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Urteil Obergericht des Kantons Zürich (ZH)

Kopfdaten
Kanton:ZH
Fallnummer:PS180247
Instanz:Obergericht des Kantons Zürich
Abteilung:II. Zivilkammer
Obergericht des Kantons Zürich Entscheid PS180247 vom 05.03.2019 (ZH)
Datum:05.03.2019
Rechtskraft:Weiterzug ans Bundesgericht, 5A_211/2019
Leitsatz/Stichwort:Arrestvollzug (Beschwerde über ein Betreibungsamt)
Schlagwörter : Arrest; Gläubiger; Beschwerde; Arreste; Drittansprecherin; Schuldner; Verfahren; Betreibung; Recht; Betreibungsamt; Erwähnte; Durchgriff; Aufsichtsbehörde; Erwähnten; Arresten; SchKG; Vorinstanz; Gläubigern; Nichtig; Bundesgericht; Arrest-Nr; Schweiz; Arrests; Kanton; Private; Genossenschaft; Vermögenswerte
Rechtsnorm: Art. 108 KG ; Art. 2 ZGB ; Art. 20a KG ; Art. 22 KG ; Art. 241 ZPO ; Art. 275 KG ; Art. 279 KG ; Art. 326 ZPO ; Art. 35 BV ; Art. 9 BV ; Art. 90 BGG ;
Referenz BGE:130 III 579; 142 III 348; 143 III 279; 143 III 573;
Kommentar zugewiesen:
Rainer J. Schweizer, Kommentar Art. BV, Art. 35 BV,, 2014
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
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Entscheid

Obergericht des Kantons Zürich

II. Zivilkammer als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs

Geschäfts-Nr.: PS180247-O/U

Mitwirkend: Oberrichter lic. iur. P. Diggelmann, Vorsitzender, Oberrichter Dr. P. Higi und Ersatzrichter lic. iur. T. Engler sowie Gerichtsschreiberin lic. iur. O. Canal

Urteil vom 5. März 2019

in Sachen

  1. Kanton Tessin,

  2. Schweizerische Eidgenossenschaft,

  3. Gemeinde Lugano,

  4. Gemeinde A. ,

  5. Gemeinde B. , Arrestgläubiger und Beschwerdeführer,

    1, 2, 3, 4, 5 vertreten durch Ufficio esazione e condoni,

    gegen

    C. AG,

    Drittansprecherin und Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X. ,

    betreffend

    Arrestvollzug / Arrest-Nrn. 1, 2, 3, 4 und 5

    (Beschwerde über das Betreibungsamt Zürich )

    Beschwerde gegen einen Beschluss der 1. Abteilung des Bezirksgerichtes Zürich vom 11. Dezember 2018 (CB180128)

    Beschwerdeanträge der Beschwerdegegnerin (Beschwerdeführerin vor erster Instanz) vor dem Bezirksgericht Zürich

    (act. 1 S. 2):

    1. Es sei gerichtlich festzustellen, dass die Arreste Arrest-Nr. 1 / Arrest-Nr.

    2 / Arrest-Nr. 3 / Arrest-Nr. 4 / Arrest-Nr. 5 über die Bankbeziehung der Beschwerdeführerin bei der D. Schweiz Genossenschaft, [Adresse] nichtig seien.

    1. Es sei gerichtlich festzustellen, dass die Arreste Arrest-Nr. 1 / Arrest-Nr.

      2 / Arrest-Nr. 3 / Arrest-Nr. 4 / Arrest-Nr. 5 über die Bankbeziehung der Beschwerdeführerin bei der E. Private Bank Ltd., [Adresse] nichtig seien.

    2. Das Stadtammannund Betreibungsamt Zürich sei gerichtlich anzuweisen, die D. Schweiz Genossenschaft, [Adresse] sowie die E. Private Bank Ltd., [Adresse] über den Dahinfall des Arrestbeschlages in Bezug auf die Beschwerdeführerin in den Arrestverfahren Arrest-Nr. 1 / Arrest-Nr. 2 / Arrest-Nr. 3 / Arrest-Nr. 4 / Arrest-Nr. 5 umgehend zu notifizieren.

unter Kostenund Entschädigungsfolge zuzüglich MWST.

Beschluss des Bezirksgerichts Zürich vom 11. Dezember 2018

(act. 25 = act. 28 = act. 30):

1. Es wird festgestellt, dass die Arrestierung der Guthaben und Werte der Beschwerdeführerin bei der D. Schweiz Genossenschaft, ... [Adresse] und der E. Private Bank Ltd., [Adresse], durch das Betreibungsamt Zürich (Arreste Nrn. 1, 2, 3, 4 und 5) nichtig ist.

2. Das Betreibungsamt Zürich wird angewiesen, die D. Schweiz Genossenschaft, ..., sowie die E. Private Bank Ltd., [Adresse], über den Dahinfall des Arrestbeschlags entsprechend Dispositiv-Ziffer 1 in Kenntnis zu setzen oder zu benachrichtigen.

[3.-4. Mitteilung, Rechtsmittel]

Beschwerdeanträge vor dem Obergericht des Kantons Zürich

Der Arrestgläubiger und Beschwerdeführer (act. 29 S. 1 f.):

1. Es ist festzustellen, dass das Vorgehen der hier Beschwerdefüh- rer Nr. 1-5 in Rahmen des Arrestverfahrens Arrest-Nrn. 1, 2, 3, 4, 5 weder als rechtsmissbräuchlich noch gegen das öffentliche Interesse, sondern als (noch) rechtmässig erfolgt ist (wir verweisen ausdrücklich auf die Akten dazu).

2. Infolgedessen ist die stattgefundene Arrestierung der Guthaben und Werte der C. AG bei der D. Schweiz Genossenschaft, [Adresse] und der E. Private Bank Ltd., [Adresse] durch das Betreibungsamt Zürich (Arreste Nrn. 1, 2, 3, 4, 5) als wirksam zu betrachten.

Der Drittansprecherin und Beschwerdegegnerin (act. 35 S. 2):

Die Beschwerde vom 28.12.2018 sei vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.

unter Kostenund Entschädigungsfolge zuzüglich MWST.

Erwägungen:
  1. Sachverhalt / Prozessgeschichte

    1. Die Beschwerdeführer 1-5 sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Sie machen gegenüber dem Schuldner F. Steuerforderungen geltend. F. wohnte gemäss den Gläubigern bis 2017 im Kanton Tessin und verlegte seinen Wohnsitz daraufhin nach Dubai (vgl. act. 4/7 S. 3). Die Beschwerdeführer werden nachfolgend auch als Gläubiger bezeichnet. Sie erliessen für ihre Forderungen am 15. Mai 2018 je eine Sicherstellungsverfügung gegenüber dem Schuldner und je einen Arrestbefehl gestützt auf das Tessiner Steuergesetz an das Betreibungsamt Zürich . Im Einzelnen geht es um Steuerforderungen von Fr. 19 Mio. (Kantonssteuer), Fr. 13 Mio. (direkte Bundessteuer), Fr. 15'000.00 (Gemeindesteuer Lugano), Fr. 16 Mio. (Gemeindesteuer A. ) und Fr. 70'000.00 (Gemeindesteuer B. ). Als Arrestgegenstände verwiesen die Gläubiger in den Arrestbefehlen unter anderem auf Kontobeziehungen der C. AG (der Beschwerdegegnerin im vorliegenden Verfahren) bei der D. Schweiz Genossenschaft und bei der E. Private Bank AG (bzw. Ltd.), je in Zürich. Der Schuldner sei, so die Gläubiger, an der C. AG wirtschaftlich berechtigt gemäss Durchgriff Grundsatz (vgl. act. 4/10/1-5 = act. 3/9-13).

      Das Betreibungsamt Zürich vollzog am 16. Mai 2018 die Arreste Nr. 6, 7, 8, 9 sowie 10 gegenüber dem Schuldner F. , verarrestierte nebst anderem die Guthaben der C. AG gemäss den genannten Kontobeziehungen und notifizeirte (u.a.) die erwähnten Bankinstitute (act. 3/17/a-e; vgl. auch act. 4/3/2-6).

    2. Die C. AG erhob mit Eingabe vom 28. Mai 2018 an das Bezirksgericht Zürich als untere kantonale Aufsichtsbehörde über Betreibungsämter (nachfolgend: Vorinstanz) Beschwerde gegen die erwähnten Arrestvollzüge Nr. 6, 7, 8, 9 sowie 10 und beantragte, die Arreste seien ihr gegenüber vollumfänglich aufzuheben (act. 4/1; Geschäfts-Nr. CB180080-L).

    3. Aus den fünf Arresturkunden vom 2., 3. und 4. Juli 2018 zu den erwähnten fünf Arresten ergibt sich, dass die C. AG hinsichtlich der verarrestierten, auf sie lautenden Guthaben bei der D. Schweiz Genossenschaft und der

      E. Private Bank AG (je in Zürich) Drittansprachen erhob, und dass das Betreibungsamt den Gläubigern (und dem Schuldner) Frist ansetzte, um die Widerspruchsklage nach Art. 108 SchKG zu erheben (act. 3/17a-e). Die C. AG (die Beschwerdegegnerin im vorliegenden Verfahren) wird daher nachfolgend auch als Drittansprecherin bezeichnet.

    4. Die Gläubiger erhoben mit Eingabe vom 22. August 2018 an das Kantonsgericht Zug Widerspruchsklage gegen die Drittansprecherin. Das Kantonsgericht retournierte die Klage mit Präsidialverfügung vom 29. August 2018 an die Gläubiger und setzte ihnen eine zehntägige Nachfrist zur Verbesserung an. Das Kantonsgericht verband dies mit der Androhung, dass die Klage bei nicht fristgerechter Verbesserung als nicht eingereicht gelte. Gleichzeitig wies das Kantonsgericht darauf hin, dass sich die Frage stelle, ob die Klage rechtzeitig eingereicht worden

      sei (act. 3/18). Die Gläubiger unterliessen es in der Folge, die Klage zu verbessern. Das Kantonsgericht bestätigte dies mit Schreiben vom 18. September 2018 an die Gläubiger und hielt fest, dass in der erwähnten Sache kein Verfahren rechtshängig sei (vgl. act. 3/19).

    5. Am 13. September 2018 erliessen die Gläubiger je einen neuen Arrestbefehl gegen den Schuldner an das Betreibungsamt Zürich (nachfolgend: Betreibungsamt). Die Arrestbefehle beziehen sich auf dieselben Steuerforderungen gegen den Schuldner und nennen als Arrestgrund dieselbe Sicherstellungsverfü- gung vom 15. Mai 2018. Die Gläubiger bezeichnen darin als Arrestgegenstände sämtliche Forderungen der Drittansprecherin gegen die D. Schweiz Genossenschaft und die E. Private Bank AG, je ... Zürich (und damit einen Teil der Arrestgegenstände gemäss den vorstehend erwähnten Arresten Nr. 6, 7, 8, 9 sowie 10). Der Schuldner, so die Gläubiger, sei an der Drittansprecherin wirtschaftlich berechtigt gemäss Durchgriff Grundsatz (Arreste Nr. 1, 2, 3, 4 und 5;

      act. 3/2-6).

    6. Das Betreibungsamt setzte die D. Schweiz Genossenschaft und die E. Private Bank AG, je ... Zürich, mit Schreiben vom 13. September 2018 davon in Kenntnis, dass in den Arresten Nr. 6-10 keine Widerspruchsklage gegen die Drittansprecherin erhoben worden sei und die Beschlagnahme der Werte der Drittansprecherin in diesen Arresten aufgehoben sei. Dieselben Werte würden aber bereits von den Arresten Nr. 1 bis 5 erfasst. Die Sperren seien daher aufrecht zu erhalten (vgl. act. 3/14a-b).

    7. Die Drittansprecherin stellte sich zunächst vor dem Betreibungsamt auf den Standpunkt, die neuen fünf Arreste seien nichtig. Das Betreibungsamt hielt mit Verfügung vom 19. September 2018 fest, es stufe die neuen Arrestverfahren nicht als rechtsmissbräuchlich ein (vgl. act. 3/8).

    8. Mit Beschwerdeeingabe vom 21. September 2018 gelangte die Drittansprecherin mit ihrem Standpunkt zur Nichtigkeit der neuen fünf Arreste an die Vorinstanz. Die Drittansprecherin stellte im Einzelnen die eingangs angeführten Anträge (act. 1 S. 2; Geschäfts-Nr. CB180128-L). Diese Beschwerde ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

      Gleichzeitig mit dieser Beschwerde teilte die Drittansprecherin der Vorinstanz mit, dass die ursprünglichen fünf Arreste (Nr. 6, 7, 8, 9 und 10) teilweise aufgehoben worden seien. Das Beschwerdeverfahren gegen diese Arrestvollzüge habe sich infolgedessen erledigt (act. 1 S. 3).

    9. Mit Beschluss vom 27. September 2018 schrieb die Vorinstanz das Verfahren über die Beschwerde der Drittansprecherin vom 28. Mai 2018 (Geschäfts-Nr. CB180080-L) als gegenstandslos geworden ab (act. 4/25).

    10. Im Verfahren CB180128-L liess sich das Betreibungsamt am 3. Oktober 2018 vernehmen. Am 9. Oktober 2018 erstatteten die Gläubiger die Beschwerdeantwort (vgl. act. 5-8). Nach weiteren Eingaben und Stellungnahmen erliess die Vorinstanz am 11. Dezember 2018 den eingangs angeführten Beschluss, mit dem sie feststellte, dass die Arrestierung der Guthaben und Werte der Drittansprecherin bei der D. Schweiz Genossenschaft und der E. Private Bank AG mit den Arresten Nr. 1 - 5 nichtig sei (act. 25 = act. 28 = act. 30). Der Beschluss wurde den Gläubigern am 20. Dezember 2018 zugestellt (act. 26/3).

    11. Mit Eingabe an das Obergericht vom 28. Dezember 2018 (Datum Poststempel) erhoben die Gläubiger rechtzeitig Beschwerde gegen den Beschluss vom

      11. Dezember 2018. Sie stellten die eingangs angeführten Beschwerdeanträge (act. 29).

    12. Mit Verfügung vom 15. Januar 2019 setzte der Vorsitzende der Drittansprecherin Frist an, um die Beschwerde zu beantworten (act. 33).

    13. Die Drittansprecherin erstattete mit Eingabe vom 18. Januar 2019 rechtzeitig die Beschwerdeantwort und stellte die eingangs angeführten Beschwerdeanträge (act. 35).

    14. Die Akten des erstinstanzlichen Verfahrens CB180128-L (darin eingeschlossen die Beizugsakten CB180080-L) wurden beigezogen. Das Verfahren ist

      spruchreif. Allerdings sind den Gläubigern noch Doppel von act. 35 und 36/1-2 zur Kenntnisnahme zuzustellen.

  2. Prozessuale Vorbemerkungen

    Das Verfahren der Beschwerde in Schuldbetreibungsund Konkurssachen richtet sich nach den Bestimmungen von Art. 20a Abs. 2 SchKG. Soweit das SchKG keine Bestimmungen enthält, regeln die Kantone das Verfahren (Art. 20a Abs. 3 SchKG). Im Kanton Zürich wird in § 84 i.V.m. § 85 GOG für das Verfahren des Weiterzugs an die obere kantonale Aufsichtsbehörde auf das Beschwerdeverfahren nach Art. 319 ff. ZPO verwiesen, welches dementsprechend als kantonales Recht anzuwenden ist (vgl. dazu JENT-SØRENSEN, Das kantonale Verfahren nach Art. 20a Abs. 3 SchKG: ein Relikt und die Möglichkeit einer Vereinheitlichung, BlSchK 2013 S. 89 ff., S. 103 f.).

    Vor der Kammer als oberer Aufsichtsbehörde gilt auch die Bestimmung von Art. 326 ZPO. Danach sind im vorliegenden Verfahren neue Tatsachenbehaup-

    tungen und Beweismittel sowie neue Anträge nicht mehr zulässig. Davon ausgenommen sind nebst anderen, hier nicht interessierenden Konstellationen neue Behauptungen und Beweismittel im Zusammenhang mit Prozessvoraussetzungen wie dem Rechtsschutzinteresse (vgl. OGer ZH PF180036 vom 19. November 2018, E. 3.1).

  3. Zum angefochtenen Entscheid

    Die Vorinstanz verwies zunächst zutreffend auf die rechtlichen Grundlagen des Steuerarrests und des Widerspruchsverfahrens (act. 28 S. 9-11) und hielt sodann fest, der Sachverhalt sei weitgehend unbestritten. Die Gläubiger hätten nach ihrer eigenen Schilderung die ersten fünf Arreste (Nr. 6-10) nicht weiterverfolgt und die Widerspruchsklage nicht verbessert, weil sie die Klage möglicherweise ohnehin verspätet erhoben hätten. Sie hätten es daher vorgezogen, neue Arrestverfahren einzuleiten. Diesen könne nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung zwar nicht der Einwand der res iudicata entgegen gehalten werden, weil die ersten fünf Arreste nicht (gerichtlich) aufgehoben bzw. abgewiesen, sondern von den Gläubigern zurückgezogen worden seien. Dass die neuen fünf Arreste sich auf den völ- lig gleichen Sachverhalt stützten wie die alten, könne dennoch nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben. Die Gläubiger hätten sowohl die zurückgezogenen als auch die neu erwirkten Arreste damit begründet, dass der Schuldner an der Drittansprecherin wirtschaftlich berechtigt und daher ein Durchgriff zulässig sei. Zudem hätten die Gläubiger weder einen neuen Arrestgrund angerufen noch andere oder zusätzliche Konten verarrestiert. Dieses Verhalten der Gläubiger sei rechtsmissbräuchlich. Es stehe ihnen nicht zur Disposition, bei einer versäumten Klagefrist nach Art. 108 Abs. 2 SchKG einen neuen identischen Arrest zu legen. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten sei umso mehr zu bejahen, als die Gläubiger als öffentlich-rechtliche Körperschaften für ihre Steuerforderungen von Gesetzes wegen keine gerichtliche Arrestbewilligung bewirken müssten und auch nicht mit allfälligen Arresteinsprachen konfrontiert würden.

    Ob der Arrest auch nichtig sei, weil offensichtlich Dritteigentum (der Drittansprecherin) verarrestiert worden sei, könne offen gelassen werden (act. 28 S. 11-13).

  4. Vorbemerkungen

    1. Rückzug der Arreste Nr. 6-10

      Der Klarheit halber ist vorab festzuhalten, dass aus der Formulierung der Vorinstanz, die Gläubiger hätten die erwähnten ersten fünf Arreste zurückgezogen (act. 28 S.11), nicht auf einen Rückzug im Sinne von Art. 241 ZPO geschlossen werden kann, dem gemäss Abs. 2 dieser Bestimmung die Wirkung eines rechtskräftigen Entscheids zukommen könnte. Davon ging die Vorinstanz zu Recht nicht aus. Den vorstehenden Ausführungen zur Vorgeschichte lässt sich entnehmen, dass die Gläubiger diese Arreste nicht zurückzogen (auch nicht teilweise), sondern lediglich gegenüber der Drittansprecherin nicht weiterverfolgten. Ein Rückzug, dem die erwähnte Wirkung nach Art. 241 Abs. 2 ZPO zukommen könnte, kann gedanklich bereits aus dem Grund nicht vorliegen, dass die Gläubiger als Steuerbehörden keine Arrestbegehren stellten (die sie hätten zurückziehen kön- nen), sondern die erwähnten Arrestbefehle gestützt auf steuerrechtliche Grundlagen erliessen.

    2. Nichtigkeit von Verfügungen

      Verstossen Verfügungen gegen Vorschriften, die im öffentlichen Interesse oder im Interesse von am Verfahren nicht beteiligten Personen erlassen worden sind, so sind sie nichtig. Die Aufsichtsbehörden stellen die Nichtigkeit von Verfügungen von Amtes wegen oder auf Beschwerde hin fest (Art. 22 Abs. 1 SchKG). Das gilt auch im Arrestverfahren und auch für den Steuerarrest. Auf die in diesen Verfahren zu beachtenden Besonderheiten wird nachfolgend soweit erforderlich eingegangen.

    3. Schutzwürdiges Interesse / praktischer Verfahrenszweck

      1. Die Gläubiger geben in ihrer Beschwerdeschrift an, sie hätten mit den Steuerpflichtigen inzwischen eine Vereinbarung abgeschlossen, welche sich auf die Lieferung von alternativen Sicherheiten beziehe. Dadurch werde das Verfahren belanglos erscheinen (act. 29 S. 4). Die Drittansprecherin bestreitet, dass es zu einer solchen Vereinbarung mit ihr gekommen sei (act. 35 S. 7). Denkbar ist, dass die Gläubiger sich auf eine Vereinbarung mit dem Schuldner beziehen. Aus der Formulierung der Gläubiger ist indes zu schliessen, dass die entsprechenden Garantien noch nicht geliefert wurden (belanglos erscheinen wird). Aus der Darstellung der Gläubiger lässt sich somit nicht schliessen, sie verfolgten mit der Beschwerde kein schutzwürdiges Interesse mehr.

      2. Die Drittansprecherin erklärt unter Hinweis auf eine Eingabe der Gläubiger an das Betreibungsamt vom 17. Dezember 2018, die Gläubiger hätten die fraglichen Steuerarreste zurückgezogen. Die Beschwerde verfolge daher keinen praktischen Zweck mehr und es bestehe kein schutzwürdiges Interesse mehr an ihrer Beurteilung (act. 35 S. 2 f., act. 36/1-2).

        Das neue Vorbringen ist im Beschwerdeverfahren zulässig, weil es eine Prozessvoraussetzung des Beschwerdeverfahrens betrifft (vgl. vorne Ziff. 2). Aus der neuen Unterlage ergibt sich indes nicht, dass die Gläubiger die vom vorliegenden Verfahren betroffenen Arreste Nr. 1 bis 5 zurückzogen. Sie teilten vielmehr mit, dass aus den Arresten Nr. 11, 12, 13, 14 und 15 bestimmte Vermögenswerte

        (u.a.) der Drittansprecherin bei der D. Schweiz Genossenschaft und bei der E. Private Bank AG aus dem Arrestbeschlag entlassen werden könnten, während die Arrestbefehle für die weiteren Arrestgegenstände ausdrücklich weitergelten sollten (vgl. act. 36/1-2).

        Im Verfahren über die Arreste Nr. 11, 12, 13, 14 und 15 tritt (wie im vorliegenden Verfahren) das Ufficio esazione e condoni, G. , als Gläubigervertreter auf; als Schuldner wird ebenfalls F. genannt (vgl. act. 36/1-2). Für welche Gläu- biger die Arreste im Einzelnen erlassen wurden, ergibt sich aus den Unterlagen indes nicht und wird von der Drittansprecherin auch nicht aufgezeigt. Obschon aufgrund der gleichen Anzahl Arreste die Annahme nahe liegen mag, es handle sich um dieselben Gläubiger, steht dies nicht fest. Unklar ist im Weiteren, welche Arrestforderungen den Arresten Nr. 11, 12, 13, 14 und 15 zugrunde liegen. Die Drittansprecherin äussert sich dazu nicht. Ohne Anhaltspunkte dafür kann nicht angenommen werden, es gehe um dieselben Arrestforderungen wie in den vom vorliegenden Verfahren betroffenen Arresten. Die Freigabe der Konten der Drittansprecherin in diesen Arresten sagt über das Interesse der Gläubiger an den Arresten Nr. 1 bis 5 deshalb nichts aus. Es fehlt an schlüssigen Anhaltspunkten, aus welchen zu folgern wäre, die Gläubiger würden mit der vorliegenden Beschwerde kein schutzwürdiges Interesse mehr verfolgen.

  5. Nichtigkeit aufgrund offenbaren Rechtsmissbrauchs (Art. 2 Abs. 2 ZGB)

    1. Als Vorschrift, die im öffentlichen Interesse erlassen wurde (vgl. soeben Ziff. 4.2), gilt auch das allgemeine Verbot des offenbaren Rechtsmissbrauchs

      (Art. 2 Abs. 2 ZGB). Dessen Verletzung stellt einen Nichtigkeitsgrund nach Art. 22 SchKG dar (vgl. KREN KOSTKIEWICZ, OFK-SchKG, 19. Auflage 2016, Art. 22 N 5

      und N 7 mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung). Das gilt auch im Verfahren des Steuerarrests. Der Staat steht als betreibender Gläubiger grundsätzlich in derselben Stellung wie private Betreibungsgläubiger (vgl. HANS REISER, Der Steuerarrest, ZZZ 2017 S. 69 ff., S. 69). Bei offenbarem Rechtsmissbrauch haben Betreibungsämter und Aufsichtsbehörden daher auch gegenüber staatlichen Gläubigern die Mitwirkung am Arrestvollzug zu verweigern (vgl. BGE 143 III 279 E. 3.1 zum Arrest für eine Forderung des Staates für Verfahrenskosten). Auf die Frage, ob daneben dem Willkürverbot eine eigenständige Bedeutung zukommt, wird nachfolgend noch eingegangen.

    2. Die Parteien beanstanden die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz im Beschwerdeverfahren nicht. Mithin ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass die Gläubiger die ersten Arreste (Nr. 6-10) gegenüber der Drittansprecherin nicht weiterverfolgten und die Widerspruchsklage nicht verbesserten, weil sie die Klage möglicherweise (gemäss einem entsprechenden Hinweis des Gerichts) ohnehin verspätet erhoben, und dass sie es deshalb vorzogen, neue Arrestverfahren einzuleiten.

      Die Gläubiger sind der Meinung, ihr Vorgehen sei nicht rechtsmissbräuchlich und deshalb seien die Arreste Nr. 1-5 nicht nichtig (vgl. act. 29). Das ist nachfolgend zu prüfen.

    3. Die Gläubiger halten dem angefochtenen Entscheid zunächst entgegen, sie hätten die Bedürfnisse der Drittansprecherin und ihrer Mitarbeiter genügend berücksichtigt, indem sie auf Verlangen der Gesellschaft beachtliche Summen freigegeben hätten, insbesondere zugunsten ihrer Gesellschafter und Mitarbeiter. Sie verweisen dazu auf eine Mitteilung vom 20. Dezember 2018. Von einem rechtsmissbräuchlichen Vorgehen könne daher keine Rede sein (act. 29 S. 2 f., act. 31). Das Vorbringen ist entgegen der Drittansprecherin (act. 35 S. 2) nicht vollumfänglich neu. Es wurde von den Gläubigern bereits vor Vorinstanz ins Verfahren eingebracht, wenn auch nur hinsichtlich der früheren Freigabe solcher Mittel (act. 21, 22/4-5). Unzulässig ist lediglich die Behauptung, es seien ebenso danach Mittel freigegeben worden, und die erwähnte Mitteilung vom 20. Dezember 2018 als neues Beweismittel (act. 31). Die Drittansprecherin legt dar, die Gläubiger hätten in den Monaten Oktober bis Dezember 2018 keine Zahlungen mehr freigegeben (act. 35 S. 2).

      Ob ein solches Entgegenkommen gegebenenfalls einen rechtsmissbräuchlichen Charakter bzw. eine Nichtigkeit der Arreste zu relativieren (oder zu kompensieren) vermöchte, kann offen bleiben. Den Arresten Nr. 1-5 liegt aus den nachfolgend dargestellten Gründen ohnehin kein offenbarer Rechtsmissbrauch zugrunde:

    4. Zulässigkeit eines zweiten identischen Arrests

      1. Die Gläubiger begründen ihre Beschwerde mit dem Hinweis auf einen Bundesgerichtsentscheid 5A_925/2012 vom 5. April 2013. Gestützt auf diese Rechtsprechung sei ihr Vorgehen, so die Gläubiger, gültig und rechtmässig. Ihnen sei kein Rechtsmissbrauch vorzuwerfen (act. 29 S. 3 f.).

      2. Dem Standpunkt der Gläubiger ist zu folgen. Nach dem erwähnten Bundesgerichtsentscheid steht die Existenz eines Arrests einem zweiten Arrestbegehren gestützt auf denselben Arrestgrund und für dieselbe Arrestforderung nicht entgegen, wenn der erste Arrest aufgrund Nichtbeachtung der Frist von Art. 279 SchKG dahinfällt. Zur Frage, ob ein solcher zweiter Arrest auch dieselben Arrestgegenstände umfassen dürfe wie der erste, erwog das Bundesgericht weiter, es liege in der Natur des Arrests als Sicherungsmassnahme, dass bei Zweifeln über die Gül- tigkeit eines ersten Arrests ein neuer Arrest auf dieselben Gegenstände gelegt werden könne. Der Vollzug des zweiten Arrests setze das Dahinfallen des ersten nicht voraus. Es entspreche gerade einem vorrangigen Bedürfnis des Gläubigers, dass die Arrestgegenstände zwischenzeitlich nicht freigegeben würden. Andernfalls würde der Zweck des Arrests vereitelt. Dass die Prosequierungsfristen neu zu laufen beginnen, habe der Schuldner hinzunehmen. Vorbehalten sei nur der Fall, dass der Gläubiger durch mehrere aufeinander folgende Arreste versuche, die Prosequierungslast zu umgehen. Ein solches Vorgehen könne Rechtsmissbrauch darstellen (vgl. BGer 5A_925/2012 vom 5. April 2013, E. 6.2). Das Bundesgericht bestätigte diese Ansicht im publizierten Entscheid BGE 143 III 573

        (E. 4.1.3; vgl. zustimmend dazu NAEGELI/SOGO, Zwei [und mehr] Anläufe bei vorsorglichen Massnahmen und beim Arrest, in: Markus/Hrubesch-Millauer/Rodriguez [Hrsg.], Zivilprozess und Vollstreckung national und international - Schnittstellen und Vergleiche, Festschrift für Jolanta Kren Kostkiewicz, Bern 2018,

        S. 601 ff., S. 613 ff.).

        Hat ein Gläubiger Zweifel, ob er die Widerspruchsklage nach Art. 108 SchKG rechtzeitig erhob, so kann nichts anderes gelten. Auch dieses Risiko (gleich wie die vom Bundesgericht erwähnten Zweifel an der Gültigkeit eines Arrests selber) verschafft den Gläubigern ein Rechtsschutzinteresse an neuen Arresten gestützt

        auf denselben Sachverhalt und auf dieselben Arrestgegenstände (bzw. auf einen Teil der von den ersten Arresten betroffenen Werte). Dass für eine gewisse Zeit je Gläubiger zwei (teilweise) identische Arreste bestanden, schadet gemäss den erwähnten Erwägungen des Bundesgerichts nicht.

        Der Umstand, dass es mit Blick auf das Widerspruchsverfahren (allenfalls) um Vermögenswerte Dritter (und nicht nur um solche des Schuldners) geht, rechtfertigt entgegen der Drittansprecherin (act. 35 S. 5 unten) kein Abweichen von der erwähnten Bundesgerichtspraxis. Die Drittansprecherin verweist dazu - an sich zwar richtig - auf Art. 108 Abs. 3 SchKG, nach welcher Bestimmung der Drittanspruch im Fall des (Mit-)Gewahrsams des Dritten als anerkannt betrachtet wird, wenn keine Klage eingereicht wird (act. 35 S. 6). Nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung gilt das indessen nur für die laufende Betreibung. Im Fall des Arrests (für dessen Vollzug Art. 275 SchKG auf die Art. 91-109 SchKG verweist) läuft im fraglichen Verfahrensstadium regelmässig noch keine Betreibung. Der Anerkennung des Drittanspruchs (durch Unterlassen der Widerspruchsklage) kann in diesem Fall keine weiter gehende Wirkung zukommen als im Fall der bereits laufenden Betreibung - insbesondere keine materiellrechtliche Wirkung. Es ist daher davon auszugehen, dass der Drittanspruch bei unterlassener Widerspruchsklage nach Art. 275 i.V.m. Art. 108 Abs. 3 SchKG nur für den jeweiligen Arrestvollzug (und für dessen Prosequierung) als anerkannt gilt.

        Bei Zweifeln darüber, ob ein erster Arrest zum Ziel führt, ist somit auch mit Blick auf Vermögenswerte Dritter ein zweiter identischer Arrest zulässig. (Offenbarer) Rechtsmissbrauch wäre auch hier erst zu bejahen, wenn versucht würde, das Widerspruchsverfahren mit mehreren aufeinanderfolgenden Arresten zu umgehen. Davon, und von einer missbräuchlichen Schikane gegenüber der Drittansprecherin (vgl. act. 35 S. 4), kann im vorliegenden Fall (noch) nicht gesprochen werden. Den Gläubigern ist deshalb kein offenbarer Rechtsmissbrauch nach Art. 2 Abs. 2 ZGB vorzuwerfen.

        Der Drittansprecherin steht auch in den erneuten Arresten die Möglichkeit offen, Drittansprache zu erheben. Es wird sodann an den Gläubigern sein, vor dem zuständigen Gericht Widerspruchsklage zu führen.

      3. Die weiteren Argumente der Drittansprecherin rechtfertigen hinsichtlich des geltend gemachten Rechtsmissbrauchs keinen anderen Schluss:

        Ob die eingangs erwähnte Widerspruchsklage vom 22. August 2018 (vgl. vorne Ziff. 1.4) effektiv verspätet war (was die Drittansprecherin bestreitet, act. 35 S. 5), ist nicht relevant. Aufgrund des Hinweises des Kantonsgerichts Zug bestand zumindest ein entsprechendes Risiko (vgl. auch dazu vorne Ziff. 1.4). Dieses Risiko verschaffte den Gläubigern nach dem Gesagten ein legitimes Interesse am Erlass der neuen Arrestbefehle. Von einem missbräuchlichen Umgehen des Widerspruchsverfahrens ist dabei wie gesehen noch nicht auszugehen.

        Auch dass die Gläubiger aktiv wurden, indem sie Widerspruchsklage erhoben (und sodann darauf verzichteten, diese zu verbessern), rechtfertigt entgegen der Drittansprecherin (act. 35 S. 5) keine andere Beurteilung. Der vom Bundesgericht in der erwähnten Rechtsprechung thematisierte Gläubiger wurde mit dem Arrestbegehren ebenfalls aktiv und zweifelte danach an den Erfolgsaussichten des ersten Arrests (vgl. vorne Ziff. 4.5.1-2). Das Kriterium rechtfertigt kein Abweichen von der Praxis.

      4. Schliesslich ist (entgegen der Drittansprecherin) auch aus dem Willkürverbot (Art. 9 BV) und aus den Verfahrensgarantien der EMRK nichts anderes abzuleiten:

        Die Drittansprecherin macht geltend, die Gläubiger hätten ihre elementarsten Gerechtigkeitserwartungen verletzt und würden nach Lust und Laune jenseits aller rechtlichen Massstäbe handeln (act. 1 S. 7 und act. 35 S. 3, 5).

        Richtig ist, dass staatliche Behörden sich in allen Organisationsund Handlungsformen an das Willkürverbot zu halten haben, und damit auch als Gläubiger in Steuervollstreckungsverfahren (vgl. dazu RAINER J. SCHWEIZER, St. Galler Kommentar zu Art. 35 BV, 3. Auflage 2014, Art. 35 N 45). Der Staat ist in diesem Sinn, auch wenn er im Zwangsvollstreckungsverfahren in direkter Konkurrenz mit anderen Gläubigern steht (vgl. HANS REISER, Der Steuerarrest, ZZZ 2017 S. 69 ff.,

        S. 69), kein Gläubiger wie jeder andere. So ist nicht auszuschliessen, dass die

        Anforderungen, welche das Willkürverbot an staatliche Gläubiger stellt, in einzelnen Konstellationen strenger sind als jene, welche allen Gläubigern gegenüber aus dem Rechtsmissbrauchsverbot hervorgehen. In diesem Zusammenhang ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass die Steuerbehörden Arrestbefehle erlassen können, ohne das Arrestgericht anrufen zu müssen (act. 35 S. 4 unten).

        Auch für Steuerarreste gilt indes die Wertung des Bundesgerichts, wonach es in der Natur des Arrests als Sicherungsmassnahme liegt, dass bei Zweifeln über die Erfolgsaussichten eines erstens Arrests ein zweiter erwirkt werden kann (vorne Ziff. 5.4.2-3). Auch unter Berücksichtigung der erwähnten Besonderheiten des Steuerarrests verstösst das Vorgehen der Gläubiger (noch) nicht derart gegen jedes Gerechtigkeitsempfinden, dass von Willkür gesprochen werden könnte. Denkbar ist, dass staatlichen Gläubigern aus grundrechtlichen Gesichtspunkten eher ein verpöntes Perpetuieren des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. zum Begriff NAEGELI/SOGO, zit. in Ziff. 5.4.2 vorstehend, S. 616) vorzuwerfen wäre als privaten Gläubigern. Das hier zu prüfende Vorgehen der Gläubiger genügt dafür indes noch nicht.

  6. Nichtigkeit des Arrests auf (offensichtliches) Drittvermögen

    1. Die Gläubiger machten in den eingangs erwähnten Arrestbefehlen wie gesehen geltend, dass der Schuldner nach dem Durchgriffsgrundsatz an den Werten der Drittansprecherin berechtigt sei (vgl. vorne Ziff. 1.5).

    2. Die Drittansprecherin stellte sich vor der Vorinstanz auf den Standpunkt, die Arrestvollzüge seien nichtig, weil offensichtlich Drittvermögen verarrestiert worden sei (act. 1 S. 10 ff.). Die Vorinstanz setzte sich mit diesen Ausführungen nicht auseinander, weil sie die Arrestvollzüge bereits aus den geschilderten Gründen (vorne Ziff. 3) für nichtig befand. Dieser Ansicht ist wie gesehen nicht zu folgen.

      Die Parteien äusserten sich vor der Vorinstanz zu dieser Thematik (vgl. auch act. 8 S. 2 und act. 20 S. 3), und die Drittansprecherin hält beschwerdeweise am

      entsprechenden (Eventual-)Standpunkt fest (act. 35 S. 4). Das Verfahren ist auch insoweit spruchreif.

    3. Zulässigkeit des Arrests auf Vermögenswerte Dritter

      Ein Arrest auf Vermögenswerte, die einer anderen (natürlichen oder juristischen) Person als dem Schuldner gehören, ist im Grundsatz unzulässig. Ausnahmsweise ist ein Durchgriff zulässig, wenn glaubhaft erscheint, dass der Schuldner seine Vermögenswerte einer von ihm beherrschten Gesellschaft übertrug, auf deren Selbständigkeit er sich sodann in rechtsmissbräuchlicher Art und Weise beruft, oder dass Vermögenswerte auf fremden Namen lauten, aber für Rechnung des Arrestschuldners gehalten werden (vgl. BGer 5A_225/2009 vom 10. September 2009, E. 4.1, 4.4, in einem Verfahren über eine Arresteinsprache).

      Die Arrestbehörde hat somit (nur) zu prüfen, ob die geschilderten Voraussetzungen glaubhaft sind. Die eingehende Abklärung der Berechtigungsverhältnisse erfolgt (erst) im Widerspruchsverfahren (vgl. URS BOLLER, Abwehrmassnahmen: Arresteinsprache und Beschwerde, ZZZ 2017 S. 44 ff., S. 48; HANS REISER, Arrest in Theorie und Praxis, BlSchK 2015 S. 169 ff., S. 180).

    4. Kognition der Aufsichtsbehörde hinsichtlich der Durchgriffsvoraussetzungen

      1. ateriellrechtliche Rügen gegenüber Arrestbefehlen sind allgemein nicht vom Betreibungsamt (und von den Aufsichtsbehörden) zu prüfen, sondern vom Einsprachegericht (BGE 142 III 348 E. 3.1). Im Fall des Steuerarrests gestützt auf Sicherstellungsverfügungen der Steuerbehörden entfällt die Arresteinsprache. An deren Stelle tritt für den Schuldner und für allfällige betroffene Dritte der steuerbzw. verwaltungsrechtliche Rechtsweg (vgl. BGer 5A_730/2016 vom 20. Dezember 2016, E. 3.1; HANS REISER, Der Steuerarrest, ZZZ 2017 S. 69 ff., S. 72 mit Hinweisen; vgl. auch REMO CRESTANI, Rolle und Aufgaben des Betreibungsamts im Arrestverfahren, ZZZ 2017 S. 162 ff., S. 165). Auch im vorliegenden Fall sind materiellrechtliche Rügen gegenüber den fraglichen Steuerarresten somit nicht von der Aufsichtsbehörde zu prüfen.

      2. Vorbehalten bleibt stets Nichtigkeit nach Art. 22 SchKG. Nach einem Bundesgerichtsentscheid vom 14. August 2012 (5A_219/2012) ist ein Arrest nichtig nach dieser Bestimmung (und ist der Vollzug durch das Betreibungsamt bzw.

        durch die Aufsichtsbehörde zu verweigern), wenn die Arrestgegenstände ganz offensichtlich nicht dem Schuldner zustehen (a.a.O., E. 4.3.1).

        Das heisst indessen nicht, dass das Betreibungsamt und die Aufsichtsbehörden bei Arresten auf Vermögenswerte Dritter die geschilderten Durchgriffsvoraussetzungen zu prüfen hätten. Die Kognition des Betreibungsamts und der Aufsichtsbehörden ist bei Durchgriffsarresten nach der bundesgerichtlicher Rechtsprechung auf formelle Fragen beschränkt, wie etwa, ob der Arrestbefehl mit Blick auf die Angaben zu den Arrestgegenständen und zu den betroffenen Drittpersonen überhaupt vollzogen werden kann. Die Prüfung, ob glaubhaft sei, dass bestimmte Werte entgegen dem formellen Anschein nicht Dritten, sondern dem Schuldner zustehen, ist demgegenüber nicht Sache des Betreibungsamts und der Aufsichtsbehörden. Gerade auch bei Steuerarresten (wo wie geschildert keine Arresteinsprache gegeben ist) ist für diesen Entscheid - unter Vorbehalt des Widerspruchsprozesses - alleine die Arrestbehörde (d.h. die Steuerbehörde) zuständig. Der Aufsichtsbehörde über das Betreibungsamt ist eine entsprechende Beurteilung verwehrt (BGE 130 III 579 E. 2.2.4; BGer 5A_730/2016 vom 20. Dezember

        2016, E. 3.2-3).

      3. Der erwähnte Bundesgerichtsentscheid (vgl. Ziff. 6.4.2 a.A.) ist im Zusammenhang mit Durchgriffsarresten dahingehend zu verstehen, dass ein solcher Arrest nichtig ist, wenn die Durchgriffsvoraussetzungen ganz offensichtlich nicht gegeben sind. Im Kern geht es hier ebenfalls um eine Frage offenbaren Rechtsmissbrauchs. In diesem Rahmen steht ein Einschreiten der Aufsichtsbehörde zur Diskussion. Das ist nachfolgend zu prüfen.

    1. / 6.5.1 Die Gläubiger begründeten die eingangs erwähnten Sicherstellungsverfügungen vom 15. Mai 2018 gegen den Schuldner mit dem folgenden Hinweis: Im Rahmen der Überprüfungen, welche die Abteilung für Strafsachen und Untersuchungen der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ASU) durchgeführt habe, seien wichtige, nicht deklarierte und somit hinterzogene Steuerelemente aufgetaucht. Die Tätigkeit des Schuldners sei darauf ausgerichtet, die Hinterziehung seiner Vermögenswerte auf verschiedene Art und Weise zu ermöglichen und die Tätigkeit des Fiskus zu erschweren (act. 4/10/1-5, act. 4/7 S. 2 f.). Der Schuldner

      sei (so die Gläubiger weiter in der Beschwerdeantwort vom 18. Juni 2018 im eingangs erwähnten Beschwerdeverfahren CB180080-L) Inhaber von 100% des Kapitals des Konzerns H. . Er besitze eine Reihe von Gesellschaften, die aus einer Vielzahl von inund ausländischen Unternehmen bestehe. Das Vermögen des Schuldners sei unter eine in den Seychellen domizilierte Holding H. s Inc. gedeckt (act. 4/7 S. 4).

      In der Beschwerdeantwort vom 9. Oktober 2018 im Verfahren CB180128-L (welches zum angefochtenen Entscheid führte) verwiesen die Gläubiger erneut auf die Untersuchung der ASU und weiter auf eine Untersuchung der Bundesanwaltschaft über den Schuldner. Die Drittansprecherin sei Teil der Gruppe H. s. Bei dieser vom Schuldner voll kontrollierten Gruppe handle es sich um ein Finanzagglomerat, mit welchem der Schuldner, insbesondere durch verschiedene Sub-Holdings, wirtschaftliche Tätigkeiten in Afrika durchführe. Ausserdem biete der Schuldner in der Schweiz durch verschiedene Gesellschaften mit Sitz in Zug, Zürich und im Tessin Dienstleistungen an. Die Steuerbehörden hätten darin eine Gefährdung ihrer Steueransprüche gesehen (act. 8 S. 2; vgl. auch act. 20 S. 3). Als Beleg für ihre Schilderung reichten die Gläubiger ein aus der Untersuchung der ASU stammendes Organigramm der Gesellschaften des Schuldners zu den Akten (act. 9/1). Weiter verweisen die Gläubiger auf einen Medienbericht über den Schuldner, der am 25. September 2018 auf I. erschien. Auch vor diesem Hintergrund sei ihr Vorgehen, so die Gläubiger, berechtigt (act. 9/3, act. 20 S. 3).

      1. Die Drittansprecherin brachte in der Beschwerdebegründung vor der Vorinstanz vor, die Durchgriffvoraussetzungen seien nicht gegeben. Sie sei als juristische Person schlicht nicht identisch mit dem Schuldner, der bei ihr nie ein Exekutivamt ausgeübt habe. Damit sei auch gesagt, dass keine Fremdsteuerung durch ihn erfolge. Sie sei eine seit 2010 operativ tätige juristische Person, sei in der Beratungsund Verwaltungsbranche tätig, beschäftige Mitarbeiter und unterhalte aktive Kundenbeziehungen. Sie habe damit ein belegbares Eigenleben und diene augenscheinlich nicht der Verschleierung von Vermögenswerten. Zudem sei augenfällig, dass sie keine Einheit mit dem Schuldner bilde (act. 1 S. 11 f.). In

        der Replik zur Beschwerdeantwort beanstandete die Drittansprecherin vor der Vorinstanz sodann, dass die Gläubiger als staatliche Behörden auf subjektiv gefärbte Medienberichte abgestellt hätten (act. 12 S. 4 Rz. 6). In der Replik vom 20. Juli 2018 zur Beschwerdeantwort der Gläubiger im Verfahren CB180080-L wies die Drittansprecherin weiter darauf hin, dass aus der blossen wirtschaftlichen Berechtigung kein Durchgriff abgeleitet werden dürfe. Ansonsten würde die rechtliche Selbständigkeit einer juristischen Person ganz grundsätzlich nicht respektiert. Sie bestreite den Vorwurf, die Tätigkeit des Schuldners sei derart strukturiert, dass sie ihm die Hinterziehung seiner Vermögenswerte erlaube. Zur beherrschenden Stellung des Schuldners ihr gegenüber erklärte die Drittansprecherin, der Schuldner könne auch gemäss dem von den Gläubigern vorgelegten Organigramm wenn überhaupt, dann lediglich mittelbar, über mehrere Stufen hinweg, Einfluss auf sie ausüben. Zur H. s Inc. als Kopf der Gruppe hätten die Gläubiger zudem in einem früheren Steuer-Ruling aus dem Jahr 2012 anerkannt, dass das Kleid der juristischen Person den Schuldner von den geldwerten Leistungen bzw. verdeckten Gewinnausschüttungen abschirme und geldwerte Leistungen zwischen den Tochtergesellschaften nicht dem Schuldner zugerechnet werden könnten. Ebenfalls hätten die Gläubiger anerkannt, dass die auf den Seychellen bestehenden Gesellschaften als dort unbeschränkt steuerpflichtig gölten. Sie selber (so die Drittansprecherin) hänge unterhalb der H. s Inc. und sei daher umso mehr unabhängig, als der Schuldner nie eine Exekutivfunktion bei ihr ausgeübt habe. Die Struktur und die tatsächlichen Verhältnisse seien nie verschleiert worden. Es liege daher kein Durchgriffstatbestand vor (act. 4/22 S. 4-7).

      2. Der Umstand, dass der Schuldner seine Tätigkeiten mit einer Vielzahl von Gesellschaften ausübt, u.a. mit der H. s Inc., und dass die Drittansprecherin Teil dieser vom Schuldner beherrschten Gruppe ist, ist nach dem Gesagten unbestritten. Aus früheren Steuerrulings über die Abgrenzung der Steuerbarkeiten lässt sich für (oder gegen) den geltend gemachten Durchgriffstatbestand nichts ableiten. Der Durchgriff ist gerade die Ausnahme von der Regel, dass die rechtliche Selbständigkeit juristischer Personen zu berücksichtigen ist. Dass es sich (grundsätzlich) um rechtlich selbständige Gesellschaften handelt, schliesst einen Durchgriff daher nicht aus.

Vor dem Hintergrund des geschilderten Geflechts einer Vielzahl von ihm beherrschter juristischer Personen, mit welchem der Schuldner sich umgibt (vgl.

act. 9/1), und der geschilderten steuerstrafrechtlichen Untersuchungen (vgl. vorne Ziff. 6.5.1), die den erwähnten Medienberichten vorausgingen, bestehen zumindest objektive Anhaltspunkte für einen Durchgriffstatbestand. Damit kann jedenfalls nicht gesagt werden, die Durchgriffsvoraussetzungen würden offensichtlich nicht vorliegen. Auch unter diesem Aspekt sind die von der Drittansprecherin gerügten Arrestierungen somit nicht nichtig.

7.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die vom vorliegenden Verfahren betroffenen Vollzüge der Arreste Nr. 1, 2, 3, 4, 5 (bzw. deren Vollzug durch das Betreibungsamt) nicht nichtig sind. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben. Der Klarheit halber rechtfertigt es sich, antragsgemäss festzuhalten, dass die genannten Arrestvollzüge nicht nichtig sind.

8.

Das Verfahren vor den kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungsund Konkurssachen ist grundsätzlich kostenlos (Art. 20a Abs. 2 Ziff. 5 SchKG), und es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

Es wird erkannt:
  1. Die Beschwerde wird gutgeheissen, und der angefochtene Beschluss vom

    11. Dezember 2018 wird aufgehoben.

    Es wird festgestellt, dass die Arrestierung der Guthaben und Werte der

    C. AG bei der D. Schweiz Genossenschaft, ..., und der E. Private Bank Ltd., [Adresse] ..., durch das Betreibungsamt Zürich (Arreste Nrn. 1, 2, 3, 4 und 5) nicht nichtig ist.

  2. Es werden keine Kosten erhoben.

  3. Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

  4. Schriftliche Mitteilung an die Parteien, an die Gläubiger und Beschwerdefüh- rer unter Beilage je eines Doppels bzw. von Kopien von act. 35 und

    act. 36/1-2, sowie an das Betreibungsamt Zürich , und unter Rücksendung der erstinstanzlichen Akten an die Vorinstanz, je gegen Empfangsschein.

  5. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid an das Bundesgericht ist innert 10 Tagen von der Zustellung an beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, einzureichen. Zulässigkeit und Form einer solchen Beschwerde richten sich nach Art. 72 ff. (Beschwerde in Zivilsachen) oder Art. 113 ff. (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) in Verbindung mit Art. 42 des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BGG).

    Dies ist ein Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG.

    Es handelt sich um einen Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungsund Konkurssachen im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG.

    Die Beschwerde an das Bundesgericht hat keine aufschiebende Wirkung.

    Obergericht des Kantons Zürich

    II. Zivilkammer

    Die Gerichtsschreiberin:

    lic. iur. O. Canal versandt am:

  6. März 2019

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