessleitung delegiert (act. 21). Der Kos- tenvorschuss ging rechtzeitig ein (act. 22 f.). Mit Verfügung vom 27. August 2021 wurde der Beschwerdeführerin Frist angesetzt, um deutsche Übersetzungen di- verser von ihr in englischer Sprache eingereichter Unterlagen einzureichen

(act. 24). Mit Eingabe vom 9. September 2021 kam sie dieser Aufforderung nach (act. 26 f.).

4. Die vorinstanzlichen Akten wurden beigezogen (act. 1-15). Das Verfah- ren erweist sich als spruchreif.

II.

1. Ausländische Konkursdekrete bedürfen der Anerkennung, um in der Schweiz Wirkung zu entfalten und um ein Konkursverfahren über in der Schweiz gelegenes Vermögen des Gemeinschuldners zu ermöglichen (sog. Hilfskonkurs oder Mini-Konkurs). Im Verhältnis zu Russland besteht kein hier einschlägiges völkerrechtliches Abkommen. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung des Konkursdekrets richten sich folglich nach Art. 166 IPRG, das Verfahren nach

Art. 29 und Art. 167 ff. IPRG sowie Art. 335 ff. ZPO (vgl. Art. 335 Abs. 3 ZPO). Es gilt das summarische Verfahren (Art. 339 Abs. 2 ZPO).

    1. Gegen erstinstanzliche Entscheide über die Anerkennung oder die Ver- weigerung der Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets steht die Beschwerde nach Art. 319 ff. ZPO offen (Art. 319 lit. a i.V.m. Art. 309 lit. a ZPO; vgl. OGer ZH PS130044 vom 19. Juni 2013 E. 3.1; OGer ZH PS180130 vom

      3. Oktober 2018 E. II.2.; BSK IPRG-DÄPPEN/MABILLARD, 4. Auflage 2021, Art. 29 N

      28). Mit der Beschwerde können die unrichtige Rechtsanwendung (Art. 320 lit. a ZPO) und die offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts (Art. 320 lit. b ZPO) geltend gemacht werden. Neue Anträge, neue Tatsachenbehauptun- gen und neue Beweismittel sind, vorbehältlich einer gesetzlich vorgesehenen

      Ausnahme, ausgeschlossen (Art. 326 ZPO). Ob Art. 174 SchKG im Beschwerde- verfahren betreffend Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets (bzw. Er- öffnung des Hilfskonkurses) analog anwendbar ist (vgl. hierzu BSK IPRG- BERTI/MABILLARD, a.a.O., Art. 167 N 25), kann hier offen bleiben, da die Beschwerdeführerin zwar Noven vorbringt, diese jedoch für den vorliegenden Ent- scheid irrelevant sind.

    2. Die Beschwerde ging rechtzeitig innert der zehntägigen Frist ein und ist hinreichend begründet (Art. 321 ZPO). Folglich ist auf sie einzutreten.

  1. Die Vorinstanz trat auf das Gesuch um Anerkennung des russischen Konkursdekrets mangels örtlicher Zuständigkeit nicht ein. Zusammengefasst brachte sie vor, die Beschwerdeführerin führe zur örtlichen Zuständigkeit der Vor- instanz aus, der Gemeinschuldner verfüge über ein auf die E. Limited mit Sitz auf der F. lautendes Bankkonto mit der Kontonummer bei der

    G. AG in Zürich. Gemäss der Beschwerdeführerin würde dieses zwar for- mell von der E. Limited gehalten, jedoch in Wirklichkeit dem Gemein- schuldner gehören, da dieser die E. Limited als deren wirtschaftlich Berech- tigter vollumfänglich kontrolliere (act. 17 E. III.3 mit Verweis auf act. 1 S. 2 und

    S. 7 f.). Der Beschwerdeführerin sei es allerdings mangels substantiierter Be- hauptung nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass die Vermögenswerte der

    E. Limited zufolge zulässigem Durchgriff nach dem Recht der F. dem Gemeinschuldner zugerechnet werden könnten und damit Vermögenswerte des Gemeinschuldners in der Schweiz bzw. in Zürich liegen würden. Trotz des aus- drücklichen Hinweises in der Verfügung vom 11. Mai 2021, dass Behauptungen substantiiert im Gesuch selber enthalten sein müssten und ein allgemeiner Ver- weis auf Beilagen nicht genüge, habe es die Beschwerdeführerin auch in ihrer zweiten Eingabe unterlassen, substantiierte Behauptungen zum ausländischen Recht bzw. zum Recht der F. zum Durchgriff aufzustellen und dieses konkret durch objektive Beweismittel nachzuweisen. Die Voraussetzungen für einen (umgekehrten) Durchgriff nach dem ersatzweise anzuwendenden Schweizer Recht seien ebenfalls nicht behauptet worden (act. 17 E. III.11).

  2. Die Beschwerdeführerin bringt in der Beschwerde vor, die Vorinstanz ha- be erkannt, dass der Gemeinschuldner wirtschaftlich Berechtigter an der E. Limited sei und die E. Limited in Zürich Vermögenswerte habe (act. 18

    S. 4).

    In Bezug auf das für den Durchgriff anwendbare Recht habe die Beschwerdeführerin der Vorinstanz drei Gerichtsentscheide eingereicht, die aus- drücklich erklären würden, dass die Voraussetzung des Handlungsdurchgriffs- rechts der Beschwerdeführerin auf die Vermögenswerte der E. Limited nach dem Recht der F. erfüllt seien. Indem die Vorinstanz das Durchgriffs- recht der Beschwerdeführerin dennoch für nicht glaubhaft erachte, halte sie ent- weder den Sachverhalt willkürlich fest oder verletze das Recht, weil sie den strik- ten Beweis verlange, obwohl das Gesetz die Glaubhaftmachung genügen lasse (act. 18 S. 5 ff.).

    Weiter erklärt die Beschwerdeführerin, ihr sei mit Verfügung vom 11. Mai 2021 nur die Möglichkeit gegeben worden, zur Frage des Handlungsdurchgriffs Stellung zu nehmen. Hingegen sei ihr keine Nachweispflicht des ausländischen Rechts überbunden worden; sie sei nicht einmal zur Mitwirkung verpflichtet wor- den. Indem die Vorinstanz aber dennoch zum Schluss gekommen sei, der Nach- weis des anwendbaren ausländischen Rechts sei gescheitert, verletze sie Art. 16 Abs. 1 IPRG. Selbst wenn der Beschwerdeführerin der Nachweis misslungen wä- re, wäre die Vorinstanz nach wie vor an die Maxime iura novit curia gebunden,

    d.h. es hätte das ausländische Recht selbst feststellen müssen. Schweizer Recht dürfe sie nicht anwenden, ohne zu versuchen, das ausländische Recht festzustel- len; dies habe die Vorinstanz nicht gemacht (act. 18 S. 7 ff.).

  3. Der Antrag auf Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets ist an das Gericht am Ort des Vermögens in der Schweiz zu richten. Dabei gelten For- derungen des Gemeinschuldners als dort gelegen, wo der Schuldner des Gemeinschuldners seinen Wohnsitz hat (Art. 167 Abs. 1 und 3 IPRG). Soll für eine Schuld des Gemeinschuldners das Vermögen einer Gesellschaft haften, die von ihm beherrscht wird, so handelt es sich dabei um einen umgekehrten Durchgriff. Im internationalen Verhältnis - wie dem vorliegenden - untersteht diese Frage dem Gesellschaftsstatut (BGE 128 III 346 E. 3.1.). Entsprechend ist zu prüfen, was die Voraussetzungen eines Durchgriffs nach dem Recht der F. sind.

  4. Die Beschwerdeführerin stellt sich auf den Standpunkt, dass für den Durchgriff nach dem Recht der F. die wirtschaftliche Berechtigung genüge; anders als im Schweizer Recht bedürfe es keines zusätzlichen Beweises eines Rechtsmissbrauchs bzw. einer offenbar zweckwidrigen, missbräuchlichen Ver- wendung der juristischen Person durch die beherrschende Person (vgl. act. 18

S. 5 und act. 11 S. 2 unten).

    1. Aus den drei eingereichten Entscheiden bzgl. Arrest, Freezing Order und Einsetzung eines Receivers (Konkursverwalters; vgl. act. 3/23, 3/27, act. 12/29 VLU 1 und VLU 4) sind die rechtlichen Voraussetzungen eines Handlungsdurch- griffs nach dem Recht der F. nicht ersichtlich. Gegenteiliges bringt auch die Beschwerdeführerin nicht vor und sie zeigt insbesondere nicht auf, an welcher Stelle das Gericht die Voraussetzungen des Durchgriffs behandelt (act. 18

      S. 5 ff.). Der Beweiswert des Entscheids des High Court of Justice der F. vom 2. Juni 2021 ist im Übrigen äusserst beschränkt; er erging, nachdem die

      E. Limited im Verfahren säumig gewesen war, gestützt auf den Antrag der Klägerschaft auf Säumnisurteil vom 24. Mai 2021 und nicht auf die ursprüngliche Klage vom 13. April 2021 (act. 12/29 VLU 4 resp. übersetzt act. 27/12/29 VLU 4). Eine Darlegung der oder Auseinandersetzung mit den rechtlichen Voraussetzun- gen des Durchgriffs nach dem Recht der F. fehlt im Entscheid.

    2. In der eingereichten Legal Opinion vom 4. Juni 2021 wird festgehalten, dass nach dem Recht der F. nicht nachgewiesen werden müsse, dass eine Handelsgesellschaft zu missbräuchlichen Zwecken gegründet worden sei, um die mit gerichtlichem Entscheid festgehaltene Schuld eines wirtschaftlichen Berech- tigten aus den Vermögenswerten der Gesellschaft einzutreiben. Dieser Weg biete sich für Vollstreckungsverfahren an, wenn die Vermögenswerte der natürlichen

      Person im Rahmen einer juristischen Person gehalten und den Gläubigern der natürlichen Person nicht anders zur Verfügung stehen würden, um ihre Verbind- lichkeiten zu erfüllen. Das Gericht sei berechtigt, eine Billigkeitsvollstreckung in Bezug auf das wirtschaftliche Eigentum an Vermögenswerten zu gewähren, wenn die Vollstreckung eines Urteils auf keine andere Weise möglich sei, weil der Voll- streckungsschuldner nicht über Vermögenswerte verfüge, die auf seinen persönli- chen Namen eingetragen seien. Das Gericht prüfe, was unter solchen Umständen unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles gerecht und zweckmässig sei (act. 27/12/29 Ziffer 15; vgl. auch act. 12/29 Ziffer 15). Dabei stützt sich die Legal Opinion auf das Urteil Lakatamia Shipping Co Ltd v Su and others vom

      14. Mai 2014, das die Beschwerdeführerin auf Aufforderung hin übersetzt und teilweise markiert einreichte (act. 27/12/29 VLU5).

    3. Hintergrund des Entscheides in Sachen Lakatamia Shipping Co Ltd v Su and others bildete eine Freezing Order und die Auslegung zweier Absätze des Standardformulars für die Anordnung einer solchen (zentral war die Frage, was die Bedeutung und die Tragweite des Begriffs seine Vermögenswerte war). Da- bei ist zu beachten, dass die Freezing Order eine vorsorgliche Sicherungsmass- nahme englischen Rechts darstellt mit dem Hauptinhalt eines persönlichen Verfü- gungsverbots über Vermögenswerte in einem bestimmten Umfang (vgl. BGE 129 III 626 E. 1.). Die Ausgangslage ist mit dem vorliegenden Fall der Anerkennung eines Konkursdekrets nicht vergleichbar, sondern eher mit demjenigen des Ar- rests (vgl. dazu auch E. II.7.1.); aufgrund des konkreten Anwendungsbereichs im Rahmen der Freezing Order kann das eingereichte Urteil nicht ohne Weiteres auch als Nachweis des Durchgriffs im Bereich des Konkursrechts nach dem Recht der F. dienen. Dasselbe gilt für die von der Beschwerdeführerin mar- kierte Erwägung im Urteil, welche die sog. Chabra-Rechtsprechung angeht

      (act. 27/12/29 VLU 5 E. 32). Auch diese ist - soweit ersichtlich - lediglich auf Freezing Orders anwendbar.

      Damit vermögen weder die Ausführungen in der Legal Opinion noch im Urteil Lakatamia Shipping Co Ltd v Su and others die rechtlichen Voraussetzungen des Durchgriffs im Konkursverfahren gemäss dem Recht der F. glaub- haft darzulegen.

      Hingegen wird im eingereichten Urteil unter anderem auch das Urteil Group Seven Ltd v Allied Investment Corporation Ltd and others vom 6. Juni 2013 ausführlich wiedergegeben (vgl. act. 27/12/29 VLU 5 E. 27 ff.). Nachdem sich der Entscheid zunächst über die - vorliegend irrelevante - Freezing Order äussert, hält dieser im Anschluss in allgemeiner Weise fest, dass Eigentum und Kontrolle über eine Gesellschaft allein nicht für einen Durchgriff ausreichten; vielmehr sei immer auch ein unsachgemässes Verhalten im Sinne eines Missbrauchs der Ge- sellschaft als Mittel oder Fassade zur Verschleierung des Fehlverhaltens darzule- gen (act. 27/12/29 VLU 5 E. 29 (9) mit Verweis auf A1. v H. vom

      20. Juni 2012 E. 78 m.w.H.). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin und der Legal Opinion vom 4. Juni 2021 ist damit ausserhalb des Bereichs der Free- zing Order glaubhaft, dass gemäss dem Recht der F. neben der wirtschaft- lichen Berechtigung zusätzlich ein Missbrauch der Gesellschaft zu beweisen ist, wenn auf deren Vermögen durchgegriffen werden soll (vgl. dazu auch MONSCH/VON DER CRONE, Durchgriff und wirtschaftliche Einheit, SZW 2013

      S. 445 ff., S. 454 Ziff. 3.4: Das britische Recht kennt mithin neben dem Miss- brauchstatbestand ebenfalls die Voraussetzung der Kontrolle. mit Verweis auf Entscheid des Supreme Courts i.S. Prest v Petrodel Resources Ltd vom 12. Juni 2013 E. 34 f.).

    4. Dass der Gemeinschuldner die E. Limited als Mittel oder Fassade zur Verschleierung eines Fehlverhaltens missbrauche, hat die Beschwerdeführe- rin weder im vorinstanzlichen noch im Beschwerdeverfahren behauptet (vgl. auch unangefochten gebliebene Schlussfolgerung der Vorinstanz betreffend Rechts- missbrauch im Geltungsbereich des schweizerischen Rechts, act. 17 E. III.10 i.f.). Entsprechend sind die Voraussetzung eines Durchgriffs auf die in Zürich gelege- ne Vermögenswerte der E. Limited bei der G. AG nach dem Recht der F. bei summarischer Betrachtung nicht erfüllt. Diese können dem Ge- meinschuldner nicht zugerechnet werden, weshalb mangels Vermögenswerte in Zürich auf das Gesuch um Anerkennung des Konkursdekrets mangels örtlicher

Zuständigkeit nicht eingetreten werden kann. Insofern ist der vorinstanzliche Ent- scheid - trotz anderer Begründung (s. dazu nachstehende Erwägungen) - im Er- gebnis korrekt, und die Beschwerde ist abzuweisen.

    1. Der Begründung der Vorinstanz kann hingegen nicht gefolgt werden (zur Zulässigkeit der sog. Motivsubstitution: REETZ, in: SUTTER- SOMM/HASENBÖHLER/LEUENBERGER, ZPO Komm., 3. Auflage 2016, Art. 318 N 21

      m.w.H.): Es ist daran zu erinnern, dass auch bei Vorliegen von grenzüberschrei- tenden Sachverhalten das Gericht das ausländische Recht selbst von Amtes we- gen festzustellen hat, m.a.W. auch dann der Grundsatz iura novit curia gilt. Die Vorinstanz hätte dabei die Legal Opinion vom 4. Juni 2021 und den eingereichten Entscheid vom 14. Mai 2014 für die Beurteilung des Handlungsdurchgriffs nach dem Recht der F. inhaltlich würdigen müssen; dabei hätte sie im Ergebnis mindestens von der Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit und der Vollständigkeit überzeugt sein müssen (vgl. BGer vom 4. Juni 2019 5A_973/2017 E. 4.2 m.w.H.; vgl. zur Frage, auf welche Arten und in welcher Form das ausländische Recht dargelegt werden kann: BSK IPRG-MÄCHLER-ERNE/WOLF-METTIER, a.a.O., Art. 16 N 10, und LEU, DIKE-Komm-ZPO, 2. Auflage 2016, Art. 150 N 122, m.w.H.). Da

      das ausländische Recht nicht einem Tatsachenbeweis nach Art. 150 ff. ZPO un- tersteht (sondern dem Nachweis einer Rechtsfrage dient), durfte die Vorinstanz die eingereichten Unterlagen nicht als blosse Parteibehauptung oder als ungenü- gendes Beweismittel unberücksichtigt lassen; weder der numerus clausus der Beweismittel des Art. 168 Abs. 1 ZPO noch die üblichen Beweisregeln gelten bei der Ermittlung des ausländischen Rechts (KUKO ZPO-OBERHAMMER/WEBER, 3. Auflage 2021, Art. 57 N 7; vgl. auch BGer 5A_488/2018 vom 10. Mai 2019 E. 3.1. m.w.H.). Dabei wäre es der Vorinstanz selbstredend offen gestanden, die Beschwerdeführerin i.S.v. Art. 16 Abs. 1 IPRG vorab aufzufordern, die Eingaben zu übersetzen resp. zu kennzeichnen.

    2. Es erscheint ferner fraglich, ob das Gericht in sämtlichen summarischen Verfahren ohne eigene Abklärungen ersatzweise schweizerisches Recht anwen- den darf, wenn der Nachweis des ausländischen Rechts erfolglos geblieben ist (vgl. Ausführung der Vorinstanz in act. 17 E. III.10; der von der Vorinstanz zitierte

Entscheid ZR 114/2015 Nr. 81 bezieht sich ausdrücklich nur auf das Rechtsöff- nungsverfahren). Diese Einschränkung des Grundsatzes iura novit curia gilt gemäss Rechtsprechung lediglich für Arrest- und Rechtsöffnungsverfahren (siehe zum Ganzen für das Rechtsöffnungsverfahren: BGE 140 III 456 E. 2.3. f. und der von der Vorinstanz zitierte Entscheid ZR 114/2015 Nr. 81 E. 3.6.2.; für das Arrest- verfahren: BGer 5A_248/2020 vom 30. Juni 2021 E. 3.3. ff.; BGer 5A_60/2013 vom 27. Mai 2013 E. 3.2.1.2, je m.w.H.). Auch wenn das Anerkennungsverfahren gemäss Art. 166 ff. IPRG summarisch ist, ist dieses weder von besonderer Dring- lichkeit geprägt noch hat der Anerkennungsentscheid lediglich eine vorläufige Wirkung - wie dies für das Arrest- oder Rechtsöffnungsverfahren gilt. Im Gegen- teil löst die Anerkennung ein (Hilfs-)Konkursverfahren aus mit dem Ziel, das in der Schweiz gelegene Vermögen des Gemeinschuldners definitiv zu liquidieren. Es scheint nicht sachgerecht, dass die für die Rechtsöffnungs- und Arrestverfahren entwickelte Praxis telquel auch für Anerkennungsverfahren i.S.v. Art. 166 ff. IPRG übernommen wird.

Unter diesen Umständen war die Vorinstanz nicht berechtigt, gestützt auf Art. 16 Abs. 2 IPRG Schweizer Ersatzrecht auf die Frage des Durchgriffs anzu- wenden. Wie vorstehend aufgezeigt wurde, ist der vorinstanzliche Nichteintreten- sentscheid - auch wenn aus einem anderen Grund - dennoch zu schützen.

III.
  1. Die Gerichtsgebühr ist angesichts des Interessenwerts von über 5 Mio. Franken - abgeleitet aus behaupteten Vermögenswerten von insgesamt rund 5.9 Mio. USD auf einem Konto bei der G. AG in Zürich per 24. September 2019 (vgl. act. 3/26) - auf CHF 7'000.- festzusetzen (§ 12 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 8 Abs. 4 GebV OG).

  2. Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist die Gerichtsgebühr der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen.

Es wird erkannt:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr wird auf CHF 7'000.- festgesetzt und der Beschwerdeführerin auferlegt.

    Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens werden mit dem von der Beschwerdeführerin geleisteten Vorschuss von CHF 7'000.- verrechnet.

  3. Es wird keine Parteienschädigung zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Beschwerdeführerin sowie an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.

    Die erstinstanzlichen Akten gehen nach unbenütztem Ablauf der Rechtsmit- telfrist an die Vorinstanz zurück.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 30 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesge-

richt, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

Es handelt sich um einen Entscheid des Konkurs- oder Nachlassgerichts im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. d BGG.

Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer Der Gerichtsschreiber:

MLaw B. Lakic versandt am:

4. November 2021

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